Kitabı oku: «Toxische Männlichkeit. Erkennen, reflektieren, verändern. Geschlechterrollen, Sexismus, Patriarchat, und Feminismus: Ein Buch über die Sozialisierung von Männern.», sayfa 5
Gewalt in der Corona-Krise
Die Professorin für Global Health der technischen Universität München (TUM) Janina Steinert und die Doktorin Cara Ebert vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung führten im Kontext der Corona-Krise vom 22. 04. – 08. 05. 2020 bezüglich des Vormonats (Zeitraum der strengsten Kontaktbeschränkungen) eine repräsentative Online-Befragung mit 3.800 Frauen im Alter von 18 bis 65 Jahren durch und kamen zu folgenden Ergebnissen: 3,1 % der befragten Frauen gaben an, mindestens einmal körperliche Gewalt durch beispielsweise Schläge erlebt zu haben, es gab in 6,5 % der Haushalte körperliche Bestrafungen der Kindern, 3,6 % der Frauen gaben an, vergewaltigt worden zu sein, 3,8 % der Frauen berichteten, von ihrem Partner bedroht worden zu sein, 2,2 % der Frauen durften nicht ohne die Erlaubnis des Partners das Haus verlassen, bei 4,6 % der Frauen regulierten die Partner ihre sozialen Kontakte – auch online (vgl. Ebert/Steinert 2020). Erschreckend ist, dass diese Zahlen die Ergebnisse von nur einem einzigen Monat sind! Zudem zeigt es die Dimensionen toxischer Männlichkeit. Um das Ausmaß der Zahlen zu verdeutlichen: Wenn die Vergewaltigungszahlen auf 12 Monate hochgerechnet werden, würde das unter den Corona-Umständen bedeuten, dass innerhalb eines Jahres 43,2 % aller Frauen, also fast jede 2. Frau, vergewaltigt wurde. Wenn sich Familien in Quarantäne befanden, erfuhren 7,5 % der Frauen körperliche Gewalt und 10,5 % der Kinder – verbale Konflikte erlebten 30,59 % der Frauen. Wenn Familien finanzielle Sorgen hatten, erfuhren 8,4 % der Frauen Gewalt und 9,8 % der Kinder – 33,16 % hatten verbale Konflikte. Wenn ein Erwachsener in Kurzarbeit war oder die Lohnerwerbstätigkeit verlor, erfuhren 5,6 % der Frauen und 9,3 % der Kinder Gewalt; wenn einer der Erwachsenen depressiv war oder Angst hatte, erfuhren 9,7 % der Frauen und 14,3 % der Kinder körperliche Gewalt – 43,12 % gaben an, dass sie verbale Konflikte erleiden mussten. In Haushalten mit Kindern unter zehn Jahren erfuhren 6,3 % der Frauen und 9,2 % der Kinder Gewalt – verbale Konflikte erlebten knapp 39,09 % der Frauen. Eine hohe Anzahl an Frauen gab zudem an, dass sie Angst vor ihrem Partner hat (vgl. ebd.).
Schutz für betroffene Frauen: Frauenhäuser und Schutzwohnungen
Um Frauen und ihre Kinder zu schützen, die von ihrem (Ex-) Partner häusliche Gewalt erlebt haben, werden Frauenhäuser benötigt. Die Bundesregierung hat sich mit der Ratifizierung der Istanbul-Konvention dazu verpflichtet (vgl. Schlapeit-Beck 2018). Jedoch existieren in Deutschland nur 350 Frauenhäuser und 40 Schutzwohnungen, sodass beispielsweise am Stichtag im März 2018 in drei Bundesländern nicht ein freier Platz für betroffene Frauen zur Verfügung stand. Zudem sind nur 10 % der Frauenhäuser behindertengerecht. 1.500 Familienzimmer fehlen bundesweit. Finanzierungen müssen jährlich beantragt werden und sind nicht kostendeckend, es besteht kein Anspruch auf Fördermittel durch Land und Kommune, Eigenleistungen der Träger durch beispielsweise Spenden werden vorausgesetzt. Frauen mit Einkommen müssen Sozialleistungen beantragen oder sich verschulden, da die Plätze teurer sind als ein durchschnittliches Einkommen. Zudem wird eine Aufnahme für betroffene Frauen oftmals problematisch, wenn sie kein Anrecht auf Sozialleistungen haben und die Aufenthaltsdauer durch Kostenträger begrenzt wird (vgl. ebd.). Da Frauen Opfer von Männern werden, oftmals stark traumatisiert sind und Frauenhäuser Schutzorte für betroffene Frauen darstellen – sie sind für Außenstehende nicht einsehbar und auch die Adressen sind geheim – müssen diese Schutzräume auch ausschließlich Frauen vorbehalten bleiben.
Täglich werden vor allem in sozialen Netzwerken hitzige Debatten darüber geführt, ob auch trans Frauen in die Schutzräume von Frauen gelassen werden sollten. Dies ist in keiner Weise empfehlenswert. Zum einen haben trans Frauen in ihrer Kindheit eine männliche Zuschreibung und somit auch männliche Sozialisation erfahren, zum anderen ist der Großteil der trans Frauen biologisch männlich. Dies kann betroffene Frauen, die Gewalt durch Männer – und speziell bei sexueller Gewalt auch durch den Penis – erfahren haben, retraumatisieren und ihnen ihre Schutzräume nehmen. Darüber hinaus wäre, wenn biologische Männer in die Schutzräume von Frauen dürften, dieser auch für trans Frauen kein Schutzraum mehr. Transsexuelle Menschen sind unbestreitbar ebenfalls von Diskriminierung und Gewalt betroffen, doch müssen für sie eigene Schutzkonzepte geschaffen werden, damit der Schutzraum von Frauen nicht verloren geht. Andernfalls könnten von Gewalt betroffene Männer ebenfalls im Frauenhaus aufgenommen werden. Dies verdeutlicht, dass der Sinn von Frauenhäusern dadurch ad absurdum geführt werden würde.
Strafvollzug
Die Zahlen zu Häftlingen bestätigen das Geschlechterbild: Inhaftierte Straftäter sind fast ausschließlich männlich (Statistisches Bundesamt 2019a):

Das bedeutet zudem, dass Männer und toxische Männlichkeit den Staat und somit alle Steuerzahlenden bezüglich der Inhaftierungskosten enorm viel Geld kosten. Beispielsweise waren im Jahr 2018 nur 5,75 % der Inhaftierten Frauen und 94,25 % der Inhaftierten Männer.
Die Kosten für einen Häftling unterscheiden sich nach Bundesland, nach der Schwere der Tat sowie den daraus resultierenden Haftbedingungen. Ein Häftling kostet beispielsweise laut dem Ministerium für Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen (vgl. 2018) in NRW durchschnittlich 135,65 Euro pro Tag, Schwerverbrecher in der Sicherheitsverwahrung kosten 450 Euro pro Tag (vgl. Tunk 2018). Dies bedeutet, dass bei einem Tagessatz von 135,65 Euro ein Häftling in NRW über 4.000 Euro pro Monat und 49.512 Euro pro Jahr kostet. Schätzungen gehen davon aus, dass der Vollzug in Deutschland den Staat in etwa 4 Milliarden Euro pro Jahr kostet (vgl. ebd.). Noch gar nicht berücksichtigt sind die Kosten für Opferentschädigungen, Therapiekosten, Gerichtskosten sowie generelle Justizkosten im Kontext der Straftat, Kosten für die Arbeit der Polizei sowie anfallende Kosten für Unterhaltsvorschüsse. Außerdem fehlen dem Staat durch Strafgefangene bis zu einer Milliarde Euro Sozialeinnahmen und Steuern. Das Fazit ist daher sehr alarmierend: Toxische Männlichkeit belastet unsere Gesellschaft und den Frieden unserer Welt auf allen Ebenen und kostet zudem noch enorm viel Geld.
Gewalt unter der Geburt
Die erste, oftmals traumatische Gewalterfahrung erleben Menschen bereits bei ihrer Geburt. Das freudige Erlebnis wird zu einem gewaltvollen. Die Soziologin und Feministin Mundlos hat dieses Thema, bei dem patriarchale Strukturen durch Gewalt an gebärenden Frauen überdeutlich sind und doch permanent unsichtbar gemacht werden, 2015 enttabuisiert und in die Öffentlichkeit gebracht. Es handelt sich dabei zum einen um strukturelle, aber auch um die individuell ausgeübte Gewalt des geburtshilflichen Personals. Es ist sehr bezeichnend, dass Krankenhäuser mit vaginalen Geburten ein Minusgeschäft machen, jedoch das in der Regel nicht notwendige Schneiden am Körper der Frau dazu führt, dass Krankenhäuser Geld verdienen.
Geburtshilfliches Personal verübt dabei an Frauen psychische Gewalt (die Gebärende wird angeschrien, ausgelacht, beleidigt, bedroht/unter Druck gesetzt) und physische Gewalt (Eingriffe ohne Aufklärung, ohne Einwilligung oder gegen den ausdrücklichen Willen der Gebärenden, medizinisch unnötige Interventionen, heimliche Gabe von Wehenmitteln ins Badewasser, Kneifen und Ohrfeigen der Gebärenden, gewaltsames Auseinanderdrücken der Beine, permanente vaginale Untersuchungen, Fixieren, falsches Kristellern und in dem Zusammenhang Springen auf den Bauch der Gebärenden (beispielsweise von einer Leiter) (vgl. Mundlos 2015)).
Die Soziologin geht von mindestens 40 – 50 % aller Geburten aus, bei denen Gewalt gegen die Gebärende angewendet wird. Das bedeutet, dass bei 1,6 Geburten pro Gebärende das Risiko für die einzelne Frau, Gewalt zu erleben, bei durchschnittlich 80 % liegt. Bei einer Online-Umfrage des Stern aus dem Jahr 2019, an der über 10.000 Frauen teilgenommen haben, gaben 56 % der befragten Frauen an, Gewalt unter der Geburt erlebt zu haben, 91 % gaben an, nicht oder nicht genügend über Eingriffe aufgeklärt worden zu sein (vgl. stern TV 2019). Dies stellt ebenfalls Gewalt dar. Würde eine medizinische Fachkraft bei einer Untersuchung jemanden, ohne die Erlaubnis der Patientin/des Patienten einzuholen und ohne sie/ihn aufzuklären, plötzlich ihr/sein Bein aufschneiden, dann erfüllte dies den Tatbestand der Körperverletzung. Unter der Geburt wird dieses Grundrecht täglich verletzt. Gewalt unter der Geburt ist eine der Säulen des Patriarchats: Gewalt gegen Frauen, gegen ihre Gebärfähigkeit, gegen ihren Körper und ihre Sexualität und gegen das Kind. Gebärende sind durch Gewalt unter der Geburt häufig traumatisiert. Aber auch die Kinder und Väter werden traumatisiert. Zudem tragen viele Frauen und Kinder körperliche, oft lebenslange Schädigungen davon. Dies bedeutet, dass mindestens jeder zweite Mensch bereits bei der eigenen Geburt patriarchaler Gewalt ausgesetzt gewesen ist, die ihn oftmals ein Leben lang prägt – und oftmals wissen die späteren Erwachsenen nicht einmal, dass sie eine traumatische Geburt erlebt haben und psychische Folgen ein Resultat von Gewalt unter der Geburt sind.
Mundlos hat am 25. 11. 2019, dem Tag gegen Gewalt an Frauen/Tag gegen Gewalt unter der Geburt (Roses Revolution Day), einen Brandbrief zum Thema Gewalt unter der Geburt an den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier gesendet. Unterschrieben haben: Der Bundesrat werdender Hebammen, die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen, die Gründerin & Vorstandsvorsitzende von Medica Mondiale e. V, (Mädchen-)Beratungsstellen, Hebammen, Hebammenschülerinnen, Doulas, TherapeutInnen, der Deutsche Fachverband der Hausgeburtshilfe, Vorstandsmitglieder von Greenbirth e. V., Polizeibeamte, die Geschäftsführerin des Institut für psychosoziale Gesundheit, Initiative gerechte Geburt und viele weitere Vereine und Personen (vgl. Mundlos 2019). Sie erläutert im Brandbrief unter anderem die Ursachen für Gewalt unter der Geburt, die Auswirkungen und die Häufigkeit sowie die Verantwortung, die Deutschland in Bezug auf die Durchsetzung „der Rechte von Frauen im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt hat, die sich aus der Istanbul-Konvention, der CEDAW, der Resolution des Europarats vom 3.10.2019 und dem Nationalen Gesundheitsziel zwingend ergeben.“ (ebd.).
Sie nennt explizite Forderungen an die Bundesregierung:
•Anerkennung der Existenz von Gewalt gegen Gebärende seitens der Bundesregierung
•Bedarfsgerechte Vergütung in der Geburtshilfe statt Fallpauschalen – analog zur Pflege
•Einrichtung von Landespräventionsstellen „Gewaltfreie Geburtshilfe“ in jedem Bundesland
•Einrichtung einer koordinierenden Bundespräventionsstelle „Gewaltfreie Geburtshilfe“
•Bildung einer Bundeskommission zur Verhütung von Gewalt in der Geburtshilfe.
Im Brandbrief werden die umzusetzenden Ziele und die genauen Inhalte/Aufgaben differenziert erläutert. Auch die WHO sowie Human Rights in Childbirth weisen seit Jahren auf die Gewalt hin, die Frauen im Zusammenhang mit Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett erleben.
Genitalverstümmelungen von Mädchen
Eine weitere entsetzliche Form der Gewalt gegen Mädchen und Frauen ist die Genitalverstümmelung, auch FGM (Female Genital Mutilation) genannt.
Dabei werden die weiblichen Geschlechtsteile verletzt, indem sie teilweise oder ganz entfernt werden, um die sexuelle Lust von Frauen zu verhindern (vgl. Desert Flower Foundation). Die Verstümmelung, meist ohne Betäubung und unter katastrophalen hygienischen Bedingungen, wird in der Regel vor der Pubertät bei Mädchen zwischen vier und acht Jahren mit einer Schere, Rasierklinge, einem Messer oder einer Glasscherbe (meist nicht desinfiziert) durchgeführt, aber auch vermehrt bei Säuglingen. Es gibt vier unterschiedliche Formen der Genitalverstümmelung: Bei Typ Drei wird den Mädchen die Klitoris und die Schamlippen herausgeschnitten, anschließend werden die Schamlippenstümpfe zusammengenäht, sodass nur ein kleines streichholzgroßes Loch zum Urinieren und für das Menstruationsblut gelassen wird (vgl. ebd.).
Zu den gesundheitlichen Schädigungen schreibt die Desert Flower Foundation (ebd.): „Weibliche Genitalverstümmelung hat gravierende gesundheitliche (physische und psychische!) Auswirkungen. Unmittelbar nach dem Eingriff kann es zu schweren Blutungen, Entzündungen, Tetanus, Blasenlähmung oder Blutvergiftung kommen – Folgen, die nicht selten tödlich enden. Auch HIV/AIDS kann über nicht gereinigte Instrumente übertragen werden. Neben dem psychischen Trauma, das der Eingriff hinterlässt, und dem Verlust sexueller Empfindung, klagen die Opfer langfristig oft über Schmerzen beim Urinieren und während der Menstruation. Das Sitzen oder Gehen kann durch das Scheuern der Kleidung an den Narben oder auftretende Druckstellen zur Qual werden. Zysten, Abszesse, Infektionen der Blase und Inkontinenz können auftreten. Auch Unfruchtbarkeit gehört zu den möglichen Langzeitfolgen. Der Geschlechtsverkehr wird häufig als schmerzhaft empfunden. Bei der Geburt eines Kindes kann es zu verstärkten Blutungen und Geweberissen kommen. Die Geburt kann länger dauern als üblich, Kaiserschnitte sind häufig.“
Laut der Desert Flower Foundation, bezugnehmend auf die WHO, sind weltweit 200 Millionen Mädchen und Frauen von FGM betroffen, in Europa leben eine Million betroffene Mädchen und Frauen. Vor allem werden Mädchen in Nordost-, Ost- und Westafrika beschnitten, sowie im Nahen Osten und in Südostasien. Die Praktik wird aber auch durch Menschen ausgeführt, die nach Europa, Kanada, Australien, Neuseeland und in die USA eingewandert sind und in derem Kulturraum FGM weiter verbreitet ist. Auf ihrer Homepage weist die Foundation darauf hin, dass alle 11 Sekunden ein Mädchen auf der Welt beschnitten wird und jedes dritte durch den Eingriff stirbt.
In Deutschland sind ca. 70.000 Mädchen – plus Dunkelziffer – von Genitalverstümmelung betroffen, in Somalia sind es laut TERRE DES FEMMES e. V. 98 % aller Mädchen, in Eritrea 83 % (vgl. Tagesspiegel 2019).
Brustbügeln
Eine weitere Perversion ist das sogenannte Brustbügeln. Es ist in Westafrika (Togo, Ghana, Benin, Nigeria, Guinea, Äquatorialguinea) und vor allem in Kamerun verbreitet. Das Brustbügeln richtet sich gegen Mädchen und Frauen, gegen ihren Körper, ihre Weiblichkeit und ihre Sexualität. Es stellt Gewalt sowie Menschenrechtsverletzungen dar (vgl. TERRE DES FEMMES 2016). Die Frauenrechtsorganisation TERRE DES FEMMES e. V. schreibt: „Dabei werden jungen Mädchen, wenn ihr Brustwachstum einsetzt, im Feuer erhitzte, heiße Steine, Stößel oder Holzspachtel über die Brüste gerieben. Oft müssen die Mädchen zusätzlich ein enges Elastikband um die Brust tragen, das gerade noch genug Platz zum Atmen lässt. Ziel ist, das Brustwachstum der Mädchen zu unterdrücken oder aufzuschieben, damit diese möglichst lange unattraktiv für Männer bleiben.“
Studien über die Häufigkeit gibt es bisher kaum – nur in Kamerun wurden im Auftrag der GIZ und in Zusammenarbeit mit dem „Institut pour la Recherche, le Développement socioéconomique et la Communication” (IRESCO) in den Jahren 2006 und 2013 zwei Studien zum Thema durchgeführt. Waren im Jahr 2006 noch 23,8 % der Mädchen in Kamerun betroffen, so ist die Zahl bis 2013 auf 11,8 % gesunken. Dies ist vor allem auf Aufklärungskampagnen vor Ort zurückzuführen. […] Allerdings schwanken die Zahlen innerhalb Kameruns stark: So sind im Norden Kameruns nur 7 % der Mädchen und Frauen betroffen, während es rund 53 % in der Littoral-Region rund um Douala sind.“ (ebd.) Wie die Frauenrechtsorganisation weiter ausführt, sind die psychischen und physischen Folgen und Schäden für die Mädchen und Frauen enorm: „Neben den starken Schmerzen während der Prozedur selbst sind auch die kurz- und langfristigen Folgen des Brustbügelns für die Mädchen und Frauen schwerwiegend. Narben, Zysten und Abszesse in der Brust, Infektionen und Fieber, starker Juckreiz, Anomalien der Form, ungleichgroße Brüste, eine Verkleinerung des Volumens und Hängebusen sind häufige körperliche Folgeschäden. Außerdem können viele Betroffene später nicht mehr oder nur mit großen Schwierigkeiten stillen. Dies bringt die jungen Mütter zusätzlich in eine wirtschaftlich schwierige Lage, da Babyfläschchen und insbesondere Milchpulver in Westafrika nur sehr schwierig und teuer zu bekommen sind. Besonders gravierend sind die psychischen Folgeschäden, oftmals posttraumatische Belastungsstörungen. Betroffene Frauen berichten von Panikattacken und einem verminderten Selbstwertgefühl bis hin zum Selbsthass. Sie verstecken ihren Körper und möchten nicht berührt werden. Das führt häufig zu Problemen in der Partnerschaft.“ (ebd.) Die Gründe sind, wie TERRE DES FEMMES e. V. konstatiert, patriarchal geprägt: Es geht um Kontrolle über die sexuellen Beziehungen der Mädchen und um einen vermeintlichen Schutz vor Übergriffen, Vergewaltigungen und Frühschwangerschaften. „Letztlich sind es also die Mädchen, die für die Angst vor männlichen Übergriffen mit der Verstümmelung ihrer Brust zahlen müssen.“
Die Jagd
Das Bild des (männlichen) Jägers ist ein archaisches, wobei es dieses – wie es in den gesellschaftlichen Köpfen verankert ist – so nie gegeben hat. Das Bild des Jägers ist Teil toxischer Männlichkeitsvorstellungen und findet sich in vielen Bereichen wieder: Von der Tierjagd bis hin zu der toxischen Formulierung „Jagd nach Frauen“, wobei in diesem Kontext perverserweise der Zusammenhang zum Töten von Tieren durch die Formulierung „Jagd nach Frischfleisch“ hergestellt wird. Dies ist eine Weiterführung toxischer männlicher Einstellungen und Verhaltensweisen und reiht sich in Vergewaltigungen und Femizide ein. Weitere aus der Tierjagd entlehnte Formulierungen, die ebenfalls auf Frauen angewendet werden, sind: „Beute machen/Beute erlegen“ oder „auf die Pirsch gehen“. Der Begriff „Stalking“ stammt ursprünglich ebenfalls aus der Jägersprache und steht dort für das Jagen oder auch Hetzen. Die männliche Zuschreibung beim Töten – ähnlich wie es in allen Bereichen von Kampf, Krieg und Mord der Fall ist – schlägt sich auch in den Zahlen der Jagdscheine nieder: Kurz vor der Jahrtausendwende waren 99 % aller Tierjagenden mit einer offiziellen Erlaubnis Männer, im Dezember 2019 lag der Anteil immerhin noch bei 93 % Männern (vgl. Jagdverband e. V. 2019).
2.2 MÄNNER IM ÖFFENTLICHEN RAUM
Männer nehmen auf vielfältige Art und Weise Raum ein, der ihnen nicht zusteht. Oft wird aggressives oder wildes, raumaneignendes Verhalten von Jungen automatisch dem männlichen Geschlecht zugeordnet. „Boys will be boys“ oder im Deutschen: „So sind Jungen halt“/„Jungs bleiben Jungs“ suggeriert, dass Jungen bestimmte Verhaltensweisen aus biologischen Gründen zeigen, weil sie eben Jungen sind. Dabei werden jedoch die Faktoren und das Wissen um männliche Sozialisation und deren Konstruktion völlig ignoriert. Diese wird täglich durch das soziale Umfeld, Bildungseinrichtungen oder durch die Medien produziert und reproduziert und ist bereits im Kindergarten beobachtbar. Mädchen wird gesagt, dass sie nicht so wild sein sollen, dass sie sich nicht dreckig machen und auf ihr Kleid aufpassen sollen. Sie werden bereits in jungen Jahren auf ihren Platz verwiesen: Nicht laut sein, sich keinen Raum nehmen, nicht wild sein, nicht kämpfen. Aber sie sollen auf ihr Äußeres achten. Jungen hingegen wird genau diese Rolle, die Mädchen nicht haben dürfen, die ihnen aberzogen wird, zugeschrieben. Ausbrechen dürfen die Kinder aus diesen Zuschreibungen nicht. Umso älter sie werden, desto härter fallen die Sanktionen aus.