Kitabı oku: «Die sprechenden Augen», sayfa 5

Yazı tipi:

Jenny

Langsam löste Raju sich von mir. Er stöhnte laut. „Oh, Jenny, ich will doch immer in dir bleiben“, und drängte sich in mich zurück. Fest umschlungen lagen wir beieinander.

Um Punkt fünf Uhr drehte er sich zur Seite und setzte sich mit überkreuzten Beinen auf. Ich hatte etwas geschlafen, nun wurde ich wieder von ihm geweckt. „Raju, wieso schläfst du nicht endlich? Es ist fünf Uhr früh!“ „Ich muss immer um fünf Uhr aufstehen, ich darf nicht verschlafen. Nie wieder darf ich verschlafen! Ich muss das Frühstück vorbereiten. Was möchtest du essen, Jenny?“

Sein Gesichtsausdruck wirkte verstört. Was war jetzt schon wieder? Ständig wechselten seine Launen, seine Gefühle, seine Stimme, seine Augen. Nie weiß ich, was als nächstes kommt. Wäre er mein Patient, ich würde ihn als schizophren einstufen. Schizophren und manisch-depressiv würde meine Diagnose lauten. Ich würde eine Psychotherapie für ihn, den Patienten, organisieren. Jedoch, er war nicht mein Patient. Was war er eigentlich für mich? Ich habe mit ihm Sex gehabt. Ich wollte, dass er mich liebt und er hat es getan. Er hat mich begehrt, ich ließ es zu. Ich habe ihn begehrt und er ließ es zu.

„Jenny, darf ich Frühstück machen?“ „Ja, Raju, du musst unbedingt essen! Kann ich dir helfen?“ „Nein, Jenny. Jenny? … Du bist doch böse auf mich, weil ich in dir drinnen war!? Du schaust so komisch.“ „Raju, es war wunderschön, wirklich.“ „Jenny, immer wieder will ich in dir sein, und du wirst immer in mir sein. Wir haben uns vereinigt, jetzt bist du sowieso in mir. Du hast mich geheiratet und ich habe dich geheiratet. Du bist meine Frau, nur du, Jenny!“

Während er das Frühstück zubereitete, ging ich duschen. Ich muss mit ihm sprechen. So geht das nicht. Ich war im Begriff, mich in ihn zu verlieben. Warum? Der Sex mit ihm war wunderschön – nein, er war unglaublich!

Raju servierte Kaffee, Tee und Omelettes. 6.20 Uhr und Omelettes! Mein Leben ist durcheinander geraten, nichts befand sich mehr am richtigen Platz. Wir aßen und er lächelte mich an. Zärtlich und liebevoll lächelte er mich an. „Raju, denkst du, es ist richtig, was wir getan haben?“ „Was meinst du, Jenny?“ „Ich meine, wir haben miteinander geschlafen. War das richtig? Und warum sagst du, ich bin deine Frau?“ „Es ist richtig, Jenny. Es ist das Richtigste, was ich je getan habe! Du warst schon immer meine Frau, doch diese Nacht konnte ich dich endlich heiraten, Jenny.“ Ich schmunzelte. „Wir sind doch nicht verheiratet.“ Er nahm meine Hände. „Doch, Jenny. Du bist meine Frau und ich bin dein Mann.“ „Lass uns noch etwas schlafen, Raju. Ich bin hundemüde.“ Eng an mich gekuschelt schlief er bis gegen Mittag. „Jenny, ich muss Toilet.“ Endlich! Ich entfernte den Verband von seinem After, das Pflaster war sauber. „Du blutest nicht mehr, Raju. Das ist gut. Geh nun aufs WC, aber spüle nicht runter. Ich werde mir deinen Stuhl ansehen.“ Entsetzt starrte er mich an. „Du wirst was?! Nein, Jenny, das kannst du nicht machen! Du kannst doch nicht meine Toilet anschauen!“ „Natürlich kann ich das, ich möchte wissen, ob dein Stuhl eine normale Konsistenz hat. Ich bin eine Krankenschwester, ich mache das täglich mehrmals.“ „Aber meine Toilet stinkt!“ Ich musste herzlich lachen. „Raju, kein Stuhl riecht nach Maiglöckchen.“ „Meine Toilet ist nicht normal. Sie ist sehr hart und hat eine graue Farbe. Oder sie ist ganz dünnflüssig. Meistens, wenn ich mehr gegessen habe. Außerdem ist immer Blut auf meiner Toilet. Das kannst du nicht ansehen. Bitte, Jenny, ich habe dir alles beschrieben. Du brauchst es jetzt nicht anschauen, bitte!“ „Doch, ich werde es mir ansehen!“ „Ich muss gar nicht mehr Toilet.“ „Raju, stell dich nicht an wie ein kleines Kind! Geh jetzt und spüle nicht hinunter. Rufe mich, wenn du fertig bist.“ Ich holte eine Holzspachtel aus meiner Medizintasche und wartete. Nach fünf Minuten klopfte ich an. „Raju, bist du fertig?“ Keine Antwort. Ich öffnete die Tür. Er saß nackt auf dem Klo und sah mich voll Panik an. Ich reichte ihm Toilettenpapier. „Waschen kannst du dich später.“

Raju

Ich konnte nicht glauben, was ich sah! Jenny, meine Jenny! Sie rührte mit einem Holzstab in meiner Toilet. Ekelig war das! Ich will nicht, dass sie meinen Dreck sieht. Ich fühle mich schlecht, schmutzig und „unrein“! Jenny, küssen möchte ich dich, streicheln möchte ich dich, mein Penis möchte mit dir spielen, meine Hände möchten dich liebkosen. Doch ich will dir nicht mein „Schmutziges“ zeigen. Vielleicht wirst du mich nicht mehr gerne haben? Bitte, hasse mich nicht, Jenny!

Sie spülte hinunter und drehte sich zu mir um. Beschämt senkte ich den Kopf. Ich getraute mich nicht, ihr in die Augen zu blicken. Sicherlich wird sie jetzt schimpfen, sie wird böse auf mich sein, sie wird mich nicht mehr gern haben. Dann sagte sie etwas Unglaubliches: „Raju, es ist alles in Ordnung. Die Konsistenz ist ganz normal. Etwas Blut klebt am Stuhl, das kommt von den Hämorrhoiden. Diese müssen operiert werden, aber das ist nur ein Klacks. Das machen wir, wenn du kräftiger geworden bist.“ Ich verstand nicht viel von dem, was sie mir mitteilte. Doch ihre Stimme, ihre Stimme war gar nicht böse. Ihre Stimme klang sanft und ruhig wie immer. „Raju, hörst du mir eigentlich zu?“, fragte sie. „Raju, sieh mich an!“ Langsam hob ich meinen Blick und wagte es, ihr in die Augen zu sehen. Sie lächelte. „Es ist alles gut, Raju. Das gesunde Essen tut dir gut. Dein Stuhl ist nicht schmutzig und du bist auch nicht schmutzig. Lass uns ins Badezimmer gehen. Ich möchte die Verbände entfernen – und mach nicht so ein Gesicht, lächle doch.“ „Jenny, ich liebe dich!“, und Tränen flossen über meine Wangen.

Jenny

Die Wunden sahen nicht übel aus, schlimm war nur noch der rechte Teil seines Rückens. Die langen Striemen begannen sich zu verkrusten. Erstaunlich, wie rasch die Wundheilung voranschritt, bei seinem sonst so schlechten gesundheitlichen Allgemeinzustand.

„Raju, möchtest du duschen?“ „Duschen? Mit warmem Wasser?“ „Ja, mit warmem Wasser und einer milden Seife. Danach kannst du dich wieder mit Lotion massieren“, und in Gedanken an seine letzte Lotion-Aktion musste ich laut lachen. „Wieso lachst du, Jenny?“ „Nichts, es ist einfach nur komisch. Es ist lustig, traurig, tragisch, es tut weh, es tut gut, es ist wie eine Achterbahn-Fahrt, es ist alles durcheinander, es ist ganz einfach komisch! Ich lache, weil du mich heiter machst, Raju.“ Sprachlos sah er mich an. „Aber ich mache dir doch nur Probleme.“ „Ja, doch du machst mich auch froh und du bringst mich zum Lachen.“ Nackt stand er vor mir. Er nahm meine Hände und drückte sie sanft auf seine Brust. „Spürst du meinen Herzschlag, Jenny? Du, nur du machst mich froh! Du machst mich zum glücklichsten Mann auf der ganzen Welt! Wenn ich dich auch glücklich sehen kann, dann ist mir das ein große Ehre.“ Sein Herz klopfte wie wild, in seinen Augen stand nichts als Liebe, tiefe innige Liebe.

„Raju, hast du dir deine Haare selbst geschnitten?“ „Ja.“ „Du brauchst einen ordentlichen Haarschnitt, wir gehen mal zum Frisör. Wenn du willst, werde ich jetzt deine Haare etwas schneiden, eine Fasson reinbringen, okay?“ Er nickte und setzte sich auf einen Stuhl vor das Waschbecken. „Wie möchtest du die Frisur?“ Achselzucken. „Wie hast du deine Haare früher getragen?“ Raju zeigte auf seine Hüften. „Bis hierhin.“

Sikh – er ist ja ein Sikh! Traditionelle Sikhs lassen ihre Haare einfach wachsen und tragen sie zusammengebunden unter dem Turban.

„Jetzt trägst du lieber kürzere Haare?“ Keine Antwort. Nach einer Weile: „Die Frau mochte keine langen Haare, sie hat mir alle Haare mit einer großen Schere abgeschnitten. Ganz kurz!“ Er zeigte auf einen Fingernagel. „Später hat sie mir erlaubt, dass ich mein Haar schulterlang tragen darf.“ „Möchtest du wieder lange Haare?“ „Ja, schon. Eigentlich ist es mir egal. Hauptsache, dir gefällt es. Ich rasiere auch meinen Bart ab, wenn du es willst, Jenny.“ „Raju, ich schneide nur das verfilzte Haar weg. Deinen Bart kannst du ein wenig verschönern“, und ich zeigte ihm meinen Rasierapparat.

Ich verpasste Raju einen ordentlichen Haarschnitt, dann reichte ich ihm eine Dose. „Das ist eine Haarpackung, sie macht dein Haar weich und es lässt sich leichter kämmen.“ Ich erklärte ihm die Anwendung. Mit großen staunenden Augen fragte er: „Das ist alles für mich? Jenny, wieso kümmerst du dich so um mich? Wieso bist du so gut zu mir?“ „Weil ich dich sehr, sehr gern habe, und deine Haare kannst du wachsen lassen und deinen Bart behalte bitte auch. Ich stehe auf Männer mit langen Haaren. Ich wünsche mir, dass du wieder du selbst bist, Raju. Geh jetzt duschen.“ Wir lächelten uns an.

Nach einer Stunde stand er mit seinem um die Hüften geschlungenen Handtuch vor mir. Es war vierzehn Uhr. Gut sah er mit dem neuen Haarschnitt aus, sein Bart war gepflegt. „Rieche mal, Jenny, wie gut die Lotion duftet!“ Eine Stunde hat er gebraucht! Was er wohl sonst noch gemacht hat …? Wie kann ein Mensch nur so viele erotische Gefühle haben? Vielleicht war das seine einzige Freude in diesem verdammten Haus gewesen. Keine Liebe, ausgehungert und gequält. Jeder Mensch möchte lieben. So begann er sich selbst und seinen Körper zu lieben.

Mir fielen die Produkte aus der Apotheke ein, die ich für Raju gekauft hatte. „Das sind Nahrungsergänzungsmittel, Vitamine und Mineralstoffe. Auf der Verpackung steht, wie oft man sie einnimmt und wie viel davon. Schlucke sie bitte, Raju“, und ich stellte alle auf den Tisch. Es waren etliche. „Die alle soll ich essen? So viele?“ Ich bejahte. Er seufzte und sagte mit ernster Stimme: „Wenn ich die alle schlucke, dann ist kein Platz mehr fürs Essen.“ Bekümmert schaute er mich an, doch dann erkannte ich den Schalk in seinen Augen und lachte. Und er lachte auch, er lachte und lachte! Das erste Mal, dass er laut lachte. Welch herzliches Lachen er hat. Mir kamen vor Freude die Tränen. So befreiend klang sein Lachen. „Jenny, ich lache ja! Ich hatte ganz vergessen, wie das geht. Es ist wieder da, ich kann wieder lachen“, und er umarmte mich und wirbelte mich herum. „Jenny, du hast mir mein Lachen zurückgeben. Jenny, ich danke dir, ich liebe dich!“

„Raju, hast du Hunger?“ „Ja, ich habe Hunger, Jenny! Ich habe Hunger auf dich, auf das Lachen, auf Tanzen, auf Singen. Ich habe Hunger auf die ganze Welt!“ Glücklich strahlte er mich an. „Du gibst mir alles zurück, was ich verloren hatte. Wie machst du das nur? Das muss deine Liebe sein. Ich denke, du hast mich doch ein bisschen lieb. Hast du mich lieb, Jenny? Nur ein wenig?“ Was soll ich antworten? Ja, ich habe ihn liebgewonnen. Nein, ich habe ihn lieb – ich muss mir meine Gefühle endlich eingestehen, ich kann sie nicht mehr verdrängen. Vier Tage lang kenne ich ihn und ich habe ihn lieb. „Ja, Raju. Ich habe dich lieb, sehr sogar.“ „Danke, Jenny, ich habe es gespürt. Ich weiß es, seit deine Hände mir die Heilsalbe aufgestreichelt haben.“

Ich erinnerte mich an eine Patientin, die ich jahrelang gepflegt hatte. Eines Tages sagte sie folgende Worte: „Jenny, Sie haben heilende Hände.“

„Raju, was kochen wir heute?“ „Möchtest du Dhal, das ist ein indisches Linsengericht?“ Ich nickte. „Ruh dich aus, Jenny. Ich koche, ich bin fit. Ich bin so fit wie seit Jahren nicht mehr.“ Ich legte mich ins Bett und schaltete den Fernseher ein. Nach vierzig Minuten servierte er Dhal, warmes Gebäck und Salat. Es schmeckte köstlich, wie alles, was er kochte. Das Kochen werde ich in Zukunft ihm überlassen, überlegte ich. Wie praktisch! In Zukunft …?

„Raju, willst du ein wenig schlafen?“ „Ja, mit dir, Jenny.“ Nachdenklich blickte ich ihn an. „Bist du nicht müde?“ Kopfschütteln. „Die Sonne scheint, es ist heiß draußen. Ich brauche frische Luft, lass uns spazieren gehen.“ „Ich darf raus, Jenny?“ „Natürlich, wozu habe ich dir das Gewand gekauft?“ „Wir gehen zusammen raus, Jenny? Was soll ich anziehen? Wohin gehen wir?“ Mit seinem um die Lenden gewickelten Handtuch stellte er sich vor den geöffneten Kleiderschrank. „Es ist Sommer, zieh doch eine kurze Hose und ein T-Shirt an.“ Raju sah an sich hinab und befühlte seine Unterschenkel. „Sie sind zu dünn“, sagte er leise und entschied sich für die Jogginghose und ein weißes T-Shirt. „Ich ziehe eine enge Unterhose an, man weiß ja nie“, und er deutete verschmitzt auf sein Glied.

„Raju, wenn wir zurückkommen, wo möchtest du schlafen?“ „Bei dir, Jenny, wenn ich darf. Immer nur bei dir.“ „Dann brauchen wir die Matratze nicht mehr.“ Zusammen packten wir die Matratze ein und brachten sie in das Kellerabteil. Anschließend zeigte ich ihm den Müllraum. Eine Nachbarin kam uns entgegen. Sie und ich begrüßten uns höflich. Raju stand dabei, den Kopf gebeugt. „Darf ich vorstellen, das ist Herr Sandhu. Er wohnt zurzeit bei mir.“ „Guten Tag, Herr Sandhu.“ Raju reichte ihr die Hand und stellte sich mit seinem vollständigen Namen vor. Schnell zog er seine Hand zurück und senkte abermals den Blick. Meine Nachbarin schaute mich verwundert an. „Haben Sie jetzt auch Privat-Patienten?“ Sie wusste, dass ich Krankenschwester bin. „Nein, Herr Sandhu ist kein Patient.“ Kopfschüttelnd ging sie.

Auf der Straße: „Raju, du bist manchmal so unhöflich! Wenn Leute mit dir sprechen, sieh sie an. Verstehst du? Augenkontakt! Tanja hast du auch nicht angesehen! Sie glaubt, du hast keine Manieren. Was soll die Nachbarin über dich denken, über uns? Es gibt noch mehr Nachbarn in diesem Haus. Du wirst sie kennenlernen. Jedoch, was sollen sie denken, wenn du dich so unhöflich benimmst?“ „Sorry, Jenny, aber ich darf doch nicht schauen. Ich darf keine Frau anschauen.“ „Meine Nachbarin ist sehr nett, sie ist über sechzig Jahre alt. Es ist respektlos, wenn du sie nicht ansiehst und unhöflich behandelst.“ „Jenny, ich darf niemanden ansehen und schon gar keine Frau! Sie schlägt mich dann und ich muss viel schlecken … und viel Zigaretten und viel Peitsche …“

Ich war fassungslos! Was hatte diese Teufelin aus ihm gemacht? Ich beließ es dabei. Das Wetter war schön, ich würde später darauf zurückkommen. Wir spazierten in einen nahegelegenen Park. Raju schlenderte ganz langsam und sah sich alles sehr genau an. Er strich über die Blätter der Büsche, tief sog er den Duft der Blumen in sich auf. Wir durchquerten den ganzen Park. Ich beobachtete ihn. Er wirkte glücklich, ruhig und zufrieden. Wir kamen an einen Brunnen. Er trank eine Handvoll Wasser. Dann steckte er seinen Zeigefinger ins kühle Nass und berührte meine Stirn. Dasselbe tat er auch mit seiner Stirn. Wahrscheinlich ein indisches Ritual.

„Raju?“ Seine Augen strahlten mich an. Ganz warm leuchteten sie. So viel Dankbarkeit, Glück und Liebe las ich ihnen. „Raju, wollen wir uns auf eine Bank setzen und die Sonne genießen?“ „Dürfen wir noch ein wenig spazieren, Jenny? Bitte.“

So durchquerten wir nochmals den Park. „Ich würde gerne beim Brunnen sitzen, Jenny. Geht das?“ Wir setzten uns auf eine Bank vor dem Brunnen. Hinter uns lag ein Kinderspielplatz. „Hier ist es schön, so schön“, er erhob sich wieder und sah auf die spielenden Kinder. Sein Blick wurde verträumt. „Ich war auch mal ein Kind, Jenny. Doch jetzt bin ich froh, dass ich erwachsen bin, weil ich dich getroffen habe. Als Kind hätte ich dich nicht kennengelernt. Oder doch? Ich glaube, wir kennen uns schon seit ewig, Jenny. Du warst immer in mir und du wirst immer in mir sein.“ Gott, was ist er für ein Romantiker! Mir kamen vor Rührung die Tränen. „Du musst nicht traurig sein, Jenny.“ „Ich bin nicht traurig, ich bin nur gerührt. Du sprichst so schön.“ „Gerührt?“ Er verstand diesen Begriff nicht, aber er erkannte, dass ich nicht bekümmert war. Erleichtert seufzte er und setzte sich neben mich. Ich nahm seine Hand, rasch zog er sie zurück. „Ich kann deine Hand hier draußen nicht halten. Sonst steht er auf“, und er deutete auf sein Glied. Ich lachte. „Du bist verrückt, Raju! Du bist der verrückteste Kerl, den ich kenne.“ Er fing auch zu lachen an. Laut lachten wir beide, uns kamen die Tränen vor lauter Lachen. Vorübergehende Spaziergänger schauten uns verwundert an.

Dann saßen wir still beieinander und hielten unsere Gesichter in die warme Sonne.

„Ich habe ein kleines Glas Kürbiskernöl getrunken, so wie du es mir gesagt hast, Jenny. Die ganzen Medikamente habe ich auch geschluckt.“ „Welche Medikamente?“ „Na, die in der Küche.“ „Das sind keine Medikamente“, ich erklärte ihm die Bedeutung von Vitaminen und Mineralstoffen. „Das ist gut, Jenny. Danke vielmals! Werde ich dann wieder stark und ganz gesund?“ „Ich denke schon.“ Seine dunkelbraunen Augen blickten fragend und sahen mich hoffnungsvoll an. „Ja, Raju, du wirst wieder gesund und stark. Ich kaufe einen Hometrainer und Hanteln, damit du Sport treiben kannst und wieder Muskeln bekommst.“ Er befühlte seine dünnen Oberarme und seufzte. „Meine Arme und Beine gehören zu einem kleinen Kind, nicht zu einem Mann. Aber ich bin doch ein Mann, Jenny? Bitte, sag mir, dass ich trotzdem ein richtiger Mann bin.“ Ich erinnerte mich an die vergangene Nacht. „Raju, du bist ein Mann, ein starker und echter Mann!“ Mit einem langen „Uuuuooh“ ging er zum Brunnen und tauchte beide Arme tief ins Wasser. Ich konnte mir schon vorstellen, was sich bei ihm wieder geregt hatte. „Molto potente“, dachte ich schmunzelnd.

„Raju, wir müssen nochmals über deine Höflichkeitsformen reden. Du darfst alle Menschen ansehen, auch Frauen.“ „Nein, Jenny! Du bist meine Frau! Ich schaue nur dich an!“ „So meine ich das nicht. Wenn jemand mit dir spricht, egal ob Mann oder Frau, dann musst du Augenkontakt halten. Wenn dir jemand die Hand zum Gruß reicht, dann nimm die Hand fest in deine und zieh sie nicht gleich zurück. Verstehst du, was ich meine?“ Er nickte. „Jenny, wenn ich das so mache, dann wirst du vielleicht doch böse sein? Ich will nicht, dass du böse wirst. Ich will dir alles recht machen!“ Dann erzählte er mir eine weitere, sehr traurige Geschichte:

Raju

„Eines Tages hat die Frau gesagt: ‚Ich erwarte heute Abend Besuch. Du wirst einen gefüllten Truthahn braten!‘ Sie drückte mir ein Rezept in die Hand und erklärte mir, wie der Ablauf des Abends vonstatten gehen soll. Sie kam um 19.30 Uhr von der Arbeit zurück. Ich hatte alles nach ihren Wünschen vorbereitet, der Truthahn schmorte im Backofen. Meine Haare waren gewaschen und ich trug den Hochzeitsanzug. Sie kontrollierte gründlich und schien zufrieden zu sein. ‚Manchmal bist du ja doch zu etwas zu gebrauchen.‘ Sie reichte mir das Glas mit dem schwarzen Punkt und füllte es mit Wodka. Ich leerte das Glas wie immer, im Stehen und auf ex, so wollte sie das. Mein Magen krümmte sich vor Schmerzen. ‚Mach mir keine Schande, Tommy! Wenn du brav bist, kriegst du den Rest vom Truthahn.‘

Punkt zwanzig Uhr trafen die Gäste ein, ein Ehepaar. Die Frau machte mich mit ihnen bekannt: ‚Mein Mann Tommy.‘ Ich begrüßte zuerst die Dame und stellte mich mit meinem vollständigen Namen vor. Danach wiederholte ich dasselbe bei dem Herrn. Die Dame sagte: ‚Ihr Name klingt ganz anders. Ich dachte, Sie heißen Tommy?‘ ‚Man kann seinen schrecklichen Namen unmöglich aussprechen, deshalb haben wir uns auf Tommy geeinigt‘, knurrte die Frau und warf mir einen bösen Blick zu.

Ich servierte Softdrinks, danach die Vorspeise und so weiter. ‚Sie sind ja immer nur in der Küche‘, sprach mich der Herr an. ‚Setzen Sie sich doch zu uns.‘ Die Frau unterbrach ihn: ‚Tommy geht es heute nicht so gut. Außerdem muss er sich um das Dinner kümmern.‘ Während ich in der Küche den Hauptgang vorbereitete, kam die Frau und starrte mich wütend an. ‚Was fällt dir ein, deinen widerlichen Namen auszusprechen?! Du hast die Frau angeschaut! Gefällt sie dir vielleicht? Du miserabler Bastard, du Stück Scheiße! Na warte, darauf komme ich noch zurück!‘ Ich zitterte vor Angst und entschuldigte mich in einem fort. Sie reichte mir ein Glas Wodka. ‚Trink und benimm dich anständig und serviere endlich den Truthahn!‘

‚Wollen Sie nicht mit uns essen?‘, fragte die Dame. Sofort erwiderte die Frau: ‚Wie gesagt, Tommy geht es heute nicht so gut. Nicht wahr, Schatz? Der Truthahn ist zu fett für dich.‘ Der Herr, er war ziemlich dick, lächelte. ‚Ihr Gatte könnte durchaus etwas vertragen‘, und er strich sich genüsslich über seinen Bauch. ‚Ja, das finde ich auch. Sie sind sehr schlank, Herr Sandhu, zu schlank‘, die Dame sah mich fragend an. Sofort senkte ich meinen Blick und dachte an die Worte der Frau, welche sie in der Küche zu mir gesprochen hatte: ‚Na warte, darauf komme ich noch zurück!‘

‚Dann nehmen Sie doch wenigstens einen Drink mit uns gemeinsam‘, meinte der Herr. Ich stand da und wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. ‚Hock dich hin, Tommy‘, und die Frau deutete auf den Sessel. Kein Handtuch lag auf dem Sessel. Nie durfte ich mich ohne Handtuch darauf setzten. Ich bekam Panik! Langsam kauerte ich mich ganz nahe an den Rand des Sessels. Die Gäste und die Frau tranken Wein. Vom Truthahn war noch ziemlich viel übrig. Drei Personen können nicht einen großen gefüllten Truthahn aufessen. ‚Wenn du brav bist, kriegst du den Rest vom Truthahn‘, hatte die Frau mir versprochen. Ich war doch brav, oder? Oder nicht? Ich hatte meinen Namen genannt und der Dame und dem Herrn in die Augen gesehen und ihre Hände geschüttelt. Warum darf man das nicht? Das ist doch höflich, oder nicht? ‚Hole dein Glas, Tommy, und trinke mit unseren Gästen und mit mir. Du magst ja keinen Wein, also komm mit deinem Lieblingsgetränk.‘ Zu den Besuchern gewandt: ‚Mein Mann bevorzugt Wodka pur.‘ Die Gäste schauten mich erstaunt, aber auch angewidert an.

Ich fühlte mich so hilflos, mir war schlecht, ich hatte Hunger. Außer drei Stück Schwarzbrot und drei Scheiben Käse hatte ich nichts im Magen. Ein wenig genascht hatte ich während des Kochens, trotzdem war ich hungrig. Wenn alles gut geht, wenn ich ihr keine Schande bereite, dann kann ich den Rest vom Truthahn essen. Mir lief das Wasser im Mund zusammen. Endlich wieder mal ein Stück Fleisch.

Mit dem mit Wodka gefüllten Glas stand ich im Wohnzimmer. Keiner beachtete mich. Sie unterhielten sich über Geschäfte und ähnliches. Soll ich mich setzen, soll ich wieder gehen? ‚Setzen Sie sich doch, Herr Sandhu‘, sprach mich die Dame an. Ich schaute zur Frau, ihr Blick war hasserfüllt. ‚Nein, danke, ich habe noch etwas zu tun‘, und ich leerte das Glas Wodka im Stehen, ganz schnell.

In der Küche wartete ich, was weiter geschehen würde. Mir war so schlecht, ich hatte schreckliche Bauchschmerzen und mir war schwindlig. Doch ich setzte mich nicht hin, ich getraute mich nicht. Nach einer Weile rief die Frau: ‚Tommy, wir sind mit dem Essen fertig!‘ Nachdem ich alles abserviert hatte, sagte der Herr: ‚Also, dieses Mahl war vorzüglich. Falls ich noch Platz in meinem Bauch hätte, ich könnte weiterspeisen.‘ Die Frau befahl mir, die saftigen Stücke einzupacken, um sie den Gästen mitgeben zu können. Übrig blieben nur mehr das Gerippe und ein wenig Füllung. Beim Hinausbegleiten der Gäste hörte ich die Dame sagen: ‚Ihr Gatte sieht nicht gesund aus. Tommy hat dunkle Augenringe und er ist so dürr.‘ Die Frau antwortete: ‚Er hat Gastritis und irgendetwas mit der Leber. Er trinkt zu viel. Ach, ich bin eine geplagte Ehefrau. Sie wissen gar nicht, was ich alles durchmachen muss.’

Ich stand in der Küche und weinte. Während ich weinte, stopfte ich so schnell wie möglich die Speisereste in mich rein. Was die Frau über mich gesagt hatte, stimmte nicht. Welchen Eindruck haben diese vornehmen Gäste von mir bekommen? Ich wollte doch nur höflich sein, ich wollte alles richtig machen und ich hätte so gerne Wein getrunken und Truthahn gegessen …

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