Kitabı oku: «Sizilianische Gesetze», sayfa 2

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Nach Sizilienfahrt Hüh oder Hott

Das Casino lief sehr gut, sodass sie bereits zwei Monate später wieder eine kurze Reise machen konnten. Weil Vitos Haus auf Sizilien im Roh-Bau war, und mit der Baufirma Unstimmigkeiten aufgetreten waren, musste er dort nach dem Rechten sehen, sodass sie eine Fahrt zu Vitos Heimatstadt antraten. Da auch zwei seiner Brüder mitfahren wollten, war auf der langen Fahrt ein Fahrerwechsel möglich.

Sie hatten beschlossen einen Leihwagen zu nehmen, den Ute mieten musste, weil Vito, mangels Führerschein, das Fahrzeug nicht mieten konnte.

Die Fahrt war ein Desaster, weil ein Bruder immer meckerte, wenn sie um Pinkelpause ersuchte. Er fand ihre „Pisserei“ lästig und unnormal. Sie wehrte sich erfolgreich gegen eine derartige Einschränkung.

Nach Zweiunddreißig Stunden erreichten sie endlich das Ziel. Und am Ziel schimpfte der Mecker-Bruder, dass man mindestens sechs Stunden früher hätte da sein können, wenn ihre Pinkelpausen nicht gewesen wären. Endlich griff Vito ein und maßregelte den jüngeren Bruder deswegen, damit brachte Vito ihn endlich zum Schweigen. Im Stillen dachte Ute daran, dass Vito seine Beschützerrolle innerhalb seiner Familie erst sehr spät wahr nahm. Das war mal anders gewesen.

Während des Viertägigen Aufenthaltes wollte Vito die Zeit nutzen um bei Ute Fahrunterricht zu nehmen, denn in seiner Heimat war das ungefährlich. Ihre Einwilligung bereute Ute sehr schnell, denn Vito war ein sehr nervöser, und völlig unbegabter Fahr-Schüler. Es erforderte wirklich starke Nerven, einem Schüler Autofahren beizubringen, der schon zwei Fahrprüfungen vermasselt hatte.

Auf der Heimfahrt durfte Vito aber nicht ans Steuer, darüber waren die drei Führerschein-Inhaber sich einig. Nach einer heftigen Diskussion auf Italienisch musste Vito einsehen, dass er noch nicht genügend Fahrpraxis hatte. Vito maulte zwar, fügte sich aber.

Die Männer hatten einen Zwischenstopp in Rom geplant, weil Vitos Lieblings- Fußball-Verein „Inter Mailand“ dort am nächsten Tag gegen „AC-Rom“ spielte. Da die Vier erst um Mitternacht dort ankamen, und die Brüder sich in Rom auch nicht auskannten, fuhren sie kreuz und quer durch die Stadt, auf der Suche nach einem günstigen Hotel.

Einer zivilen Polizeistreife war die Rumfahrerei aufgefallen, weil sie mehrmals im Kreis gefahren waren. Plötzlich überholte sie ein dunkler Wagen und die Kelle mit dem roten Stopp-Signal befahl ihnen zu halten.

Ute verstand zwar das Wort „Policia“ aber sonst nichts, von der hektischen Diskussion. Der jüngste Bruder, der am Steuer saß, versuchte den Zivil-Polizisten das Verhalten zu erklären. Dennoch mussten alle aussteigen.

Als die Beamten Vito, sahen, richteten beide Polizisten ihre Pistolen auf Vito und befahlen ihm sich breitbeinig an eine Hauswand zu stellen. Die beiden Brüder und Ute blieben unbeachtet. Nachdem die Beamten Vito abgetastet, und gründlich durchsucht hatten, durften alle wieder einsteigen. Dann loste die Polizei die Vier zu einem einfachen Hotel.

Der Schreck saß ihr noch lange in den Gliedern darüber, dass die Polizei ihren Lebensgefährten wie einen Verbrecher behandelt hatte, aber die beiden Brüder unbeachtet gelassen hatten. Warum war ihr zu der Zeit noch nicht klar.

Das Fußball-Spiel am nächsten Nachmittag war ein besonderes Erlebnis für Ute, obwohl sie sich nie für diesen Sport interessiert hatte. Aber für die Italiener war dieser Sport heilig. Es wunderte Ute sehr, dass an einem normalen Sonntag-Nachmittag das Stadion, mit einem Fassungsvermögen von Achtzigtausend, bis zum letzten Platz ausverkauft war. Deshalb musste Vito viel Überredungs-Kunst aufbringen, um noch vier Karten zu bekommen, und in letzter Minute rein gelassen zu werden.

Als einzige „Inter-Mailand-Fans“ saßen die Vier dann zwischen den ganzen Römern, die drohend aufsahen, als die Vier bei einem Tor von Inter jubelnd aufsprangen. Zum Glück gewannen die Römer dieses Spiel.

Als sie das Stadion verließen begann es zu regnen. Voller Staunen sah Ute mehrere Regenschirm-Verkäufer am Ausgang stehen, die verschiedene Schirme anboten. Die Schnelligkeit, mit der diese Verkäufer, wie aus dem Boden gewachsen, ihr Geschäft wahr nahmen, fand Ute sehr bewundernswert.

Das Gesamterlebnis: Fußballspiel in Rom blieb ihr unauslöschlich im Gedächtnis.

In dieser Nacht in Rom wurde sie schwanger.

Die Nachricht ihrer Schwangerschaft nahm Vito mit seltsamer Reaktion auf, er fragte, ob sie denn nach so langer Pause ein Kind wolle, schließlich sei ihr jüngstes Kind schon Vierzehn. Sie war so enttäuscht über diese Frage, dass sie sich unschlüssig gab, sodass beide sich nicht gleich darüber im Klaren werden konnten, ob sie das Kind haben wollten.

Weil Vito während der Schwangerschaft sein Hin-und Her beibehielt, überlegte sie bald abzutreiben, denn sie zweifelte inzwischen an einer gemeinsamen Zukunft, weil ihre Vernunft wieder erwachte. Weil es Niemand gab, mit dem sie hätte reden können, der sie hätte beraten können, fühlte sie sich hilflos und verlassen.

Zu allem Überfluss wandte sich sogar ihre Mutter von ihr ab, weil sie das „Kind von so einem Verbrecher“ austragen wollte. Beistand und Trost erhielt sie nur von ihrer damals einzigen Freundin Annette.

Deshalb war die Schwangerschaft eine nervige Zeit für sie, geprägt von Angst vor der Zukunft und Hass auf alles was ihr das Leben schwer machte. Sie hatte keinerlei Halt wurde von Hoffen und Bangen hin und hergerissen. Sie war allein gelassen, nur auf sich gestellt und hatte nur eine Zuhörerin und tröstliche Ratgeberin, ihre Freundin Annette.

Vito wohnte zu der Zeit mal wieder bei seiner Ehefrau, hielt aber heimlich den Kontakt zu Ute aufrecht. Als diese davon Wind bekam klingelte die eines Morgens bei Ute Sturm. Und damit hörte sie nicht auf, bis Ute endlich ans Fenster kam.

„Schick meinen Mann raus, ich weiß dass er bei dir ist. Ihr könnt mich doch nicht verarschen. Wie dumm bist du eigentlich? Glaubst du wirklich, dass es Liebe bei ihm ist? Ha, da lache ich mich ja tot. Der ist doch nur wegen dem Casino bei dir, weil du die Beziehungen hast. Wenn er dich mal nicht mehr braucht ist der sowieso weg. Also schick ihn raus, oder lass mich rein, dann hol ich ihn aus dem Bett. Ich weiß, dass er sich vor mir versteckt, der Feigling.“ Schrie sie so laut, dass es die ganze Nachbarschaft nicht überhören konnte.

„Schrei doch nicht so du dumme Kuh! Ist es dir egal wie du dich damit blamierst? Die ganze Nachbarschaft kann hören, dass du irre bist! Geh nach Hause, oder zur Arbeit, in deine Fischbude.“ Knurrte Ute zornig. Als diese jedoch nicht aufgab, ging Ute raus um die Randerliererin zur Ruhe zu bekehren. Aber als die Utes kleines Bäuchlein sah, das den Zustand schon deutlich zeigte, schrie sie um so lauter: „Was? Du bist schwanger? Bist du von allen guten Geistern verlassen? Willst du allen Ernstes von meinem Mann ein Kind kriegen? Damit er sich auch um das Kind genauso wenig kümmert wie um unsere Tochter? Wie kann eine Frau in deinem Alter noch so blöd sein?“

Sie machte Ute damit klar, dass mit ihr kein vernünftiges Gespräch möglich war, also schlug Ute ihr die Haustür vor der Nase zu, und ging rein. Noch lange schrie die verlassene Ehefrau, denn sie war noch zorniger, seit sie um Utes Zustand wusste.

Noch am gleichen Tag entschloss Vito sich, das Versteckspiel zu beenden, holte seine Sachen, und zog ganz selbstverständlich wieder bei Ute ein. Sie war glücklich darüber, denn endlich hatte er sich für das Kind und ihre gemeinsame Zukunft entschieden.

Sein wahres Gesicht

Als die Schwangerschaft deutlich sichtbar wurde, zeigte Vito seine negativen Seiten. Anstatt liebevolle Anerkennung und Behandlung untersagte Vito ihr plötzlich den Zutritt zu ihrem Geschäft. Obwohl sie beide Inhaber waren, hatte sie somit keinerlei Einblick mehr in das Geschehen. Sie musste hinnehmen, was er ihr über Gewinn oder Verlust erzählte. Noch dazu hielt er sie finanziell sehr knapp, sie hatte gerade das Nötigste zum Leben.

Wenn sie rebellierte ohrfeigte und beschimpfte er sie vor allen Leuten. Er behandelte sie wie seine Sklavin. Und sie war völlig hilflos. Zum ersten Mal im Leben hatte sie nicht den Mut sich zur Wehr zu setzen, denn seine Brutalität kannte sie schon. Sie war einmal zugegen gewesen, als er einen Randalierer zusammen geschlagen hatte, und als der schon kampfunfähig am Boden lag, noch zusammen getreten hatte. Zwar hatte dieser Mann es verdient, aber diese rücksichtslose Härte, einen Gegner, der schon außer Gefecht war, brutal zusammen zu treten, fand sie sehr erschreckend.

Nun traf sie die gleiche Härte, und versetzte sie in Angst.

In dieser Zeit entstand so ein abgrundtiefer Hass in ihr, dass sie ihm heimlich den Tod wünschte. Zudem wuchs in ihr die Angst, dass sie das Kind ebenfalls hassen könne, weil es dem Erzeuger ähnelte und sie dann auch in Hass- Gefühle versetzen werde.

Zwischenzeitlich versank sie in Depressionen, weil Vito ihr klipp und klar erklärte, dass es ein ungeschriebenes sizilianisches Gesetz sei, dass der Mann allein bestimme, was seine Frau dürfe und was nicht. Das werde er ihr jetzt beibringen. Das bedeutete für sie, dass sie ihn nicht wieder los werden könne, was eine düstere Zukunfts-Aussicht war.

In dieser depressiven Zeit reifte in ihr jedenfalls der Entschluss, das Kind zur Adoption freizugeben, denn sie wollte das Kind nicht alleine groß ziehen, weil sie hoffte, wenn sie keine Kind von ihm hätte, dann nicht mehr diesen brutalen Mann im Nacken zu haben. Nur die Adoption erschien ihr als Garantie geeignet, endlich wieder ein freies, selbstbestimmtes Leben führen zu können.

Das resultierte auch aus den Meinungen einiger bekannter Leute, die sagten, Vito habe sich mit der Schwangerschaft die Aussicht geschaffen, sie durch ein Kind unter totaler Kontrolle zu halten, sodass er sie geschäftlich nützen könne, um endlich finanziell weiter zu kommen.

Sie gab sich die größte Mühe, diese Probleme von ihren Kindern fern zu halten. Da Ramona nicht bei ihr wohnte, bekam sie von den Dramen sowieso nichts mit. Aber ihren Sohn betrafen die Ereignisse dann doch.

Zu ihrer finanziellen Knappheit kam auch noch eine hohe Nachzahlung meiner Heizkosten- Abrechnung, die brachte sie in echte Schwierigkeiten, sodass sie überlegte, wie sie die Kosten reduzieren könne. Als dann ihr Sohn auch noch neue Kleidung und Geld für die anstehende Klassenfahrt brauchte war sie überfordert.

Vito um mehr Geld zu bitten, sparte sie sich, denn er hatte schon vorher gemeckert, dass die Internatskosten unnötig seien, schließlich gäbe es hier auch Schulen. Wenn sie ihn fragte, würde er sie auslachen, das war ihr klar. Aber sie benötigte Hilfe.

Denn es blieb ihr nichts anderes übrig, als die Ausgaben zu kürzen wo immer es möglich war. Der Leittragende würde leider ihr Sohn sein, weil das der größte Posten in ihren monatlichen Ausgaben war. Also war sie gezwungen, Rene kurzentschlossen von dem Internat nehmen, weil sie die Fünfzehnhundert Mark monatlich dafür nicht mehr aufbringen konnte. In letzter Not rief sie Renes Vater an, erklärte ihm die Misere, und bat ihn um seine finanzielle Beteiligung.

Knallhart erwiderte dieser, das ginge ihn alles nichts an, er richte gerade seine Wohnung ein, und das sei wichtiger. Denn schließlich hätte sie die alleinige Sorgepflicht, außerdem sei das ja in dem Scheidungs-Urteil so geregelt, dass sie gegenseitig auf Unterhalt verzichtet hatten.

Die Bedürfnisse seines Sohnes waren also unwichtig? Nach diesem Telefonat war sie endgültig mit ihrer Geduld am Ende. Sie holte sich Rat bei dem zuständigen Jugendamt.

Nachdem der Beamte sich ihr Anliegen angehört und das Scheidungsurteil gelesen hatte, sagte er: „Nein, so geht es ja wohl nicht. Der gegenseitige Unterhaltsverzicht, der nach dem damaligen Scheidungsrecht von Ihnen vereinbart wurde, gilt nur für Sie und Ihren Ehemann. Für Kinder können Eltern nicht auf Unterhalt oder zum Beispiel auf ein Erbe verzichten. Das geht nach unserem deutschen Gesetz nicht. Natürlich muss Ihr geschiedener Mann Unterhalt für seinen Sohn zahlen. Nicht für Ihre gemeinsame Tochter, weil die in der Ausbildung ist und auch nicht bei Ihnen wohnt. Wenn Sie wollen nehmen wir die Sache mal in die Hände. Denn mir scheint, das geht nur mit einer Klage beim Familiengericht, und das ist für Sie kostenlos. Das Jugendamt vertritt in dem Falle Ihren Sohn.“

Erleichtert stimmte sie zu. Also nahmen die Dinge ihren Lauf.

Zornige Vorwürfe und Undank

Eines Tages stürzte ihr Sohn wie ein Wilder zur Tür hinein und beschimpfte sie wütend: „Was fällt dir ein, in meinem Namen meinen Vater zu verklagen? Dazu hast du kein Recht! Mach das sofort rückgängig! Sie will das nicht!“

Wie ein Racheengel stand er vor ihr, mit vor Wut verzerrtem Gesicht, sodass sie den Eindruck hatte, er könne jeden Moment auf sie losgehen.

„Also erst einmal ein anderer Ton bitte, mein Junge. Du sprichst mit deiner Mutter, nicht mit deinesgleichen. Und danach können wir uns in Ruhe unterhalten.“ Versuchte sie Ruhe zu bewahren.

„Nein“, schrie er sie aufgebracht an: „Ich verlange, dass du die Klage sofort zurückziehst. Mein Vater hat kein Geld, der richtet gerade seine Wohnung ein, der kann dir kein Geld geben. Und außerdem braucht der auch keinen Unterhalt für mich zu bezahlen. Das hat er schriftlich. Also lass das sein!“

Immer noch in ruhigem Ton erwiderte sie: „Ich glaube davon verstehst du nichts, Rene. Aber ich will es dir trotzdem erklären. Nicht ich habe diese Klage verfasst, sondern das Jugendamt. Und da das Jugendamt die Kinder bei Unterhaltsklagen nur vertritt, wird die Klageschrift im Namen des Kindes verfasst. Das ist normales deutsches Recht. Ich könnte das also gar nicht zurückziehen. Und jetzt reg dich mal ab!“

„Ich glaube dir kein Wort. Du willst nur einen Keil zwischen uns treiben, weil es dir nicht passt, dass ich zum Papa ziehe, sobald er seine Wohnung fertig hat. Aber das schaffst du nicht!“ sagte er zornig, er war nicht zu beruhigen.

Utes Geduldsfaden riss, energisch erklärte sie ihrem Kind: „Wohin du ziehst oder nicht, das bestimme allein ich, mein Sohn! Jetzt ist aber Schluss mit lustig. Was fällt dir denn ein, dich in Sachen einzumischen, die du noch nicht verstehst? Dein Vater ist für dich Unterhaltspflichtig. Punkt. Dass er keine Wohnung hat, und jetzt alles neu kaufen muss, ist allein seine eigene Schuld, deshalb müssen doch nicht alle anderen Leute für den Scheiß bezahlen, den er selbst verschuldet hat! So, und jetzt ist Schluss, ich hab die Nase voll von sinnlosen Diskussionen. Geh in dein Zimmer.“

Widerspenstig blieb er stehen und sagte nachdrücklich: „Ich werde dem Richter sagen, dass ich zu meinem Vater ziehen will, und dann musst du nämlich Unterhalt bezahlen. Darauf kannst du dich verlassen!“

Sie schüttelte den Kopf, wollte dem Jungen den Wind aus den Segeln nehmen, und versuchen doch noch eine Basis zu finden: „Rene, das geht doch gar nicht. Vergiss es. Ich kann doch gar keinen Unterhalt bezahlen, dazu müsste ich doch ein geregeltes Einkommen haben. Und das hab sie ja nicht.“

Voller Hass zischte der Kleine: „Ha ha, dann werde sie verraten, dass du an dem Casino beteiligt bist. Du wirst sehen, dann musst du zahlen.“

Fassungslos über die abgrundtiefe Gehässigkeit die ihr der eigene Sohn entgegen schleuderte, starrte sie ihn an, holte tief Luft und entschied: „Pack deine Sachen, und ruf deinen Vater an, er soll dich jetzt sofort abholen. Sie werde dich nicht aufhalten! Aber geh noch heute!“

Ute setzte sich vor den Fernseher, und obwohl sie vor lauter Tränen nichts sah, und auch gar nicht verstand was dort lief, hörte sie nur nach kurzer Zeit, die Etagentür ins Schloss fallen.

Als sie sich endlich aufraffen konnte, ins Kinderzimmer kam, konnte sie in den offenen leeren Schrank ihres Sohnes sehen.

Auch Ramona konnte ihren Bruder nicht verstehen, aber sie war sich sicher, dass Rene den Wechsel bald bereuen werde.

„Beim Papa hat er es bestimmt nicht so gut wie bei dir. Der erste Krach wird nicht lange auf sich warten lassen.“ Meinte sie.

„Das ist seine Sache, zu mir kann er nicht wieder zurück kommen. Mit fast vierzehn Jahren ist man alt genug um mit mehr Verstand zu handeln und seiner Mutter Respekt entgegen zu bringen. Wie er mit mir gesprochen hat, das habe sie nicht verdient. Damit hat er sich alles verscherzt.“ Sagte sie hart, und sie versuchte zu verstecken, wie weh ihr die Sache tat.

Mit ihrem Exmann einigte sie sich letztendlich, dass er anstatt seiner Unterhalts- Zahlung für die vergangen vier Jahre, nun den alleinigen Unterhalt für den Sohn für die nächsten vier Jahre übernehmen würde.

Aber Utes Tochter hatte eigene Interessen, deshalb ließ sie das Thema auch schnell fallen. Sie kam umgehend auf ihre eigenen Probleme zu sprechen, denn nun war das Zimmer ihres Bruders frei geworden, was ihr gerade recht kam.

Sie berichtete, dass sie, gleich nach Beendigung der Ausbildung gekündigt wurde. Offenbar hatte ihr Arbeitgeber keine Verwendung mehr für sie. Nun sei das Geld noch knapper, da ihr Arbeitslosen-Geld nach dem Lehrgeld berechnet würde. Weil es nur noch Krach mit den Großeltern gab, wolle sie gerne zu ihrer Mutter kommen. Renes Zimmer sei ja nun frei.

Natürlich stimmte sie sofort zu, denn da Vito mal wieder bei seiner Ehefrau war, kam ihr der Wunsch gelegen. In den letzten Monaten der Schwangerschaft würde sie froh sein, nicht alleine zu sein. Eine erwachsene Tochter kam ihr als Unterstützung ganz recht. Sicher hatte Ramona ihre frühere Gemütlichkeit durch das Berufsleben längst abgelegt. So sah Ute einem Zusammenleben erfreut entgegen.

Wie man sich im eigenen Kind irren kann, durfte sie dann erleben. Ramonas Gemütlichkeit war reine Faulheit, was wohl charakterlich bedingt war. Sie hatte sich nicht nur kein bisschen verändert, sondern war auch noch anspruchsvoll und total egoistisch geworden. Die Großeltern hatten die Erziehung ihrer minderjährigen Enkelin völlig vernachlässigt. Man hatte diese zwangsläufig übernommene Pflicht in den Keller abgeschoben, im wahrsten Sinne des Wortes.

Leider musste sie Ute nun unter der mangelnden Erziehung leiden. Die schlimme Schlampigkeit ihrer Zwanzigjährigen Tochter ging ihr total gegen die Natur. Obwohl Ramona nicht arbeitete, hielt sie aufräumen und saubermachen für überflüssig. In ihrem Zimmer sah es aus wie Kraut und Rüben. Das Bett nicht gemacht, ihre benutzen schmutzigen Kleider flogen alle auf Sessel und Erde rum, sogar ihre schmutzigen Slips lagen mitten im Zimmer. Aber was Ute als besonders abartig empfand war, dass ein großer offener Aschenbecher mit Kippen tagelang stehen blieb.

Wenn „Madam“ denn mal zu Hause war, protestierte sie. Denn sie war ständig „auf der Rolle“. Die Nächte schlug sie sich immer um die Ohren, und wenn sie nach Hause kam, schlief sie. Sie schloss sich in ihrem Zimmer ein, damit Ute sie nicht weckte. Alles Reden half nicht. Das sah Ute sich nur ein paar Wochen an, dann war ihre Geduld zu Ende.

Eines Tages kassierte Ute den Zimmerschlüssel ein, sodass Ramona sich nicht mehr einschließen konnte, und marschierte am Vormittag in das Zimmer.

„Was soll das, Mutti? Geh raus, lass mich schlafen!“ verlangte Ramona unwirsch.

Gelassen zog Ute die Rollos hoch, sodass Tageslicht in das Zimmer fiel, und befahl energisch: „Nein, du stehst jetzt auf und machst deinen Saustall hier sauber. Deine Schlamperei mach ich nicht länger mit. Und danach machst du dich auf den Weg zum Tageblatt, und suchst dir eine eigene Wohnung. Hier ist Schluss! Los, beweg dich!“

Anfangs maulte Ramona, sie habe nicht genug Geld, worauf Ute ihr empfahl sich Arbeit zu suchen. Dass sie dazu keine Lust hatte, war schon deshalb nicht zu übersehen, weil sie ein Angebot von Vitos Freund ablehnte, in dessen Eiscafe zu kellnern. Aber der Nebenverdienst interessierte sie nicht. Zu so einer Arbeit habe sie keine Lust, war ihre klare Antwort, sie sei keine Kellnerin, sie habe einen Beruf erlernt. Irgendwie erinnerte Ute die Einstellung ihrer Tochter an deren Vater. Impertinent ohne eine Mark in der Tasche.

„Hochmut kommt vor dem Fall!“ erwiderte Ute nur. „Dann sieh zu wie du mit der wenigen Kohle auskommst.“

Dennoch half Ute ihr bei der Wohnungs-Suche, sowie anschließend bei der Einrichtung des Apartments und ebenso bei den Anträgen für eine höhere Arbeitslosen-Unterstützung.

Letztlich war Ramona dann doch glücklich eine eigene kleine Wohnung zu haben, und diesen Vorteil genoss sie auf jegliche Art und Weise.

Auch Ute konnte feststellen, dass es besser für sie war, alleine zu leben, denn so belastete sie niemand mehr. Der Nachteil, dass sie Vito ständig um Geld anbetteln musste, obwohl das Casino, das er alleine betrieb, ihr zur Hälfte gehörte, blieb ihr allerdings erhalten. Es gab nur eine Person, die ihr mit Rat und Tat zur Seite stand, ihre Freundin Annette. Ihre Familie hatte sie abgeschrieben.

Ihre eigene Mutter hatte Ute schon ihre Tür verschlossen, als sie erfuhr, dass sie das Kind, „von diesem Verbrecher“ bekommen würde. Utes Schwester und ihr Mann hatten sich, gleich zu Anfang, wegen Vito zurückgezogen, Utes Sohn und Tochter gingen ihre Wege ohne sie, beziehungsweise gegen sie. Die ehemals beste Freundin war mit ihrem neuen Partner nach Spanien gegangen, und mit Jugendfreundin Beate war der Kontakt schon lange eingefroren.

Blieb nur Annette. Sie hielt treu zu Ute, lieh ihr immer das Ohr, und gab ihr das Gefühl, nicht ganz verlassen zu sein. Aber vor allen Dingen hatte Annette vollstes Verständnis für Ute, nämlich dafür, dass sie das Kind nicht behalten, sondern gleich nach der Geburt zur Adoption freigeben wollte. Ihre verständnisvolle Zustimmung erleichterte Utes Gewissen.

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