Kitabı oku: «Klausjäger», sayfa 5

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VIER

Gemäss Beschrieb der Sekretärin, die Valérie am Vortag angerufen hatte, befand sich das Einwohneramt Küssnacht in einem stilvollen Herrenhaus in der Nähe des Seeplatzes. Es verfügte über vier Stockwerke. Bis auf das Dachgeschoss waren die Fenster mit Tannenzweigen geschmückt. Die grünen Jalousien standen einladend offen. Valérie sah zurück über den Vierwaldstättersee, der sich an diesem Morgen von seiner düsteren Seite zeigte. Der Pilatus am gegenüberliegenden Ufer trug eine weisse Kappe, die bis nach Hergiswil reichte. Die Luft roch nach Schnee, nach dem süssen Geruch, den sie aus der Kindheit kannte.

Valérie öffnete eine schwere Tür und betrat das Innere des Rathauses. Sofort umschloss sie das Odeur von Papier und frisch gereinigten Plattenböden. Valérie vergewisserte sich auf einer Tafel, auf welchem Stockwerk das Amt lag. Sie ging eine Treppe hoch, erreichte eine Glastür, drückte einen Klingelknopf und wartete, bis man ihr Einlass gewährte.

Sie trat in einen Vorraum. Zwei Schalter wie kleine Fenster. Eine Sekretärin, die hinter der Ablage etwas verloren wirkte. Die junge Frau hatte wohl kaum die kaufmännische Lehre abgeschlossen. Ihr kindliches Gesicht verriet, dass sie die zwanzig noch nicht erreicht hatte. Sie nickte lächelnd. «Mein Name ist Elvira Bucher. Guten Tag, Frau Lehmann. Ich habe schon alles herausgesucht.» Sie legte ein Dossier auf die Ablage. «Angela Pagani, einundvierzig Jahre alt. Sie meldete sich mit ihren vier Kindern am 1. Oktober dieses Jahres ab.» Sie las: «Livio, Sandro, Vanessa und Viola. Im Alter zwischen zwölf und sieben. Ich habe hier eine Adresse in Buchrain.»

«Buchrain?» Valérie runzelte die Stirn. «Liegt das nicht im Kanton Luzern?»

«Exakt. Gleich hinter dem Götzental. Dieses liegt zwischen dem Rooter Berg und dem Dottenberg und verbindet Dierikon mit Adligenswil …»

«Das hört sich ja wie in einer Geografiestunde an», scherzte Valérie, nicht sicher, wo ihre gute Laune plötzlich herkam. «Hat Frau Pagani einen Grund angegeben, warum sie wegzog?»

Elvira schüttelte den Kopf. Ihre braunen Locken spielten dabei neckisch um ihr pausbäckiges Gesicht. «Nein, mir ist nichts bekannt.»

«Wie lange lebte sie in Küssnacht?»

Elvira beugte sich über die Einträge. «Sie zog im vorletzten Juli von St. Moritz hierher. Sie und ihre vier Kinder. Wenn Sie mich fragen, ist das ein mutiges Unterfangen.»

«Ich frage Sie aber nicht.» Valérie bat um eine Kopie der Unterlagen.

Elvira wandte sich beleidigt ab. Verschwunden war ihre selbstsichere Art, und Valérie dachte, dass sie zu weit gegangen war. Wenig später kehrte Elvira zum Schalter zurück und legte das Gewünschte hin. «Das kostet zehn Franken.»

Valérie reichte Elvira eine Zehnernote. «Der Rest ist für Sie.»

Elvira starrte ihr Gegenüber erst verdattert an, dann streifte ein Lächeln ihr Gesicht. «Sorry, für die Polizei ist es natürlich umsonst.»

«Sie können die Note trotzdem behalten», sagte Valérie in der Meinung, den Fehler von vorhin wieder gutzumachen. «Für einen Kaffee … oder zwei.»

Zurück bei ihrem Wagen, setzte sich Valérie hinters Lenkrad und liess eine Weile den Blick über den Vierwaldstättersee auf sich einwirken. Küssnacht hatte seinen eigenen Reiz und lag, wenn man die Sicht auf den Pilatus berücksichtigte, an einem der schönsten Gestade in der Zentralschweiz.

Valérie startete den Motor und gab auf der Navigation die Adresse in Buchrain ein.

Sie fuhr am Golfplatz, der Sägerei und an Haltikon vorbei und erreichte Udligenswil, eine verschlafen wirkende Gemeinde im Kanton Luzern. Sie lag etwas erhöht. Vom Kreisel aus hatte man einen imposanten, wenngleich anderen Ausblick auf den Pilatus als von Küssnacht aus. Links lag der Meggerwald, vereinzelt ein paar Bauernhöfe, Gärtnereien und Einfamilienhäuser im grauen Dunst – ein Bild wie eine Weichzeichnung.

Idyllisch, dachte Valérie, der die Gegend hier fremd war.

Anders war es auf der andern Seite des Götzentals. Das Tal verband das Ländliche mit dem Urbanen. Das zumindest kam ihr so vor, als Valérie auf der Höhe von Ebikon Richtung Buchrain abzweigte. Und als sie in die Moosstrasse fuhr, hatte sie ein Déjà-vu. Mietblöcke, die sich kaum voneinander unterschieden, eintönig und düster, jedes Haus dem andern gleichend. Trübselig an diesem Tag.

Ein Schnellzug auf der Linie Luzern–Zürich donnerte auf der gegenüberliegenden Bahnlinie vorbei, als Valérie aus dem Wagen stieg. Sie vergewisserte sich, ob die Adresse richtig war. Ein massiver Wohnungswechsel, überlegte sie sich. Den Gschweighusweg in Küssnacht hatte sie als ruhiges Quartier in Erinnerung. Was mochte die vierfache Mutter bewogen haben, eine kinderfreundliche Umgebung gegen eine laute Überbauung einzutauschen? Über eine Treppe erreichte Valérie die Briefkästen und die Sonnerien mit den Namensschildern. «Angela Pagani» stand zuoberst. Sie drückte die Klingel und wartete. Sie drückte noch einmal. Nichts rührte sich. Sie machte einen Schritt zurück, sah die Fassade hoch, wo sie jemanden an einem Fenster vermutete. Auch unter dem Dach bewegte sich nichts. Halb zehn. Die Leute waren wohl an der Arbeit oder wollten nicht gestört werden.

Was jetzt? Um elf hatte sie zum nächsten Briefing geladen. Viel Zeit blieb nicht, wenn sie pünktlich in Biberbrugg sein wollte. Doch unverrichteter Dinge mochte sie nicht weggehen. Valérie entschloss sich, zur Schule zu fahren. Vielleicht würde sie Angela Pagani dort antreffen, falls sie die Kinder dorthin begleitet hatte.

Wieder raste ein Zug vorbei. Diesmal aus der andern Richtung.

Vielleicht verbeisse ich mich hier in etwas, überlegte sich Valérie auf dem Weg ins Zentrum von Buchrain. Getrieben von ihren eigenen Nöten, die, wenn es gut lief, endlich ein Ende nehmen würden, war sie überhaupt auf die Idee gekommen, bei Angela Pagani anzusetzen. Wie oft hatte sie sich darüber aufgeregt, wenn Richter glaubten, sich ungerechtfertigt auf die Seite der Männer zu stellen. Valérie war der Meinung, dass die Kinder zur Mutter gehörten, wenn es keinen triftigen Grund für das Gegenteil gab. Vom biologischen Standpunkt aus gesehen war das in ihren Augen die normalste Sache der Welt.

Hatte Konrad Gross zu jenen machtbesessenen Männern gehört, die sich einen Deut um das Kindeswohl scherten, wenn sie sich bei ihresgleichen nur genug profilieren konnten? Vielleicht hatte Gross zu Hause unter dem Scheffel seiner Frau gestanden. Er hatte sein Defizit in seiner Position als Richter wettmachen wollen. Rosita Gross hatte nicht den Eindruck erweckt, sich von ihrem Mann viel sagen zu lassen.

Im Gegensatz zum Dorfrand wirkte das Zentrum vom Buchrain fast wieder ländlich. Zwei Kirchen gab es hier, ein Einkaufszentrum und viele Einfamilienhäuser. Und mittendrin das Dorfschulhaus, ein hellbraunes lang gezogenes Gebäude mit zwei Stockwerken. Valérie ging davon aus, dass sie richtiglag. Hier waren nur die Primarklassen untergebracht. Sie durchforstete die Gänge und gelangte zum Rektorat.

Unangemeldet betrat sie ein Büro, wo eine Frau gerade Kaffeepause machte.

«Kann ich Ihnen behilflich sein? Sie sehen mir nicht nach einer aufgebrachten Mutter aus.» Die Frau setzte ein Lächeln auf, wollte offensichtlich lustig sein oder ihre Überraschung überspielen. «Simone Suppiger. Ich leite hier die Schule.» Sie überschäumte vor Freundlichkeit. Zudem war sie modisch gekleidet: eine Schlaghose in Grau, eine sandfarbene Bluse, ein schwarzer Blazer – das, was man in diesem Winter so trug.

«Valérie Lehmann, Kantonspolizei Schwyz.» Sie zeigte ihren Ausweis.

«Muss ich mir Sorgen machen?»

Eine solche Frage hatte Valérie nicht erwartet. «Kommt ganz darauf an.» Sie lud sich gleich selbst zum Kaffee ein. Nachdem sie Colin nicht hatte wecken wollen, hatte sie den jetzt bitter nötig.

Während die Nespressomaschine starken Arpeggio aus der Kapsel drückte, legte Simone Suppiger Zucker und Rahm bereit. «Es ist ungewöhnlich, dass uns die Schwyzer Polizei besucht. Schwyz liegt ja nicht gleich um die Ecke.»

«Sie müssen durchs Götzental fahren.» Valérie lächelte. «Eine halbe Weltreise.»

«Worum geht es?»

«Eigentlich nur um eine Auskunft.» Valérie legte die Kopie des Einwohneramts auf den Tisch. «Gehen hier Livio, Sandro, Viola und Vanessa Pagani zur Schule? Dem Alter nach müssten sie in der Primarschule sein.»

Simone Suppiger griff sich an die Schläfen und strich ein paar nicht sichtbare Haare aus dem Gesicht. Über ihre blauen Augen legte sich ein Schatten. «Das wundert mich jetzt überhaupt nicht. Das war ja ein echtes Theater mit dieser Familie.» Simone Suppiger entnahm der Kaffeemaschine die Tasse und stellte sie auf den Tisch. «Bitte bedienen Sie sich.»

«Wie soll ich das verstehen?» Valérie setzte sich auf einen der ihr angebotenen Stühle. «Was für ein Theater?»

«Anfang Oktober bekamen wir von der Gemeinde Buchrain die Anmeldung für die vier Kinder von Frau Pagani. Wir sahen vor, sie gleich nach den Herbstferien hier einzuschulen. Livio sollte die sechste, Sandro die dritte und die beiden Zwillingsmädchen Viola und Vanessa die erste Klasse besuchen.»

«Sie sprechen im Konjunktiv», stellte Valérie leicht irritiert fest. «Ist etwas dazwischengekommen?» Sie vergass, den Zucker im Kaffee umzurühren.

«Ich habe eine Tochter, die die erste Klasse besucht. Zufällig waren die Pagani-Zwillinge derselben Klasse zugeteilt. Tanja, also meine Tochter, wollte die Mädchen am ersten Schultag nach den Ferien in der Moosstrasse abholen. Sie kam allerdings ohne Viola und Vanessa zum Unterricht. Tanja war ziemlich durcheinander, hatte sie doch am Morgen einen grossen Umweg gemacht, um die beiden Mädchen begleiten zu können. Frau Pagani habe ihr gesagt, dass ihre Töchter nicht zur Schule gingen.»

«Das ist wirklich sonderbar.» Valérie bemerkte den bitteren Geschmack des Kaffees und liess ihn stehen. «Und Sie wissen nicht, wo die Mädchen jetzt zur Schule gehen? Gesetzlich gesehen macht sich die Mutter strafbar, wenn sie ihre Kinder von der Schule fernhält.»

«Es geht ja nicht nur um die Zwillingsmädchen», sagte Simone Suppiger. «Die beiden Jungs haben den Unterricht auch nicht angetreten.»

«Haben Sie etwas unternommen?»

«Ich? Nein, nicht …» Simone Suppiger verwarf die Hände.

Valérie wollte es nicht darauf beruhen lassen. Sie musste mehr über diesen Umzug erfahren. «Was wissen Sie über die Familie?»

«Tut mir leid, das ist alles, was ich weiss.»

«Wäre es nicht Ihre Aufgabe gewesen, dem nachzugehen?»

«Ehrlich gesagt, habe ich es verlauert. Aber ich dachte mir nichts Böses dabei. Frau Pagani hatte wohl ihre Gründe. Vielleicht hat sie Buchrain bereits wieder verlassen. Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, rate ich Ihnen, zur Gemeindeverwaltung zu fahren.»

«Darauf können Sie sich verlassen.» Valérie bedankte sich für den Kaffee, der ihr nicht geschmeckt hatte.

Das Gemeindehaus lag an der Hauptstrasse schräg gegenüber der Alten Kirche. Ein Gebäude mit weiss-grauen Wänden, steinernen Balkonen und einem hölzernen Schrägdach. Ein Haus, das im Jahr seiner Entstehung sehr modern gewesen sein mochte, heute jedoch einen verblassten Glanz trug.

Valérie zögerte, nachdem sie aus ihrem Wagen gestiegen war. Hatte sie mit ihrer Intuition doch nicht so danebengelegen? War Angela Pagani die Hauptakteurin im Fall Gross?

War sie auf der Flucht?

In kurzer Zeit zweimal den Wohnort gewechselt. Vielleicht nun ein drittes Mal. Die Beschriftung am Briefkasten hatte sie nicht abmontiert. Vergessen in der Hitze des Gefechtes. Es sah danach aus, als legte sie Spuren, die in die Irre führten. Valérie ging nur eines nicht in den Kopf. Wie schaffte eine alleinerziehende Mutter mit vier Kindern eine solche Odyssee?

Ich suche zu weit, schalt sie sich, als sie das Gemeindehaus betrat. Gleich werde ich alles erfahren. Ueli Bodmer, wie Valérie auf dem Türschild gelesen hatte, war ein untersetzter Mann von sechzig Jahren. Eine Knollennase prägte sein Gesicht. Er trug eine beachtliche Wampe vor sich her, die auch der weite Pullover nicht zu kaschieren vermochte.

Bodmer geizte nicht mit Informationen, als Valérie ihm ihre Beweggründe erklärt hatte.

Er zog den Aktenschrank auf und entnahm ihm Paganis Unterlagen mit jener Selbstverständlichkeit, als hätte er im Vornherein gewusst, dass man nach ihnen verlangen würde. Er legte sie vor Valérie auf den Tisch. «Wie Sie sehen, wohnt die Familie seit dem 1. Oktober in Buchrain.»

«Das ist nicht möglich», intervenierte Valérie. «Die Kinder gehen nicht im Dorf zur Schule. Ich komme gerade eben von der Rektorin Frau Suppiger. Heute haben wir den 7. Dezember. Die Kinder schwänzen seit Mitte vorletzten Monats den Unterricht.»

Bodmer gab sich betroffen. «Wir können selbstverständlich nicht jedem Einwohner nachrennen. Ich erinnere mich an die Frau. Sie kam Anfang Oktober hierher, um sich und ihre vier Kinder auf der Gemeinde anzumelden. Sie machte mir einen sehr vertrauenswürdigen Eindruck. Auf jeden Fall ist sie mir gut in Erinnerung geblieben. Ich erlebe hier einiges. Aber bei Frau Pagani hatte ich ein gutes Gefühl.»

Darüber, sich nicht bloss auf Gefühle zu verlassen, äusserte sich Valérie nicht, obwohl sie es gern getan hätte. Sie brauchte Fakten, handfeste Informationen. Doch diese würde ihr Bodmer nicht geben können. Angela Pagani war in der Gemeinde angemeldet. Es lag nichts gegen sie vor. Warum sollte man sie überwachen?

Ein Blick auf ihre Armbanduhr mahnte Valérie, sich auf den Weg zurück nach Biberbrugg zu machen. Sie würde nicht zeitig dort ankommen. Sie stiess Luft aus. In letzter Zeit hatte sie Fischbacher keinen Grund mehr gegeben, sie wegen nicht eingehaltener Termine zu rügen. Heute würde es wieder einmal so weit sein. Doch die Brisanz der Lage liess sie lockerer werden. Fischbacher würde sie verstehen.

«Haben Sie vielleicht die Telefonnummer von Angela Pagani?»

Bodmer verneinte. «Tut mir leid, dass ich Ihnen nicht weiterhelfen kann. Also, das hätte ich von dieser Frau zuletzt gedacht. So kann man sich täuschen. Es wäre das erste Mal in meiner Karriere als Gemeindeschreiber.» Kopfschüttelnd begleitete er Valérie zur Tür. Er blieb davor stehen. «Ach, da fällt mir ein, Frau Pagani fragte mich nach der Motorfahrzeugkontrolle. Offenbar wollte sie das mit den Nummernschildern auch gleich regeln. Ich schickte sie nach Kriens in die Arsenalstrasse.»

«Es sieht fast danach aus, als hätte es ihr nicht schnell genug gehen können», sinnierte Valérie laut. «In der Regel lässt man sich bei einem Umzug in einen andern Kanton mit den Nummernschildern Zeit, oder man wechselt sie gar nicht.» Zumindest war das bei ihr so gewesen. Die Nummernschilder hatte sie erst ausgetauscht, nachdem sie bereits zwei Monate in Schwyz ansässig gewesen war.

Auf dem Weg zurück nach Biberbrugg rief Valérie Fischbacher an. Ihre Truppe würde sicher schon im Konferenzraum auf sie warten. Fischbacher bestätigte ihre Vermutung. «Wo steckst du?»

«Auf der Autobahn. Ich habe mich mit der Zeit verkalkuliert.» Sie vermied es, über den Besuch in Buchrain zu sprechen.

«Was tust du auf der Autobahn? Du bist zu spät.»

«Deshalb rufe ich an.»

«Bist du wieder einmal auf einem Alleingang? Ich dachte, wir hätten das ausdiskutiert.» Fischbacher tönte alles andere als erfreut.

«Ich mache ein paar Recherchen, die mehr Zeit in Anspruch nehmen, als ich mir vorgestellt hatte.»

«Dazu hast du deine Leute.»

«War das jetzt eine Rüge? Du weisst, dass ich die Verdachtsmomente gern selbst aus dem Weg räume. Das hat sich jetzt einfach so ergeben.»

«Gibt es denn welche? Ich meine Verdachtsmomente?»

«Können wir uns später darüber unterhalten?» Sie fragte sich, ob sie Fischbacher über das Verschwinden von Angela Pagani berichten sollte. Was war, wenn sie mit ihren Vermutungen falschlag? Sie durfte ihren Verdacht nicht bloss gegen diese Frau richten. Doch ihre eigene Geschichte kam ihr dabei in die Quere. Sie glaubte zu wissen, wie Angela Pagani tickte. Wenn eine Mutter um ihre Kinder kämpfen musste, waren da auch viele Emotionen im Spiel und Kräfte, die man sich ansonsten nicht zutraute.

Valérie sah Parallelen zu ihrer Situation.

Fischbacher schniefte durchs Telefon. «Valérie, wir brauchen dich hier. Oder muss ich dich daran erinnern, dass du die Ermittlungen leitest?»

Wie recht Fischbacher hatte. Sie würde also unerledigter Dinge zurückfahren müssen. Es gab keinen Grund, Fischbacher zu verärgern, und noch weniger, seine Loyalität ihr gegenüber mit Füssen zu treten.

Sie brach das Gespräch mit ihm ab, nachdem sie versprochen hatte, sich zu beeilen.

Sie rief Colin an.

Nach dem gefühlten hundertsten Klingelton nahm er ab.

«Habe ich dich geweckt?» Vergessen war der gestrige Abend, der besser begonnen als geendet hatte.

«Nein, habe schon gefrühstückt. Stell dir vor, sogar mit deiner altertümlichen Kaffeemaschine kam ich zurecht.»

Er hatte eine fast sonore Stimme. Zum Glück kam er nicht nach Willy.

«Die ist nicht alt, untersteh dich.»

Colin lachte. «Sag mal, hast du eigentlich nur klassische Musik im Haus? Ich habe mich mal durch deine CDs gepflügt. Wagner, nichts als Wagner. Nein, halt, ich habe noch Bizet und Berlioz gefunden. Ich bin mir sicher, wenn ich weitersuche, stosse ich auf Bach und Mozart. Die kenne ich zumindest dem Namen nach.»

«Du weisst, wie sehr ich klassische Musik mag.» Valérie verliess nach Rotkreuz die Autobahn Richtung Zürich und gelangte auf die A 4.

«Wagner ist wohl dein Lieblingsmusiker –»

«Komponist.»

«Was?»

«Wagner war ein Komponist.»

Colin lachte. «Ich wollte beim Duschen Radio Sunshine hören. Aber das ist ja ein CD-Player, der dort hängt … Habe die Scheibe angesehen. Wer ist Tannhäuser?»

Eine Leidenschaft. Eine Obsession.

Sie schwieg. Colin würde es nicht verstehen. Es schauderte sie. Sie hatte auch ihre Macken.

«Der Schrank im Korridor enthält ein paar DVDs», sagte sie, ohne auf seine Frage einzugehen. Zu ihrer Linken dümpelte der Zugersee in milchigem Grau.

«Die habe ich auch schon durchgesehen. Nur Liebesfilme – ‹Vom Winde verweht›, ‹Doktor Schiwago› et cetera, et cetera …»

Vom Winde verweht! Solche Monumentalfilme liessen ihren Tränen freien Lauf. Tränen, die sie sonst nicht weinte.

«Hast du keine Horrorthriller oder Actionfilme? Als Polizistin?»

Sie hörte ihn lachen und war sich auf einmal nicht mehr sicher, ob es eine gute Idee gewesen war, ihn allein zu Hause zu lassen. Würde er ihr die ganze Wohnung auf den Kopf stellen? Vielleicht war er nicht bei ihr, um über seine Zukunft unter ihrer Obhut zu sprechen, sondern sie auszuhorchen und auszuspionieren – auf Willys Geheiss hin. Und mit der Idee von der Wohngemeinschaft hatte er bestimmt ihre Reaktion testen wollen.

Wie konnte sie auch so naiv sein?

Nach dem Disput am Küchentisch war Colin in sein neues Zimmer verschwunden. Er sei müde, war seine Ausrede gewesen. Dort hatte sie ihn telefonieren gehört. Hatte er seinen Vater am Draht gehabt?

Hatte Willy ihren gemeinsamen Sohn schon so manipuliert, dass er jetzt gegen seine eigene Mutter vorging?

Sie fuhr einem silbergrauen Škoda auf der Überholspur auf und gab Lichtzeichen. Als der nicht auf die rechte Spur auswich, betätigte sie die Hupe.

Ihre Befindlichkeit war immer am Anschlag, wenn es um Colin ging. Seit Beginn seiner Lehre hatte er seine ersten Ferien. Er hatte erst noch am Telefon erklärt, weshalb er die eine Woche bei ihr verbringen wollte. Endlich reden. Klarheit schaffen zwischen Mutter und Sohn. Das war nicht nur Valérie, sondern offenbar auch Colin ein grosses Anliegen. Hatte sie gedacht. Hatte sie sich dermassen täuschen lassen? War sie bloss Mittel zum Zweck?

Als Willy erfahren hatte, dass ihr neuer Anwalt einiges mehr an Sprengstoff gegen ihn besass als seine beiden Vorgänger, sann er wohl auf Rache. Und wo war sie verletzlicher als dort, wo es um Colin ging?

Mit hundertsechzig Stundenkilometern Richtung Autobahnausfahrt Schwyz.

Sie beruhigte sich ein wenig. «Hör zu, du kannst dir ja einen Film kaufen, wenn du willst. Ich werde mich beeilen und bald Feierabend machen. Dann können wir uns den Film gemeinsam ansehen. Was hältst du davon?»

«Maman, das ist nicht nötig. Ich kann mich anderweitig beschäftigen. Ich werde mich mal auf den Weg zum ‹Mythen Center› machen. Soll ja recht gross sein … ich meine, für Schwyzer Verhältnisse und so. Wir sehen uns am Abend. Und noch etwas: Maman, ich bin kein kleiner Junge mehr. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, wo ich mich herumtreibe.» Er betonte das letzte Wort.

Valérie schluckte leer. Genau solche Sorgen übermannten sie. Sie hätte sich freinehmen sollen. Das hatte sie auch vorgehabt. Der Fall Gross hatte ihre Pläne vernichtet.

Sie verliess die A 4 und zweigte auf die Schlagstrasse ab.

Eine farblose Landschaft zog an ihr vorbei. Valérie kam Dezember-Blues in den Sinn, als Colin sich von ihr verabschiedet hatte. Je älter sie wurde, umso mehr graute ihr vor den Wintertagen.

Sie verwarf ihre abstrusen Gedanken. Sie wollte stark sein. Ihr war nicht danach, Schwäche zuzulassen. Gleichzeitig dachte sie, dass genau diese Unterlassung ihr nicht guttat. Wieder drückte sie aufs Gaspedal. Bis anhin hatte sie noch immer Glück gehabt mit den Radarfallen. Erst einmal hatte sie im Kanton Schwyz eine saftige Busse bezahlen müssen, an der Grenze zum Ausweisentzug. Das war bei Fischbacher nicht unbemerkt geblieben. Er hatte ihr mit einem Disziplinarverfahren gedroht, sollte es noch einmal vorkommen.

***

Fischbacher sah, seine Brauen hebend, auf seine Armbanduhr. Eine Viertelstunde hatte er schon verloren. Er hasste Verspätungen.

«Wir beginnen. Valérie wird später eintreffen.» Er informierte kurz über deren Verbleib und richtete sich anschliessend an Louis. «Du hast dich um die Familie des Verstorbenen gekümmert. Bedarf etwas einer Relevanz?»

«Und ob es das tut.» Louis strich sich die widerspenstigen Haare aus dem Gesicht. «Zwischenzeitlich kehrten Gross’ Kinder zurück. Fabia und ich haben jedes einzelne befragt. Die Reaktionen auf den Tod ihres Vaters fielen unterschiedlich aus. Müsste ich die Gefühle auf einer Skala zwischen eins und zehn bewerten, lägen sie bei den beiden älteren Geschwistern im unteren Bereich.» Louis sah auf die Notiz vor ihm. «Anna und Barbara Gross gingen mit der Nachricht sehr gefasst um, wogegen die Jüngste, also Cäcilia, Rotz und Wasser heulte.»

«Wie alt sind diese Kinder?», fragte Fischbacher. «In meinen Unterlagen finde ich keine Altersangabe.»

«Neunzehn, siebzehn und fünfzehn», sagte Fabia.

Fischbacher nickte. «Ich gehe davon aus, dass ihre Mutter sie bereits darauf vorbereitet hatte.»

«Falsch», sagte Louis. «Wir holten die Töchter auf dem Bahnhof ab und brachten sie auf den Posten in Küssnacht. Dort wurden sie in Abwesenheit ihrer Mutter befragt, nachdem uns ein Zimmer zur Verfügung gestellt worden war.»

«Du willst mir aber nicht sagen, dass die Mädchen vom Tod ihres Vaters erst heute Vormittag erfahren haben.»

«Doch, genau so will ich es sagen. Ich habe mich auch sehr gewundert. Aber es sieht fast so aus, als wollte ihre eigene Mutter sie davor bewahren.»

«Frau Gross befindet sich in ärztlicher Behandlung», unterbrach Henry Vischer seinen Kollegen. «Ich nehme an, sie hat Tag und Nacht geschlafen oder war auch sonst nicht ansprechbar. Nach dem Besuch bei ihr habe ich ihren Hausarzt konsultiert. Ich fand die Adresse in Frau Gross’ Agenda.»

«Und niemand war in der Zeit bei ihr?» Fabia kringelte ihre langen Haare um die Finger. «Ist doch eher fadenscheinig. Es gibt doch Verwandte, die die Mädchen benachrichtigt haben könnten.»

«Allem Anschein nach nicht. Die ganze familiäre Konstellation scheint sonderbar.» Louis wandte sich an Franz Schuler. «Das, was ihr auf dem KTD herausgefunden habt, dürfte Aufschluss darüber geben, was hinter den Kulissen ablief.»

Schuler räusperte sich. «Wir wissen jetzt, mit wem Gross vor seinem Tod eine halbe Stunde telefoniert hat.»

Louis warf anerkennungsheischende Blicke in die Runde. «Na, sag schon. Das dürfte in Küssnacht wohl auch schon die Runde gemacht haben.»

«Die Nummer gehört Gloria Wicki. Sie ist seine Sekretärin.»

Die Tür fiel leise ins Schloss. Niemand hatte Valéries Ankunft bemerkt. Sie stand bereits vor dem Tisch, als ihre Präsenz wahrgenommen wurde. «Während einer halben Stunde kann er ihr einen Brief diktiert haben», sagte sie mehr zu sich selbst.

Louis warf den Kopf zurück. «Das glaubst du doch selbst nicht. Daheim herrschte Eiszeit. Die Töchter verachteten ihren Vater, was sie uns brühwarm erzählten. Ausser die Kleinste. Aber die ist undurchsichtig. Komisch eben. Typ nicht ganz Hippie und doch einer. Vielleicht ist die Abneigung gegen den Vater der Mutter zuzuschreiben. Da wird sich der Herr Richter anderweitig Seelenbalsam geholt haben.»

«Und, wie ich dich kenne, hast du die Sekretärin bereits befragt.» Valérie setzte sich an den letzten leeren Platz neben dem Flipchart.

«Nein, noch nicht. Das wäre der nächste Schritt.» Louis presste die Lippen aufeinander.

«Sorry, war auch nicht so gemeint. Tolle Arbeit, Louis.» Sie wandte sich an alle. «Entschuldigt bitte meine Verspätung. Ich habe in Buchrain recherchiert. Eine Frau ist mitsamt ihren Kindern spurlos verschwunden. Das scheint mir eine erste relevante Spur zu sein. Ich will damit nicht sagen, dass wir diese Sankt Niklausengesellschaft nicht auch auf dem Plan halten müssen. Mir ist aber wichtig, dass wir alles über die Frauen erfahren, denen Richter Gross nicht gutgesinnt war.» Valérie hielt inne. Alles der Reihe nach, schalt sie sich. «Nun zur Sankt Niklausengesellschaft. Gibt es da vielleicht Unstimmigkeiten unter den Klausanwärtern? Hat sich schon jemand in die Richtung bemüht?»

«Ich war gestern im ‹Engel›», sagte Louis düpiert. «Fritz und Seppi hielten sich in der gleichen Zeit im ‹Adler›, ‹Hirschen› und im ‹Rössli› auf. Peter forschte im ‹Widder› und Kurt in den Spelunken im Oberdorf. Unisono wurde betont, wie sehr man Gross mochte. Er sei ein würdiger Sankt Nikolaus gewesen. Immer korrekt mit den Kindern und den alten Leuten. Jedermann mochte ihn.»

«Vielleicht hatte er zwei Gesichter.» Valérie griff nach einem Gipfeli im Korb auf dem Tisch. «Sowie er sich das Klausengewand anzieht und die Mitra aufsetzt, schlüpft er in eine andere Rolle.»

«Das muss er zwangsläufig», sagte Louis. «Seinen Töchtern nach zu urteilen, muss es da etwas gegeben haben, das den Familienfrieden störte. Ich werde es herausfinden.»

«Fangen wir doch mit der Sankt Niklausengesellschaft an», sagte Fischbacher, der mit übereinandergeschlagenen Beinen auf seinem Sessel thronte. «Ich habe mich umgehört. In Küssnacht existieren zwei prägende Familienlager – das der Räbers und der Gössis. Das falle einem vor allem im Sommer auf, wenn das Strandbad geöffnet hat. Dort gibt es zwei schattenspendende alte Bäume, die von den zwei Familienclans in Beschlag genommen werden.»

«Davon habe ich auch gehört», mischte sich Fabia ins Gespräch. «Wehe dem, der sich unter die Bäume wagt, für den sie nicht gedacht sind. Eine richtige Mafia ist das. Als Aussenstehender hast du keine Chance, dein Tuch im Schatten auszubreiten. Da nimmt man am besten gleich den eigenen Sonnenschirm mit. Die beiden Küssnachter Familien scheinen die Bäume gepachtet zu haben. Es gibt wahrscheinlich sogar ein ungeschriebenes Gesetz, welcher Baum wem gehört.»

Valérie verkniff sich ein Schmunzeln. «Darf ich davon ableiten, dass es auch in der Sankt Niklausengesellschaft eine solche Aufteilung gibt?»

«So weit an den Haaren herbeigezogen ist das nicht», sagte Fabia. «Gross’ Vater war ja schon Nikolaus. Soviel ich weiss, fast zehn Jahre lang. Sein Sohn hat das Erbe übernommen, das vielleicht … gemäss Tradition … einer andern Familie zustehen würde.»

Louis liess ein Kichern vernehmen. «Vetternwirtschaft bei der Sankt Niklausengesellschaft … das klingt gar nicht so abwegig.»

«Vetternwirtschaft ja, aber das heisst noch lange nicht Mord.» Fabia steckte sich einen Kaugummi in den Mund.

«Weiss man schon, womit geschossen wurde?» Valérie hatte die Frage in die Runde geworfen.

«Die Ballistiker sind noch dran», sagte Schuler. «Sie mussten zuerst die Resultate aus der Gerichtsmedizin abwarten.»

«Und wo befinden sich diese?»

Fischbacher schob Valérie Akten zu. «Hier sind erste Resultate aus der Ballistik.»

Valérie las. «Aha, Kaliber 9mm, Winchester, Teilmantel. Ist das alles?»

«Hochzulässiger Gasdruck: viertausendeinhundertfünfzig Bar», erklärte Schuler, «Fluggeschwindigkeit –»

«Stopp!» Valérie schüttelte den Kopf. «Der Waffentyp, kennt man den auch schon?»

«Nein», sagte Schuler.

«Glatter Durchschuss», sagte Fabia kauend.

«Es gibt keine glatten Durchschüsse», korrigierte Valérie sie. «Das solltest du wissen. Auch wenn ein Projektil wieder austritt, hat es den Körper aufs Abscheulichste zerfetzt. Es explodiert buchstäblich, wenn es auf Gewebe trifft. Da kann man wohl kaum von einem glatten Durchschuss sprechen.»

Fabia schmatzte beleidigt. «War nur so dahingesagt.»

«Du schaust dir wohl zu viele Tatortkrimis an», neckte Louis.

«Du wohl auch», konterte Fabia.

Valérie gebot zur Ruhe und wandte sich erneut an Schuler. «Wann kann uns die Ballistik über den Waffentyp informieren?» Valérie erhob sich, während sie auf die Antwort wartete, und stellte sich an den Flipchart.

«Ich werde dich auf dem Laufenden halten», sagte Schuler. «Zuerst müssen sie die genaue Distanz berechnen.»

Valérie griff nach einem Filzstift und fuhr mit ihm über den Ortsplan von Küssnacht. «Hier befindet sich der Tatort.» Sie zeigte auf die Kreuzung Bahnhofstrasse/Poststrasse. «Hat man schon eine Idee, von wo aus geschossen wurde?»

«Eine vage Idee», sagte Fischbacher und sah auf den Bericht. «Sollte ein Scharfschütze geschossen haben, wird er den Schuss aus weiter Entfernung abgegeben haben. Hier steht, dass aufgrund des pathologischen Befunds eine nahe Distanz ausgeschlossen werden kann. Man geht von ungefähr hundert Metern aus. Aber wie schon Franz sagte, ist es noch zu früh für ein präzises Resultat.»

Valérie kehrte nachdenklich an ihren Platz zurück. Sie las weiter. «Gross’ Henkersmahlzeit bestand aus …» Sie stutzte. «… Rösti mit Speck und Ei, aber auch Kaviar, Blinis und Sour Cream. Dazu Wodka. Was für ein Mix. Gibt es ein Restaurant in Küssnacht und Umgebung, das solche Speisen serviert?»

«Nein, ist mir nicht geläufig», meldete sich Räber, der in Küssnacht wohnte. «Klingt nach Dekadenz.»

«Gut, dann wissen wir, was unsere nächsten Schritte sind», sagte Valérie. «Herausfinden, wo Gross zu Abend gegessen hatte. Es scheint doch eher merkwürdig. Während seine beiden Klauskollegen die Besuche machen, lässt er es sich gut gehen. Wir klären ab, ob die Sekretärin nicht doch mehr war als seine Tippse … Sollte sich nämlich herausstellen, dass Gross es mit der Treue nicht so ernst nahm, hätten wir ein Motiv.»

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Yaş sınırı:
18+
Litres'teki yayın tarihi:
21 şubat 2025
Hacim:
391 s. 2 illüstrasyon
ISBN:
9783960410980
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
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