Kitabı oku: «Rollin Becker - Leben in Bewegung & Stille des Lebens», sayfa 4
ANFANGEN
Überarbeitete Fassung eines Vortrages, gehalten 1976 während eines Grundkurses der Sutherland Cranial Teaching Foundation in Milwaukee, Wisconsin.
Jetzt möchte ich gerne, dass ihr einen Moment oder zwei ganz ruhig sitzt und das, was ihr in den letzten viereinhalb Tagen in diesem Kurs erlebt habt, in euer System eindringen lasst – als etwas, was dem gesamten inneren, unwillkürlichen, physiologischen Mechanismus eures Wesens geschehen ist. Hört einen Moment auf, über die Details dessen, was ihr gelernt habt, nachzudenken. Setzt euch gerade hin auf euren Stühlen und richtet eure Aufmerksamkeit auf euer eigenes Sutherland-Fulkrum. Spürt ganz still diese viereinhalb Tage in eurem eigenen Wesen. Lasst es euer Wesen durchdringen und lasst es dann auch dahin zurückkehren, wo es herkommt. Wir haben euch Material, Verständnis und Konzepte angeboten; wir haben euch viele Dinge angeboten, und alles muss dahin zurückkehren, wo es herkommt. Also lasst es zur Quelle zurückkehren, dorthin, woher es kam, denn das ist das Ding, das es in jedem Fall funktionieren lässt. Sitzt einfach da, im Leerlauf, an der Austauschstelle zwischen dem, was hereingekommen ist, und dem, was zurückgegeben werden soll – das bringt es zur Ruhe, es ist ein Stillpunkt.
Gut. Danke. Nun, warum haben wir das gemacht? Wenn ihr heute nach Hause in eure Praxis zurückkehrt, möchte ich nicht, dass ihr dieses riesig angehäufte Wissen nehmt und in eure Praxis hereinprescht, sozusagen mit dem Satz: ‚Jetzt habe ich etwas!‘ Nehmt diese Information, dieses Wissen, diese Erfahrung mit in eure Praxis und macht dort genau das, was ihr bislang immer gemacht habt: Schaut euch eure Patienten auf genau die gleiche Weise, an, wie ihr es gemacht habt, bevor ihr in diesen Kurs kamt. Leider werdet ihr dazu nicht in der Lage sein; aber erlaubt es dieser Information, einfach da zu sein.
Wenn ihr jetzt nach Hause geht und plant, etwas für einen Patienten zu tun, konsultiert erst die Stille in euch selbst; und sofort, in einem Augenblick, passiert etwas. Auf diese Weise entdeckt ihr, während ihr eure Hände an diesen Patienten legt, dass eure Hände, euer Geist, und der Körper des Patienten anfangen zusammenzukommen, und ihr werdet beginnen, besser zu verstehen, was ihr an diesem Tag für diesen Patienten tun müsst. Zieht euer eigenes Sutherland-Fulkrum zu Rate, wenn ihr Kontakt mit diesem Patienten aufnehmt, kontaktiert euer eigenes Sutherland-Fulkrum und die Stille.
Lasst uns zurück auf die Erde kommen. Wenn ihr nach Hause in eure Praxis zurückkehrt, soll dieses Wissen ein Teil dessen sein, was euch verfügbar ist, um den Bedürfnissen des Patienten zu entsprechen. Projiziert es nicht nach außen – die Patienten selber werden euch die Notwendigkeit zeigen, das zu erproben, was ihr gelernt habt. Es ist so, wie wenn man für eine Abschlussprüfung lernt. Man studiert wie verrückt, stopft alle möglichen Informationen in sich hinein und ist sich nicht sicher, wie es läuft. Man studiert einfach, liest und lässt es sein Wesen durchdringen. Dann wirft man alle Lehrbücher aus dem Fenster, geht zum Examen und irgendwie fließt die Information hervor, die man für die Prüfung braucht.
Also lasst diesen Kurs ein paar Tage euer Wesen durchdringen, bevor ihr versucht, alles anzuwenden – und benutzt es auf entspannte Art und Weise. Lasst das Wissen um die Bewegung der Ossa temporalia, die Muster der Schädelbasis, individuelle, spezifische, membranöse Gelenks-Dysfunktionen, die Kondylen des Okziputs, die Flüssigkeitsdynamik der lebendigen Fluktuation, die wiegende Bewegung einer reziproken Spannungsmembran, die gelenkige Beweglichkeit des knöchernen Schädels und des Os sacrum zwischen den Ossa ilia – lasst diese Dinge einfach ein paar Tage lang euer Wesen durchdringen. Fügt diese neuen diagnostischen Werkzeuge allmählich hinzu. Wenn ihr wieder daheim seid, sind die Patienten, die in euer Behandlungszimmer kommen, die gleichen, die ihr in den x Jahren eurer Praxis schon behandelt habt; und wenn sie bislang noch nicht von diesem Behandlungsansatz profitiert haben, werden ein paar Tage mehr keinen großen Unterschied machen.
1.7. SEID STILL UND ERKENNET
Gewidmet WIlliam G. Sutherland, DO
Sutherland Memorial Lecture, gehalten am 22.9.1965 in Philadelphia, in gedruckter Form erschienen in der Dezemberausgabe 1965 des Newsletter of the Cranial Academy.
Das Thema dieses Vortrages ist das fortwährende Anerkennen, dass wir ‚still sein müssen, um zu erkennen‘ , und zwar auf dem direktestmöglichen Weg, auf dem wir unserem Schöpfer näher sind als im rein stofflichen Atmen. Ein guter Untertitel wäre auch gewesen: Eine erneute Widmung an WIlliam G. Sutherland. Bei der Widmung für einen Mann, der der Menschheit einen großartigen Dienst erwiesen hat, tendiert man dazu, diese Leistung für etwas zu halten, was zu seinen Lebzeiten geschah, und zu meinen, dass heute ein neuer Tag ist, voller neuer Entdeckungen. Eine Umwidmung dagegen ist eine lebendige Sache, eine weitergehende Erfahrung, ein Entfalten des Verstehens und das Versprechen, dass größere Wahrheiten noch folgen werden. Derart war das Werk von William Garner Sutherland. Er ließ uns den Atem des Lebens als ein heilendes Prinzip verstehen und demonstrierte uns dieses Prinzip durch seine Arbeit als Mensch und Osteopath, durch seine Selbst-Experimente, welche die Wahrheit dessen bewiesen, was er an uns weitergab, durch seinen Dienst an seinen Patienten und durch seine Unterweisungen, die er seinen Schülern hinterließ.
Wie häufig hören wir heutzutage noch, dass jemand vom Meistermechaniker des menschlichen Körpers, vom Großen Architekten, vom Meisterlichen Architekten, Gott, dem Göttlichen Prinzip oder dem Schöpfer spricht oder ähnliche Begriffe verwendet, die Ehrfurcht vor dem Erschaffer des menschlichen Tempels, in dem wir leben, zum Ausdruck bringen? Das ist die Ausdrucksweise der Wissenschaft der Osteopathie, wie Dr. Andrew Taylor Still sie verstand. Dr. Sutherland sagte zu uns: „Ich habe schon oft erwähnt, dass wir etwas in der Osteopathie verloren haben, das Dr. Still zu vermitteln versuchte. Dabei handelt es sich um jenes Spirituelle, das er in die Wissenschaft der Osteopathie einbettete.“4 Dr. Still war beim Entwickeln der Wissenschaft der Osteopathie seinem Schöpfer näher als rein stoffliches Atmen; er wurde von einem Spirituellen bzw. Geistigen Fulkrum geführt, genauso wie Dr. Sutherland.
Wenn wir, als Studierende der Wissenschaft der Osteopathie, diese wirklich verstehen wollen, werden wir es notwendig finden, unser Wissen um die Gottheit, die uns auf das Zentrum ausrichtet, wieder zu erwecken, sie zu unserem Spirituellen Fulkrum zu machen, das uns führt, und zu lernen, in unserer täglichen Arbeit den Schöpfer im Sinn zu haben, zu fühlen und zu nutzen. Dank seiner Kenntnis und seiner Anwendung der Wissenschaft der Osteopathie gab uns Dr. Sutherland Wegmarkierungen, denen wir folgen können. Lassen Sie uns jedoch für einen Moment diese entschlossene Art des Denkens um 1900 mit der heutigen Wissenschaft vergleichen. Neulich habe ich den eben erschienenen Artikel eines berühmten Wissenschaftlers gelesen, in dem dieser versucht, spirituelle und wissenschaftliche Wahrheiten zusammenzubringen. Seine Schlussfolgerung ist, dass Wissenschaft und Spiritualität nicht unvereinbar sind, dass jedoch die großen Wahrheiten dieser beiden Bereiche sozusagen mehr oder weniger parallel liegen. In anderen Worten: Beide bewegen sich hin zu jenem unbekannten Verstehen, das für das bekannte Verstehen notwendig ist. Ich bin mit diesem Gedanken nicht wirklich einverstanden. Wie kann man schlussfolgern, dass dies eine wissenschaftliche Wahrheit und das andere eine spirituelle Wahrheit ist? Da vertraue ich eher einem Wissenschaftler, der durch eine Geistige Führung zu seinem wissenschaftlichen Verständnis kommt und nicht, indem er versucht, eine getrennte Über-Struktur zu errichten.
Mir gefällt der Gedanke eines Biologen und Wissenschaftlers, der in einer Diskussion um die Erscheinungen des Lebens folgende Bemerkung machte:
„Es ist eine Tatsache, dass die Lebenswissenschaften nicht nur sehr viel komplizierter sind als die Naturwissenschaften, sondern auch einen viel größeren Bedeutungsraum haben; und sie gehen noch weiter in der Erforschung des Universums der Wissenschaft als die Naturwissenschaften. Sie verwenden zwar alle naturwissenschaftlichen Daten und Erklärungsgrundlagen, gehen dann aber weit darüber hinaus und umfassen eine noch größere Menge an Daten und zusätzlichen Erklärungsgrundlagen, die nicht weniger, sondern in gewissem Sinne sogar mehr Wissenschaftlichkeit bieten. Der Punkt dabei ist, dass alle uns bekannten stofflichen Prozesse und erklärenden Prinzipien auf lebendige Organismen zutreffen, nur eine begrenzte Anzahl aber auf nicht lebende Systeme.“
Beim osteopathischen Konzept, und dazu gehört der kraniale Bereich, geht es um ein lebendiges System. Dr. Sutherland sagte:
„Die kraniale Arbeit ist kein spezieller, von der Wissenschaft der Osteopathie getrennter Bereich. Die Wahrheit ist vielmehr, dass dieses Konzept zu der Vision von Dr. Andrew Taylor Still gehört.“
Und ich möchte wiederum hinzufügen, dass das osteopathische Gesamtkonzept die Suche nach – allgemein gesprochen – allen erklärenden Prinzipien erfordert, damit es zu einem Verständnis kommt. Und dazu gehört der Schöpfer, der alles erschaffen hat.
Wenn man für den Mann, den wir heute ehren, eine Gedenkrede hält, gibt es mehrere Möglichkeiten: Man könnte seine Entwicklung der Osteopathie im kranialen Bereich chronologisch nachverfolgen, würde sie damit aber nur auf seine Lebenszeit beschränken. Und das ist nicht genug. Denn die Wahrheiten, die er uns gab, führen uns zu noch größeren Wahrheiten, die sich noch offenbaren werden. Man könnte auch im Detail über die funktionelle Anatomie und Physiologie sprechen, die er sich in seinen Studienjahren aneignete. Aber das liefert uns lediglich Information und führt uns nicht zu dem Weg, den uns der Meisterliche Architekt anbietet zum Erwerben von Wissen über all das Anatomisch-Physiologische, das Dr. Sutherland erörterte. Man könnte Hypothesen entwickeln, um die Prinzipien zu erklären, die Dr. Sutherland uns gab. Aber schlussendlich werden es Hypothesen bleiben, die uns nirgendwo hinführen. Dazu fällt mir ein Zitat ein: „Eine der Tragödien dieses Lebens ist die Ermordung einer wunderschönen Theorie durch eine brutale Bande von Tatsachen.“
Statt einen dieser Wege einzuschlagen, möchte ich das Werk von Dr. Sutherland daher lieber in seinen Worten erörtern, mit Betonung auf einem Spirituell/Geistigen Fulkrum und dessen Anwendung in unserer täglichen praktischen Arbeit mit unseren Patienten. Wir wollen also die Begriffe nehmen, die er verwendete: das Höchste Bekannte Element, Potency, Fulkrum, Stille, Tide, und Atem des Lebens – und versuchen, zwischen den Zeilen zu lesen, um eine praktische Anwendung dieser grundlegenden Prinzipien zu finden. Während dieser Erörterung wollen wir uns daran erinnern, dass Dr. Sutherland von seinem Schöpfer geführt wurde, den er liebevoll ‚Dad‘ nannte. Das war nicht respektlos gemeint, sondern erlaubte ihm, sich Ihm näher zu fühlen, Ihm, der ihn führte und ihn dazu brachte, ‚weiterzugraben‘ , weiterzumachen, wenn der Weg auch schwer war. Das ist nicht nur eine Vorstellung. Das ist Vertrauen auf eine Große Weisheit des Göttlichen Geistes.
Zunächst gilt es, den Begriff ‚Funktion‘ zu definieren, so wie er bei diesem Thema verwendet wird. Physiologische Funktion ist das spezielle, normale oder richtige Verhalten eines jeglichen Teiles oder Organs des menschlichen Körpers. Dabei geht es uns nicht um das Endprodukt dieser Funktion, sondern um die Mobilität und Motilität, die das Funktionieren innerhalb der Körperphysiologie, der Gewebe und Flüssigkeiten begleiten. Es geht uns um die Bewegungen, die der Körper in Antwort auf seine interne und externe Umgebung vollzieht, um seine willkürlichen und unwillkürlichen Handlungen. Und mit diesen Faktoren können wir durch den Gebrauch unserer denkenden, fühlenden, sehenden, wissenden Fingern spüren lernen.
Wenn wir unsere Hände an einen Patienten legen, der bei guter Gesundheit ist, spüren wir ein allgemeines Gefühl von Wohlbefinden. Wir spüren den respiratorischen Zyklus seiner Atmung. Wir spüren die Flexion und Extension seiner in der Mittellinie verlaufenden Strukturen in ihrer Funktion. Wir fühlen die abwechselnde externe und interne Rotation seiner bilateralen Strukturen in ihrer Funktion. Wir spüren eventuelle willkürliche Bewegungen dieser Person und viele unwillkürliche Bewegungen von verschiedenen Organsystemen innerhalb des Körpers. Wenn unsere Hände an seinem Kopf liegen, können wir die Bewegungen des kranialen Gelenkmechanismus, die wiegenden Bewegungen der reziproken Spannungsmembran und die Fluktuation des Liquor cerebrospinalis als einen integrierten Funktionsmechanismus spüren. Im gesamten Körper ist etwas fühlbar, das in den heutigen Anatomie- und Physiologietexten normalerweise nicht erwähnt wird: eine generelle Tidenbewegung des gesamten Körpers, ein Hereinfluten und Hinausebben. Es ist, als ob der gesamte, als Einheit wirkende Körper auf eine Kraft reagiert, ähnlich jener, welche die Tiden des Ozeans bewegt. Es ist eine rhythmische Bewegung innerhalb aller Körperflüssigkeiten. Sie ist auf ihre ruhige Art und Weise kräftiger als jede andere physiologische Funktion innerhalb des körperlichen Mechanismus, wichtiger und kraftvoller als der Atemzyklus, die willkürlichen oder unwillkürlichen Bewegungen oder jede der anderen Bewegungen, die wir normalerweise mit in Betracht ziehen. Unser kundiger Tastsinn lernt, alle diese Faktoren zu erkennen, die als integrierte Funktion in jedem von uns untersuchten Körperteil zusammenarbeiten. Dies ist eine rhythmische Tide im physiologischen Zusammenspiel mit ihrem Höchsten Bekannten Element und ihrer inhärenten Potency.
Wenn wir in unserem Verständnis der körperlichen Mechanismen tiefer gehen, lernen wir, dass jegliches normale Funktionieren der individuellen Körpereinheiten – seien es Knochen, Ligamente, Membranen, Faszien, Organe oder Flüssigkeiten – anscheinend mit Hilfe frei schwebender, automatisch sich verändernder Fulkren erfolgt. Das Sutherland-Fulkrum, das dort liegt, wo die Falx cerebri auf das Tentorium cerebelli trifft, ist ein frei schwebendes, automatisch sich veränderndes Fulkrum für die reziproke Spannungsmembran. Das sternale Ende der Klavikula ist ein ossäres Fulkrum für das Funktionieren der gesamten oberen Extremität. Der Atlas dient bei der Geburt als ossäres Fulkrum für die Partes condylares des Os occipitale. Es gibt überall im Körper Flüssigkeitsfulkren für alle möglichen Funktionen der Flüssigkeit. Wir können die Tide des Liquor cerebrospinalis zu dieser kurzen rhythmischen Periode herunterbringen, in der wir einen Stillpunkt, eine Pause oder Ruhezeit erreichen. Und wir wissen, dass wir einen Moment lang an einen Fulkrum-Punkt für den Liquor cerebrospinalis angekommen sind.
Dr. Sutherland sagt uns, dass in diesem Moment eine Transmutation von dem Höchsten Bekannten Element stattfindet, das einen Austausch zwischen allen Körperflüssigkeiten schafft, sogar innerhalb all der lebendigen Knochenzellen des Körpers. Während der Körper auf diesen Transmutationsprozess reagiert und sich mehr in Richtung normale Körperfunktion entfaltet und bewegt, können wir im Vergleich zu der Bewegung, die wir am Anfang unserer Untersuchung beobachtet hatten, eine Veränderung in der Tidenbewegung des gesamten Körpermechanismus feststellen.
Dr. Sutherland sagt uns weiterhin, dass die bewegende Kraft für die Funktion beim oder im Fulkrum liegt, nicht an den Enden des Hebels. Er rät uns, den Fulkrum-Punkt im Körpermechanismus zu lesen, dem Funktionieren der Fulkrum-Punkte zuzuhören und es zu spüren, ein Gefühl für die Qualität des Tonus an diesen Fulkrum-Punkten zu bekommen und den Rhythmus während dieser Pause- oder Ruhezeiten zu beobachten. Es handelt sich um frei schwebende, automatisch sich verändernde Fulkrum-Bereiche, und doch sind sie ein Stillpunkt der Balance, ein wichtiger Balancepunkt, den wir suchen können, wenn wir mit Hilfe unseres kundigen Tastsinns mit den Gewebeelementen und ihren flüssigen Inhalten arbeiten, um sie an diesen Funktions-Balancepunkt zu bringen. Wenn wir diese Pause oder Ruhezeit erreicht haben, kommt die Potency der Tide herein für diesen Prozess der Transmutation, der die Funktionen des Körpers normalisiert. Als Ingenieure des Menschen, Ärzte und Behandler haben wir es hier mit der mächtigsten Kraft innerhalb des menschlichen Körpers zu tun, wenn wir lernen, die Tidenbewegungen der Körperphysiologie zu nutzen, Tidenbewegungen, die von einem Meistermechaniker geschaffen wurden.
Aufgrund seiner Studien an sich selbst und detaillierter Untersuchungen aller Anteile des Primären Atemmechanismus konnte Dr. Sutherland behaupten: „[…] dass der arterielle Blutstrom übergeordnet ist; aber die Zerebrospinale Flüssigkeit hat das Kommando.“5 Um diesen Gedanken noch weiter zu verdeutlichen, fügt er hinzu: „Der Atem des Lebens in der Tide des Liquor cerebrospinalis ist das zugrunde liegende Prinzip des Primären Atemmechanismus.“ Weiter gab er uns detaillierte Anleitungen, wie wir denkende, fühlende, sehende, wissende Finger entwickeln, um die Tide herunterzubringen zu ihrem Stillpunkt, ihrer Pause-Ruhezeit, um ihre Funktion in der Körperphysiologie zu kontrollieren. Wichtig ist es zu wissen, dass wir in unserem Bemühen, zu lernen, wie man die Tide kontrolliert, nicht auf den Kraniosakralen Mechanismus beschränkt sind. Wenn wir in einem Körperbereich Balance im Gewebe- und Flüssigkeitselement suchen, während wir eine Krankheit oder einen krankhaften Zustand aufspüren, lernen wir, die Tide in ihren Balancepunkt oder Fulkrumbereich zu bringen. Wenn wir dies tun, kann ein Transmutationsprozess stattfinden, der die Mechanik der Dysfunktion auflöst, Pathologie korrigiert und wieder Gesundheit für diese Person herstellt. Dies ist das von dem Meistermechaniker entworfene heilende Prinzip, das in unseren Patienten arbeitet; und wir können als Behandlerinnen und Behandler unsere Wahrnehmung entwickeln und beobachten, wie es in den Geweben der Patienten arbeitet.
Bislang habe ich mich auf das Funktionieren der Tide im Körper bezogen und auf die vielen Fulkren, die in der Körperphysiologie arbeiten. Nun ist es an der Zeit, über etwas anderes zu sprechen, was uns Dr. Sutherland mit auf den Weg gab, um unser Verständnis zu vertiefen. Das ist die Stille der Tide – nicht das Auf-und-ab-Fluktuieren ihrer Wellen, sondern die Stille, die man am Fulkrum-Punkt innerhalb der Tide findet. Es gibt eine Potency innerhalb dieser Stille. Der Begriff Stille verwirrt beim Versuch, diese Art der Arbeit zu verstehen, möglicherweise unser Denken. Wie kann es eine Potency oder Kraft oder Energie in der Stille geben? Dr. Sutherland beschrieb das bildhaft: Wenn man auf ein Glas Wasser eine Vibration überträgt, kann man beobachten, wie sich im Zentrum der Wasseroberfläche ein Stillpunkt bildet. Er wies darauf hin, dass dies ein Fulkrum-Punkt innerhalb des Wasserglases sei, und verglich ihn mit dem Fulkrum-Punkt, den wir erreichen, wenn wir die Fluktuation des Liquor cerebrospinalis bei der Kompression des vierten Ventrikels (oder jeder anderen Technik zum Steuern der Tide) zu ihrem Stillpunkt herunterbringen. „Es ist die Stille der Tide, die wir suchen“, pflegte er zu sagen, denn in dieser Stille liegt die Potency der Tide.
Diejenigen von uns, die das Glück hatten dabei zu sein, wenn er über dieses Thema sprach, konnten miterleben, wie der gesamte Unterrichtsraum spürbar still wurde. Dr. Sutherland machte uns darauf aufmerksam und erwähnte, dass dies häufig geschehe, wenn über die Potency in der Tide gesprochen werde. Und es geschah völlig spontan, war nicht geplant oder vorgesehen. Alle Anwesenden konnten die Stille spüren, und er bemerkte: „Können Sie die Veränderung in der Tide spüren?“ Dies geschah für einen Moment, dann war es vorbei. Wir sprechen also über etwas, was in einem vitalen Mechanismus geschieht, in einer Zeitspanne, wenn alle für dieses Geschehen erforderlichen Faktoren richtig abgestimmt sind. Ist in dieser Stille Leblosigkeit, ein Fehlen von Vitalität? Nein. Es ist etwas Lebendiges, birgt Kraft und Potency. Es kann nicht erklärt werden, denn mir fehlen die Worte, es zu beschreiben. Aber es tritt in Erscheinung und es tut gut.
Bestimmt hat es Zeiten gegeben, wo dies auch in Ihrer Praxis geschehen ist, während Sie einen Patienten behandelt haben. Sie werden sich plötzlich bewusst, dass der gesamte Raum in dem Sie arbeiten, in eine Pause oder Ruhezeit zu kommen scheint – und etwas ist anwesend: eine Stille, die jenseits von allem ist, was Sie sich selbst oder dem Patienten erklären können. Es ist ein Gefühl, Ihrem Schöpfer nahe zu sein. Dazu Punkt befragt, sagte Dr. Sutherland: „Wir wissen, es gibt eine Potency. Wir müssen nicht unbedingt wissen, woher sie kommt oder wohin sie geht.“
Die Natur gibt uns viele Beispiele für die Potency und die Kraft in der Stille ihres Funktionierens. Das Auge eines Hurrikans ist ein unglaubliches Zentrum von Stille, und zwar einer sehr potenten Stille. Ebenso ist es ein frei schwebender, automatisch sich verändernder Fulkrum-Bereich, der sich über den Ozean bewegt. Die Winde, die über die Erdoberfläche blasen, können nicht überall gleichzeitig wehen. Es muss einen Stillpunkt geben. Die Achse eines Rades muss einen stillen Punkt haben, um den das Rad sich dreht. So könnte man weiter und weiter Beispiele finden. Sind diese Beispiele lebendige Systeme in der Natur? So werden sie von uns nicht eingeordnet. Aber in der Körperphysiologie biologischer Systemen, stoßen wir auf Prinzipien und „[…] keine menschliche Hand hat ihre Gesetze geformt“6, und wir finden, dass die Stille der Tide in den Funktionsabläufen des Körpers Kraft und Potency in sich birgt. Wir haben es nicht mit einem statischen Mechanismus zu tun, bei dem wir sagen, wir sind still, wenn wir hier in unseren Stühlen sitzen. Unsere Körper sind ein dynamischer Energiefluss, der vom Moment der Empfängnis an das ganze Leben hindurch funktioniert, und innerhalb dieser Energiefelder gibt es Momente der Stille, zeitliche Fulkrum-Punkte für verschiedene physiologische Bedürfnisse – und all dies zentriert mit der Potency der Stille als der bewegenden Kraft für die darauf folgende Handlung. Wir müssen den Mechanismus dieser Stille begreifen und beim Behandeln unserer Patienten nutzen. Es ist nicht notwendig, dass wir vollständig verstehen, was sie ist oder woher sie kommt oder wohin sie geht, nachdem sie uns in diesem Moment von Nutzen war – die Stille der Tide in der Körperphysiologie.
Bis jetzt habe ich über Funktion, das frei schwebende, automatisch sich verändernde Fulkrum und die Tide, die Stille und die Potency gesprochen, die innerhalb all dieser Facetten in der Körperphysiologie agieren. Es scheint, als ob ich versuche, eine theologische Hypothese zu entwickeln, um dieses Art Arbeit zu erklären. Das ist allerdings nicht der Fall. Ich versuche lediglich, Ihnen zu zeigen, dass der Schöpfer des menschlichen Körpers und seiner Mechanismen mehr als ein passiver Begriff ist, von dem wir nur sprechen, ohne an ihn zu glauben und ihn zu nutzen. Zur Wissenschaft der Osteopathie gehört das tägliche, aktive Nutzen des Schöpfers. Osteopathie ist eine erworbene Kunst, nicht nur eine Wissenschaft; und ich mag das Zitat, das ich irgendwo gelesen habe: „Sei in Frieden mit Gott, wer und was auch immer Er deiner Meinung nach ist. Und was auch immer Deine Wünsche und Sehnsüchte in dieser lärmenden Verwirrung des Lebens sein mögen: ‚Sei im Einklang mit Deiner Seele.‘“ Daher brauchen wir in unserer täglichen Praxisarbeit Werkzeuge zum Verstehen und Nutzen eines Spirituellen Fulkrums.
Was gehört zu diesen Werkzeugen? Erstens muss ein Behandler meiner Meinung nach eine objektive Wahrnehmung entwickeln. Er sollte die Anatomie, Physiologie und Pathologie kennen und all die integrierten, untereinander und mit sich selbst in Beziehung stehenden Funktionsabläufe, die zwischen all diesen Elementen der Körperphysiologie stattfinden. Er muss fähig sein, diagnostische und prognostische Erkenntnis zu evaluieren und zu bestimmen, angefangen vom ersten Untersuchen des Patienten bis zu dessen Entlassung aus der Behandlung. Er sollte in der Lage sein, bei jedem Patienten die Veränderungen, die die Nutzung der Potency im Gewebe bewirkt, mit dem objektiven Fortschritt in Richtung Normalität und wiederhergestellter Kompensation in Zusammenhang zu bringen. Und er sollte sich beim Festlegen der Vorgehensweise in jedem einzelnen Behandlungsfall von den objektiven Befunden leiten lassen.
Zweitens sollte der Behandler eine subjektive Wahrnehmung des Potenzials haben, das in der Anwendung der hier beschriebenen Heilungsprinzipien liegt. Und er sollte spüren können, wie hoch die Chance ist, den pathologischen Befund beim Patienten umzudrehen, und inwieweit eine Erholung innerhalb der Gewebeeinheiten möglich ist. Er hat mit dem subjektiven Phänomen des Lebens selbst zu tun und nimmt an den im Patienten sich vollziehenden subjektiven Veränderungen teil, indem er versucht, sie zu evaluieren. Er muss die anatomisch-physiologischen Erfordernisse für jedes Patienten-Problem erkennen und subjektiv mit ihnen arbeiten, während er zusätzlich objektiv den Fortschritt beobachtet.
Drittens sollte der Behandler denkende, sehende, fühlende, wissende Finger entwickeln, die buchstäblich den von Moment zu Moment stattfindenden Veränderungen folgen können, die innerhalb der eingeschränkten Gewebe geschehen, während diese mit dem Meisterlichen Architekten arbeiten, um ihr normales bzw. neu kompensiertes Muster der Gesundheit wiederherzustellen. Dieses kundige Berühren ist nicht einfach zu erlernen. Es braucht Monate und Jahre der Geduld und Arbeit an Patienten, bis dies zu einem brauchbaren, effizienten Werkzeug für Diagnose und Behandlung wird. Jeder Patient ist eine Herausforderung, diese Fähigkeiten weiter zu verbessern. Es gibt keinen Zeitpunkt, zu dem ein Behandler sagen könnte: „Jetzt weiß ich alles, was es über dieses spezielle Problem zu wissen gibt.“ Schon der nächste Besuch des Patienten eröffnet Neues.
Natürlich gibt es noch viele andere Faktoren, die man hier diskutieren könnte, aber diese drei sind die Hauptpunkte, wenn der Behandler lernen will, sowohl beim Diagnostizieren als auch beim Behandeln mit den heilenden Prinzipien des Höchsten Bekannten Elementes zu arbeiten. Zusätzlich zu diesen drei Punkten sollte sich der Behandler jedoch immer, wenn ein Patient seine Dienste in Anspruch nimmt, eines ganz bewusst machen: die objektive, subjektive und wissende Wahrnehmung der Potency in ihm selbst, in seinen sich entwickelnden, wissenden Fingern und im Patienten – einer Potency, der sich der Behandler gelassen hingibt, um geführt zu werden und zu verstehen. Ich möchte hier nicht behaupten, dass es bei dieser Art zu arbeiten jedes Mal, wenn ein Patient behandelt wird, zu einer sofortigen Heilung kommt – obwohl die Ergebnisse Sie oft überraschen werden. Was ich Ihnen jedoch sagen möchte, ist Folgendes: Wenn der Osteopath bei jeder Behandlung mit dem Meistermechaniker arbeitet, wird es ihm möglich, den besten, effizientesten und fachkundigsten Dienst zu leisten, der dem Patienten auf dem Gebiet der heilenden Künste zur Verfügung steht. Dies ist ein wissenschaftlicher Ansatz, der alle Prinzipien jener „Gesetze, nicht von Menschenhand geschaffen […]“ mit einschließt und auch „[…] alle bekannten stofflichen Prozesse und erklärenden Prinzipien, die zum Leben gehören.“ Es ist die lebendige Anwendung der Wissenschaft der Osteopathie.
Wir sind hier ziemlich tiefschürfend geworden. Daher will ich jetzt das Tempo etwas ändern und von den lustigeren Momenten sprechen, die in unserer Praxis auftreten, wenn wir mit diesen Wahrheiten arbeiten. Eines der wichtigsten Dinge für den Osteopathen ist nämlich, seinen Sinn für Humor zu entwickeln. Die Äußerungen, die ich in meiner Praxis am häufigsten höre, sind: „Er hat gar nichts gemacht, aber …[…]“ oder „Alles, was er gemacht hat, war, seine Hände auf mich zu legen und dazusitzen, und als er fertig war, ging es mir besser.“ Es ist immer wichtig, eine gute Beziehung zum Patienten herzustellen und zuzulassen, dass die innere physiologische Funktion ihre eigene, sich nie irrende Potency als bewegende Kraft für die Korrektur einbringt, statt eine Kraft blind von außen anzuwenden.
Wenn Sie nun bei jemand gute Resultate erreicht haben, der schon verschiedene andere Behandlungen hinter sich hatte, darunter manchmal auch Osteopathie mit Hilfe von Manipulationen, dann wird Ihnen dieser Patient bzw. diese Patientin gerne seine oder ihre Freunde schickt. Es ist interessant zu sehen, wie diese potenziellen Patienten auf Ihre Dienste vorbereitet werden. Dem neuen Patienten wird gesagt: „Wenn du zu meinem Osteopathen gehst, sei nicht überrascht über seine Behandlungsart. Du wirst denken, er tut nichts, aber es wird dir besser gehen, wenn er mit der Behandlung fertig ist; und wenn er sagt, er will dich noch einmal sehen, bleib dabei, und er wird dafür sorgen, dass es dir wieder gut geht.“ Ich habe einen sehr feinen Gentleman als Patienten, der mir schon viele andere Patienten geschickt hat, und denen sagt er: „Geh zu meinem Osteopathen mit den magischen Händen. Ich weiß nicht, wie er es macht, aber er kann dir helfen.“
Ihre Patienten kommen wieder und schicken ihre Freunde, weil Sie gute Resultate bei Problemen erreichen, die weder von Medizin, Physiotherapie oder einer anderen Form von Untersuchung oder Tests gelöst werden konnten. Wenn sich Ihre Fähigkeiten dann weiterentwickeln, werden Sie immer komplexere Fälle bekommen; Leute, die schon überall waren und immer noch Hilfe für Ihre Probleme benötigen. Und gerade wenn man meint, das sei jetzt der schwierigste Fall überhaupt, kommt ein neuer Patient, der alle davor liegenden Fälle einfach erscheinen lässt. Wenn man die unfehlbare Potency, als die Hauptkraft für Diagnose und Behandlung nutzt, zieht das komplexe Fälle an, so wie Blumen Bienen anlocken. Das ist der Grund, warum diese Art der Arbeit immer wieder interessant ist. Es gibt stets etwas Neues zu lernen von dem physiologischen Körperbild des Patienten. Wachsendes Verständnis – das ist es, was der Behandler braucht, um dem Patienten helfen zu können.