Kitabı oku: «Mein Leben – ein Leben?! (2) Das war ich auch», sayfa 2

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Zurück zu meiner ersten Haftstrafe als Erwachsener: Wir hatten einen schwulen Oberlehrer, der die Bücherei leitete. Dorthin holte er sich seine Burschen. Meinen beantragten Lehrgang als Werbetexter genehmigte er nicht. Er wollte mir gebrauchte Lehrgangsunterlagen andrehen, und als ich dies mokierte, sagte er: „Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul“, woraufhin ich erwiderte: „Und einem geschenkten Barsch ...?“

„Aber Herr Massat“, sagte er mit gerunzelter Stirn. „Was soll ich denn dazu sagen?“ Es klang, als würde eine Tunte sprechen.

„Herr Oberlehrer, es ist doch so: Einen geschenkten Barsch schaut man nicht zwischen die Kiemen. Was haben Sie denn gedacht?!“

Wie das so ist: Wenn es dem Esel zu wohl ist, geht er aufs Eis. Und genau das taten Manfred und ich.

Es gab einen Beamten, der nicht auf unserer Seite war und uns ständig im Blick hatte. Wir hatten uns aus Reinigungsbenzin und Brennspiritus ein Gebräu gekocht, dieses mit Tee versetzt und dann getrunken. Oh weh, nie wieder! Und wenn es nichts anderes zu trinken gäbe ... niemals wieder!

Auf jeden Fall machten Manfred und ich Randale und dieser Beamte hatte Dienst. Es gab natürlich einen Gelben und zwei Tage später mussten wir zum Chef. Wir waren in der Zwischenzeit nicht untätig gewesen und hatten uns Folgendes überlegt. Mal mehr, mal weniger theatralisch erzählten wir dem Anstaltsleiter, was uns der Beamte bisher so alles mit auf dem Weg gegeben hatte: „Euch hätte man, genau wie die Juden, vergasen müssen. Das Mindeste, was euch zusteht, wäre das Arbeitslager. In den Steinbruch gehört ihr. Den ganzen Mist auf den Müll, alles unwertes Leben.“

Nun sagte der Anstaltsleiter: „Dies brauchen wir ja bei dem Vorfall, um den es hier geht, nicht mit aufzunehmen.“

„Doch, doch!“, antworteten wir. „Wir haben uns zwar nicht nur deswegen betrunken, aber es war zumindest einer der Anlässe.“

„Also gut, die Meldungen werden zerrissen. Aber so geht das nicht weiter mit euch, ihr werdet auseinandergelegt.“

Das war also beschlossene Sache, doch nun gingen wir auf die Barrikaden. Als uns einige Beamte aufsuchten, damit wir unsere Sachen packten, verkeilten wir die Tür und ich sagte so laut, dass man es draußen hören konnte: „Manni, du bekommst von mir das Tischbein, das andere behalte ich. Der Jochen bekommt auch eines und das andere bleibt in Reserve. Das bekommt derjenige, der sein Tischbein als Erster verloren hat. Sobald wir keines mehr haben, verteidigen wir uns mit allem, was wir haben, also mit Händen, Füßen und Zähnen.“

Na, was soll ich sagen? In der Nacht war Ruhe, aber am nächsten Morgen flog die Tür auf und sechs oder sieben Beamte stürmten unsere Zelle. Wir wurden auf der Stelle auseinandergelegt, jeder kam in eine andere Zelle. Erst im Laufe des Tages konnten wir unsere Sachen holen.

Den Beamten, den wir zu Unrecht bezichtigt hatten, ein Nazi zu sein, sah ich nie wieder. Ob er freiwillig gegangen oder gegangen worden war, erfuhren wir nicht. Es war nicht die feine englische Art, wie wir gehandelt hatten, aber damals belastete uns dies nicht weiter.

Nach diesem Vorfall beantragte ich für mich eine Verlegung nach Oberems, der schließlich stattgegeben wurde.

Oberems

Oberems war ein riesiges Gebiet, es bestand damals aus circa dreißig bis vierzig Lägern, die jeweils mit circa vierzig Personen belegt waren. Wer dort einsaß, hatte zu arbeiten. Wer nicht arbeitsfähig war, kam zurück in den geschlossenen Vollzug, Oberems hieß bei uns nicht umsonst „Workuta“.

Ich war insgesamt drei Mal in Oberems und erlebte dort die haarsträubendsten Dinge. Und diese so zahlreich, dass Oberems ein eigenes Buch wert wäre.

Der Transport nach Oberems war eine Katastrophe. Wir mussten einmal übernachten und kamen am nächsten Morgen vor die Kommission. Hinter drei zusammengeschobenen Tischen saßen fünf oder sechs Personen, der Anstaltsleiter in der Mitte, daneben ein Arzt, ein Sozialarbeiter und noch so einige Wichtigtuer.

Auf einmal höre ich folgende Frage: „Ist er gesund?“

Zuerst war ich nur sprachlos. In der dritten Person war ich schon ewig nicht mehr angesprochen worden.

Meine Antwort lautete dementsprechend: „Er ist gesund.“

Nun schauten die Herren hoch. Wollte sie da einer auf die Rolle nehmen? Die Blicke der Herren wanderten weiter zum Arzt. „Ich bin fertig“, sagte dieser.

Was ich denn gelernt hätte, wurde ich als Nächstes gefragt. Ich hatte eine abgebrochene Lehre als Terrazzoleger hinter mir, eine abgebrochene Maurerlehre und einen beendeten Lehrgang für Spanabhebende Berufe.

Einer der am Tisch Sitzenden sagte daraufhin: „Überall einsatzfä-hig.“

Dieser erste Eintrag war das Tor zum immer wiederkehrenden Einsatz in Oberems. Ich kam in ein Außenlager.

Ein VW-Bus brachte mich zu meinem Lager. Ich begab mich zur Kammer, um mir die Anstaltssachen abzuholen. Anschließend half ich dem Koch bei der Zubereitung des Abendbrotes. Dieser klärte mich über die hier herrschenden Regeln – man könnte fast sagen: Gesetze – auf. Ich hatte Glück, denn der Koch kannte mich vom Namen und er war mir wohlgesonnen.

Der Koch war der wichtigste Gefangene. Nicht nur, weil er für ein anständiges Essen zu sorgen hatte, nein, er war auch den ganzen Tag im Lager, wusste über alles und jeden Bescheid und der Lagerleiter bekam von ihm die Informationen, die er bekommen sollte. Dies geschah natürlich nur, wenn der Koch in Ordnung war. War dies nicht der Fall, dann schiss er alles und jeden an. Dieser Koch jedenfalls war in Ordnung, fand ich.

Der Lagerleiter wohnte mit seiner Familie ebenfalls in diesem Lager. Es war wie ein Zweifamilienhaus, sein Schlafzimmer grenzte an unseren Schlafsaal. Es wurde sehr großen Wert auf Zucht und Ordnung gelegt und es gab eine seltsame Eigenart, die ich noch nicht kannte: Abends wurden die Kleidungsstücke zusammengefaltet auf einen Schemel gelegt – jeder hatte seinen Platz am Tisch und auch seinen Schemel –, dann mussten wir im Nachthemd in Zweierreihe antreten und es wurde abgezählt. Kam am Ende nicht die Belegzahl heraus, war klar, dass einer fehlte, und es gab für das gesamte Lager eine Strafe. Wurde der fehlende Gefangene wieder aufgegriffen, bekam dieser eine Strafe von seinen Mitgefangenen.

Es gab den Lagersprecher, also den Lagerboss, den Schlafsaalboss, der der zweitwichtigste Mann im Lager war, denn er hatte für Ruhe im Schlafsaal und für einiges mehr zu sorgen, den Kartoffelschälboss, den Reinigungsboss und den Duschraumboss. Diese fünf Personen und der Koch bildeten den Kopf des Lagers. Danach kamen die Kolonnenbosse. Beim Arbeitseinsatz bei einem Bauern zum Beispiel sorgte einer von ihnen für das Tempo und die anderen mussten folgen. Schließlich gab es noch die Einzelgänger, dies waren Personen, die zum Beispiel bei einer Firma oder auf einem Hof allein arbeiteten.

Ich kam zunächst in eine Kolonne, die bei einer Firma arbeitete, welche Kleidung, Schuhe und dergleichen nach Afrika verkaufte. Manche Stoffe, Laken oder Handtücher wurden zerrissen und dann als Putztücher verkauft. Ich kam an einen Tisch und musste dort Pakete öffnen und die darin befindliche Kleidung sortieren. Ich erfuhr, dass dies alles Spenden an das Rote Kreuz gewesen waren. Der Chef dieser Firma kaufte dem Roten Kreuz ganze Waggons gespendeter Textilien ab. Ich fand das ziemlich seltsam. Was wollten die mit so viel Kleidung? Aber auch beim Roten Kreuz hieß es: „Nur Bares ist Wahres.“

Manchmal fand ich Briefe in den Paketen, die mich berührten. Etwa in der Art: „Lieber Unbekannter, hier ein paar ausgesuchte Kleidungsstücke meines verunglückten Sohnes. Ich hoffe, sie passen dir und helfen dir über eine schwere Zeit hinweg. Meinen Sohn können sie nicht mehr wärmen.“

Diese Leute hatten die Pakete geschickt, um einem armen Wesen etwas Gutes zu tun. Dabei halfen sie nur dem Roten Kreuz. Einmal fand ich ein „Pfund“, einen Zwanzig-Mark-Schein, ein anderes Mal einen kleinen beweglichen Metallfisch. Beides behielt ich. Irgendwann hatte ich keine Lust mehr, in dieser Kolonne zu arbeiten. Diese Praktik gefiel mir einfach nicht. Ich spendete später nie irgendwelche alten Kleidungsstücke an das Rote Kreuz, sondern fand eine andere Verwendung dafür.

Ich sprach mit dem Koch und hatte Glück, dass der Schlafsaalboss entlassen wurde. Dieser war als Einzelgänger beim „Oberst“ beschäftigt. Ich wurde sein Nachfolger im Reitstall. Dort regierte der Oberst, der so genannt wurde, weil er Reitstiefel trug, die ihm ein militärisches Aussehen verliehen. Er pflegte dieses Image. Ich wurde aber auch dank der Mithilfe des Kochs sein Nachfolger als Schlafsaalboss. Es gab zwei, drei Tage Unruhe und dann war auch das geklärt.

Im Schlafsaal musste ich dafür sorgen, dass die Nachtruhe eingehalten wurde, aber manchmal war es so, dass in dem Schlafsaal auch ein oder zwei alte Knastbrüder waren, die in ihren Kolonnen durchgeschleppt wurden. Abends, wenn wir nach dem Appell in unseren Betten lagen, kam es schon mal vor, dass ein alter Knastbruder Geschichten von früher erzählte. Wenn er erst einmal anfing, dann konnte er die ganze Nacht erzählen und niemand schlief ein und niemand rief: „Nun will ich aber Ruhe haben!“ Dieser Ruf wäre im Übrigen auch vergeblich gewesen. Ruhe durfte man ja verlangen, aber ob man sie bekam, war eine andere Frage. Verlangte man sie zu energisch, gab es etwas auf das Fell, denn die, die dem Erzähler lauschten, hatten die gleichen Rechte wie derjenige, der Ruhe haben wollte.

„Es ist mein gutes Recht, die Nacht mit Erzählen zu verbringen, und wem das nicht gefällt, der kann ja ausziehen und sich ein ruhigeres Plätzchen suchen. Ansonsten hat er schlechte Karten.“ Großes Gelächter folgte und dann ging es weiter: „Kennst du die Geschichte vom Drei-Finger-Karl ...?“

Nach einer solchen Nacht kam ich einmal mit einer Verwarnung davon, weil sich das Gelächter noch in Grenzen hielt. Der Lagerkommandant schlief, wie schon erwähnt, an der Wand, die an unseren Schlafsaal grenzte, nur ein Stück höher. „Worüber habt ihr denn so gelacht?“, fragte er eines Tages.

„Tja“, sagte ich, „einer hat mit seinem Arsch ein ganzes Trompetensolo geblasen und das war für die meisten sehr witzig.“

Er lachte und sagte: „Pass auf, dass so etwas nicht zu oft passiert, sonst muss ich dir einmal den Marsch blasen ...“

In diesem Zusammenhang fällt mir eine kleine Geschichte ein, die mir ein Mithäftling in Oberems erzählte, und zwar in Form eines Gedichtes. Er sagte: „Nun frage dich einmal, ob ich dies selbst erlebt habe oder ob so etwas im wohlhabenden Deutschland möglich ist.“

Weihnachtsstille, kille, kille.

Der Gabentisch ist öd und leer,

die Kinder schauen blöd umher.

Da lässt der Vater einen krachen,

die Kinder fangen an zu lachen.

So kann man auch mit kleinen Sachen

den Kindern große Freude machen.

Ich sagte: „Das ist ein schlechter Witz, den du mir da erzählst.“

Aber er meinte: „Was glaubst du, warum ich hier bin?“

„Ich weiß nicht“, sagte ich.

Da fing er an zu erzählen. „Weißt du, wenn du immer nur halb satt bist, immer durstig nach einer Flasche Wein, immer schlecht geschlafen hast, arbeitet der Gedanke an Geld ununterbrochen in dir.“

Woran man wirklich dachte, war eine Veränderung der augenblicklichen Lage. Diese Lage ließ sich nur durch Geld ändern, und die Frage war, welche Mittel einem recht waren und inwieweit man bereit war, diese Mittel einzusetzen.

Ohne Geld ist es ein entwürdigendes und schäbiges Leben. Mit Geld bist du satt, nie durstig, hast Wein und alles, was du willst.

Der Mithäftling sagte dann noch: „Als die Weihnachtstage vorbei waren, bin ich losgezogen und habe meine Mittel eingesetzt. Ich kann dir sagen, wir haben Weihnachten nachgeholt und dies nicht zu knapp. Um zu gewinnen, muss man wagen.“

Beim dritten Wagen war es dann vorbei gewesen mit Weihnachten nachholen, neun Jahre waren ein hübsches Weihnachtspaket. Was hatte diesen Mann dazu gebracht, so zu handeln? Auch er war kein geborener Bankräuber – es gibt nämlich keine geborenen Bankräuber, Mörder oder Einbrecher. Bei Sittenstrolchen bin ich mir nicht so sicher, bei den Pädophilien, den Päderasten gehe ich von einer zumindest zum Teil angeborenen Veranlagung aus –, aber ein Weihnachtsfest ohne alles, ohne Braten, ohne eine Kleinigkeit für die Kinder, welcher Vater kann dies so einfach wegstecken?

Nun, ich konnte ihn verstehen, ich konnte ihn sogar sehr gut verstehen, denn Gold beziehungsweise Geld ist eine verteufelte Sache, es verändert den Charakter. Man kann noch so viel haben, man möchte immer noch etwas dazu. Und um dieses „noch etwas dazu“ zu bekommen, hört man auf, zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden.

Ehe ich zu meinem Job im Reitstall komme, muss ich noch erzählen, wie ein Kollege wegen einer Zwiebel zwölf Kilometer laufen musste.

Wir hatten, wenn wir morgens ausrückten, immer einen Brotbeutel bei uns. In diesem befanden sich die Butterbrote, die tagsüber gegessen wurden. Der Kollege, um den es hier geht, war Freigänger bei einem Bauern und brachte sich von dort eine Zwiebel mit. Beim Einrücken wurden wir wie üblich gefilzt, das heißt kontrolliert, und bei ihm fand der Beamte diese Zwiebel.

„Wo hast du die Zwiebel her?“

„Vom Bauern.“

„Hast du sie von ihm bekommen?“

„Ja.“

Der Lagerleiter rief bei dem Bauern an und dieser gab an, dem Gefangenen keine Zwiebel geschenkt zu haben. Der Kollege hatte also diese Zwiebel gestohlen.

„Du bringst die Zwiebel wieder zurück.“

Jeder dachte nun, er solle dem Bauern die Zwiebel am nächsten Tag zurückbringen, aber nein, der Lagerverwalter sagte: „Anziehen! Wir bringen die Zwiebel zurück.“

Bis zu diesem Moment dachten wir, er würde die sechs Kilometer hin und die sechs Kilometer zurück mit der grünen Minna gefahren und eine kleine Strafe erhalten. Mitnichten, der Kollege musste Arbeitsschuhe anziehen, bekam Handschellen angelegt, die Zwiebel in der Hand, und dann ging es los. Der Lagerverwalter saß in seinem Privatwagen und der Kollege musste vor ihm hertraben. Und genau das tat er – mit den schweren Arbeitsschuhen hin und wieder zurück ... Halleluja, Bruder!

Jetzt aber zu meinem Job im Reitstall: Meine Aufgabe bestand darin, die Ställe auszumisten, für steinlose Abreitplätze zu sorgen und dergleichen mehr.

In dem Reitstall waren etwa vierzig Pferde untergestellt, fünfzehn von ihnen gehörten Personen, die in der Nähe wohnten und im Reitstall Boxen gemietet hatten. Weitere fünfzehn Pferde gehörten den Ferienkindern und zehn dem Reitstall.

Ich war damals ein leckeres Kerlchen und dessen war ich mir sehr wohl bewusst. Ich sah gut aus, hatte einen durchtrainierten Körper und konnte mich einigermaßen gut artikulieren.

Der Oberst hatte mich die ersten Wochen immer im Blick. Ich dagegen hatte eine Dame im Blick, die dort ihr Pferd untergestellt hatte. Leider hatte sie keinen Blick für mich, sondern nur für den Zuchthengst, der in einem separaten Stall stand. Dorthin ging sie jedes Mal, wenn sie zu ihrem Pferd kam, um einen Ausritt zu machen. Die Stuten standen in der Nähe der Ställe auf der Weide.

Eines Tages wollte der Oberst den Hengst auf eine entfernte Weide bringen. Er rief mich, holte den Hengst aber schon aus der Box. Dieser bekam wohl Witterung von irgendeiner rossigen Stute, stieg auf die Hinterbeine und der Oberst hing an der Trense. Ich sah, was passierte und sprintete zu ihm hin, bis auch ich an der Trense hing. Gemeinsam schafften wir es, den Hengst in seine Box zurückzubringen. Als der Hengst die rossige Stute gewittert hatte, war er natürlich voll ausgefahren und der Hengstpenis hatte eine beachtliche Größe erreicht. Ich sah aus dem Augenwinkel besagte Dame, die mich keines Blickes würdigte, sondern diesen Riesen beinahe mit den Augen verschlang.

Von diesem Augenblick an hatte ich einiges gut beim Oberst und er ließ mich hantieren, wie ich es wollte.

Die Dame würdigte mich nun auch und sprach ab und zu einen Satz mit mir. Ich überraschte sie einmal, also sie gerade dabei war, ihre Reitgerte in die sich öffnenden und schließenden Schamlippen ihrer rossigen Stute zu halten. Kurz darauf stellte sie sich vor die Box, in der der Hengst stand, und hielt ihm die Reitgerte vor die Nüstern. Der Hengst fuhr natürlich voll aus und wurde unruhig. Die Dame griff sich mit der Hand zwischen die Beine, bemerkte mich dann aber und verschwand. Danach sah ich sie tagelang nicht. In Zukunft kam sie nur noch abends, wenn ich zurück ins Lager musste.

Ein paar Tage später kamen die Ferienkinder, und was für welche! Es waren circa fünfzehn Mädchen und fünf Jungen. Diese Vierzehn- bis Fünfzehnjährigen schliefen auf dem Speicher in einem großen Raum auf Feldbetten, mussten ihre Ställe selbst ausmisten und auch sonst die harte Schule durchmachen. Der Witz war, dass zwei von ihnen mit dem Hubschrauber ankamen, während die anderen im Maybach, Daimler oder Rolls-Royce chauffiert wurden, um nur einige der noblen Karossen zu nennen. Die Eltern zahlten ein Heidengeld dafür, dass ihre Sprösslinge auch die Härten des Lebens kennenlernten.

Der Oberst sagte zu mir: „Lass dir nichts gefallen. Lass dich vor allem nicht in eine Falle locken, die Früchtchen sind mit allen Wassern gewaschen.“

Die Mädchen hatten sämtliche Tricks drauf, sie reizten die Wallache oder Hengste, indem sie den Stiel einer Mistgabel in der Stute rieben und dann zu den Wallachen oder Hengsten gingen und diesen den Stil vor die Nüstern hielten. Dann riefen sie mich und sagten: „Siegfried, schau dir das an! Da können wir jetzt nicht reingehen. Kannst du das nicht für uns tun? Du bist doch ein Mann, uns greift das Tier eventuell noch an.“

Ich habe ihnen natürlich etwas gehustet.

Sie riefen mich auch und baten mich: „Siegfried, kannst du mir den BH zumachen!“ und allerhand dummes Zeug.

Für sie war es Freizeit und ich hatte diese Früchtchen nach zwei Wochen gut im Griff. Mit einem der Mädchen schrieb ich sogar Briefe hin und her, allerdings für eine sehr kurze Zeit.

Zum Abschied feierten die Jugendlichen eine kleine Fete, zu der sie sich alkoholische Getränke besorgt hatten. Ich, ganz cool, war ja schon groß, trank natürlich mit. Das war ein Fehler, denn beim Einrü-cken bemerkte der Beamte, dass ich etwas getrunken hatte. Der eine ließ so etwas durchgehen, der andere nicht.

Die Fürsprache des Oberst nützte mir zunächst nichts, denn ich musste meine Sachen packen und kam zurück in die Zelle. Die Konsequenz waren zehn Tage Arrest und eine Verlegung in ein anderes Lager, was wahrscheinlich noch eine milde Strafe war. Normalerweise ging man nach einem solchen Vorfall zurück in den geschlossenen Bau, aber weil ich ein guter Arbeiter war und der Oberst sich für mich starkgemacht hatte, durfte ich bleiben.

Der Tage des Arrests waren, im Nachhinein betrachtet, schnell vorbei. Ich trainierte und onanierte, wie ich es sonst auch tat, um mir die Langeweile zu vertreiben und die Tatsache zu vergessen, dass mir hier außer der Reihe niemand etwas brachte.

In dem neuen Lager wurde ich im Straßenbau eingesetzt und wir mussten Schotter auf einen Weg, der später eine Straße werden sollte, verteilen. Lkws kippten ihre Ladung ab, wir luden eine Schubkarre voll und kippten den Schotter dann an der benötigten Stelle auf dem Weg aus, wo dieser von zwei Männern verteilt wurde. Von dem fortwährenden Befüllen der Schubkarre war ich am ersten Abend ganz schön geschafft. Am nächsten Tag ging es so weiter und gegen Mittag hatte ich große wunde Flächen in meiner Hand. Ich machte jetzt öfter eine Pause, weil meine Hände schmerzten.

Es dauerte nicht lange und der Beamte stand bei mir. „Ich denke, du bist so fit. Hier wird sich nicht ausgeruht. Jetzt mach mal ein bisschen Tempo! Du bewegst dich ja wie eine schwangere Ameise.“

Ich kam gar nicht dazu, irgendetwas zu sagen. Ich ging einen Schritt auf ihn zu, er einen auf mich, und schon hatte ich ihn berührt und seine Brille rutschte vielleicht fünf Millimeter nach unten.

„Ey du! Das war ein Angriff auf einen Beamten!“ Er ging drei Schritte zurück und riss sich das Gewehr von der Schulter. „Stehen bleiben, Kreis ziehen! Schnürsenkel aus den Schuhen und Gürtel her!“ Alles in einem Atemzug.

Ich stand in dem von mir selbst mit der Schuhspitze gezogenen Kreis mit ungefähr anderthalb Metern Durchmesser.

„Wenn du diesen Kreis verlässt, ist das ein Fluchtversuch und ich mache von der Schusswaffe Gebrauch.“

Die restlichen fünf Stunden blieb ich in diesem Kreis und schwor mir beim nächsten Mal den Kreis größer zu ziehen, damit ich wenigstens einen Schritt gehen kann.

Nach zwei Tagen war ich schon wieder in der Auswahlanstalt für die Läger in Oberems. Ich hatte Glück, denn nachdem der Arzt und der Anstaltsleiter meine Hände gesehen hatten, konnte ich dort bleiben. Ich kam wieder in das gleiche Lager wie zuvor, hatte zwei Tage Pause und gelangte anschließend in die Kolonne bei einem Bauern.

Es gab einen Kolonnenboss, der das Tempo vorgab, während alle anderen folgten. Zum Glück war es gemäßigt, und doch war es in der Hitze auf diesen kilometerlangen Feldern mörderisch, Rüben zu vereinzeln. Zu trinken gab es Essigwasser mit zerbröseltem Schwarzbrot, was äußerst gewöhnungsbedürftig war, aber gegen unseren Durst half.

Zwischendurch kam hin und wieder der Bauer aufs Feld, und wenn er dem Beamten einen Briefumschlag gab, wussten wir, dass ab sofort noch härter zu arbeiten war. Sobald der Bauer sich verabschiedet hatte, schaute der Beamte in den Umschlag und dann ging es los: „Dieses Feld muss heute noch fertig werden, also kommt jetzt mal in die Hufe! Und wehe, es bleibt einer zurück.“

Und die Felder waren riesig, ein Ende war nicht abzusehen.

Es waren kleine Geldgeschenke, die die Beamten von den Bauern bekamen, meist 50 DM, und dann gab es kein Pardon mehr. Wurde anschließend von uns nicht mehr geleistet, hatten sich die Geldgeschenke erledigt.

Die Bauern, für die wir in dieser Gegend arbeiteten, waren meiner Meinung nach eine ganz besondere Sorte Mensch: stur, dickfällig und den Gefangenen nur als Arbeitsmaterial betrachtend. Vielleicht waren sie so geworden, weil sie es nur mit Gefangenen zu tun hatten, vielleicht hatte sich jede Menschlichkeit schon gerächt, ich weiß es nicht. Und wenn man so wie sie in dieser Form aufwuchs, kannte man es ja nicht anders.

In diesem Lager lernte ich einen Burschen kennen, der viele Jahre im Zirkus gearbeitet hatte, ein Trickser vor dem Herrn. Mit ihm durfte man nicht wetten. Er war ein Hütchenspieler, ein Ladendieb, ein richtiger Lebenskünstler. Er hatte von diesem Lager die Schnauze voll, genau wie ich. Er hatte bei den Beamten ebenfalls schlechte Karten, denn er hatte manche von ihnen vorgeführt. Da war zum Beispiel der Trick mit seinem Windrädchen. Dazu nahm er sich ein Hölzchen und schnitzte Kerben hinein. Er befestigte dieses Holz in der Mitte des Windrädchens und fragte: „Soll es sich drehen?“ Uwe, so hieß der smarte Bursche, nahm einen Bleistift, rieb damit über die Kerben des Hölzchens und schon begann sich das Windrädchen zu drehen. Je schneller er über die Kerben rieb, desto schneller drehten sich die Flügel.

Großes Staunen war die Folge. „Wie machst du das? Lass mich auch mal!“

Aber niemand schaffte es, keiner, der es versuchte, konnte das Windrad bewegen.

Eines Tages, Uwe führte sein Kunststückchen einem Neuen vor und gewann eine Wette, kam ein Beamter namens Bauer in den Tagesraum und fragte, was hier los sei. Es war derselbe Beamte, der bei der Arbeit im Straßenbau gemeint hatte, ich hätte ihn angegriffen.

„Sie bekommen das Windrädchen nicht zum Drehen“, prophezeite Uwe.

„So ein Quatsch, gib mal her!“ Der Beamte rieb über das eingekerbte Hölzchen, aber es bewegte sich nichts. „Wieso dreht sich das Windrädchen nicht? Was ist denn das?“

„Sie müssen das linke Bein hochheben“, sagte Uwe. „Dann klappt das auch.

Der Beamte hob das linke Bein, aber es tat sich nichts. Er schaute Uwe fragend an und dieser sagte: „Mensch, ich habe mich vertan. Sie müssen das rechte Bein hochheben.“

Der Beamte tat, wie ihm gesagt worden war, hob das rechte Bein und rieb über das Hölzchen, aber auch jetzt tat sich nichts. Das Windrädchen bewegte sich keinen Millimeter. Fragend schaute der Beamte zu Uwe und dieser schaute genauso fragend zurück.

Auf einmal schlug sich Uwe mit der flachen Hand vor die Stirn und sagte: „Ist doch klar, ich habe einen Fehler gemacht!“

„Was?“, fragte der Beamte. „Was hast du für einen Fehler gemacht?“

Sie müssen nicht das linke oder rechte Bein hochheben, Sie müssen beide Beine hochheben.“

Der Beamte versuchte, beide Beine hochzuheben, doch das ging natürlich nicht. Er sprang in die Höhe und dann ging ihm ein Licht auf. „Du Idiot hast mich verarscht!“, rief er und vergaß dabei, dass er der Idiot war, der gerade vorgeführt worden war. Er war sehr nachtragend und so hatte Uwe immer schlechte Karten, wenn der Beamte Bauer Dienst hatte.

Unsere Kolonne wurde zum Grabenreinigen verdonnert. Einige Gefangene mussten die Böschungen mähen, andere holten das Gras von der Böschung und ich stand mit Stiefeln bis zur Hüfte im Wasser und entfernte mit einer großen Gabel Gras und Gerümpel, welches im Wasser schwamm. Es schwamm alles um mich herum, Fäkalien und sogar Ratten. Ich war bedient und hatte die Nase voll.

Uwe war auch in der Kolonne, und als wir nachmittags in einem Waldstückchen waren, sagte ich: Wenn der Bauer vorne bei der Kolonne ist, sind wir weg. Uwe befand sich auf der Böschung und ich war sowieso der Letzte im Wasser. Sobald sich der Beamte auf den Weg nach vorne machte, sprinteten wir los.

Wie überall gab es auch hier einen Zuträger. Dieser sah uns weglaufen und rief: „Herr Bauer, Herr Bauer! Gefangene sind abgehauen.“

Der Beamte riss sein Gewehr vom Rücken und ballerte uns hinterher. Von wegen Warnschüsse! Er schoss scharf und wir hörten die Kugeln durch die Blätter pfeifen.

Wir trugen Stiefel, Uwe normale Gummistiefel und ich riesige Schaftstiefel, die bis zur Hüfte reichten. Mobile Telefone kamen damals gerade erst auf den Markt, aber die Beamten hatten Funksprechgeräte dabei. So konnte Herr Bauer kurzfristig Verstärkung anfordern.

Ich hatte mir vorher etwas überlegt. Hinter diesem kleinen Waldstück war ein Kartoffelfeld, eines dieser kilometerlangen Felder. Ich rannte also zügig durch den Wald direkt auf das Kartoffelfeld zu und dann hinein in die Furchen. Solange es ging, liefen wir aufrecht, dann krochen wir auf allen Vieren und schließlich robbten wir auf dem Boden weiter. Als wir mitten im Kartoffelfeld waren, gruben wir uns in die Furchen ein. Wir waren nicht mehr zu sehen, waren einfach weg.

Die Beamten und die Bauern, die sich in derartigen Situationen gerne als Hilfspolizisten betätigten, fanden uns nicht und rätselten, wie wir es geschafft hatten, aus diesem kleinen Waldstück zu verschwinden. Sie suchten uns noch bis zum Einbruch der Dunkelheit und darüber hinaus zum Teil sogar noch mit Taschenlampen.

Wir blieben bis etwa 23 Uhr in der feuchten Erde liegen und krochen dann wieder zu einer Wiese. Wir sprangen und hüpften, damit wir wieder warm wurden, und machten uns auf den Weg in die nächstgrößere Stadt.

Türler ve etiketler

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Litres'teki yayın tarihi:
23 aralık 2023
Hacim:
321 s. 2 illüstrasyon
ISBN:
9783954883417
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