Kitabı oku: «Goschamarie Mofacup», sayfa 4

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9

„Und du meinst, sie lassen die Obduktion machen?“, fragte Liesl. Walter hatte ihr von der seltsamen Begegnung mit der Gesundbeterin am Vortag erzählt. Sie hatten gemeinsam Mittag gegessen und saßen mit einer Tasse Kaffee unter dem großen Sonnenschirm auf Walters Terrasse.

„Das weiß ich nicht“, antwortete er. „Ich würde es tun. Kostet ja nichts. Dann hast du Sicherheit.“

„Kannst du nicht mal Anne fragen, ob sie Panky reinbekommen haben? Sie arbeitet jetzt doch wieder.“ Elmars Freundin hatte vor ihrer Schwangerschaft als Assistentin in der Pathologie gearbeitet. Vor zwei Monaten war sie halbtags wieder in ihren Beruf zurückgekehrt.

Anne gehörte zu der kleinen Ermittlergruppe, die in den letzten Jahren mehrere Mordfälle in und um Taldorf aufgeklärt hatte. Auch Walter gehörte dazu, genauso wie sein alter Freund und Polizist Manni, dessen Streifenkollege Hans und Hubert von der Kriminalpolizei. Auch wenn sie nicht ermittelten, trafen sie sich am Samstagmorgen auf dem Ravensburger Wochenmarkt an Francescos Kaffeestand. Letzten Samstag hatten sie ihr Treffen jedoch ausfallen lassen, da alle, außer Anne und Walter, im Urlaub gewesen waren.

„Ich frag sie über Whatsapp“, beschloss Walter und nahm sein iPhone vom Tisch. Es war mit seiner Bluetoothbox verbunden, die leise Walters neuen Lieblingssender von sich gab. Chris Country – ein englischer Sender, der ausschließlich Countrymusik spielte.

„Störe ich?“, fragte Eugen Heesterkamp und blickte neugierig hinter der Hausecke hervor.

„Immer“, antwortete Walter wahrheitsgemäß und erntete dafür von Liesl einen Tritt vors Schienbein.

„Natürlich stören Sie nicht“, flötete Liesl und sah Walter streng an.

Der pensionierte Lehrer nahm sich einen Gartenstuhl und setzte sich zu ihnen unter den Schirm.

„Was verschafft uns denn das … ähm … Vergnügen?“, wollte Walter wissen.

„Ich hatte noch Zeit, da dachte ich, ich schaue mal vorbei. Ich kann nachher endlich meine Bienen holen.“

„Was für Bienen?“, fragte Liesl überrascht. „So richtige … also Insekten?“

Eugen nickte. „Ich bekomme von einem Imker in Horgenzell vier Völker. Ich bin schon ganz aufgeregt.“

Walter runzelte die Stirn. „Und die wohnen dann in Ihrem Garten?“

„Aber nein. Das wäre mir doch etwas zu nah am Haus. Ich habe mit den Erben von Karl-Heinz geredet. Ich darf seinen Bienenstand hinten im Tal benutzen.“

Karl-Heinz war einer der beiden Landwirte, die vor einiger Zeit bei den Bauernmorden ums Leben gekommen waren. Er war ein leidenschaftlicher Imker gewesen und hatte mit seinem Honig das halbe Dorf versorgt. Seine Erben hatten die Imkerei nicht fortführen wollen und hatten seine Völker verkauft. Seitdem stand der alte Bienenstand leer.

„Und Sie kennen sich damit aus?“, wollte Liesl wissen. „Ich stelle mir das nicht so einfach vor.“

„Ich habe mich bestens vorbereitet. Im Internet findet man eigentlich alles, was man wissen muss, aber natürlich habe ich mir auch Fachliteratur besorgt. Wenn alles gut läuft, kann ich demnächst meinen eigenen Honig ernten. Darf ich Sie denn auf meine Kundenliste setzen?“

„Aber gerne“, kam Liesl Walter zuvor, der etwas anderes sagen wollte. „Ich liebe Honig und wenn ich dann noch weiß, dass er von hier kommt, ist das großartig.“

Walter erinnerte sich an Karl-Heinz, bei dem er nie Honig gekauft hatte, da der es mit der Hygiene nicht so genau genommen hatte. Er hoffte, dass Eugen in dieser Hinsicht gründlicher war.

„Haben Sie denn schon die ganze Ausrüstung, die man braucht?“

Eugen winkte ab. „Da braucht es gar nicht so viel. Das meiste hab ich über ebay-Kleinanzeigen gekauft: die Bienenkästen, eine Rauchflasche und einen Kasten, mit dem man ausgeflogene Schwärme einfangen kann.“

„Und so ein Imkeranzug wäre auch nicht schlecht“, überlegte Walter.

Eugen schüttelte den Kopf. „Das ist doch nur was für Anfänger!“

Und du bist kein Anfänger?, dachte Walter, hielt sich aber zurück.

„Wissen Sie … das hat was mit der richtigen Einstellung zu tun“, dozierte Eugen. „Die Bienen spüren, ob man ihnen etwas antun will. Wenn man nur gelassen und ruhig vorgeht, tun sie einem nichts. Und dank meiner Yoga-Erfahrung habe ich meine Ausstrahlung immer unter Kontrolle.“

„Das müssen Sie mir dann mal zeigen“, sagte Liesl. „Also, ich würde mich das ja nicht trauen. Ohne Schutzkleidung. Ich habe schon Panik, wenn hier eine Biene um den Kuchen kreist.“

„Sehen Sie meine Liebe, genau da liegt das Problem: die Biene spürt Ihre Panik und wird dann aggressiv. Sie müssen versuchen, ruhig zu bleiben, dann passiert nichts. Probieren Sie das beim nächsten Mal.“

Walter bevorzugte bei Bienenangriffen die Zeitungsmethode: Zeitung zusammenrollen und dann wie einen Baseballschläger schwingen. Bei einem Treffer wird die Biene weggeschleudert, aber nicht verletzt. Zumindest glaubte Walter das.

Eugen sah auf die Uhr. „Dann geh ich mal und hole meine fleißigen Mädels. Ich erzähle Ihnen dann, wie es gelaufen ist.“

Walter überlegte ob es bei Imkern einen speziellen Gruß gab, wie „Waidmanns Heil“ bei den Jägern, oder „Hals und Beinbruch“. Da ihm nichts einfiel, hob er wortlos die Hand.

„Ist ja schon spannend, dass der Eugen unter die Imker geht“, sagte Liesl nachdenklich. „Vielleicht solltest du dir auch ein Hobby zulegen.“

Sofort klingelten bei Walter die Alarmglocken. Das Schreckgespenst „Tanzkurs“ lugte in seiner Fantasie schon ums Eck.

„Ich hab doch auch so schon genug zu tun“, versuchte er abzulenken. „Und wenn ich mal Zeit habe, verbringe ich die gerne mit dir oder meinen Freunden. Ein Hobby wäre da nur im Weg.“

Mit einem „Ping“ meldete Walters Handy die Antwort von Anne.

„Ja. Pankratz Wagner ist bei uns zur Autopsie. Vermutlich am Freitag. Viel los gerade.“

Ein Herzchen-Emoji beendete ihre Nachricht.

Walter drehte das iPhone zu Liesl. „Panky ist in der Autopsie. Dann hat Andrea doch auf Creszenz gehört.“

Liesl überflog die Nachricht und machte ein nachdenkliches Gesicht. „Dann hoffen wir mal, dass eure Gesundbeterin falsch lag.“

10

Walter klappte das Verdeck seines Peugeot 205 nach hinten und fuhr ihn aus der Garage. Er schaltete das Abblendlicht ein und lief, bei laufendem Motor, einmal um den Wagen. Tatsächlich: vorne rechts ging das Licht nicht. Liesl hatte ihn neulich abends darauf aufmerksam gemacht.

„Scheißndreckn“, fluchte er und wählte auf seinem Handy Faxes Nummer.

„Muss das echt heute sein?“, maulte der Kfz-Meister. „Wir schrauben immer noch am Mofa und es ist schon Mittwoch. Uns läuft die Zeit davon.“

Walter hatte Verständnis, doch er wollte nicht mit einem kaputten Licht herumfahren.

„Geht doch ganz schnell. So ein Birnchen wechselst du doch in zehn Minuten.“

„Dann komm um vier kurz vorbei“, gab Faxe nach. „Aber stell dein Auto vor der Werkstatt ab. Du kannst nicht reinfahren. Da steht das Mofa.“

Walter bedankte sich und setzte sich mit einer Apfelschorle auf die Terrasse. Gefühlt, drehte sich alles nur noch um dieses Mofarennen. Den ganzen Tag über waren im Dorf Mofas auf Testfahrt unterwegs. Ihre Zweitaktmotoren kreischten in unvorstellbaren Drehzahlbereichen und hinterließen blaue Dunstwolken. Im Festzelt war es jetzt,am frühen Nachmittag noch ruhig. Die meisten der Musikanten mussten arbeiten und würden erst später zum Helfen kommen. Nur Gustl, der Elektriker aus Wernsreute, hatte sich offensichtlich frei genommen. Mit zwei Helfern verlegte er überall Kabel und band sie hoch. Wo das nicht ging, schützte er sie durch schwarz-gelbe Schwellen am Boden.

Walter ging zu Gustls Elektriker-Bus. „Kann dir da niemand helfen? Das sind ja Kilometer an Kabeln.“

Gustl wischte sich Schweiß von der Stirn. Sein T-Shirt war durchgeschwitzt. „Da bin ich gar nicht so scharf drauf. Bei der Elektrik muss alles stimmen. Da will ich keine Laien dabeihaben.“

„Was sind das denn für Kisten?“, erkundigte sich Walter und zeigte auf zwei riesige, graue Würfel hinter dem Zelt.

„Stromaggregate.“

„Wofür das denn? Da vorne ist doch ein Verteilerkasten. Warum zapft ihr den nicht an?“

Gustl lächelte. „Da sieht man, dass du kein Elektriker bist. Natürlich sind wir auch an dem Verteilerkasten dran, aber bei Hochbetrieb reicht der Strom von da nicht. Überleg mal: die ganze Beleuchtung, die Soundanlage und vor allem die Kühlschränke und Fritteusen. Ohne zusätzliche Stromquellen ständen wir da ganz schnell im Dunkeln.“

Darüber hatte sich Walter wirklich noch nie Gedanken gemacht. Für ihn kam der Strom aus der Steckdose. Immer. In ausreichender Menge. Allmählich dämmerte ihm, welcher enorme logistische Aufwand hinter dem Fest steckte.

Gustl hievte stöhnend ein weiteres Starkstromverlängerungskabel aus seinem Bus und schleifte es ins Zelt. „Nix für ungut Walter. Ich muss weitermachen, bevor die anderen kommen und mir im Weg rumstehen.“

Walter ließ den Elektriker weiterarbeiten und kehrte auf seine Terrasse zurück. Erst jetzt fiel ihm auf, dass Balu nicht da war. Er machte sich aber keine Sorgen. Seit Georgs Hündin Chiara von Balu trächtig geworden war, und sechs wunderschöne Welpen bekommen hatte, stattete der Wolfsspitz dem Hof hinter dem Hummelberg regelmäßig einen Besuch ab. Georg hatte einen der Welpen behalten, Fred, und Balu erwies sich als vorbildlicher Hundepapa. Bei jedem seiner Besuche spielte er mit Fred und Chiara bis zur Erschöpfung.

„Nichts zu tun?“, fragte Liesl und riss Walter aus seinen Gedanken.

„Ich warte, bis ich zu Faxe kann. Er macht mir eine neue Birne in den Peugeot.“

Liesl lächelte. „Was würden wir auch ohne Faxe machen? Ist er eigentlich noch mit dieser Uschi vom Landesdenkmalamt zusammen?“

Walter schüttelte den Kopf. „Schon lange nicht mehr. Die Fernbeziehung war ihm auf Dauer dann doch zu fern.“

„Da wird sich der Rest der Frauenwelt freuen“, sagte Liesl, die Faxes Wirkung auf das andere Geschlecht schon am eigenen Leib erfahren hatte. Er zog Frauen auf magische Art und Weise in seinen Bann und selbst Männer verhielten sich in seiner Gegenwart oft merkwürdig.

„Ich glaube, im Moment hat er nur Augen für das Mofa, an dem sie herumbasteln. Ich bin gespannt, ob es sich lohnt.“

„Jetzt ist es ja nicht mehr lange hin: am Samstag werden wir sehen, was die Jungs in ihren Werkstätten geschafft haben.“

Walter sah auf die Uhr. „Ich fahr dann mal. Wenn er sich schon Zeit für mich nimmt, will ich pünktlich sein.“

Normalerweise war das Tor zu Faxes Werkstatt immer weit geöffnet, doch nun waren die Türen verschlossen. Walter parkte den Peugeot irritiert an der Straße und klopfte an das Tor.

„Eintritt verboten. Eltern haften für Kinder. Kinder haften für ihre betrunkenen Eltern!“, stand auf einem handgeschriebenen Schild.

Das Tor öffnete sich einen Spalt und Faxe lugte heraus.

„Ach, du bist es Walter“, sagte er erleichtert und stieß das Tor weiter auf.

Walter wollte hineingehen, doch Faxe hielt ihn zurück.

„Erst unterschreiben“, befahl er und hielt ihm ein Papier unter die Nase.

Unter der Überschrift „Verschwiegenheitsvereinbarung“ wurde erklärt, dass der Unterschreibende sich verpflichtet, mit Nichts und Niemandem über das zu sprechen, was er in der Werkstatt sah oder hörte. Bei Zuwiderhandlung wurde eine Strafe von zehn Kästen Bier angedroht.

Walter sah verwundert auf. „Was soll das? Baut ihr hier das neue Bond-Auto?“

Doch Faxe blieb hartnäckig. „Unterschreiben! Hier!“

Walter seufzte und setzte seine Unterschrift auf das Papier. Faxe nickte zufrieden und ließ ihn herein. Sofort verriegelte er das Tor hinter ihm.

Das Rennmofa thronte auf einer kleinen Hebebühne im hinteren Teil der Werkstatt, beleuchtet von vier Halogenstrahlern. In der Ecke saß Max auf zwei übereinandergestapelten Bierkästen, während Faxes Freund Fibi mit einem Baumwolllappen ein Aluteil auf Hochglanz polierte.

„Na, was sagst du?“, fragte Faxe stolz. „Hier siehst du das Gewinner-Mofa vom Goschamarie Mofa-Cup.“

Walter hatte keine Ahnung von Mofas, rein optisch machte es aber wirklich was her. Chrom blitzte, die lackierten Teile reflektierten das Licht der Strahler und der Motor sah aus, als käme er direkt aus der Produktion.

„Hübsch“, sagte Walter unbeholfen, „nettes Mofa …“

Max zog die Stirn kraus. „Nicht „nett“ … das ist eine Hochleistungsmaschine!“

„Eine bis zum Letzten ausgetüftelte Rennmaschine“, ergänzte Fibi und fuhr mit dem Baumwolllappen liebevoll über den Zylinder.

Faxe stellte sich vor das Mofa und verschränkte die Arme.

„Was du hier siehst, war einmal eine Herkules Prima GT, von der sind aber nur noch der Rahmen und der Motorrumpf geblieben. Das Mofa hat jetzt einen wassergekühlten Rollerzylinder, eine neue Zündanlage, einen speziellen Auspuff und einen verbesserten Vergaser. So kommt es jetzt auf knapp zehn PS. Vorher hatte es nur zwei PS. Deshalb haben wir von einem Spezialisten auch noch ein verstärktes Getriebe besorgt, das die Belastung aushält. Hinzu kommt das komplett neue Fahrwerk mit Dämpfern und Federn aus dem Motocrossbereich. Natürlich geht es vor allem um die Leistungssteigerung, aber genauso wichtig ist die Haltbarkeit. Das Rennen am Samstag geht auf Zeit: das Mofa muss zwei Stunden durchhalten und das bei höchster Belastung. Das können wir vorher leider nicht ausprobieren, aber wir versuchen, alle Schwachstellen auszumerzen.“

Jetzt war Walter doch beeindruckt. Ein Mofa mit zehn PS? Das hätte er sich als Fünfzehnjähriger gewünscht.

Plötzlich sprang Max auf und stieß die Bierkästen um, auf denen er gesessen hatte.

„Drohne! Drohne!“, rief er und zog hektisch den Vorhang vors Fenster. Fibi deckte das Glas der Hintertür mit einem großen Stück Pappe ab. Sie verharrten schweigend und lauschten dem typischen Surren des Fluggeräts. Als es sich entfernte, spickelte Fibi durch den Vorhang.

„Entwarnung. Die Drohne ist weg.“

„Was war das denn?“, fragte Walter schockiert.

„Spionage“, erklärte Faxe. „Die Jungs vom Küchenstudio Hämmerle schrauben selber an einem Mofa und versuchen herauszubekommen, was wir hier machen. Aber wir sind auf der Hut!“

„Meinst du nicht, ihr übertreibt etwas?“

„Keineswegs. Stell dir vor: ein anderes Team hat vor ein paar Tagen eine hübsche Blondine geschickt, die angeblich Probleme mit ihrem Auto hatte, dabei hat sie hier in der Werkstatt heimlich Fotos gemacht. Aber wir haben sie erwischt und die Bilder von ihrem Handy gelöscht.“

Walter erinnerte sich an seine Zeitungsrunde. „Wenn das so ist, solltest du aber vorsichtiger sein. Neulich nachts habe ich in der Werkstatt noch Licht gesehen und habe durchs Schlüsselloch geschaut. Das Mofa war gut zu erkennen.“

„Verdammt!“, rief Faxe und schnappte sich einen frischen Baumwolllappen. Mit einem Tacker heftete er ihn ans Garagentor, so dass er das Schlüsselloch verdeckte.

„Danke für den Tipp. Wir hatten uns schon gewundert, woher das Team vom Küchenstudio von unserem Rollerzylinder erfahren hat. Jetzt ist es klar.“

Fibi widmete sich einem weiteren Aluteil, während Max sich eine Flasche Bier aufmachte.

„Was ist denn deine Aufgabe?“, fragte Walter.

„Aufsicht natürlich“, antwortete Max grinsend und nahm einen großen Schluck aus der Flasche.

Faxe zog eine Schublade auf und kruschtelte darin herum.

„Da haben wir sie ja“, sagte er stolz und hob ein Birnchen in die Höhe. „Die baue ich dir jetzt schnell ein, damit wir hier weitermachen können.“

Der Kfz-Mechaniker schleuderte seine langen, schwarzen Haare nach hinten und ging mit Walter nach draußen. Mit wenigen, geübten Handgriffen öffnete er die Motorhaube des Peugeot und ersetzte die Birne. Er startete den Motor und schaltete das Licht ein.

„Wie neu“, sagte er zufrieden und machte die Motorhaube wieder zu.

„Vielen Dank! Mit deinen geschmeidigen Fingern machst du das wirklich wunderbar“, lobte Walter und fragte sich im selben Moment, warum er das gesagt hatte.

Faxe ignorierte das Kompliment und ging zurück zur Werkstatt. „Gib mir mal bei der Goschamarie ein Bier aus, dann passt das.“

Noch bevor Walter etwas erwidern konnte, schloss Faxe die Werksatttür. Zurück blieb sein Duft nach Schweiß und Motoröl. Was für ein Kerl, dachte Walter.

11

Als Walter um kurz nach elf die Augen aufschlug, hörte er ungewöhnlich viele Geräusche. Normalerweise war es hier, im hinteren Teil des Dorfes, so ruhig, dass man getrost bei geöffnetem Fenster schlafen konnte und am Morgen vom Zwitschern der Vögel geweckt wurde, doch in dieser Woche war nichts mehr normal. Die Geräusche kamen vom Festzelt. Mehrere Hämmer trieben lautstark Nägel in Holz, ständig schrie jemand herum und ein nerviges Klappern begleitete den Aufbau der Biertischgarnituren.

Walter ging hinunter in die Küche und öffnete für Balu die Tür zum Garten. Dann setzte er Kaffeewasser auf. Während er wartete, bis das Wasser kochte, lugte er vorsichtig zum Zelt. Viele der Musikanten hatten sich für den letzten Aufbautag offenbar Urlaub genommen und konnten schon am Vormittag mit anpacken. Überall herrschte reges Treiben. Auch um das Zelt herum tummelten sich die Helfer. Absperrungen wurden ineinander gehakt, Strohballen wurden von einem Hänger geworfen und ein Techniker nahm, mit einer unangenehmen Rückkopplung, die Beschallungsanlage in Betrieb. Etwas entfernt vom Zelt wurde unter einem riesigen Schirm eine Bar aufgebaut und ein Traktor schob den Toilettenwagen an den vorgesehenen Platz. Auch Manne und Otto, die beiden weißhaarigen Rentner aus dem Vorderdorf, halfen wieder mit. Walter entdeckte sie einige Meter vom Zelt entfernt, wo sie mit ein paar Anderen eine Zuschauertribüne errichteten. Auf den beiden frisch gemähten Wiesen auf der anderen Seite der Dorfstraße, die als Parkplätze dienen sollten, wurden rot-weiße Absperrbänder gespannt.

„Ganz schön was los da drüben, gell, gell?“

Walter fuhr herum.

„Jetzt erschreck mich doch nicht so“, schimpfte er, lächelte aber zugleich, da er sich über den Besucher freute. „Schön dich zu sehen, Dieterle“, sagte er und bot dem Mann einen Gartenstuhl an.

S’Dieterle war ein Kuriosum im Dorf. Er war vor Jahren aus dem Nichts aufgetaucht und bewohnte seitdem eine alte Hütte am Dorfrand. Die meisten glaubten, er ticke nicht ganz richtig, da er ständig über Außerirdische brabbelte und wirres Zeug erzählte. Nur Walter wusste, dass s’Dieterle einst einer der berühmtesten Anwälte Deutschlands gewesen war und sich nach einem Burnout in die Hütte in Taldorf zurückgezogen hatte. Doch auch die Hütte war nur Tarnung: im Hang hinter ihr befand sich ein alter Weinkeller, den s’Dieterle zu einer komfortablen Wohnung hatte ausbauen lassen.

„Sind wir allein?“, fragte s’Dieterle, der sehr darauf bedacht war, seine Tarnung aufrecht zu erhalten.

Walter nickte. „Ich glaube Liesl ist beim Einkaufen. Jedenfalls fehlt ihr Auto. Und die da“, Walter zeigte zu den Musikanten, „die können uns auf die Entfernung nicht hören.“

Zufrieden ließ s’Dieterle sich auf den Stuhl sinken. Er genoss Walters Gesellschaft, da er dann nicht den Idioten spielen musste.

„Da bist du ja ein echter Glückspilz“, grinste er, „du hast die nächsten Tage das Fest vor der Haustür.“

Walter gab einen undefinierbaren Brummlaut von sich. „Wir können gerne tauschen, dann ziehe ich in deiner Hütte ein.“

S’Dieterle winkte ab. „Lass mal … ich bin da auch nicht scharf drauf. Ich werde am Freitag zum Feierabendhock kommen und am Sonntag nochmal zum Frühschoppen. Das Mofarennen überlasse ich den Anderen.“

„Du hast wenigstens eine Wahl“, seufzte Walter. „Liesl und ich sitzen hier fest. Unsere Häuser stehen ja quasi auf dem Festplatz. Wir hätten einen Kurzurlaub übers Wochenende buchen sollen, dann wäre uns der ganze Trubel erspart geblieben.“

Ein anschwellendes Pfeifen erinnerte Walter an sein Kaffeewasser.

Er ging ins Haus und kam kurz darauf mit zwei dampfenden Tassen zurück.

Eine gab er seinem Gast. „Hab gar nicht gefragt … aber du trinkst doch sicher einen mit?“

S’Dieterle nickte dankbar und rührte nachdenklich in seiner Tasse.

„Das mit Panky geht mir gar nicht aus dem Kopf“, sagte er endlich. „Ich werde den alten Zausel wirklich vermissen.“

Walter war überrascht. „Ihr kanntet euch?“

„Meine Hütte, der Keller dahinter … das hat früher Panky gehört. Pfarrer Sailer hat uns damals zusammengebracht und ich habe ihm den Streifen abgekauft.“

„Dann wusste er auch, wer du wirklich bist“, stellte Walter fest.

„Er und Pfarrer Sailer waren die einzigen. Dann kamst du dazu und … naja … jetzt bist du der Letzte, der es weiß.“

Walter war während den Ermittlungen zu einem Fall hinter Dieterles Geheimnis gekommen, doch er hatte niemandem etwas verraten. Nicht einmal Liesl.

„Stört es dich denn gar nicht, dass dich alle für durchgeknallt halten?“

S’Dieterle zuckte mit den Schultern. „Sollen sie doch. Hauptsache, sie lassen mich in Ruhe. Außerdem habe ich dadurch eine Art Freifahrtschein: egal was ich mache, die Leute denken, dass ich eh nicht mehr richtig ticke.“

Er lachte und nahm einen Schluck Kaffee. „Übrigens: wusstest du, dass Panky ein Testament hatte?“

Das war Walter neu. „Woher weißt du das?“

„Wir haben es gemeinsam aufgesetzt.“

„Und was steht drin?“

S’Dieterle schüttelte den Kopf. „Als Pankys Anwalt darf ich dir das nicht sagen, Walter. Auch wenn er tot ist, muss ich mich daran halten.“

Walter fragte sich, ob Andrea von dem Testament ihres Vaters wusste und ob sie es bereits eingesehen hat.

„Ist es noch bei dir oder hat er es bei sich zu Hause?“

„Er hat es damals mitgenommen. Wo es jetzt ist, weiß ich nicht, aber er wird sich schon was dabei gedacht haben. Vielleicht liegt es in einem Bankschließfach oder in seinem Tresor zu Hause … oder auch ganz woanders. Du weißt ja, wie er war: so richtig vertraute er niemandem.“

Walter erinnerte sich gut an Pankys Misstrauen gegenüber anderen. „Die wollen alle nur mein Bestes … und das ist mein Geld“, hatte er immer gesagt, und meinte damit die Banken, Anwälte, Versicherungen und Ärzte.

„Sie haben jetzt doch eine Obduktion veranlasst. Ich bin gespannt, was dabei herauskommt“, wechselte Walter das Thema.

„Ich habe davon gehört. Hat die alte Creszenz wirklich gesagt, es war kein natürlicher Tod?“

Walter nickte. „Ich war sogar dabei. Andrea war wie vor den Kopf gestoßen und Steffen wollte nichts davon wissen. Er mag die Creszenz wohl nicht.“

S’Dieterle lachte. „Die kann aber auch unheimlich sein. Wenn sie dich so durchdringend anschaut und dann eine von ihren Visionen preisgibt … uuuuuuh.“

Walter hörte, wie ein Auto vor dem Haus abgestellt wurde und hob warnend den Zeigefinger.

„Na, ihr habt’s euch ja gemütlich gemacht“, freute sich Liesl, als sie um die Hausecke kam. „Besteht die Möglichkeit, dass ich auch noch einen Kaffee bekomme?“

S’Dieterle sprang sofort auf und bot Liesl seinen Platz an. „Muss eh grad weg, gell, gell. Viel Arbeit … jaaaa. Großes Fest – viel Arbeit.“

Liesl wollte ihn bitten zu bleiben, doch s’Dieterle war schon hinter der Hausecke verschwunden.

„Ist schon ein komischer Kauz. Aber nett. Irgendwie mag ich ihn. Was wollte er denn von dir?“

„Och nichts“, sagte Walter gleichgültig. „Er hat nur rumgebrabbelt … wie immer. Aber er hat sich über den Kaffee gefreut.“

Liesl gab sich mit der Antwort zufrieden und freute sich, als ihr Walter kurz darauf ihren Kaffee brachte.

„Es gibt also ein Testament“, sagte Balu schläfrig. Er döste mit Kitty hinter dem größten der Jostabüsche. „Ja. Jetzt wird es spannend“, freute sich Kitty. „Natürlich kann alles ganz harmlos sein, aber vielleicht gibt es ja für irgendwen eine dicke Überraschung.„So wie damals für Pfarrer Sailers Schwester“, erinnerte sich Balu. „Die fiel aus allen Wolken, als sie erfuhr, dass ihr Bruder sein gesamtes Vermögen in eine Stiftung steckte.“Kitty setzte sich auf und leckte an ihrer Vorderpfote. „Geduld. Geduld. Wir werden es erfahren.“

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