Kitabı oku: «Das Erbe der Burgherrin», sayfa 5

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Kapitel 3

Mechthild lag unbequem auf dem Wagen. Sie konnte nicht sagen, ob sie schon drei, vier oder fünf Tage unterwegs waren. Jeder Tag verlief gleich. Sie wurden auf das Fuhrwerk geladen und fuhren meilenweit, bis sie abends auf einer abgelegenen Lichtung ihr Lager errichteten. Warum hatte Konrad sie noch nicht gefunden? Manchmal überkamen sie Zweifel, ob er überhaupt nach ihnen suchte. Wer war nur diese Loretta, von der die Räuber gesprochen hatten? Sie hatte versucht, es aus ihnen herauszubekommen, doch niemand war auf sie eingegangen. Irgendwie kam ihr der Name bekannt vor, doch sie konnte sich nicht daran erinnern, wo sie ihn gehört hatte.

Plötzlich ließ das Ruckeln des Wagens, der sich seit einiger Zeit durch eine hügelige Gegend bewegte, nach. Der Lange lenkte ihn an eine versteckte Stelle und hielt an. So neigte sich auch dieser Tag dem Ende entgegen.

„Schlagt hier das Lager auf. Das ist ein guter Platz“, befahl Hartmut. Die Räuber stiegen von ihren Pferden und banden diese fest. Dann luden sie die Gefangenen ab und lockerten Fessel und Knebel. Auch heute band man ihnen einen langen Strick um den Bauch, den sie an einem Baum befestigten. Zum hundertsten Mal fluchte Mechthild leise, weil sie ihren Dolch auf der Mauer an der Merburg liegen gelassen hatte. Von ihrem Lagerplatz hatten sie einen Blick in die Talmulde. Dort lag eine kleine Stadt, am Zusammenfluss zweier Flüsse, die von einer Stadtmauer umschlossen wurde. Mechthild wünschte sich dorthin, um Hilfe holen zu können.

Zwei der Räuber sammelten Feuerholz und schichteten es in der Mitte des Lagers auf. Es dauerte nicht lange, bis die Flammen munter an den Ästen flackerten und einen rauchigen, warmen Dunst verbreiteten. Arnold warf kleine Stöckchen ins Feuer, die sogleich zu brennen anfingen.

„Geh nicht zu nah ran“, ermahnte ihn Mechthild.

„Keine Angst, Mutter, näher kann ich nicht! Der Strick hält mich davon ab, in die Flammen zu fallen.“

„Siehst du, Weib? Euer Strick hat auch Vorteile!“, mischte sich Smolek ein.

„Trotzdem wäre ich lieber ohne.“

„Wenn du heute Nacht unter mir schläfst, binde ich dir den Strick ab“, flüsterte ihr Smolek, der ganz nah an sie herangetreten war, ins Ohr.

„Da ist mir der Strick tausend Mal lieber“, sagte Mechthild verächtlich und versuchte den schmutzigen Räuber, dessen Gesicht dunkle Bartstoppeln zierten, auf Abstand zu bekommen.

„Smolek! Lass sie in Ruhe!“, schaltete sich Wolfgang ein.

„Ihr gönnt mir überhaupt keinen Spaß!“

„Nimm dir was zu essen und zu trinken und sei ruhig.“

Der Lange reichte auch Arnold und Mechthild Wasser, Brot und Käse.

„Wie lange fahren wir noch mit dem Wagen?“, wollte Arnold wissen.

„Noch drei oder vier Tage. Dann sind wir an der Donau und es geht auf einem Floß weiter“, antwortete ihm Hartmut, dem der kleine Junge ein wenig leid tat.

„Ist die Donau ein Fluss?“

„Ja, ein ganz großer und langer.“

„Wohin fließt die Donau?“

„Die fließt durch viele Länder, bis sie schließlich ins Schwarze Meer mündet.“

„Aber so weit werden wir doch nicht mit einem Floß fahren, oder?“

„Nein, aber fast. Das letzte Stück zum Schwarzen Meer müssen wir wieder über Land.“

„Warum heißt das Schwarze Meer so? Ist das Wasser dort schwarz?“, fragte der Junge neugierig.

„Ich habe keine Ahnung, aber ihr werdet es bald sehen.“

„Du nicht?“

„Nein, Ritter Wolfgang und ich reiten zurück in unsere Heimat.“

Sveti schaltete sich ein: „Das Schwarze Meer heißt so, weil früher viele Schiffe aus Griechenland im Winter darin versunken sind. Deshalb haben die Griechen es böses oder schwarzes Meer genannt.“

Mechthild hatte bei Hartmuts Worten aufgehorcht. So bald schon würden die beiden Ritter sie alleine mit den Räubern lassen.

„Wann verlasst ihr uns?“

„Sobald ihr auf der Donau seid.“

„Und wohin reitet ihr dann?“

„Dorthin, wo wir herkommen. Mehr brauchst du nicht zu wissen.“

Die Gräfin starrte vor sich hin. Noch drei oder vier Tage würde es dauern, bis sie an der Donau wären. Bis dorthin mussten sie fliehen. Sie konnten unmöglich alleine mit diesen widerlichen Räubern reisen.

Es wurde dunkel, nur das Lagerfeuer sorgte für Licht. Die meisten Räuber saßen auf ihren Decken und erweckten den Eindruck, dass sie bald schlafen würden. Mechthild sah zu der Stelle, wo der Lange das Essen ausgepackt hatte. Der Dolch lag noch dort. Würde ihr Strick bis dorthin reichen? Sie musste es versuchen. Mechthild drehte sich zu Arnold und flüsterte ihm ins Ohr:

„Versuche, wach zu bleiben, aber sei leise!“

Mechthild wartete, bis alle, außer Hagen, der die erste Wache übernommen hatte, eingeschlafen waren. Hagen saß am Feuer, er hatte eine Decke um sich geschlungen und starrte in die Glut. Es dauerte nicht lange, bis er sich erhob, weil ihn ein dringendes Bedürfnis quälte. Er blickte zu den Gefangenen herüber, die scheinbar friedlich schlafend auf der Decke lagen, trat an den Rand des Lagers und nestelte seine Bruche auf.

Mechthild erhob sich leise und bewegte sich vorsichtig auf den Dolch zu, bis der Strick mit einem Ruck an ihrem Bauch zog. Sie lehnte sich vor, doch es fehlten noch wenige fingerbreit. An der Seite sah sie einen Stock liegen, sie griff danach und zog mit dessen Hilfe den Dolch näher zu sich heran, sodass sie ihn erhaschen konnte. Schnell legte sie sich wieder auf die Decke, bevor Hagen seine Bruche festband und zu seinem Platz zurückkehrte. Mechthild zitterte. Sie hatte es geschafft! Sie spürte den kalten Griff des Messers in ihrer Hand und begann vorsichtig, damit den Strick durchzuschneiden. Es dauerte, bis sie das dicke Hanfgeflecht durchtrennt hatte. Nachdem sie es geschafft hatte, drehte sie sich zu Arnold herum und machte sich auch an dessen Strick zu schaffen. Arnold war doch eingeschlafen und sah nun erstaunt auf. Als er begriff, was seine Mutter tat, begannen seine Augen, trotz Dunkelheit zu leuchten. Schnell war auch Arnolds Strick durchtrennt. Mechthild konnte nur mit Mühe verhindern, dass der Junge gleich aufsprang und davonrannte.

„Warte, Hagen sieht herüber“, flüsterte sie ihm zu. Die beiden starrten zu ihrem Wächter und warteten, bis dieser gerade am Einnicken war.

„Jetzt“, gab Mechthild den Befehl.

Die zwei sprangen auf und rannten los, doch Hagen hörte das Geräusch und war direkt hellwach.

„Verdammt! Sie rennen weg! Wacht sofort auf! Wir müssen sie aufhalten!“

Hagen rannte in die Richtung, in der die beiden Gefangenen geflohen waren und auch die anderen Räuber sprangen auf. Sveti entzündete an der Glut eine Fackel und folgte ihnen hinterher.

Mechthild und Arnold stürzten Hand in Hand den Hügel hinunter. Es war dunkel und sie sahen nicht, wo sie hintraten, doch das war egal, solange sie nur Abstand zwischen sich und den Räubern schafften. Mechthilds Kleid blieb an einem Brombeerbusch hängen. Sie zog so fest daran, dass es zerriss. Schnell rannten sie weiter. Sie hörten die Ritter hinter sich, die den Räubern Befehle zuriefen. Die Gräfin betete, dass sie es schaffen würden, und zog Arnold hinter sich her. Sie rutschten ein Stück den Hang hinunter und befanden sich plötzlich auf einem Hohlweg. Sollten sie wirklich auf diesem Weg bleiben? Wenn die Räuber ebenfalls auf diesen Weg gelangten, hätten sie keine Fluchtmöglichkeit, denn links und rechts ging es steil hoch. Doch sie hatten keine Zeit, wieder hinauf zu klettern. Sie waren direkt hinter ihnen. Mechthild hoffte, dass sie bald an eine Kreuzung kommen würden, die sie aus dieser Falle hinaus führte.

„Renn Arnold! Komm, so schnell wie du kannst mein Junge!“, rief sie Arnold zu, der langsamer wurde. Arnold bemühte sich, so schnell er konnte, seiner Mutter zu folgen, doch sie hörten schon die Räuber, die nun ebenfalls auf den Hohlweg gelangt waren und sie erspäht hatten.

„Dort vorne sind sie! Beeilt Euch! Gleich haben wir sie!“, rief Hartmut erleichtert, der die Führung bei den Verfolgern übernommen hatte.

Mechthild und Arnold rannten und rannten. Die Gräfin hielt das zerrissene Kleid mit den Händen hoch, sodass sie nicht darüber stolperte. Sie waren ganz außer Atem, der Schweiß rann an ihnen herab. Schließlich stolperte Arnold über einen Stein und fiel der Länge nach hin. Ihre Hände lösten sich und Mechthild tat noch drei Schritte, bis sie merkte, dass Arnold ihr nicht mehr folgte. Sie wendete sich um und bückte sich nach ihrem Sohn, der schnaufend auf dem Boden lag.

„Arnold steh auf, komm! Wir können es noch schaffen!“

Mit letzter Kraft zerrte Mechthild ihn auf die Beine und zwang ihn, weiter zu laufen. Arnold humpelte, der Fuß tat ihm weh. Der Weg machte eine Biegung und wurde breiter. Dichtes Gebüsch säumte seinen Rand. Die Gräfin schob den Jungen in die Büsche und sie kauerten sich ganz klein zusammen und hielten die Luft an. Die Schritte der lärmenden und schimpfenden Räuber kamen immer näher, bis sie sie keine drei Ellen neben sich vernahmen. Mechthild schickte mehrere Stoßgebete zum Himmel.

„Lieber Gott, bitte lass sie weitergehen! Bitte!“, formten ihre Lippen lautlos. Sie traute sich keinen Atemzug zu machen und hoffte, dass Arnold ebenfalls stillhielt. Doch der Junge duckte sich nur und kniff die Augen ganz fest zu, als würde er denken, wenn er nichts sähe, würden die Räuber auch nichts sehen. Die Schritte und Verfluchungen der Räuber entfernten sich und es wurde ganz still.

„Komm Arnold, sie haben uns nicht gesehen. Wir müssen schnell den Hang hoch, damit wir uns im Wald verstecken können.“

Müde schleppten sie sich weiter, bis Mechthild endlich davon überzeugt war, dass sie weit genug von den Räubern entfernt waren. Zwischen ein paar Sträuchern legten sie sich erschöpft nieder.

Kapitel 4

Die Sonne schien hell und klar, als Mechthild erwachte. Zuerst wusste sie nicht, wo sie sich befand, doch dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Sie waren den Räubern entkommen! Das Gefühl der Erleichterung war so groß, dass es ihre Übelkeit verdrängte. Sie spürte Arnold neben sich, der sie im Schlaf fest umklammert hielt. Sanft weckte sie ihn.

„Wir müssen weiter. Noch haben sie uns nicht gefunden, aber es kann sein, dass sie die Gegend durchsuchen. Wir müssen vorsichtig sein.“

Der Junge rieb sich die Augen und bewegte vorsichtig seinen Fuß. Er verzog das Gesicht.

„Mein Fuß tut weh. Hoffentlich kann ich schnell genug laufen! Ich bin so froh, dass wir die Räuber abgeschüttelt haben! Ich will wieder nach Hause zu Ben und Vater!“

„Zeig mal deinen Fuß her.“

Mechthild begutachtete den Fuß des Jungen. Er war geschwollen, doch er konnte ihn bewegen.

„Er ist nicht gebrochen, nur verstaucht. Wir müssen uns einen Unterschlupf suchen, wo wir ein paar Tage bleiben können, bis du wieder normal laufen kannst.“

Mechthild half Arnold auf die Beine und stütze ihn ab. Sie gingen durch den Wald in Richtung Tal und blieben von Zeit zu Zeit stehen, um zu verschnaufen und um zu lauschen, ob von den Räubern etwas zu hören war. Doch sie hatten Glück und begegneten keiner Menschenseele, bis sie in der Nähe eines kleinen Flusses einen alten Holzunterstand fanden, der verlassen aussah. Die Tür fehlte und auf dem Boden lag altes Stroh. Es roch muffig.

„Ich glaube hier können wir bleiben“, stellte Mechthild erleichtert fest.

„Ich habe Durst.“

„Dann lass uns zum Fluss gehen. Zu trinken gibt es da genug.“

Mechthild führte ihren Sohn an das Ufer des kleinen Baches, wo sie sogleich ihre Hände mit Wasser füllten und reichlich tranken. Sie wuschen sich Gesicht und Arme.

„Zeig noch einmal deinen Fuß“, bat die Gräfin. Sie wusch ihn mit kaltem Wasser und riss von ihrem Kleid einen Streifen Stoff ab. Diesen tauchte sie ins kühle Nass und band ihn um das geschwollene Fußgelenk.

„Dein Vater wüsste, aus welchen Kräutern wir einen Umschlag bereiten könnten, damit es schneller heilt. Jetzt muss es auch ohne Medizin gehen.“ Als sie zurück im Unterstand waren, merkte Mechthild, dass sie Hunger hatte. Wo sollten sie nur etwas zu essen herbekommen? In dem Fluss schwammen bestimmt Fische, doch sie hatten nichts dabei, um Feuer zu machen. Das Stroh in dem Unterstand war zu feucht, als dass sie es hätte zum Brennen bringen können. Beeren gab es noch keine, dazu war es zu früh. Ihr blieb nichts anderes übrig, als Kräuter zu sammeln.

„Ich gehe mal nachsehen, ob ich etwas zu essen für uns finde.“

„Das ist eine gute Idee. Mir knurrt auch schon der Magen.“

„Ich bleibe immer in deiner Nähe, falls die Räuber doch noch den Weg hierher finden.“

Mechthild zog los und hielt mit dem Unterstand Blickkontakt. Sie fand tatsächlich Löwenzahn auf der grünen Wiese und auf den schattigen Plätzen im Unterholz des Waldes wuchs Bärlauch. Aufgeregtes Vogelgezwitscher ließ sie aufhorchen. Zwei Vögel versuchten verzweifelt ihre Aufmerksamkeit von einer hohen Hecke abzulenken. Das machte Mechthild neugierig und sie suchte so lange, bis sie das Nest gefunden hatte. Die Vögel schimpften und schimpften. Doch sie ließ sich nicht beirren und nahm sich vier der frisch gelegten, kleinen Eier. Die Vögel taten ihr leid, doch sie wusste nicht, ob sie in den nächsten Tagen etwas anderes zu essen bekommen würden. Mit ihrer Beute kehrte sie zu Arnold zurück.

„Sieh, was ich gefunden habe!“

„Oh, das sind ja Vogeleier.“

Die beiden teilten sich alles, doch ihr Hunger wurde nur ein wenig gestillt.

„Ich muss unbedingt sehen, ob ich noch mehr zu essen bekomme. Wenn wir wenigstens Feuer machen könnten.“

„Mutter, wenn du mir ein paar kleine trockene Zweige, ein Stück Rinde und einen Stock suchst, bekomme ich vielleicht ein Feuer in Gang. Ich habe den Rittern schon oft zugesehen, wie sie unterwegs ein Feuer entfachten. Da wir sonst nichts tun können, ist es nicht schlimm, wenn wir den halben Tag dazu brauchen ein Feuer zu machen.“

„Da hast du recht. Nur ein Tier zum Braten brauchen wir trotzdem. Ich könnte aus meinem Kleid einen langen Faden trennen und versuchen, ob ich mit einem Wurm einen Fisch fangen kann.“

„Das ist eine gute Idee! Dann werde ich Feuer machen und du kannst angeln.“

Mechthild suchte Arnold alles zusammen, was er für das Feuer benötigte und baute sich selbst eine Angel. Sie setzte sich an den kleinen Fluss und winkte Arnold zu. Hoffentlich wurde sein Fuß bald besser, damit sie aufbrechen konnten. Sie blickte gedankenversunken auf das Wasser und sah den Fischen zu, die immer nur in die Nähe des Wurmes kamen und dann gleich wieder abdrehten. Auf einmal hörte sie, wie sich Arnold mit jemandem unterhielt. Erschrocken drehte sie sich um. Ein Junge von etwa fünfzehn Jahren stand vor dem Unterstand und redete auf Arnold ein. Er hatte braune, glatte Haare und ein rundes Gesicht. Über seinen beigen Beinlingen trug er einen braunen Kittel, den das eine oder andere Loch zierte.

„Mutter, das ist Rainer. Er kann uns helfen“, rief Arnold und winkte sie herbei.

„Sei gegrüßt, Rainer.“

Mechthild war an die beiden Jungen herangetreten.

„Seid gegrüßt, werte Dame. Arnold hat mir schon alles erzählt. Ich habe die Kerle gesehen, die euch suchen. Sie fragen überall nach euch und bieten fünf Schilling für eure Ergreifung. Sie sagen, ihr seid eurem Gatten weggelaufen und sie wollen euch wieder nach Hause bringen. Ich kann verstehen, wenn man von zu Hause wegläuft. Mein Vater lässt mich von morgens bis abends schuften, und wenn er getrunken hat, schlägt er mich und meine kleineren Geschwister. Er hat schon Pläne geschmiedet, was er mit dem Geld macht, wenn er euch findet. Ihr müsst aber keine Angst haben. Ich verrate euch nicht.“

„Das ist sehr lieb von dir.“

Mechthild tat der Junge leid. Gleichzeitig überkam sie ein ungutes Gefühl. Wenn die Räuber eine Belohnung auf sie ausgesetzt hatten, mussten sie besonders vorsichtig sein. Sie müssten so schnell wie möglich von hier weg und durften keinem Menschen begegnen. Wie sollten sie das nur schaffen? Sie spürte, dass sie dem Jungen vertrauen konnte.

„Rainer, falls uns diese Männer doch schnappen, musst du unbedingt in den Westrich wandern. Frage nach der Homburg und nach Graf Konrad. Dies ist mein Gemahl und er wird dir eine große Belohnung zahlen und dich in seine Dienste aufnehmen. Das verspreche ich dir. Sag ihm, dass die Räuber uns ans Schwarze Meer nach Warna bringen wollen, um uns als Sklaven zu verkaufen. Hier in dem Unterstand verstecke ich meine Kette. Die kannst du dir nehmen, falls wir erwischt werden. Verkaufe sie, dann hast du genug Geld für die Reise, aber behalte den Anhänger und gebe ihn Konrad, dann weiß er, dass deine Botschaft wahr ist.“

„Aber Herrin, ihr müsst keine Angst haben, ich werde jeden von hier weglocken.“

„Kannst du uns Zunder besorgen, Rainer? Und meiner Mutter helfen, einen Fisch zu fangen?“, schaltete sich Arnold ein.

„Ja, selbstverständlich. Ich gehe gleich los und bringe auch ein Netz mit.

Mit dem geht es einfacher. Mein Vater ist auf den Markt gegangen, um Schuhe zu flicken. Es dauert bis zum Abend, bis er heimkehrt.“

Der Junge machte sich auf den Weg und es dauerte nicht lange, bis er zurückkehrte. Er war gerannt und ganz außer Atem.

„Hier habe ich alles und ich habe euch sogar einen Kanten Brot mitgebracht.“

Stolz bereitete er die Sachen vor den beiden aus.

„Rainer und ich kümmern uns um die Fische und Arnold kann Feuer machen“, schlug Mechthild vor.

Der Nachmittag neigte sich dem Ende, als sie endlich ihre Fische essen konnten. So gut hatte ihnen gegrillter Fisch noch nie geschmeckt.

„Wir haben sogar noch etwas für morgen übrig.“

„Ja, das ist gut“, meinte Konrad und wischte sich mit dem Ärmel den Mund ab.

„Ich muss jetzt gehen, sonst kommt mein Vater heim und ich bin noch nicht da. Morgen früh werde ich euch besuchen. Mein Vater schickt mich den Acker umzugraben, da werde ich allein sein und niemand wird bemerken, dass ich eine kurze Zeit weg bin. Ich bringe euch wieder ein Stück Brot mit.“

„Das ist sehr nett von dir. Bis morgen!“

Mechthild und Arnold sahen dem Jungen nach, wie er hinter den Büschen verschwand.

„Mutter, meinst du, sie werden uns finden?“

„Ich hoffe nicht, mein Junge. Aber wenn, wird Rainer Vater Bescheid sagen. Da bin ich mir ganz sicher.“

„Ja, ich denke auf ihn kann man sich verlassen.“

„Wir müssen das Feuer ausgehen lassen. Wenn es dunkel wird, kann man es schon von Weitem sehen und ich werde ein Versteck für meine Kette suchen“, erklärte Mechthild und sah sich in dem Unterstand um. Sie schob in einer Ecke das Stroh zur Seite und grub mit einem Stück Holz ein kleines Loch. Darin versteckte sie ihren Schmuck. Dann deckte sie das Stroh wieder darüber, sodass man fast keinen Unterschied sah.

„Wenn sie uns doch nicht entdecken, bis dein Fuß geheilt ist, können wir die Kette wieder mitnehmen. Wir brauchen sie für die Rückreise, wenn wir nicht betteln wollen.“

Als es dunkel wurde, legten sich die beiden nieder. Mechthild hatte Schwierigkeiten einzuschlafen. Bei jedem Geräusch schreckte sie hoch. Als sie doch eingeschlafen war, träumte sie von Smolek, der sie in ihrem Versteck fand und sich hämisch grinsend über sie beugte.

Kapitel 5

Hartmut, Wolfgang und die Räuber hatten fast die ganze Nacht nach Mechthild und dem Jungen gesucht, doch ohne Erfolg.

„Kommt, wir gehen zurück zum Lager. Bei Tageslicht haben wir bestimmt mehr Glück“, beendete Hartmut die Suche.

Doch auch am nächsten Morgen fehlte von den beiden Ausreißern jede Spur.

„Wir müssen sie finden. Dort vorne ist eine Hütte. Ich werde nachhören, ob jemand etwas gesehen hat.“

Wolfgang ritt mit Sveti zu der kleinen Behausung. An die Holzhütte war ein kleiner Verschlag angebaut und daneben hatte man einen kleinen Garten angelegt, der von einem niedrigen Zaun umgeben war. Wolfgang klopfte an die Tür. Von drinnen war eine dunkle Stimme neben Kindergeplapper zu vernehmen:

„Falls ihr betteln wollt, wir haben nichts, geht weiter.“

„Wir sind keine Bettler. Wir wollen nur wissen, ob ihr vielleicht eine Frau mit einem kleinen Jungen gesehen habt.“

„Warum fragt ihr?“

„Die Frau ist die Gattin unseres Herrn und ist von ihm weggelaufen und hat sein einziges Kind mitgenommen. Er zahlt eine saftige Belohnung, wenn er sie wieder hat.“

Die Tür öffnete sich und ein Mann mit einem aufgedunsenen Gesicht, in eine schmutzig braune Tunika gekleidet, trat heraus.

„Wie viel lässt denn euer Herr springen?“, wollte er wissen.

„Fünf Schillinge für denjenigen, der sie fängt.“

„Das ist schon ein bisschen was. Die Dame muss was Besonderes sein. Wie sieht sie denn aus?“

„Sie hat haselnussbraunes, langes, lockiges Haar. Ihr blaues Kleid dürfte mittlerweile nicht mehr das beste sein. Der Junge ist sechs oder sieben Jahre alt und hat dunkelblonde Locken.“

„Ich werde meine Augen offen halten“, verkündete der Mann und rieb sich die Hände. Das wäre schnell verdientes Geld! Als Flickschuster musste er für einen solchen Betrag schon viele Schuhe flicken, und was für einen guten Wein er sich davon leisten könnte! Das Wasser lief ihm im Munde zusammen.

„He, Sepp, wer ist denn da?“, ertönte eine Frauenstimme aus dem Innern der Hütte.

„Nur Reiter, die zwei Vermisste suchen.“

Sepp blickte den Reitern nach und ging zurück in die Hütte, wo Frau und vier Kinder unterschiedlichen Alters am Tisch saßen. Rainer war der Älteste, der nächst jüngere war elf und die beiden Mädchen zählten sieben und vier Jahre. Ihre Haare wirkten struppig und sie kratzten hungrig den kargen Hirsebrei mit ihren schmutzigen Händen aus den Schüsseln.

„Ich geh nach dem Essen in die Stadt und sehe, ob ich ein paar Schuhe flicken kann“, verkündete der Vater. Er hoffte, auf dem Weg dorthin eine Spur der beiden zu finden. Er hielt die Augen offen, doch auch er konnte nichts Verdächtiges entdecken. Als er am Abend mit einem Krug Wein zurückkehrte, war er enttäuscht, dass er sie nicht gefunden hatte. Er leerte beim Abendessen einen Becher nach dem anderen und funkelte seine Frau und seine Kinder böse an. Sein Verstand war noch so klar, dass er bemerkte, dass Rainer einen Kanten Brot unter seinem Kittel versteckte. Wollte der etwa abhauen, um sich vor der Arbeit zu drücken? Gerade wollte er mit seinem Arm ausholen und ihm die Flausen aus dem Kopf schlagen, als ihm eine Idee gekommen war. Was, wenn der Junge die Geflohenen gefunden hatte und sie durchfüttern wollte? Er verschloss den Weinkrug und beschloss, den Rest des Abends nichts mehr zu trinken. Er wollte mitbekommen, falls der Junge in der Nacht oder am Morgen in das Versteck der beiden ging. Dann würde er sie schnappen und die Belohnung einstreichen. Sepp murmelte, dass er müde sei, und legte sich schlafen. Rainer sah seine Mutter erstaunt an. Sie hatten befürchtet noch einige Schläge abzubekommen, bevor der Vater so viel getrunken hatte, dass er einschlief.

Die Mutter räumte auf und auch die Kinder legten sich in der Ecke des Raumes nieder, der als Schlafstatt galt.

Am nächsten Morgen waren sie zeitig wach. Der Vater saß bereits am Tisch, als Frau und Kinder aufstanden und das Morgenmahl zubereiteten. Es gab trockenes Brot und Milch, die bereits säuerlich schmeckte. Rainer aß von seinem Stück Brot nur die Hälfte, den Rest versteckte er unter seinem Kittel. Sepp hatte ihn beobachtet, tat aber so, als hätte er nichts bemerkt. Die Mutter räumte schließlich den Tisch ab.

„Du gehst heute zum Acker und hackst ihn durch und ich werde in die Stadt gehen. Ich muss noch ein Paar Schuhe hinbringen, die ich geflickt habe. Ein Händler hat mir einen größeren Auftrag versprochen, es kann also länger dauern, bis ich zurückkehre. Heute Abend will ich sehen, dass du mit dem Acker fertig bist. Sonst kannst du in Zukunft für deine Mahlzeiten selbst sorgen“, bedeutete der Vater seinem Ältesten.

Der Vater erhob sich, nahm seinen Umhang und ein Bündel und verließ die Hütte.

„Ich geh zum Acker, damit Vater zufrieden ist, wenn er wieder kommt“, sagte Rainer und erhob sich ebenfalls.

Sepp, der Flickschuster, bestellte als Tagelöhner einen Acker, der einer Witwe gehörte. Doch die Wirklichkeit sah anders aus. Er ging nur in die Stadt Schuhe flicken und dem Wein frönen und sein Sohn musste die Feldarbeit erledigen, während die Frau sich um Kinder, Hütte und Garten kümmerte.

Der Junge grämte sich oft darüber, doch heute machte er sich gut gelaunt auf den Weg und bog Richtung Bach ab.

Alles hatte gut geklappt. Er hatte ein wenig Brot und der Vater würde den ganzen Tag wegbleiben. Er hätte also genug Zeit, um die Gräfin und ihren Jungen zu besuchen. Als er bei dem Unterstand angelangt war, saßen sie schon davor und Mechthild frischte Arnolds Verband auf.

„Guten Morgen, ihr beiden“, begrüßte er sie.

„Guten Morgen, Rainer. Schön dich zusehen.“

„Ich habe euch ein wenig Brot mitgebracht, es ist zwar schon trocken, aber ihr könnt es im Wasser aufweichen.“

„Vielen Dank. Das ist sehr nett von dir.“

Mechthild und Rainer stützten Arnold ab, gingen mit ihm an den Fluss und setzten sich ans Ufer. Sie tranken Wasser und aßen von dem Brot.

Dann erfrischten sie sich Arme und Gesicht.

„Tut dein Fuß noch sehr weh?“, wollte Rainer von Arnold wissen.

„Es ist schon besser, aber vor morgen werden wir nicht aufbrechen können.“

„So wie der Fuß aussieht, wohl eher nicht vor übermorgen“, verbesserte Mechthild ihn.

„Ich werde euch helfen, solange ihr hier seid. Ich kann dir einen Stock schnitzen, auf den du dich die erste Zeit abstützen kannst.“

„Das wäre sehr nett von dir.“

„Ich werde gleich nach einem geeigneten Ast suchen“, verkündete Rainer, erhob sich und schritt auf das nahe Wäldchen zu. Plötzlich knackte es im Unterholz und Rainer ging in Deckung. War da jemand? Doch gleich darauf flogen zwei Vögel auf. Rainer atmete erleichtert auf und machte sich auf die Suche. Es dauerte nicht lange, bis er einen Ast gefunden hatte, der sich am Ende gabelte, sodass Arnold ihn unter die Schulter klemmen konnte. Er brach ihn auf die richtige Länge zurecht und bearbeitete die Enden.

„Hier Arnold, probier ihn gleich aus“, hielt er ihm stolz die Stütze hin.

Dieser klemmte sie unter den Arm und versuchte, ein paar Schritte zu machen.

„Das klappt schon ganz gut. Vielen Dank, Rainer!“

„Ich muss mich jetzt um meinen Acker kümmern, sonst schlägt mich mein Vater grün und blau, wenn er nach Hause kommt. Später komme ich wieder zu euch“, verabschiedete sich Rainer von den beiden und machte sich auf den Weg. Er musste sich sputen.

Als er endlich das ganze Feld bearbeitet hatte und sich mit einem Lappen den Schweiß von der Stirn gewischt hatte, trat plötzlich sein Vater hinter ein paar Büschen hervor. Er hielt einen Lederriemen in der Hand und begann auf Rainer einzuschlagen, der sich erschrocken duckte.

„Du wolltest wohl die Belohnung für die beiden allein einstreichen und dich davon machen? Das könnte dir so passen!“

Immer wieder hieb er auf den Jungen ein, der sich ganz zusammenkauerte.

Schließlich trat er zu ihm und fesselte seine Hände auf den Rücken.

„Du gehst jetzt erst einmal nach Hause.“

Er trieb den Jungen mit der Peitsche vor sich her, bis sie an der Hütte angelangt waren. Die Kinder beobachteten mit Entsetzen, wie der Vater Rainer in den kleinen Verschlag schupste und die Tür mit einem großen Schlüssel abschloss, den er sich um den Hals hängte. Sepp rieb sich zufrieden die Hände und machte sich auf den Weg zum Lager der Männer, die bereit waren, eine hohe Belohnung zu zahlen.

„Seid gegrüßt! Ich habe eine gute Nachricht für euch. Ich kann euch zu euren Ausreißern führen.“

„Was sagst du? Wo sind sie?“, fragte Hartmut erleichtert.

„Erst gebt ihr mir die Belohnung.“

„Also gut, aber du wirst uns selbst hinführen und wehe, sie sind nicht dort!“

Hartmut zählte Sepp fünf Schilling in die schmutzige Hand und dessen Augen blitzten gierig auf. Schnell verstaute er die Münzen in seinem Beutel und schob ihn unter seine Tunika.

„Folgt mir“, bedeutete er den Männern, die schnell ihre Pferde nahmen und langsam hinter dem Mann herritten. Als sie in Sichtweite des Unterstands waren und Mechthild und Arnold schon von Weitem sahen, zügelten sie die Pferde und stellten sie in dem kleinen Wald ab.

Sepp beobachtete, wie die Männer sich vorsichtig an den Unterstand heranschlichen. Als sie nur wenige Schritte entfernt waren, wurden sie von Mechthild entdeckt, die zu schreien begann. Sie zerrte Arnold auf und versuchte mit ihm zu fliehen, doch sie kamen nur wenige Schritte, bis die Räuber sie erreichten.

„Ihr habt wohl gedacht, ihr könnt uns entwischen!“

Mechthild zog den Dolch heraus, den sie eingesteckt hatte, und wollte auf Hartmut losgehen. Doch Wolfgang, der nun auch bei ihnen angelangt war, trat gegen ihre Hand, sodass das Messer mehrere Fuß weit über den Boden flog. Schnell warf er Mechthild nieder.

„Das war knapp!“, bedankte sich Hartmut bei seinem Freund.

„Fesselt sie! Wir bringen sie zu den Pferden!“

Sie luden die beiden auf die Pferde, als sich Sepp noch einmal bemerkbar machte:

„Könnt ihr nicht noch einen Jungen gebrauchen, der für euch arbeitet?“

Hartmut wollte gerade verneinen, als Sveti sich einschaltete: „Warum eigentlich nicht? Er könnte helfen das Floß zu staken.“

In Gedanken fügte er hinzu: „Und in Warna verkaufen wir ihn als Sklaven!“

„Es ist ein fleißiger, kräftiger Junge, der gut anpacken kann. Ihr müsstet mir schon ein paar Schilling für ihn geben, schließlich fällt er bei mir als Arbeitskraft weg.“

„Warum willst du ihn denn hergeben?“

„Ich habe vier Kinder, die mir die Haare vom Kopf fressen. Mein Zweiter ist alt genug, um Rainers Arbeit zu machen, deshalb könnt ihr ihn haben.“

„Also gut, du bekommst fünf Schilling für ihn.“

„Fünf Schilling? Das ist ein Hohn! Fünfzehn ist das mindeste!“, rief Sepp empört. Sie einigten sich schließlich auf zehn Schilling und besiegelten den Handel per Handschlag.

„Ich bringe ihn morgen in aller Frühe zu euch.“

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Yaş sınırı:
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Litres'teki yayın tarihi:
23 aralık 2023
Hacim:
420 s. 1 illüstrasyon
ISBN:
9783957444882
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