Kitabı oku: «Die Fleischfresser Diät», sayfa 4
Alte Annahmen und neue Hypothesen
Okay – wenn der größte Teil unserer Ernährungsforschung nicht sehr hilfreich ist und wir kollektiv jahrzehntelang Zeit und unkalkulierbare Geldbeträge verschwendet haben, was tun wir dann jetzt? Die Antwort lautet: Wir fangen von vorne an. Neu anfangen? Ja, wir werfen ungetestete alte Annahmen über Bord und fangen von vorne an. Was meine ich mit alten Annahmen? Das sehen Sie im Folgenden.
Sie sehen, worauf ich hinauswill: Wir haben viele Annahmen zur Ernährung gemacht, aber wir haben diese Annahmen nicht formell getestet. Wir gehen davon aus, dass die Ratschläge wahr sind und daher nicht angefochten werden können. Wenn wir von vorne beginnen, müssen wir diese Annahmen testen. Warum haben wir das nicht von Anfang an gemacht?
Iss dein verdammtes Gemüse!
Wenn wir auf die Entstehung der modernen „Ernährungswissenschaft“ zurückblicken, wird deutlich, dass die verschiedenen Philosophien von den Überzeugungen ihrer Gründer beeinflusst sind. Zum Beispiel gründete Lenna Cooper 1917 die American Dietetic Association (heute Academy of Nutrition and Dietetics). Cooper war Mitglied der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten, die einen vegetarischen Lebensstil fördert. Es überrascht nicht, dass vegane und vegetarische Befürworter oft Studien zitieren, die an der Loma Linda Universität durchgeführt wurden, die von der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten unterstützt wird.
Wenn ich jemanden frage, was die „Wahrheit“ über ein Thema ist, schaut mich die Person oft an, als sei ich eine Art Spinner. Ich mag in der Tat seltsam sein, aber das ist nicht der Punkt, denn oft wissen wir nicht, was wahr ist, weil wir die „Wahrheit“ für das halten, was wir am häufigsten gehört haben. Wir sehen dies in der Religion, Politik und Ernährung.
Ihre Eltern, Großeltern und ein paar Generationen von Urgroßeltern haben als Kinder immer wieder dasselbe gehört: „Es spielt keine Rolle, ob du es nicht magst; iss dein Gemüse, weil es gut für dich ist.“ Dieses Mantra ist in unser kollektives Bewusstsein eingegangen und wurde nie infrage gestellt; deshalb muss es die Wahrheit sein! Das Interessante daran ist, dass man, wenn man nur ein paar hundert Jahre zurückgeht, feststellt, dass unsere Vorfahren dachten, dass viele Gemüsesorten Krankheiten verursachen. Gäste wären beleidigt gewesen, wenn sie bei einer Mahlzeit Gemüse serviert bekommen hätten. In weiten Teilen der Welt wurde Gemüse und vor allem Obst nur selten verzehrt. Ich sage nicht, dass Gemüse und Obst grundsätzlich als unerwünscht betrachtet wurden, aber die Menschen verzichteten oft in erheblicher Menge darauf. Wenn ich dies den Menschen erkläre, antworten sie natürlich oft mit „Ach ja? Nun, unsere Vorfahren lebten ja auch nicht sehr lange.“
Das Thema Langlebigkeit ist wahrscheinlich eines der irreführendsten Themen in der Ernährung. Wir hören oft von „Blauen Zonen“ und dass die Menschen in diesen Gebieten sich auf eine bestimmte Art und Weise ernähren, die ihnen ein langes Leben ermöglicht. Wir erfahren auch, dass unsere prähistorischen Vorfahren ein brutales Leben führten und unglaublich jung starben. Schauen wir uns zuerst einmal die „Blauen Zonen“ an.
Überall auf der Welt gibt es Menschengruppen, die lange leben und dabei ganz verschiedene Ernährungsweisen haben, also pflanzen- oder fleischbasierte ausgewogene Ernährungen. Wir nennen diese Gebiete mit einer überdurchschnittlich langen Lebensdauer Blaue Zonen. Leider ist die Ernährung nur einer der zahlreichen Faktoren, welche die Lebenserwartung bestimmen, und sie gehört nicht zu den wichtigsten Faktoren. Obwohl einige wenige pflanzenbasierte Blaue Zonen identifiziert wurden, gibt es nachgewiesenermaßen zahlreiche Populationen, die sehr viel Fleisch essen und sehr alt werden. Die Einwohner Hongkongs zum Beispiel konsumieren mehr Fleisch als an irgendeinem anderen Ort auf der Welt. Raten Sie mal. Sie leben länger als alle anderen! (Siehe Abbildung 2.1.) Bedeutet dies, dass die Einwohner Hongkongs durch den Fleischkonsum sehr lange leben? Nein, das können wir ebenso wenig bestätigen, wie wir sagen können, dass der Verzehr von Pflanzen die Bewohner Okinawas lange leben lässt. Andere Faktoren, die die Lebensdauer beeinflussen und einen größeren Einfluss auf die Lebenserwartung haben als die Ernährung, sind unter anderem der Wohlstand der Bevölkerung, die Wasserqualität, die Raucherquote, der Zugang zu medizinischer Versorgung, sanitären Einrichtungen sowie kulturelle Praktiken. Diese Faktoren gehören zu den Gründen dafür, dass die modernen Inuit – die in Armut leben, extrem viel rauchen und nur sehr begrenzten Zugang zu Gesundheitsversorgung und sanitären Einrichtungen haben – eine um etwa zehn Jahre kürzere Lebenserwartung haben als ihre wohlhabenderen Nachbarn aus denselben Regionen. Übrigens war die Lebenserwartung der Inuit laut Volkszählungsdaten der damaligen Zeit im neunzehnten Jahrhundert auf einem annähernd gleichen Niveau wie die ihrer wohlhabenderen Nachbarn aus denselben Regionen.
Faktoren, die die Langlebigkeit beeinflussen
Abbildung 2.1 Lebenserwartung in Jahren (UN-Daten 2010–2015) und 2016 anhand des Pro-Kopf-Rindfleischverbrauchs in Kilogramm (FAS / USDA)
Auch wenn es albern ist, die Langlebigkeit anhand der Ernährung zu beurteilen, macht es manchmal Spaß. Und glauben Sie mir, es gibt Menschen, deren gesamte Lebensgrundlage davon abhängt. Betrachten wir die Lebenserwartung an verschiedenen Orten der Welt und vergleichen wir sie mit dem Rindfleischkonsum in diesen Gebieten.
Auf der Grundlage dieser Daten könnte man sagen, dass Menschen, die mindestens 50 Kilogramm Rindfleisch pro Jahr essen, etwa fünfzehn bis dreißig Jahre länger leben als Menschen, die weniger als 15 Kilogramm essen. Natürlich würde jeder, der auch nur ein bisschen nachdenkt, nun sagen: „Moment mal. Sie haben arme Länder mit reichen Ländern verglichen.“ Natürlich, aber dann könnte ich erwidern, dass ich auf magische Weise festgestellt habe, dass der Wohlstand einen Faktor von 0,33 darstellt und ich eine willkürliche Anpassung vorgenommen habe. Jetzt beträgt der „Rindfleischvorteil“ nur noch zehn bis zwanzig Jahre. So läuft es, wenn man sich die Rosinen herauspickt, also wenn Forscher die Datenteile verwenden, die sie zur Untermauerung ihrer Argumente benötigen. Wir erleben genau das immer und immer wieder bei allen Arten von ernährungswissenschaftlichen und medizinischen Assoziationsstudien. Die Forscher sind voreingenommen, sie messen oder wählen die von ihnen gewünschten Daten aus, und dann nehmen sie die notwendigen Anpassungen vor, wenn sie dies für sinnvoll halten. Ich habe hier ein rudimentäres Beispiel verwendet, oftmals werden viel ausgefeiltere Methoden angewandt. Je nach den Überzeugungen, auf denen die Studie basiert, können die Ergebnisse fast immer zeigen, was man bereits für wahr hält. In den meisten Fällen wird Forschung betrieben, um eine bestehende Annahme oder Hypothese zu „beweisen“, nicht um sie tatsächlich zu testen.
Viele tüchtige, ehrliche Forscher versuchen, ihre Studien unvoreingenommen durchzuführen, aber einige Wissenschaftler haben eine Vielzahl von Studien unter widersprüchlichen finanziellen oder glaubensbasierten Vorurteilen veröffentlicht. Das Problem liegt darin, dass wir gar nicht feststellen können, welche Studien unvoreingenommen sind und welche nicht. Erst kürzlich wurden Forscher gebeten, Voreingenommenheiten zu erklären. Doch selbst dann ist die Angabe freiwillig, sodass die Wissenschaftler oft keine glaubensbezogenen Voreingenommenheiten angeben (zum Beispiel „Ich bin Veganer“ oder „Ich bin Fleischfresser“). Fürs Protokoll: Ich bin entschieden für Fleisch und würde wahrscheinlich meine Seele für einen lebenslangen Vorrat an Steaks verkaufen! Wo wir gerade davon sprechen, bekomme ich Hunger. Zeit für eine kleine Pause und ein Rib-Eye-Steak. Im nächsten Kapitel spreche ich über einige coole Anthropologie-Sachen.
KAPITEL 3
EVOLUTIONÄRES RATESPIEL
Während ich hier glücklich mit einem Bauch voller fetter, köstlicher Rib-Eye-Steaks sitze und darüber nachdenke, wie primitiv befriedigend mein Essen war, kann ich nicht umhin, mich zu fragen, warum das so ist. Wenn wir weit genug in unserer Geschichte zurückgehen, werden wir, so denke ich, Hinweise auf dieses Rätsel finden.
Falls Sie nicht glauben, dass der Mensch sich entwickelt hat oder dass die Evolutionswissenschaft real ist, dann blättern Sie einfach weiter und überspringen Sie dieses Kapitel. Wenn Sie wie ich fasziniert sind von Informationen darüber, wie sich die Menschheit entwickelt hat, dann lesen Sie dieses Kapitel, in dem wir herausfinden wollen, warum Fleisch für uns so befriedigend ist.
Die Jäger kamen vor den Sammlern
Stellen wir uns einen prototypenhaften Höhlenmenschen namens Urk vor. Er ist der starke stille Typ, aber bei Weitem kein Dummkopf. Er ist intelligent und einfallsreich, und er verfügt über eine unglaublich einfache, aber effektive Technologie.
Wir haben keine Zeitreise-Technologie, und es existieren nur eine relativ geringe Anzahl von Fossilienfunden. Daher ist alles, was wir aus den begrenzten, zur Verfügung stehenden Daten über Urk und unsere anderen Vorfahren schließen, bestenfalls höchst spekulativ. Wenn wir uns stark auf die Ernährungsepidemiologie verlassen, kann diese Art von Spekulation problematisch sein. Aber unter dem Strich ist am Ende fast alles Spekulation, also spekulieren wir munter weiter!
In seinem ausgezeichneten Buch The Primal Blueprint verwendete der Autor Mark Sisson den meiner Meinung nach besten Namen für einen prototypischen Höhlenmenschen – Grok. Aus diesem Grund musste ich mich für meine zweite Wahl entscheiden: Urk. The Primal Blueprint ist ein großartiges Buch darüber, wie der Lebensstil die Gesundheit fördert.
Da wir über viele Details der Gewohnheiten unserer Vorfahren nur spekulieren können, blicken wir auf die modernen Jäger- und Sammlerstämme, um Vergleiche anzustellen. Das führt uns manchmal zu der Annahme, dass wir ihre Ernährungsgewohnheiten und ihren Lebensstil imitieren müssten, weil diese Menschen im Allgemeinen frei von vielen der Krankheiten sind, die wir mit dem westlichen Lebensstil und der westlichen Ernährung in Verbindung bringen. Es stimmt zwar meist, dass diese Menschen nicht fettleibig oder krank sind, aber sie befinden sich in einer Umweltsituation, die so gut wie sicher nicht das ist, was die Mehrheit unserer Urahnen erlebt hat. Dies bedeutet wiederum, dass unsere Annahmen fehlerhaft sein könnten.
Sie fragen sich vielleicht, warum ich diese Spekulation nicht einfach überspringe und Ihnen gleich sage, dass Sie einfach ein verdammtes Steak essen und fertig. Zunächst einmal macht Anthropologie Spaß. Zweitens liefert Ihnen diese Information etwas, worüber Sie reden können, wenn Sie die Tatsache verteidigen, dass Sie gerne Steaks essen.
Die meisten der indigenen Stämme, die noch immer auf der Erde leben, sind isoliert, vor allem an tropischen Standorten. Einige indigene Völker leben noch immer in den kalten arktischen Regionen, aber wir weisen diese Völker oft als nicht relevant ab, weil ihre Essgewohnheiten nicht mit dem üblichen Mantra übereinstimmen, fünf Portionen Obst und Gemüse pro Tag zu verzehren. Wenn wir uns jedoch die Epochen ansehen, in denen sich die menschliche Spezies entwickelt hat, stellen wir fest, dass die Durchschnittstemperatur auf der Erde gestiegen ist, was bedeutet, dass unsere Vorfahren in einer Umgebung lebten, die kühler und trockener war als die, die wir heute erleben. Tatsächlich ist die Erde, die wir heute bewohnen, viel wärmer und feuchter als zu fast jeder anderen Zeit, in der unsere Spezies auf dem Planeten wandelte. (Siehe Abbildung 3.1.)
Abbildung 3.1 Entwicklung der Erdtemperatur
Diese kältere, trockenere Situation der Vergangenheit förderte das Wachstum von Grasland eher als das von tropischen Wäldern. Der Mensch hatte einen Großteil dieser Grasländer besetzt, und wissen Sie, was dort noch lebte? Steaks! Große, gewaltige Megafauna-Tiere wie Mastodonten, Elefanten, Mammuts, Auerochsen und Wollnashörner waren in ganz Eurasien und Afrika weit verbreitet. Die Beweise dafür, dass wir diese Tiere gejagt und gegessen haben, sind recht solide. Archäologen haben auf der ganzen Welt unzählige Jagdwerkzeuge gefunden, und die früheste bekannte Kunst stellt die Jagd auf große Tiere dar. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Tiere die Hauptnahrungsquelle des Menschen waren und dass unsere Vorfahren sie wegen der unglaublich konzentrierten und massiven Menge an Nahrung, die das Fleisch lieferte, sehr effizient aufspürten, töteten und schlachteten. Überraschenderweise waren diese riesigen Tiere, deren ausgewachsene Größe sie vor den meisten Raubtierangriffen schützte, eine leichte Beute für die frühen Menschen und ihre einfache Waffentechnologie.
Bevor der Homo habilis vor etwa 2,8 Millionen Jahren die ersten groben Steinwerkzeuge herstellte und wohl auch der erste „Mensch“ wurde, waren die früheren Homininen in den afrikanischen Savannen umhergezogen und hatten dort auch Fleisch konsumiert. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die frühen Vormenschen und viele archaische Menschen zumindest teilweise als Aasfresser lebten. Tatsächlich ist eines der bemerkenswertesten und einzigartigsten Merkmale unseres menschlichen Verdauungstrakts im Vergleich zu anderen Primaten unser unglaublich saurer Magen-pH-Wert. Die Magensäure liegt bei einem normalen, gesunden Menschen bei etwa 1,1 bis 1,5 pH, was unglaublich sauer ist und dem Wert von Aasfressern wie dem Geier und der Hyäne ähnelt. Im Vergleich dazu haben pflanzenfressende Primaten einen pH-Wert von etwa 4,0, andere fleischfressende Raubtiere weisen einen Magen-pH-Wert von 2 bis 3 auf. Die Aufrechterhaltung dieser hohen Säurekapazität erfordert eine beträchtliche Menge an Energieressourcen, und es ist unwahrscheinlich, dass sie beim Menschen zufällig aufgetreten ist. Es muss also einen Grund dafür geben, der höchstwahrscheinlich darin liegt, dass unsere Vorfahren mit Krankheitserregern konfrontiert waren, die sich vermutlich auf den Nahrungsquellen befanden (die sie erbeutet haben). Interessanterweise haben auch Kaninchen, die ja Pflanzenfresser sind, einen ähnlich sauren Magen, möglicherweise weil sie Koprophagie betreiben – sie fressen ihren eigenen Kot.
Weitere Beweise dafür, dass Menschen einst Aasfresser waren, stammen aus Studien an afrikanischen Löwen, aus denen hervorgeht, dass Löwen oft eine beträchtliche Menge Fleisch an einem Tierkadaver zurücklassen, nachdem sie sich satt gefressen haben. Oft reicht diese Menge aus, um mehrere hungrige Menschen zu ernähren. Forscher haben Filmaufnahmen von einheimischen afrikanischen Jägern gemacht, die Fleisch von Tieren essen, die von Löwen erlegt wurden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die frühen Menschen zusätzlich zum direkten Verzehr von Aas auch Fleisch gegessen haben, das sie durch verschiedene Methoden konserviert hatten – wie zum Beispiel durch Trocknen in der Sonne, Lagerung unter Wasser oder Vergraben im Schnee. Dieses Fleisch wies trotz der Konservierung immer noch eine beträchtliche bakterielle Belastung auf.
Eines der in Ernährungskreisen oft diskutierten Themen ist, dass unsere Vorfahren häufig mit Zeiten der Nahrungsmittelknappheit konfrontiert waren. Deshalb sollten wir modernen Menschen periodisch für längere Zeiträume fasten, um diese Situation nachzuahmen. Sicherlich gab es in unserer Geschichte Zeiten der Nahrungsmittelknappheit, und ich stimme zu, dass ein ständiger Nahrungszufluss alle paar Stunden für die Gesundheit vieler Menschen suboptimal ist. Es ist jedoch nicht bewiesen, dass die frühen Menschen häufig ohne Nahrung auskommen mussten. Schließlich waren sie von zahlreichen Megafauna-Tieren umgeben und verfügten über die Technologie, diese leicht zu töten und dann das Fleisch zu konservieren. Diese Situation mag sich geändert haben, als alle großen Tiere verschwanden und unsere Vorfahren relativ schnelle, dünne Tiere jagen mussten, um an Fleisch zu kommen. Zu diesem Zeitpunkt waren sie möglicherweise stärker auf Pflanzen als Nahrungsquelle angewiesen, was schließlich zur Entwicklung eines landwirtschaftlichen Systems führte. Da es schwieriger geworden war, Tiere zu jagen und zudem die Pflanzen den jahreszeitlichen Schwankungen der Wachstumsperioden unterworfen waren, sahen sich unsere Vorfahren wahrscheinlich häufiger mit Perioden der Nahrungsmittelknappheit konfrontiert. (siehe Abbildung 3.2.)
Abbildung 3.2 Aufwand des Jagens gegenüber dem des Sammelns
Sie könnten jetzt sagen: „Sicherlich haben die Menschen seinerzeit auch verschiedene Beeren, Nüsse, Wurzeln und so weiter gegessen.“ Natürlich, aber das widerspricht nicht dem Wesen einer fleischlichen Ernährung. Der Mensch ist ein opportunistischer Allesfresser und wahrscheinlich auch ein fakultativer Fleischfresser, und die Fähigkeit, etwas Nahrung aus Pflanzen zu extrahieren, war wahrscheinlich schon bei den allerersten Primaten vorhanden.
Vergleichen wir den Menschen mit anderen Primaten, so sehen wir, dass sich die Zusammensetzung des Magen-Darm-Systems dramatisch verändert hat. Bei einem Schimpansen ist zum Beispiel ein erheblich größerer Teil des Verdauungstrakts dem Zökum und dem Dickdarm sowie ein proportional kleinerer Teil dem Dünndarm zugeordnet. Der Dickdarm und insbesondere das Zökum sind darauf spezialisiert, faseriges Pflanzenmaterial zu zersetzen, um Fettsäuren durch die Einwirkung von Mikroben zu gewinnen – ein Pflanzenfresser benötigt also diese Art der Spezialausrüstung. Die Fähigkeit des Menschen, mit diesem Grad der Zersetzung umzugehen, ist deutlich geringer als die von Schimpansen und anderen Primaten. Beim Menschen finden die Verdauung und Absorption von Fleisch im Dünndarm statt, nachdem die starke Magensäure ihre Arbeit weiter oben erledigt hat. (siehe Abbildung 3.3.)
Abbildung 3.3 Vergleich des Darmvolumens bei Primaten
Angesichts der Struktur unseres Verdauungssystems hat der Mensch eine geringe Kapazität, um eine minimale Menge an Kalorien aus faserigen Pflanzen zu gewinnen. Sich zur Deckung unseres Nährstoffbedarfs nur auf Pflanzen zu verlassen, wäre daher eine ziemlich schlechte Strategie, insbesondere weil das menschliche Gehirn ein enormer Energiefresser ist. Ein Schimpanse verbringt zehnmal mehr Zeit mit dem Kauen von Pflanzen als ein Mensch mit dem Kauen von Fleisch, um die notwendigen Kalorien und andere Nährstoffe aus seiner Nahrung zu erhalten. Bei Gorillas ist der Zeitaufwand für das Kauen sogar noch höher. Wenn wir uns frühe Menschen auf Grundlage ihrer Kieferstruktur ansehen, können wir schätzen, dass sie nur etwa 4 Prozent ihrer Zeit mit Kauen verbrachten, sodass wir mit ziemlicher Sicherheit sagen können, dass sie nicht den ganzen Tag Blätter und Stängel gegessen haben.
Schaut man sich die Anatomie des Magen-Darm-Trakts an und vergleicht die Zersetzungskapazität des Menschen mit der anderer Tiere, stellt man fest, dass wir Katzen und Hunden am ähnlichsten sind. Diese tiefgreifenden anatomischen Anpassungen erfolgten wahrscheinlich als Reaktion auf Millionen von Jahren ernährungsbedingter Exposition gegenüber großen Mengen Fleisch und relativ geringen Mengen Pflanzenfasern.
Ein weiteres verbreitetes Missverständnis ist, dass Gemüse schon immer Teil der menschlichen Ernährung war. (Ich möchte hierbei klarstellen, dass ich, wenn ich von Gemüse spreche, die Blätter und Stängelteile von Pflanzen meine. Obst, Nüsse und Wurzelgemüse sind ein anderes Thema). Man hat also die Vorstellung, dass der prähistorische Mensch ständig wilden Brokkoli, Spinat oder Grünkohl zusammen mit Beeren und Nüssen sammelte und nur selten ein Stück Fleisch aß.
Tabelle 3.1
Vergleich des menschlichen und tierischen Verdauungstrakts
Wenn Sie nach draußen gehen und wahllos anfangen, Blätter und Stängel zu essen, werden Sie wahrscheinlich seltsame Blicke von Ihren Nachbarn ernten. Was aber viel wichtiger ist: Sie werden wahrscheinlich sehr krank werden. Wenn wir diese speziellen Teile der pflanzlichen Anatomie zerstören, schützen die Pflanzen diese Bereiche mit giftigen und bitter schmeckenden Chemikalien. Daher ist die überwiegende Mehrheit der Pflanzen für den menschlichen Verzehr giftig. Nur durch Tausende von Jahren des Anbaus waren wir in der Lage, eine nennenswerte Menge an Gemüse zu essen. Auch die anderen Teile der Pflanzen (Früchte, Samen und Wurzeln) sind nicht völlig harmlos. Ich gehe später intensiver darauf ein, aber für den Moment weise ich nur darauf hin, dass Stängel und Blätter eine schreckliche, bitter schmeckende Option waren, die unseren prähistorischen Vorfahren fast keine nutzbare Energie geliefert hätte. Und es ist sehr zweifelhaft, dass sich die frühen Menschen die Mühe gemacht hätten, diese Pflanzen zu essen, außer in Zeiten äußerster Verzweiflung. Können Sie sich den armen Kerl vorstellen, der in dieser Situation als Pflanzenvorkoster ausgewählt wurde?
Phytochemikalien, Zellulose, Ballaststoffe, Mikronährstoffe, Chlorophyll, Makronährstoffe – unsere Vorfahren wussten nicht, was das alles war, und es war ihnen völlig egal. Sie saßen sicherlich nicht herum und sprachen über eine ausgewogene Ernährung. Wonach suchten sie? Das ist einfach: Eiweiß und Kalorien. Zweifellos war der effizienteste Weg, diese Bedürfnisse zu befriedigen, das Erlegen eines großen, fetten, energiegeladenen Megafauna-Tiers. Der Zeit- und Arbeitsaufwand, um die gleiche Menge an Kalorien und Proteinen durch das Sammeln von Nüssen, Früchten und Wurzeln zu erhalten, war wesentlich höher. Darüber gab es in vielen geografischen Gebieten keine ganzjährig zuverlässige Quelle für nicht-tierische Nahrung.
Der Grund, warum wir die Erde erobert haben, war die Allgegenwart der Tiere. Der Mensch ist das größte Raubtier, das je auf der Erde wandelte! Wir sind nicht wegen spitzer Zähne, scharfer Krallen oder extremer Stärke erfolgreiche Raubtiere, sondern wegen unseres Gehirns, das die beste Waffe auf dem Planeten ist. Unsere Beherrschung der Umwelt und der Einsatz wirksamer Werkzeuge haben uns einen großen Vorsprung vor der Konkurrenz verschafft und es uns ermöglicht, jenseits unserer Gewichtsklasse zu kämpfen. Denken Sie darüber nach: Wir haben einen Weg gefunden, jedes auf der Welt existierende Tier zu essen. Der Mensch isst Vögel, Insekten, Fische, Katzen, Hunde, Haie, Wale, Lamas, Affen. Egal, um welches Tier es sich handelt, wir haben es mit Sicherheit zu irgendeinem Zeitpunkt gegessen. Sogar die heutigen Ureinwohner sehr tropischer Klimazonen, in denen dauerhaft Früchte und andere essbare Pflanze vorhanden sind, geben der Jagd auf Tiere immer noch den Vorrang, weil sie wissen, dass Fleisch überlebenswichtig ist.
Anthropologen sind sich einig darin, dass der Mensch schon immer Fleisch gegessen hat; die Frage ist nur, wie viel er gegessen hat. Forscher haben Beweise dafür gefunden, dass schon vor einigen Millionen Jahren geschlachtet wurde. Sie haben Werkzeuge entdeckt, die eindeutig für das Schlachten und Jagen gedacht waren, und Tierfossilien zeigen Anzeichen von Schnittspuren, die mit menschlichen Aktivitäten in Verbindung stehen. Auf der ganzen Welt finden sich unzählige Höhlenmalereien und andere Artefakte, die Großwild und Jagdszenen darstellen, und zwar an allen Orten, an denen wir Beweise für menschliches Leben haben. Nachweisbare Radioisotopendaten zeigen, dass der Mensch in bestimmten Gebieten genauso fleischfressend oder vielleicht sogar noch fleischfressender war als andere Raubtiere, wie beispielweise Wölfe.
Die Hirngröße des Homo sapiens erreichte vor rund 100.000 Jahren mit etwa 1.500 Kubikzentimetern (cm3) ihren Höchststand, gegenüber den 400 cm3 des Australopithecus. Der überwiegende Teil dieses Hirnwachstums fand statt, als der Homo sapiens lernte, Fleisch für die Ernährung zu nutzen, jedoch lange bevor wir kochen lernten. Dabei sollte man nicht vergessen, dass es seit zig Millionen von Jahren fruchtfressende Primaten gibt. Und obwohl diese Tiere die kohlenhydratreichste, energiereichste Nahrung fressen, die ihnen zur Verfügung steht, haben sie keinen signifikanten Zuwachs in der Hirngröße erzielt.
Als das reichhaltige Nahrungsangebot der Megafauna schrumpfte, mussten unsere Vorfahren verstärkt auf alternative Energiequellen zurückgreifen. Einige Forscher sind der Meinung, dass eine allmähliche Verringerung der Elefantenpopulation einer der kritischen Faktoren ist, die viele der evolutionären Anpassungen des Menschen vorangetrieben haben. Anstatt große Megafauna-Tiere zu jagen, die er leicht mit einem Speer abschießen konnte, musste der Mensch Fett aus kleineren, schnelleren, beweglicheren und schwerer verfolgbaren Quellen gewinnen. Die Jagd auf kleinere Tiere erforderte komplexere organisatorische Kooperationen, was wahrscheinlich die Entwicklung von Sprache und Intellekt vorantrieb. Die Menschen wurden schlanker, und ihre Skelette passten sich an, um Langstreckenläufe und das Schleudern von Geschossen mit hoher Geschwindigkeit zu unterstützen. Es ist wahrscheinlich, dass unsere Vorfahren größere Anstrengungen unternahmen, um so viel Energie wie möglich aus dem Fett der getöteten Tiere zu gewinnen, zum Beispiel indem sie Knochenmark entnahmen und das gesamte Fett in und um die Organe herum verwendeten.
Die Gründe für das Aussterben der Megafauna-Tiere werden in Expertenkreisen kontrovers diskutiert. Die meisten glauben, dass dies weitgehend auf Überjagung und andere vom Menschen verursachte Umweltbelastungen zurückzuführen ist, was durch die Tatsache belegt wird, dass die Megafauna-Arten kurz nach dem Auftreten des Homo sapiens an den meisten Orten ausgestorben sind. Andere wiederum behaupten, dass der Klimawandel einen großen Anteil daran hatte. Ungeachtet der Gründe sind die Megafauna-Tiere ausgestorben, und der Mensch stand seither unter verstärktem Druck, alternative Energiequellen zu finden.
Schätzungen zufolge erlebte der Homo sapiens vor etwa 25.000 Jahren eine Abnahme der Robustheit mit erheblichen Verlusten an Skeletthöhe, Knochenstärke und sogar 200 cm3 Gehirngröße. Nach der Einführung der Landwirtschaft durch den Menschen vor etwa 10.000 bis 12.000 Jahren ist der Unterschied zwischen dem Skelett eines sogenannten Jägers und Sammlers und dem Skelett eines Bauern sehr leicht zu erkennen. Ersteres ist viel robuster als das Skelett eines Bauern.
Was könnte diese relative Verkürzung des Skeletts und die allgemeine Verringerung der Gehirngröße verursacht haben? Die wahrscheinlichste Erklärung ist eine dramatische Verringerung der Ernährung in der gesamten Bevölkerung. Wir verwenden oft die durchschnittliche Körpergröße eines Volkes als Proxy-Variable für die Angemessenheit der Ernährung. Interessanterweise waren die Gravettianer, eine Kultur, die vor etwa 30.000 Jahren in Mitteleuropa lebte, wohl die größten Menschen, die je existiert haben. Sie waren als hervorragende Mammutjäger bekannt. Die Männer dieser Gattung waren geschätzt durchschnittlich 1,90 m groß, also wesentlich größer als das größte heutige Volk, das im Durchschnitt etwa 1,82 m groß ist.
Die Landwirtschaft, insbesondere der Getreideanbau, ermöglichte letztlich eine relativ leicht zugängliche und billige Kalorienquelle, um eine ständig wachsende Bevölkerung zu versorgen. Unsere Vorfahren führten keine randomisierten kontrollierten Studien durch, bevor sie sich kollektiv entschieden, ihre Abhängigkeit von Getreide zu erhöhen. Sie hatten schlicht keine Wahl, und so ist es seitdem geblieben. Wenn es kein Mammutfleisch gibt und viel Mäuler gefüttert werden müssen, muss man mehr Getreide anbauen, mehr Obst kultivieren und schließlich sogar einige dieser giftigen und bitter schmeckenden Blätter und Stiele in etwas Essbares umwandeln, das man Gemüse nennt. Die Menschen wurden besser und effizienter in der Energiegewinnung aus Wurzeln, Nüssen und Samen, also bauten sie diese an, um höhere Energieerträge, weniger faseriges Material und weniger Giftstoffe zu produzieren. Sie fanden zudem heraus, wie man die giftigen Chemikalien in diesen Nahrungsmitteln durch ausgeklügelte Methoden der Zubereitung eliminieren oder verringern kann – durch Einweichen, Keimen, Fermentieren und Kochen. Die Nahrungsmittel, die die Menschen in den Tagen der reichhaltigen Megafauna wahrscheinlich nur sehr selten (oder gar nicht) konsumiert hatten, standen nun wesentlich häufiger auf dem Speiseplan.
Heute ist die Situation noch schlimmer: Wir verzehren giftige Pflanzenöle, die vor etwa 120 Jahren in die menschliche Ernährung eingeführt wurden, Maissirup mit hohem Fruktosegehalt, künstliche Aromen, Müsli mit leuchtend bunten Marshmallows und so weiter. Wir haben versucht, die grundlegende menschliche Ernährung durch einen ständigen Strom neuer Aromen, Formen, Farbkombinationen, Nahrungsergänzungsmittel und Zusatzstoffe zu ersetzen. So wurde eine grundlegende menschliche Funktion in eine Form von Unterhaltung und Sucht verwandelt, was ganz sicher nicht gut für uns ist. Man sollte nie außer Acht lassen, dass Menschen Opportunisten sind. Wenn Junkfood vor 50.000 Jahren verfügbar gewesen wäre, hätten unsere Vorfahren diesen Müll mit Sicherheit auch gegessen.
“Wenn Junkfood vor 50.000 Jahren verfügbar gewesen wäre, hätten unsere Vorfahren diesen Müll mit Sicherheit auch gegessen.
Sicherlich sind wir doch besser als diese einfachen Höhlenmenschen, oder? Wir alle haben schon einmal gehört, dass der prähistorische Mensch ein kurzes, schmerzhaftes Dasein führte, das mit etwa dreißig Jahren zu Ende ging. Als orthopädischer Chirurg habe ich mich oft gefragt, wie zum Teufel jemand anhand von 50.000 Jahre alten Skeletten sagen kann, wie alt die Menschen waren. Es ist ziemlich einfach, das ungefähre Alter eines Kindes zu bestimmen; wenn Sie mir das Röntgenbild eines Kindes zeigen, kann ich Ihnen normalerweise sagen, wie alt es ist, plus oder minus ein Jahr. Bei Erwachsenen ist es schwieriger, das Alter einzuschätzen. Tatsächlich sind sich viele Anthropologen einig, dass es nach Erreichen eines bestimmten Lebensalters keine gute Möglichkeit mehr gibt, das Alter nur anhand des Skeletts zu bestimmen – deshalb sagen sie oft dreißig bis vierzig Jahre, ohne genau zu wissen, wie lange jemand gelebt hat. Es ist also möglich, dass diese frühen Menschen bis zu siebzig oder sogar achtzig Jahre alt wurden. Wir gehen davon aus, dass die Abnutzungsmuster der Zähne, Knochen und Gelenke damals die gleichen waren wie heute, doch diese Annahme ist mit Sicherheit nicht zutreffend. Ein weiterer Faktor für die Lebenserwartungsdaten sind die Daten zur Säuglingssterblichkeit, und diese können die durchschnittliche Lebenserwartung ebenfalls verzerren. Nehmen wir zum Beispiel an, wir haben zwei Skelette. Eines ist zwei Jahre alt, und eines ist achtzig Jahre alt. Wir würden sagen, dass die Gesamtlebenserwartung dieser Gruppe nur einundvierzig Jahre beträgt [(2 + 80 Jahre) / 2 Personen = 41 Jahre].