Kitabı oku: «Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren», sayfa 24
(2) Vorsatztat oder Fahrlässigkeit
353
Das LG hatte die Angeklagte nur wegen fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Es wollte nicht ausschließen, dass, wie die Angeklagte behauptete, der Säugling bei dem Versuch der Mutter erstickt war, ihn durch mehrfaches lang anhaltendes Andrücken an ihren korpulenten Oberkörper zu beruhigen, wobei Mund- und Nasenöffnungen des Säuglings vollständig bedeckt wurden. Es gab andererseits massive Hinweise dafür, dass das Kind unerwünscht und gewaltsam zu Tode gekommen war. Der BGH ließ an der Beweiswürdigung kein gutes Haar. Das SchwurG habe u.a. überspannte Anforderungen an den Tatnachweis gestellt, habe Erfahrungssätze außer Acht gelassen, habe Indizien nur lückenhaft berücksichtigt und sei die gebotene Gesamtwürdigung schuldig geblieben[142]. Auf Grund der neuen Verhandlung wurde die Kindesmutter – rechtskräftig – wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Um ihre Freizeitinteressen nicht einschränken zu müssen, habe die Angeklagte den Säugling auf eine nicht mehr aufklärbare Weise erstickt, habe ihn in einen Pappkarton gelegt und den Karton in einen Müllsack gesteckt, den sie im Kofferraum ihres Pkw ablegte[143].
bb) Ersticken durch Knebel, Klebebänder, Stoff- oder Plastiktüten
354
Besonders tragisch sind Konstellationen, bei denen Opfer eines Überfalls ersticken, weil der Täter sie durch Knebel oder Klebebänder am Rufen bzw. Schreien hindern oder durch Überstülpen von Stoff- oder Plastiktüten seine spätere Identifizierung erschweren wollte. In einem solchen Fall hat der BGH die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes verneint, weil besondere Umstände dafür sprachen, dass der Täter nicht damit rechnete, das Opfer würde in Atemnot geraten und an einer Verlegung der oberen Atemwege („Tod durch weiche Bedeckung“) versterben[144]. Aus gerichtsmedizinischer Sicht ist das Ersticken durch Knebel ziemlich selten und in der Regel unabsichtlich herbeigeführt. Auch an Suizid ist zu denken[145].
cc) Aufdrücken eines Kissens
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Wissensdefizite infolge Trunkenheit und Panik sowie lückenhafte Mitteilungen zur Dauer des Erstickungsvorgangs verhalfen der Revision eines Diebes zum Erfolg, der nachts nach erheblichem Alkoholgenuss in die Wohnung einer ihm persönlich bekannten, hochbetagten und gebrechlichen Dame eingestiegen war. Als diese wach wurde, erschrak er, geriet in panikartige Erregung und flüchtete, nachdem er der aufs Bett gesunkenen Frau ein Kopfkissen auf den Kopf drückte, bis diese sich nicht mehr rührte. Es sei angesichts lückenhafter Feststellungen nicht ausgeschlossen, dass der Täter „nur“ mit Körperverletzungsvorsatz gehandelt habe, so der BGH. Der Tatrichter habe die konkrete Dauer des Gewaltangriffs festzustellen und sich mit den für einen gewaltsamen Erstickungstod typischen Leichenbefunden (Stauungsblutungen in verschiedenen Organen, Lungenblähung), die mitzuteilen seien, nachvollziehbar auseinanderzusetzen, um eine hinreichend sichere Aussage über die Mindestdauer des Erstickungsvorganges zu ermöglichen. Bei konturlosen Umschreibungen des Zeitraums als „nicht beträchtlich“ und „längerfristig“ oder „bedeutend“ beruhe die Überzeugungsbildung auf unklarer Tatsachengrundlage. Sei die Zeitspanne tatsächlich nicht „annähernd eingrenzbar“, komme die Entscheidungsregel des „in dubio pro reo“ zur Anwendung[146].
dd) Drücken des Gesichts auf eine Decke
356
In vergleichbarer Weise bemängelte der BGH in der noch darzustellenden Analplug-Entscheidung[147], dass die gerichtliche Überzeugungsbildung auf einer unklaren Tatsachengrundlage beruhe. Der Angeklagte hatte während eines einvernehmlichen Geschlechtsverkehrs einen Gegenstand (Analplug) in die Scheide seiner Sexualpartnerin eingeführt und ihr schmerzhafte, erheblich blutende Verletzungen im Genitalbereich zugefügt. Um ihre lauten Schmerzensschreie zu dämpfen, hatte er den Feststellungen zufolge ihren Kopf mit einer Hand in eine auf dem Boden liegende Decke gedrückt und ihr dadurch die Atemwege versperrt, sodass sie verstarb. Das SchwurG hatte verabsäumt, möglichst genaue Feststellungen zur Dauer und Intensität der zum Verschließen der Atemwege führenden Einwirkungen zu treffen. Damit fehle es an wesentlichen Anknüpfungspunkten für die Tätervorstellung von der Lebensgefährlichkeit seiner Handlungsweise, so der BGH. Auch lasse die Begründung, wonach sich dem Angeklagten der mögliche Eintritt der Todesfolge habe aufdrängen „müssen“, eine klare Abgrenzung zum lediglich bewusst fahrlässigen Handeln vermissen[148].
c) Behinderung der Atmung durch Kompression des Brustkorbs
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Ein Sitzen oder Knien auf dem Brustkorb des überwältigten Opfers kann infolge der behinderten Atmung (auch unabsichtlich) zum Erstickungstod des Opfers führen (sog. Burking)[149]. Dem Täter wird vielfach schon das „abstrakte“ Wissen um die mit einer solchen Sitzposition verbundene Gefahr, durch eine Kompression des Brustkorbes die Atmung des Kontrahenten zu blockieren, fehlen.
2. Schläge oder Hiebe mit gefährlichen Werkzeugen
358
In Zeiten hoher Gewaltkriminalität unter Jugendlichen und Heranwachsenden erfreuen sich Hiebwaffen und Schlagwerkzeuge großer Beliebtheit. Solange Schläge und Hiebe ausschließlich gegen die Rumpfpartie oder die Extremitäten, nicht hingegen in Richtung auf den Kopf des Opfers geführt werden, bestehen schon Zweifel an der Annahme abstrakter Lebensgefährlichkeit der Tathandlung, wenn das Opfer, das Knochenbrüche und Hämatome davonträgt, drei Wochen später an einer Lungenentzündung verstirbt[150].
359
Bei Angriffen mit Schlag- oder Hiebwaffen sind die folgenden Umstände in den Blick zu nehmen:
• | Art der Bewaffnung |
• | konkrete Angriffsweise – Wucht – Anzahl – Zielrichtung (Kopf oder Rumpf) – Verletzungsbild |
• | psychische Verfassung und |
• | Motivation des Täters (Einlassung!) |
a) „Totschläger“, Stahlrute oder Teleskopschlagstock als Tatwerkzeug
360
Bei Gewaltangriffen unter Einsatz eines „Totschlägers“, eines Teleskopschlagstockes sowie eines Kuhfußes als Tatwerkzeug ist immer auch bedingter Tötungsvorsatz in Betracht zu ziehen[151]. Der Schlagstock ist eine der wichtigsten Waffen von Ordnungskräften weltweit und wird zum Schutz der eigenen Person oder als Mittel des unmittelbaren Zwangs von Streifenpolizisten, der Bereitschaftspolizei, den Feldjägern eingesetzt. Der sog. PEMS (Polizei Einsatz Mehrzweckschlagstock) findet auch in der Kampfkunst, in Kampfsportarten und in der Selbstverteidigung Verwendung. Sein Erwerb und Besitz ist erlaubnisfrei ab 18 Jahren; außerhalb des eigenen Hauses, Gartens, Grundstücks oder ohne Erlaubnis der jeweiligen Besitzers/Eigentümers darf diese Waffe nur von Inhabern des sog. „kleinen Waffenscheins“ getragen werden. Die Stahlrute ist eine biegsame Stahlspirale (ohne Metallkopf); kann sie zusammengeschoben werden, sprechen wird von einem Teleskopschlagstock[152]. Als Totschläger wird ein biegsames, an einem Ende mittels einer Stahlkugel beschwertes besonders gefährliches Schlaggerät bezeichnet, das die menschliche Hiebenergie durch Schleuderbewegung zu einer erheblichen, zielbaren Bewegungs- und Auftreffenergie potenziert“[153].
361
Wuchtige Hiebe, die mit einem „Totschläger“ oder Teleskopschlagstock gegen die Schädelpartie eines Menschen geführt werden, hinterlassen je nach Beschaffenheit des Instruments, der aufgewendeten Kraft, dem Auftreffwinkel und der körperlichen Konstitution des Opfers höchst unterschiedliche Verletzungsbilder. Im günstigsten Fall bleibt es bei relativ harmlosen äußeren Blessuren (Platzwunden, Hämatomen) oder einer einfachen Gehirnerschütterung und das Opfer ist schnell wieder auf den Beinen. Uns begegnen aber auch, insbesondere durch Verwendung von Totschlägern, gefährliche Gesichts- und Schädelfrakturen und Hirnblutungen mit tragischem Verlauf (Dauerschäden, Todesfolge). Immer wieder beteuern die zumeist aufrichtig geschockten Täter, mit letalen Konsequenzen nicht gerechnet zu haben. Tötungsvorsatz liegt dann zwar nahe[154], bedarf jedoch in jedem Einzelfall sorgfältiger Prüfung.
b) Baseballschläger
362
Der BGH hatte sich wiederholt mit Fällen zu befassen, in denen Baseballschläger als Angriffswaffen Verwendung gefunden hatten. Ein Baseballschläger ist in diesem Kontext als „gefährliches Werkzeug“ i.S.v. § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB einzustufen[155]. Mit den Worten: „Jetzt stirbst du!“, hatte der Täter in einem Fall dreimal gezielt und heftig mit dem Baseballschläger auf den Kopf des Opfers geschlagen. Beim dritten Schlag war der Baseballschläger zerbrochen. Das Opfer hatte eine stark blutende Kopfwunde davongetragen. Nach einer Erstversorgung der Kopfwunde war das Opfer noch in der Nacht in eine Fachklinik geflogen worden, wo eine neurochirurgische Notoperation stattfand. Das Schädelfraktursystem war potenziell lebensgefährlich. Das Leben konnte gerettet werden. Schwere körperliche und soziale Beeinträchtigungen waren zurückgeblieben. In diesem Fall mehrmaligen Zuschlagens lag die Annahme eines beendeten Totschlagsversuchs auf der Hand, von dem der Täter allerdings strafbefreiend zurückgetreten war[156].
363
Bleibt es beim einmaligen gezielten wuchtigen Schlag mit einem Baseballschläger gegen den Kopf des Opfers, kann die Annahme gerechtfertigt sein, dem Angeklagten sei zwar die Lebensgefährlichkeit seines Schlages bewusst gewesen, er habe aber gleichwohl das Opfer nur verletzen und nicht töten wollen[157].
364
Wer allerdings beidhändig mit dem Baseballschläger ausholt und wuchtig auf den Kopf eines Menschen einschlägt, um diesen auszuschalten, kann sich schwerlich darauf berufen, nur mit Verletzungsvorsatz gehandelt zu haben. Allerdings ist, wenn auf weitere Schläge verzichtet wurde und das Opfer überlebt hat, immer auch an einen Rücktritt zu denken[158].
c) Zuschlagen mit Metallstange, „Kuhfuß“ oder Metallrohr
365
Die Verneinung eines Tötungsvorsatzes hat der BGH gebilligt, weil der Täter zwar mit einer schweren Eisenstange, aber nur einmal und mäßig wuchtig zugeschlagen hatte. Auch sein Nachtatverhalten sprach gegen Tötungsgedanken[159]. Gleichermaßen war der gegen den Sohn seiner Lebensgefährtin gerichtete Angriff eines Sturzbetrunkenen mit einem Kuhfuß ungeachtet des Ausrufs „ich bringe euch um“ und einer zugefügten Kopfplatzwunde und nur als Körperverletzung zu werten[160]. Anders bei einem gemeinschaftlichen Angriff mittels einer Metallstange (74 cm lang, ca. 2 kg Gewicht) und eines Holzknüppels (ca. 75 cm lang, 466 g schwer), bei dem Schläge auch gezielt gegen den Hinterkopf des Opfers gerichtet werden und der Geschädigte wimmernd, stöhnend, blutüberströmt und regungslos am Boden liegend zurückgelassen wird, obwohl sich später herausstellt, dass er u.a. eine Fraktur des Augenhöhlenbodens, einen Jochbeinbruch, eine Rippenfraktur sowie Prellungen, Hämatome und Platzwunden erlitten hat[161]. Beim Zuschlagen mit einem Eisenrohr[162] wird es maßgeblich auf die Beschaffenheit des Schlagwerkzeugs, insbesondere das Gewicht, aber natürlich auch auf die konkrete Angriffsweise und das Verletzungsbild ankommen.
d) Hammerschläge
366
Wird das Opfer mit zwei kraftvollen Hammerschlägen auf den Hinterkopf angegriffen und in einer Weise schwer verletzt, die offensichtlich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zum Tode führt, so liegt (zumindest) bedingter Tötungsvorsatz auf der Hand, ohne dass es dafür besonderer Anforderungen an die Darlegung der inneren Tatseite in den Urteilsgründen bedarf[163]. Allerdings hatte der BGH die Verurteilung eines Angeklagten wegen Totschlags aufgehoben, der seinen Geschäftspartner im Streit mit 23 Hammerschlägen auf Kopf, Nacken und Hals getötet hatte. Der Angeklagte hatte sich in einem „affektiven Ausnahmezustand“ befunden, nachdem der Geschäftspartner angekündigt hatte, ihn ruinieren zu wollen. Das SchwurG hatte die Voraussetzungen des § 21 StGB bejaht, ohne zu erörtern, ob der Angeklagte infolge eines unkontrollierten Gefühlsausbruchs aufgrund nervlicher Überforderung sich dessen bewusst gewesen sei, dass sein Tun zum Tod des Opfers führen könne. Angesichts der Besonderheiten des Falles verstünde sich die Annahme eines (bedingten) Tötungsvorsatzes nicht von selbst[164].
367
Aufgehoben hat der BGH auch die Verurteilung eines Angeklagten wegen versuchten Mordes, der sein Opfer mit drei Hammerschlägen auf den Hinterkopf verletzt hatte, um es zu berauben. Er hatte dem Opfer zwei weitere Schläge verabreicht, weil der erste Hieb erkennbar nicht die erhoffte Wirkung hatte. Durch einen der Hammerschläge hatte das Opfer eine lebensbedrohliche Kopfverletzung (Impressionsfraktur) erlitten, die erst Wochen nach der Tat festgestellt worden war. In Fällen, in denen es darum geht, das Opfer lediglich „außer Gefecht zu setzen“[165], sei der Tötungsvorsatz besonders sorgfältig zu prüfen, nachdem der Angeklagte auch noch (unwiderlegt) vorgetragen hatte, er habe die Schläge „dosiert“ und das Opfer lediglich berauben wollen. In diesem Zusammenhang hätte das LG erörtern müssen, dass es sich nur um einen kleinen Hammer gehandelt habe, der zunächst seine Wirkung verfehlt habe, und dass die äußeren Verletzungen des Opfers nicht ohne Weiteres erkennbar waren[166]. Auch drei Schläge mit einem Hammer auf den Kopf des Opfers, die „lediglich“ eine 5 cm lange Platzwunde am linken Vorderkopf, welche bis zum Knochen reichte, ohne diesen zu verletzen, eine weitere 3 cm lange Platzwunde am linken Hinterkopf und eine Beule am Hinterkopf verursacht haben, lässt nicht ohne Weiteres auf bedingten Tötungsvorsatz schließen, wenn dem Opfer nur ein Denkzettel verpasst werden sollte, die Schläge nicht mit erheblicher Wucht geführt wurden und der Täter „nach der Lebenserfahrung“ sehr viel stärker zugeschlagen haben würde, wenn er den Tod des Opfers gewollt hätte[167].
e) Zertrümmern gefüllter Glasflaschen auf dem Kopf
368
Schlägt der Täter zweimal wuchtig mit einer gefüllten Sektflasche auf den Kopf des Opfers, liegt nach Ansicht des BGH (zumindest) in der Regel bedingter Tötungsvorsatz so nahe, dass keine besonderen Anforderungen an die Darlegung der inneren Tatseite in den Urteilsgründen zu stellen sind[168]. Letztlich kommt es auf die Gesamtumstände an. Der die Tat bestreitende Angeklagte, der wegen versuchten Mordes verurteilt wurde, hatte dem Kontrahenten, mit dem er zusammenlebte, mit mindestens 2 Mineralwasserflaschen 4 heftige Schläge auf den Kopf versetzt, sodass die Flaschen zersplitterten. Danach war es zwischen beiden zu einer Rangelei gekommen. Der Angeklagte hatte den Verletzten später ins Krankenhaus gebracht, wo eine Gehirnerschütterung, eine 8 cm lange Kopfplatzwunde und diverse Schnittverletzungen auf der Stirn festgestellt wurden. Nach drei Tagen war der Verletzte aus dem Krankenhaus entlassen worden. Der BGH wies darauf hin, dass der Grund für dieses Vorgehen ungeklärt geblieben sei. Es könne dem Angeklagten vielleicht auch nur darum gegangen sein, das Opfer zu misshandeln oder ihm einen Denkzettel zu erteilen. Für die Annahme eines Tötungsvorsatzes hätte es daher weiterer aussagekräftiger Indizien bedurft[169].
f) Wuchtiges Zuschlagen mit einem Barhocker
369
Schlägt der Täter dem Opfer einen schweren Barhocker mit voller Wucht gegen den Kopf, sodass dieser einen Schädelbasisbruch erleidet und sofort zusammenbricht, wird in aller Regel zumindest bedingter Tötungsvorsatz anzunehmen sein[170]. Vergleichbares ist für das gezielt und mit äußerster Kraft gegen den Kopf des Opfers gerichtete Zuschlagen mit einem Kamelhocker anzunehmen[171].
g) Traktieren mit einer schweren Schaufel
370
Das SchwurG hat den Angeklagten nur wegen KV mit Todesfolge verurteilt, der dem noch stehenden Opfer im Streit um seinen Arbeitslohn durch beidhändiges Zuschlagen mit einer schweren Schaufel schwere Kopfverletzungen zugefügt hatte und die Angriffe fortsetzte, als dieser zu Sturz kam und sich dabei weitere schwere knöcherne Schädelverletzungen zuzog. Die Revision der StA, die die Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts erstrebte, wurde verworfen. Gegen den Tötungsvorsatz sprach die situationsspontane Eskalation der harmlos begonnenen Auseinandersetzung, für die ein einsichtiges Tötungsmotiv fehlte, sowie die affektive Tatkomponente und der nicht unerhebliche Alkoholkonsum[172].
3. Angriffe mit Schnitt- und Stichwerkzeugen
a) Messerattacken
aa) Abgrenzung zu reinen Bedrohungshandlungen
371
Zunächst einmal müssen ausreichende objektive Anknüpfungspunkte für die Tätervorstellung von der Lebensgefährlichkeit seiner Handlungsweise vorliegen. Es ist feststellungs- und mitteilungsbedürftig, ob der Angeklagte im konkreten Fall tatsächlich ausholte, um auf das Tatopfer einzustechen, in welcher Höhe der Angeklagte das Messer hielt, in welcher Entfernung er zum Geschädigten stand und auf welche Körperteile er einstechen wollte. So muss etwa die Annahme, der Beschuldigte habe einen Stich in Richtung des Oberkörpers im Bereich des Herzens geführt, auf einer tragfähigen Beweisgrundlage beruhen. Dies ist nicht der Fall, wenn mit Hilfe des Messers womöglich nur eine Bedrohung oder Nötigung des Opfers beabsichtigt war und es zu einem Zustechen, das näheren Aufschluss über die Absichten hätte geben können, durch das Eingreifen Dritter gar nicht gekommen ist. So entschied der BGH in einem Fall, bei dem die Täterin ein Messer mit einer Klingenlänge von 20 cm drohend in der erhobenen Hand hielt, sodass die Angegriffene sich genötigt sah, das Handgelenk der das Messer führenden Hand zu ergreifen und den Arm festzuhalten, bis ein Helfer das Messer an sich bringen konnte[173] .
bb) Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit
372
Tötungsvorsatz kann nicht allein damit begründet werden, dass nach Art der Messerführung der Angeklagte jedenfalls eine Bauchverletzung in Kauf genommen, folglich auch damit gerechnet habe, dass diese möglicherweise tödlich verlaufen können, und dass er das Wissen um die Gefährlichkeit seines Vorgehens in der Hauptverhandlung ausdrücklich eingeräumt habe. Der BGH beanstandete, dass das SchwurG damit lediglich das Wissenselement festgestellt und keine Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit durch gesonderte Prüfung des voluntativen Elements vorgenommen habe[174].
cc) Allgemeine Beurteilungsparameter
(1) Frage des Einzelfalls
373
Ob ein objektiv lebensgefährdender Einsatz eines Messers die Annahme zumindest bedingten Tötungsvorsatzes rechtfertigt, ist eine Frage des Einzelfalls.
Die folgenden Gesichtspunkte sind maßgeblich zu bewerten[175]:
• | Beschaffenheit des Messers |
• | Art der Verwendung |
• | Klingenlänge |
• | Wucht (Kraftentfaltung) |
• | Anzahl der Stiche |
• | Zielrichtung der Stiche |
• | Stichführung (Auftreffwinkel vertikal/tangential) |
• | Art und Schwere der Verletzungen |
• | kontrollierter Messereinsatz (oder Turbulenz, Bedrängnis) |
374
Der BGH hat es im Einzelfall nicht beanstandet, allein aus der Wucht eines Stiches und dem Verfolgen des Verletzten mit dem Messer in der Hand, sogar auf direkten Tötungsvorsatz zu schließen[176].