Kitabı oku: «Rollin Becker - Leben in Bewegung & Stille des Lebens», sayfa 5
„Sie kommen zurück zur Ursache“, sagte Dr. Sutherland. „Wenn Sie den Mechanismus verstehen, ist die Technik einfach.“ Denken Sie einen Moment darüber nach, was diese zwei Aussagen für den Osteopathen bedeuten. In dieser Welt der Folgen häufen sich bei den Problemfällen, die zu uns in die Praxis kommen, Folgen auf Folgen, bis diese Folgen völlig den ursächlichen Faktor übertönen, also die ursprüngliche Verletzung oder Krankheit, die das Syndrom ausgelöst hat. Jetzt werden wir innerhalb dieser eingeschränkten Situation zu einem Schöpfer geleitet, einer Ursache, die durch die Folgen hindurch dringt und der Gesundheit erlaubt, wieder im Patienten zu erscheinen. Wir wollen die Revitalisierung der Gesundheit im Patienten, nicht nur die symptomatische Erleichterung der Folgen. In der Ursache verborgen liegt die Gesundheit, und es ist unsere Aufgabe, dem Patienten zu helfen, diese für seine Genesung wieder zum Vorschein zu bringen.
Was für ein Reichtum an Einsicht liegt in diesen wenigen Worten: „Wenn Sie den Mechanismus verstehen.“ Das drückt alles aus, was wir bereits besprochen haben. Der Behandler sollte eine bewusste Wahrnehmung des Schöpfers in ihm selbst und im Patienten haben. Er sollte sich der Potency bewusst sein und ihrer rhythmischen Fähigkeit, innerhalb der Tiden der Körperphysiologie zu funktionieren. Ebenso sollte ihm klar sein, wie man mit diesen Tiden im gesamten Körper arbeitet, um die ihnen innewohnende Potency zu nutzen. Er sollte ein praktisches Wissen um das Funktionieren der Körperpysiologie haben und durch kundiges Berühren spüren können, wie die Veränderungen in Gewebe und Flüssigkeit stattfinden. Er sollte die gesamte Anatomie und Physiologie, so wie heutige Lehrbücher sie beschreiben, aus der Praxis kennen und dann über diesen Punkt hinaus weitergehen können, mit offenem Geist und offenem Berührungssinn, um die Erfahrungen zu akzeptieren, die ihm die unfehlbare Potency bringt, während sie in der Körperphysiologie ihr unsichtbares Werk verrichtet. Sicher ist es eine unsichtbare Kraft, aber sie manifestiert sich in anatomisch-physiologischen Elementen, und der Behandler kann dies lernen zu spüren und für seine Diagnose und Therapie in den ihm anvertrauten Fällen zu interpretieren. Er sollte ein Verstehen von Fulkren entwickeln, frei schwebenden, automatisch sich verändernden Fulkren in der Körperphysiologie. Er sollte sein Verständnis fördern für die Potency der Stille in diesen Fulkrum Pauseoder Ruhezeiten, so wie sie funktionieren, wenn der Moment kommt und alles so zusammenpasst, dass sich ihre Zeitsequenz entfalten kann.
Er wird es notwendig finden, eine andere Behandler-Patient-Beziehung zu entwickeln, denn der Osteopath hört bei dieser Art zu behandeln im Wesentlichen auf, der Macher zu sein, und erlaubt stattdessen – ich habe es schon gesagt – der inneren physiologischen Funktion, ihre eigene unfehlbare Potency zu manifestieren, statt eine blinde Kraft von außen anzuwenden. Er wird es mit vielen Fragen zu tun haben und mit Fragestellungen, die sich in den Köpfen der Patienten entwickeln.
Zum Glück klärt sich vieles leicht durch die guten Resultate, die der Behandler in einer hohen Anzahl der Fälle erreicht, sowie dadurch, dass ihn seine Patienten aufgrund ihrer positiven Erfahrungen an andere weiterempfehlen. Dennoch sollte Skepsis bei einem Patienten beachtet werden und schafft bei dieser Art von Arbeit eine interessante Herausforderung.
Zusätzlich sollte der Behandler über ein objektives und ein subjektives Bewusstsein sowie über einen denkenden, sehenden fühlenden, wissenden Berührungssinn verfügen. Der folgende knappe Satz von Dr. Sutherland fasst all diese Qualifikationen zusammen: „Wenn Sie den Mechanismus verstehen, ist die Technik einfach.“ Und sie ist einfach. Dies war und ist die Wissenschaft der Osteopathie wie sie Dr. Still, Dr. Sutherland, und viele andere führende Kapazitäten in unserem Berufsstand formuliert und praktiziert haben. Heute geht es uns um die von Dr. Sutherland überlieferten Wahrheiten und deren Demonstration.
Jetzt müssen wir bedenken, was all dies für uns und für unsere praktische Arbeit jetzt und in der Zukunft bedeutet. Wir brauchen jede Dienstleistung die es heute innerhalb unseres hoch qualifizierten Berufsstands gibt. Wir benötigen unsere Krankenhäuser, unsere Chirurgen, Internisten, Pädiater, Gynäkologen, Psychiater und alle anderen Fachbereiche. Jeder Bereich der modernen Medizin ist für die Routinebetreuung unserer Patienten wichtig. Es gibt aber nicht nur für all diese Bereiche Raum, sondern auch für etwas Darüberhinausgehendes. Wir brauchen mindestens 2000 Frauen und Männer, die sich die Zeit nehmen, die notwendige Materie zu lernen, um die Wahrheiten von Still und Sutherland in ihrer täglichen Praxis nutzen zu können. Man hat mir gesagt, dass nicht jeder Behandler fähig ist, diese bestimmten Fähigkeiten zu erwerben, dass man dafür besonders begabt sein muss. Dieser Meinung bin ich nicht. Ich denke, der Behandler braucht Durchhaltevermögen, Zeit und muss viel Arbeit aufwenden, um diese Kunstfertigkeit und Wissenschaft zu erlernen. Wer gewillt ist, Zeit und Mühe in die Grundvoraussetzung ‚sei still und erkenne‘ zu investieren, die einen dem Schöpfer näher bringen kann als rein stoffliches Atmen, wird auf diesem Pfad unweigerlich ein Verfechter und praktischer Anwender der Prinzipien, die uns von Dr. A. T. Still und Dr. W. G. Sutherland vermittelt wurden. Offen gesagt möchte ich gerne sehen, wie 2000 Männer und Frauen diese Art der Osteopathie ausüben, denn solche Osteopathen werden vielen Tausenden Patienten zu Diensten sein, denen man anderswo gesagt hat: „Wir haben für Sie alles getan, was möglich ist. Sie werden lernen müssen, mit diesem Problem zu leben.“ Ein hoher Prozentsatz dieser zahlreichen Menschen kann aber zu einem sehr viel höheren Maß an Gesundheit geführt werden, als ihnen in ihrem jetzigen Zustand zur Verfügung steht. Solche Patienten, denen man helfen kann, liegen mir am Herzen. Damit sie weiterkommen, brauchen sie die Hilfe von Osteopathen mit Fähigkeiten in den besagten Bereichen. Zurzeit gibt es in Amerika aber lediglich eine Handvoll Osteopathen, die sich Worte und Werk von Dr. Sutherland – das ganzheitliche Konzept der Osteopathie also – zu Herzen genommen haben und versuchen, diese Art von Behandler zu werden.
Ich möchte noch einen weiteren Punkt betonen, der bislang noch nicht erwähnt wurde: Der Osteopath, der diese Art von Praxis auf baut, wird gleichzeitig ein Forscher werden. Genauso wie Dr. Sutherland viele lange Jahre damit verbrachte, die Wahrheiten zu erfassen, die er sich durch Untersuchungen an sich selbst und durch Beobachten seiner Patienten erarbeitete, wird jeder Behandler Wege des Forschens und Studierens entdecken, die in der heutigen Fachliteratur nirgendwo zu finden sind. Die Autorität zum Lösen vieler Probleme wird sich in der komplexen Physiologie des Körpers eines jeden Patienten zeigen und in dem wachen Offensein des Behandlers für die Möglichkeit, aus diesen Problemen zu lernen. Das Werk und die Wegweiser, die Dr. Sutherland uns gab, sind lediglich der Anfang weitergehender Erkenntnisse, die das bestehende Wissen ergänzen und wiederum neue Wahrheiten hervorbringen werden. Diese gilt es dann zu testen und wieder zu testen, bis sie von uns allen genutzt werden können.
Ein junger Patient von mir, Studienanfänger an einem unserer Colleges, hat seiner Mutter erzählt, dass er nun plane, seinen DO zu machen, dann nach Dallas zurückzukehren, um dort unter meiner Anleitung weiter zu studieren, bis er in Besitz der Prinzipien sei und der Möglichkeit, sie in seiner eigenen Praxis umzusetzen – und dass er vorhabe, es noch besser zu machen als ich. Seine Mutter bemerkte, dass dies wohl etwas unbescheiden sei. Ich aber antwortete, dass er dazu sehr wohl in der Lage sein müsste, dass ihm meine Erfahrungen die Zeit verkürzen werden, die er zum Erlernen der Fähigkeiten benötigt, mit denen er die gleichen Resultate erzielt wie ich, und dass er sozusagen auf meinen Schultern stehend ein besserer Osteopath als ich werden sollte. Ich applaudiere seiner Einstellung. Und ich denke, es ist höchste Zeit, dass wir alle auf Dr. Sutherlands Schultern stehen, indem wir erstens in seiner Arbeit so fähig werden, wie er es war, und indem wir zweitens dieses Können und Verstehen einsetzen, um sein Werk und das von Dr. A. T. Still voranzutreiben. Dies ist unsere Rolle als Forscher und Behandler in der Wissenschaft der Osteopathie. Es war Dr. Sutherlands Wunsch, dass dem so sei. Sind wir bereit, diese Herausforderung anzunehmen?
„In der Stille liegt das Wissen.“ „Sie kommen zurück zur: Ursache.“ „Der Atem des Lebens ist das fundamentale Prinzip in der Wissenschaft der Osteopathie.“ Diese Gedanken hinterließ uns Dr. Sutherland in seinem Vermächtnis an die Wissenschaft der Osteopathie. Ich würde gerne abschließend einen Brief zitieren, den er mir vor vielen Jahren als Antwort auf ein Schreiben geschickt hat, in dem ich mich auf bestimmte Aspekte der Osteopathie im kranialen Bereich bezog. Seine Antwort schließt jedoch die gesamte Körperphysiologie in der Wissenschaft der Osteopathie ein. Ich zitiere ihn hier wörtlich:
„Mir näher als mein Atem ist der Schöpfer des Kranialen Mechanismus … Dem Patienten näher ist der Schöpfer seines oder ihres Kranialen Mechanismus …7 Meine denkenden, fühlenden, sehenden, wissenden Finger werden auf Intelligente Art und Weise vom Meisterlichen Mechaniker geführt, der diesen Mechanismus erschuf. Es ist nicht wichtig, wie man interpretiert, solange man mental Kontakt zur Oberleitung hat wie eine Straßenbahn.“
Lassen Sie mich das wiederholen: „Es ist nicht wichtig, wie man interpretiert, solange man mental Kontakt zur Oberleitung hat wie eine Straßenbahn.“
2. DEN MECHANISMUS VERSTEHEN
2.1. DER UNWILLKÜRLICHE MECHANISMUS
Überarbeitete Auszüge aus Vorlesungen, gehalten 1976 während eines Grundkurses der Sutherland Cranial Teaching Foundation in Milwaukee, Wisconsin.
Wir wollen über das Wesen des primären respiratorischen Mechanismus sprechen, der eine einfache, grundlegende, primäre rhythmische Funktionseinheit darstellt. Er ist ganz und gar unwillkürlich, umfasst die gesamte Anatomie und Physiologie und kann von einem ausgebildeten Behandler in jedem Körperbereich palpiert werden. Ebenso wie er das Indiz für Gesundheit innerhalb der gesamten Körperphysiologie liefert, weist er auch auf eine Verringerung der Gesundheit in jedem Dysfunktionsgebiet hin. Man kann ihn für Diagnose und Behandlung gleichermaßen als Werkzeug nutzen. Der Primäre Respiratorische Mechanismus ist eine Manifestation des Lebens im Patienten und der Behandler kann bei seinem Dienst, Gesundheit im Patienten wiederherzustellen, seine Hilfe in Anspruch nehmen.
Er ist und bleibt eine Funktionseinheit, dieser Primäre Respiratorische Mechanismus, auch wenn er zu Unterrichtszwecken in fünf Komponenten aufgeteilt wurde, von denen also jeder einen Teil dieser einfachen, rhythmischen, primären Funktionseinheit innerhalb der Körperphysiologie bildet. Ihr seht, dass ich nicht einfach gesagt habe: ‚Innerhalb des Primären Atemmechanismus‘ , sondern ‚innerhalb der Körperphysiologie‘ . Die gesamte Einheit hat diesen Faktor. Alles folgt den Gesetzen von Flexion/Außenrotation und Extension/Innenrotation des anatomisch-physiologischen Mechanismus. Wir sind vollständig abhängig von diesem simplen, rhythmischen, mobilen, motilen Fluid-Drive-Mechanismus.
Der gesamte Körper besitzt einen unwillkürlichen Mechanismus. Auch wenn euer Psoasmuskel krank ist, ist er dazu bestimmt, in Außen- und Innenrotation zu gehen. Euer Fuß ist so gestaltet, dass er zehn- bis zwölfmal pro Minute in Außen- und Innenrotation geht – nicht aufgrund des Primär Respiratorischen Mechanismus, sondern weil der Primäre Respiratorische Mechanismus nur auf diese Weise funktionieren kann. Deshalb müssen wir seine Regeln und Gesetze lernen.
Lasst mich euch einen Text vorlesen, in dem es um das geht, was ich hier ausdrücken möchte. Er stammt aus einem Buch mit Essays des amerikanischen Anthropologen Loren Eiseley. Wenn ihr Loren Eiseley noch nicht gelesen habt, solltet ihr das tun – vor allem, wenn ihr lernen wollt, wie man palpiert. Durch seine Bücher taucht man in seine Erfahrung als Fossiliensucher ein. Mit ihm reist ihr in der Zeit zurück und habt teil an dem, was er so lebendig beschreibt. Man kann es förmlich ertasten und gleichzeitig mit dem ganzen Sein wahrnehmen. Für mich war es sehr nützlich. Das Zitat lautet folgendermaßen:
„Stell dir für einen Moment vor, dass du aus dem Kelch eines Zauberers getrunken hast. Du drehst den unumkehrbaren Strom der Zeit um. Gehst die lange dunkle Treppe hinunter, aus der das Menschengeschlecht emporgestiegen ist. Bist schließlich auf der untersten Stufe der Zeit, gleitest, rutschst und wälzt dich mit Schuppen und Finnen hinunter in den Schleim und Modder, aus dem du hervorgekrochen kamst. Kommst unter Grunzen und stimmlosem Zischen unter den letzten baumhohen Farnen vorbei. Treibst ohne Augen und Ohren im ursprünglichen Wasser – Sonnenlicht kannst du nicht sehen. Du streckst absorbierende Tentakel hin zu verschwommenen Geschmäckern, die im Wasser zu finden sind. Doch in deinem formlosen Sichverschieben bleibt der Anblick der gleiche. Sich ständig verschiebende Teilchen, Säfte, Transformationen arbeiten in einem exquisit gestalteten Rhythmus, der kein anderes Ziel hat, als dich am Leben zu erhalten – dich, dieses amöbenhafte Wesen, dessen Substanz die unergründliche Zukunft in sich trägt. Dennoch kommt jeder Mensch aus den Geburtswassern nach oben. Doch sollte sich in irgendeinem Moment der Zauberer über dich beugen und rufen: ‚Sprich, erzähle uns von der Reise‘ , könntest du nicht antworten. Deine Empfindungen gehören dir, nicht aber, und das ist eines der großen Geheimnisse, die Macht über den Körper. Du bist außerstande zu beschreiben, wie der Körper in seiner Beschaffenheit funktioniert, dir das wilde Drehen der tanzenden Moleküle vorzustellen oder es zu steuern oder zu wissen, warum sie in diesem besonderen Muster tanzen, dass dich ausmacht, oder warum sie auf dieser langen Treppe der Ewigkeiten von einer Form in die nächste tanzen. Aus diesem Grund interessiere ich mich nicht mehr für die allerkleinsten Teilchen. Man kann ihnen nach Belieben folgen, sie verfolgen, bis sie namenlos werden, Proteinkristalle, die sich am Rande des Lebens vermehren. Man kann mit der größten Geisteskraft rückwärts schreiten, bis man mit den entsetzlichen Gesichtern der Eroberer in den Wasserstoffwolken hängt, in denen die Sonne geboren wurde. Dann hat man die größte Täuschung vollbracht, die unser analytisches Zeitalter verlangt. Aber noch immer wird die Wolke das Geheimnis verhüllen, und wenn es nicht die Wolke ist, dann das Nichts, in der sie jetzt erscheint. Die Wolke mag sich auflösen. Das Geheimnis liegt, wenn man es so umschreiben will, im Zeitalter der Dunkelheit.“ 8
Jetzt, nach ewig langer Entwicklung, ist der Körper zu dem geworden, was er heute ist. Den Geboten seines Ursprungs folgend braucht er einen unwillkürlichen Mechanismus, um sich zu bewegen und lebendig zu bleiben, um das zu sein, was er ist: eine Körper-Geist-Struktur, ein anatomisch-physiologischer, funktionierender Mechanismus. Wir haben viele unwillkürliche Systeme in unserem Körper – Kreislauf, Verdauung usw. Aber die Schlüsselrolle im menschlichen Körper hat ein ganz spezieller unwillkürlichen Mechanismus: Jede einzelne Körperzelle, jede einzelne individuelle Zelle, die innerhalb der Flüssigkeiten lebt, in denen sie entsteht, wird 10–12 Mal pro Minute in Flexion und Extension, in Außen- und Innenrotation bewegt.
Wenn wir also einen gesunden Patienten haben – egal ob er ruhig sitzt, umher geht, tief schläft, läuft, ganz aktiv ist oder sich in völliger Ruhe befindet – vollzieht sich überall in ihm diese unwillkürliche physiologische Funktionsbewegung. Wir konzentrieren uns auf den neurokranialen und den sakralen Mechanismus als die Teile, die diesen Mechanismus, diese unwillkürliche Bewegung offenbaren. Aber die neurokraniale und die sakrale Aktivitätsachse, ihre physiologische Funktion, ist, wenn man so sagen will, mehr oder weniger die Antriebswelle des Systems, mit deren Hilfe alle Räder und Flaschenzüge sowie alles, was da so direkt aus der Fabrik kommt, zum Verrichten ihrer Arbeit gebracht werden – Flexion/ Außenrotation und Extension/Innenrotation. Also kann man den neurokranialen und sakralen Mechanismus auf keinen Fall als eine von der gesamten Körperphysiologie abgetrennte Einheit verstehen. Jedes Mal, wenn wir unsere Hände an einen Patienten legen, haben wir es mit dem größten und wichtigsten unwillkürlichen System im menschlichen Körper zu tun. Jedes Mal, wenn wir diesen Patienten berühren, ganz egal ob wir uns dabei auf ein winziges Fingergelenk oder ein ganzes Bein beziehen, müssen wir uns auf diesen unwillkürlichen, physiologischen Mechanismus einstimmen.
Willkürliche Mechanismen entsprechen all dem, was der Entscheidungen fällende Anteil unseres Gehirns mit diesem unwillkürlichen Ding zu tun beschließt. Ich entscheide mich zu gehen, zu stehen oder zu sitzen; ich entscheide mich zu reden, zu essen und zu denken (oder zu denken, dass ich denke); ich kann eine Million Entscheidungen treffen. Ich entscheide mich, Emotionen zu haben oder Gedanken – das alles ist willkürlich. Dies sind Aktivitäten, die wir auf intelligente Art und Weise nutzen können, indem wir versuchen, sie weder zu beleidigen noch sie verhungern zu lassen oder auf übermäßige Weise zu beanspruchen. Wir benutzen sie einfach im normalen täglichen Leben, und sobald wir aufhören, sie zu einzusetzen, sinken sie einfach dorthin zurück, wo sie herkamen, und unser unwillkürlicher Mechanismus fährt fort, uns zu unterstützen, bis wir wieder die Anweisung geben, dass das Willkürliche etwas anderes tun soll. Es ist die willkürliche Seite im Leben, die uns in schwierige Situationen bringt, nicht die unwillkürliche. Wenn ein Patient mit einem Stress- oder Dysfunktionsmuster kommt, egal auf welcher Ebene – mentale Erschöpfung, emotionaler Schock oder körperliche Folgen von Krankheit oder Traumen: Wenn ich dann ganz still dasitze und mit dem Problem arbeite, wenn meine Hände sich ruhig hinein und heraus und durch die zellulären Strukturen bewegend die Faszien, die Flüssigkeiten und die Mechanik dieses menschlichen Körpers suchen, erkenne ich, dass dieser Mechanismus sogar schon bevor ich mit ihm in Kontakt kam, automatisch versucht hat, dieses Problem mit Hilfe des unwillkürlichen Mechanismus hinaus zu spülen. Wenn ich dann still in Kontakt mit ihm komme, stimme ich mich ein auf diesen unwillkürlichen Mechanismus, die unwillkürliche physiologische Bewegung unter diesem Trauma. Ich versuche, hindurch zu fühlen in den unwillkürlichen Mechanismus, innerhalb dessen dieses Trauma geschehen ist. Dann versuche ich, mit meiner Arbeit eine Balance auf der Mikroebene zu finden, die notwendig ist, um an den Punkt heranzukommen, wo dieser unwillkürliche Mechanismus sich aus den Fesseln, die ihn hemmen, lösen kann. An diesem Punkt kann ich fühlen, wie diese kleine Veränderung im Patienten stattfindet, die gleichsam sagt: ‚Ja, jetzt kann ich etwas für dieses Problem tun‘ ; und während er durch seinen Fulkrum-Punkt, seinen Stillpunkt, seinen Balancepunkt hindurchgeht, vollzieht sich ein Wechsel hin zu einem Zustandsmuster, in dem der unwillkürliche Mechanismus in diesem Bereich des Körpers nicht länger beeinträchtigt wird. Wenn er seinen Kopf reckt und sagt: ‚Gut, jetzt kann ich anfangen zu arbeiten‘ , ist es, als ob ein Steinchen in einen stillen Teich fällt: Man sieht, wie die Wellen dieser unwillkürlichen Aktivität sich ausbreiten, nicht nur von der Stelle wo man arbeitet, sondern im ganzen unwillkürlichen System überall im Körper. Man kann spüren, wie es sich ausbreitet und ausbreitet und ausbreitet.
Wenn ich, nachdem diese Veränderung stattgefunden hat, zurückgehe und überprüfe, wie sich das willkürlich induzierte Trauma bzw. der Prozess verhält, entdecke ich, dass es – falls es ursprünglich nicht zu schlimm war – nicht mehr da ist. In diesem gesamten Prozess beachte ich niemals die Dysfunktion selbst, bis ich nicht den unwillkürlichen Mechanismus aufgeweckt habe. Das, was dann noch korrigiert werden muss, ist normalerweise so geringfügig, dass es praktisch gar nicht existiert. Man muss sich kaum anstrengen, um es zu korrigieren.
Nun, was für eine Veränderung ist das, die in diesem unwillkürlichen Mechanismus geschieht? Wie lange dauert es, bis sie stattfindet? Eine gute Illustration liefert hier das bekannte Treppen-Bild von Escher. Führt es treppauf oder treppab? Beobachtet es, bis ihr seht, wie sich die Stufen bewegen. In einer Nanosekunde verändern sie sich in eurer Wahrnehmung und werden von hinaufführenden zu hinunterführenden Stufen. Das ist die Veränderung, von der Eiseley spricht, die unendliche Vielfalt an Mustern, von einem Funktionszustand zum andern, in dem unwillkürlichen Mechanismus, mit dem ihr arbeitet. So lang dauert es. Das ist der Zeitraum, den die Veränderung braucht. Unser Job als Behandler ist es, uns still von innen heraus einzustimmen, um dieses Geschehen zu begreifen. Unser Verständnis entsteht aus etwas heraus, das wir spüren, wenn auch nicht erklären können. Was wir, weil es für uns wahrnehmbar ist, fühlen, ist eine Folge. Und doch können wir beobachten, dass in dieser Nanosekunde tatsächlich etwas geschieht. Wir können beobachten, welches Muster zuvor da war und welches danach, und sind – weil wir die Details der physiologischen Bewegung eines jeden Teils dieses unwillkürlichen Mechanismus nicht nur in den kraniosakralen Achsen, sondern im gesamten System studiert haben – mit unserem intelligenten Verstehen in der Lage, dies für klinische Zwecke nutzbar zu machen.