Kitabı oku: «Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren», sayfa 28
9. Gewalt gegen Kinder
a) Schläge und Tritte gegen Kinder
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Bei besonders gefährlichen Gewalthandlungen gegen Kinder kann es im Einzelfall gerechtfertigt sein, allein aus der Lebensbedrohlichkeit der Behandlung auf bedingten Tötungsvorsatz zu schließen. Wenn ein durchschnittlich intelligenter Vater lediglich aus Verärgerung über eine an sich alltägliche Situation gegenüber einem Kind massiv tätlich werde, so der BGH, sei unter Umständen unbeachtlich, wenn er nach Eintritt des Todes Wiederbelebungsmaßnahmen durchführe und den Notarzt alarmiere. Erfahrungsgemäß könnten auch geringe Anlässe Ursache massiver Gewaltanwendungen gegen Kinder sein, bei denen der Täter aus Wut und Ärger die Beherrschung verliere und – zu diesem Zeitpunkt – sogar einen tödlichen Erfolg in Kauf nehme. Auch der Umstand, dass im Nachhinein die Tat bedauert und versucht werde, sie, soweit wie möglich, ungeschehen zu machen, spreche schon für sich gesehen nur bedingt gegen eine billigende Inkaufnahme des tödlichen Erfolgs zum Zeitpunkt der Tathandlung[290].
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Weil er den 3-jährigen Sohn seiner Lebensgefährtin hoch gehoben, zu Boden fallen gelassen und dem reglos am Boden liegenden Kind schließlich mehrere wuchtige Faustschläge ins Gesicht versetzt hatte, war der Angeklagte, nachdem das Kind an den Folgen der Misshandlung verstorben war, wegen Totschlags verurteilt worden. Der BGH hat den Schuldspruch mit Blick auf die Alkoholisierung und eine nicht ausschließbare hirnorganische Schädigung des Täters mangels Tötungsvorsatzes auf Körperverletzung mit Todesfolge abgeändert[291]. Umgekehrt hob der BGH das milde Urteil gegen einen Angeklagten auf, in dessen Obhut sich der 4-jährige Sohn seiner Lebensgefährtin schwere innere Verletzungen zugezogen hatte, an deren Folgen er im Krankenhaus verstarb. Der BGH bemängelte das Fehlen der gebotenen „kritischen Gesamtabwägung aller Indizien“. Zu bedenken war, dass der Angeklagte, der einen Unglücksfall behauptete, eine an die medizinischen Gutachten „angepasste“ Darstellung abgegeben und eine wenig wahrscheinliche Reaktionsweise geschildert habe. Auch sein Verhalten nach dem „Unglück“ sei verdachterregend[292].
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In einem anderen Fall hatte die Kindesmutter zweimal bewusst mit heftiger Gewalt auf den besonders empfindlichen Kopf ihres erst 4 Monate alten Sohnes eingewirkt und dadurch leichtfertig einen zweifachen Schädelbruch des Kindes und schwerste Hirnverletzungen verursacht, in deren Folge das Kind erblindete, dauerhaft entstellt wurde sowie in Lähmung und Geisteskrankheit verfiel. Es gab Hinweise von Helfern und Beobachtern, die auf eine latente Überforderung der Frau mit der Versorgung von 4 kleinen, teils überaus pflegebedürftigen Kindern hindeuteten. Für ein sonstiges Tatmotiv war nichts ersichtlich. Ihr Nachtatverhalten, indem sie alsbald Hilfe holte, sprach gegen die Annahme eines Tötungsvorsatzes und gegen die vorsätzliche Herbeiführung der schweren Verletzungsfolgen, aber auch gegen die Variante bewusster gezielter Aggression gegen den Säugling in unbeobachteter Situation. Die Verurteilung „lediglich“ wegen besonders schwerer Körperverletzung (§ 225 Abs. 1 StGB a.F.) war deshalb nicht zu beanstanden[293].
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Dass ein 1 Jahr altes Kind, das sich nicht beruhigen lassen wollte, bei Misshandlungen durch den in Wut geratenen, in seinem Hemmungsvermögen eingeschränkten Verlobten der Kindesmutter einen Schädelbruch und Rippenbrüche davonträgt, kann nicht ohne Weiteres bedingten Tötungsvorsatz belegen, wenn sich die zugrunde liegenden Vorgänge, insbesondere die konkreten Verletzungshandlungen und die etwa verwendeten Tatmittel nicht mehr aufklären lassen, der Tatverdächtige zu der Kindesmutter und ihren Kindern stand und ein durch panikartige Sorge gekennzeichnetes Nachtatverhalten zeigte, das darauf hindeuten könnte, er habe lediglich mit Verletzungsvorsatz gehandelt[294]. Das Revisionsgericht hat es hinzunehmen, wenn der Tatrichter sich trotz schwerer Verletzungen, die einem 2-jährigen Kind zugefügt worden sind, außerstande sieht, sich vom Vorliegen bedingten Tötungsvorsatzes zu überzeugen und angesichts des Umstandes, dass das Verletzungsbild (Schädelbruch durch Schleuderbewegung des Kopfes gegen die Wand) auch ohne hohen Kraftaufwand oder Wucht entstanden sein kann, sowie im Hinblick auf eine affektive Bewusstseinseinengung des Angeklagten und sein besorgtes Nachtatverhalten „nur“ auf Körperverletzung mit Todesfolge erkennt[295].
b) Schütteltrauma-Fälle
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Auch die juristische Handhabung der Schütteltrauma-Fälle[296] hängt entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab. Nach forensischer Erfahrung in „Schüttelfällen“ ist bedingter Tötungsvorsatz vielfach nicht festzustellen[297]. Unter Beachtung des Hemmschwellen-Grundsatzes scheint vom Fahrlässigkeitsdelikt bis zum Totschlag alles möglich zu sein[298]. In einem bemerkenswerten Beschluss hat der 3. Strafsenat des BGH die Verurteilung eines Vaters wegen Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) aufgehoben. Dieser hatte seinen einen Monat alten Sohn, ein Wunschkind, „hochgehoben und mindestens einmal heftig geschüttelt, damit er mit dem Schreien aufhörte.“ Das Kind starb infolge ausgedehnter innerer Blutungen und einer Hirnschwellung an zentraler Lähmung, nachdem der Vater den Notarzt verständigt hatte, der dem Kind auch nicht mehr helfen konnte. Der BGH hielt es angesichts der Person des Kindesvaters und der Begleitumstände des Geschehens für denkbar, dass im Augenblick des Schüttelns nicht einmal Körperverletzungsvorsatz vorgelegen habe[299]. In einem anderen Fall hat der BGH die Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung – es war eine irreparable Hirnschädigung eingetreten – bestätigt, den Tatbestand der Misshandlung von Schutzbefohlenen aber verneint, weil eine rohe Gesinnung des Täters nicht festzustellen war[300]. Im Ergebnis läuft diese Rechtsprechung darauf hinaus, in derartigen Fällen, in denen glaubhaft erscheint oder nicht auszuschließen ist, dass dem Täter eine Verletzung des Kindes nicht in den Sinn gekommen war, von fahrlässiger Tötung bzw. fahrlässiger Körperverletzung auszugehen.
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Schneider beklagt, die Hemmschwellen-Lehre würde spontanen Übergriffen entnervter Eltern gegenüber ihren Kleinkindern Vorschub leisten. Der Auffassung Schneiders kann, was die grundsätzliche Kritik an der BGH-Rechtsprechung anlangt, nicht beigepflichtet werden, zumal er verschweigt, dass neben den von ihm genannten Kriterien in derartigen Fällen von großer Bedeutung ist, ob die Eltern ein tragfähiges Motiv haben könnten, in der konkreten Situation den Tod ihres Kindes, sofern sie ihn überhaupt bedacht haben, billigend in Kauf zu nehmen[301].
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Zu Recht hat der BGH auch das Totschlagsurteil gegen eine Mutter von 4 kleinen Kindern aufgehoben, die zu deren Versorgung ohne fremde Hilfe nicht ausreichend in der Lage war. Sie hatte eines ihrer schreienden Kinder zweimal heftig geschüttelt, sie war wütend und wollte es zum Schweigen bringen. Trotz alsbaldiger ärztlicher Versorgung verstarb das Kind als unmittelbare Folge des Schütteltraumas. Abgesehen von der besonders hohen Hemmschwelle, das eigene Kind zu töten, war nicht bedacht worden: Der Angeklagten war der Tod des Kindes „unerwünscht“. Sie hatte sich erfolgreich einer Alkoholtherapie unterzogen, kümmerte sich unter Anleitung einer Familienhelferin um die Kinder, auch das getötete Kind war erwünscht und die Mutter hatte die Behandlungsbedürftigkeit des Kindes alsbald erkannt und das Erforderliche veranlasst. Das Urteil beruhte auf der rechtsfehlerhaft unterlassenen Gesamtwürdigung[302].
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Selbst beim heftigen Schütteln eines Kindes mit mehrfachem Anschlagen des Kopfes an einer Wandschräge, versteht sich (bedingter) Tötungsvorsatz nicht von selbst. In die erforderliche Gesamtbetrachtung ist neben der Persönlichkeit des Angeklagten dessen besondere psychische Situation zur Tatzeit einzubeziehen, das Fehlen eines einsichtigen Beweggrundes für eine so schwere Tat wie die Tötung eines Kindes und der Umstand, dass der Angeklagte durch aggressives Verhalten bisher nicht aufgefallen ist und sich spontan aus einer affektiven Erregung zur Tat hat hinreißen lassen[303].
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Kommt es durch heftiges Schütteln des Säuglings verletzungsbedingt zu Hirnblutungen, die zu einem Hirnödem und letzten Endes zu schweren Schäden im Gehirn eines Säuglings und langfristig zum Verlust der Seh- und Hörfähigkeit führen, so liegt auch dann in der Regel mangels Vorsatzes kein Versuch eines Tötungsdelikts, sondern allenfalls eine schwere Körperverletzung im Sinne von § 226 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 StGB vor[304]. So hat der BGH auch bezüglich eines anderen Angeklagten entschieden, der seinen 2 Monate alten Sohn so heftig schüttelte, dass der Kopf mehrfach mit Wucht nach vorn gegen die Brust und nach hinten gegen die Schultern schlug. Durch dieses Schütteln wurde das Gehirn irreversibel in schwerster Weise geschädigt[305]. Ist dem Täter „nur“ Körperverletzungsvorsatz nachzuweisen und verstirbt das Kind an den Folgen der zugefügten Hirnschädigung, ist § 227 StGB einschlägig[306].
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Äußerst problematisch erscheint hingegen die Verurteilung eines 23 Jahre alten, mit der alleinverantwortlichen Versorgung seines 6 Monate alten Kindes überforderten Vaters wegen versuchten Totschlags in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Er hatte das schreiende Kind, um es zum Schweigen zu bringen, mehrfach und zuletzt so heftig geschüttelt, dass es zum Abriss sog. Brückenvenen und dadurch zu subduralen Blutungen kam. Der Angeklagte war wiederholt und von unterschiedlichen Personen darauf hingewiesen worden, dass man bei Kleinkindern ganz besonders auf den Kopf achten müsse. Das Leben des Kindes konnte durch intensivmedizinische Maßnahmen gerettet werden[307]. Kudlich hat in seiner Urteilsanmerkung[308] den BGH, der die Revision des Angeklagten verwarf, mit deutlichen Worten kritisiert. Der Angeklagte hatte die Taten pauschal bestritten. Das erstmalige Schütteln war scheinbar folgenlos geblieben, was im Wiederholungsfall besondere Zweifel am Tötungsvorsatz hervorrufen musste. Und das Tatgericht hatte sich mit einem etwaigen Rücktritt vom Versuch nicht befasst.
c) Mitverantwortung des passiven Partners
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Beteiligt sich die Kindesmutter nicht aktiv an den Misshandlungen ihres Kindes durch den Lebensgefährten, bleibt sie aber, anstatt ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, angesichts einer lebensbedrohlichen Kopfverletzung des Kindes untätig, obwohl sie die Todesgefahr erkennt, dürfte die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes naheliegen. Jedenfalls käme eine Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen in Betracht, wenn durch die Untätigkeit die von der Vorschädigung ausgehende Lebensgefahr erheblich erhöht wurde[309].
10. Anschläge mit Brandbeschleunigern
a) Brandanschläge auf Wohnunterkünfte
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Selbst bei nächtlichen Brandanschlägen auf ein von Menschen bewohntes Gebäude, bei denen ein tödlicher Verlauf äußerst naheliegt, wie etwa beim Schleudern von Molotowcocktails auf ein Asylbewerberheim, hängt die Bejahung bedingten Tötungsvorsatzes von den Umständen des Einzelfalles ab[310].
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Bei Brandanschlägen auf Wohnunterkünfte sind in die Beweiswürdigung einzubeziehen[311]
• | die Beschaffenheit des Gebäudes im Hinblick auf |
• | Fluchtmöglichkeiten und |
• | Brennbarkeit der beim Bau verwendeten Materialien, die |
• | Angriffszeit wegen der erhöhten Schutzlosigkeit der Bewohner zur Nachtzeit, die |
• | Belegungsdichte sowie die |
• | konkrete Angriffsweise; auch die |
• | psychische Verfassung des Täters und seine |
• | Motivation bei der Tatbegehung. |
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Trotz gewichtiger belastender Indizien kann (bedingter) Tötungsvorsatz zu verneinen sein, wenn sich der Brandstifter infolge einer hirnorganischen Störung, verbunden mit seiner Alkoholisierung, in einem Zustand affektiver Labilität und kognitiver Einengung befunden hat, und deshalb zu einer Reflexion über mögliche Folgen seiner Spontantat nur eingeschränkt in der Lage war, wenn er obendrein auch kein nachvollziehbares Motiv für eine Tötung hatte, und auch das eigentliche Handlungsziel, seine Tochter zur Rückkehr zu bewegen, nur mit Gefährdungsvorsatz (i.S.v. § 306b Abs. 2 Nr. 1 StGB) zu vereinbaren ist[312].
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Ausländerfeindliche Äußerungen vor der Tat sowie die Verwendung fremdenfeindlicher Darstellungen können Anzeichen für das voluntative Moment des Tötungsvorsatzes sein[313]. Das OLG Hamm hat in einer Haftentscheidung, die einen missglückten Brandanschlag mittels Molotowcocktails zur Nachtzeit auf ein Wohn- und Geschäftshaus zum Gegenstand hatte, in dem 30 Personen schliefen, ohne Weiteres bedingten Tötungsvorsatz und Mordmerkmale bejaht, da den Bewohnern der Fluchtweg abgeschnitten gewesen wäre[314].
b) Anschlag auf Einzelperson mit flüssigem Grillanzünder
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Wird das Opfer mit einer brennbaren Flüssigkeit übergossen und mit einem Feuerzeug in Brand gesetzt, kommt es entscheidend auf die Umstände des Einzelfalls an, vor allem auf das Handlungsziel und die Menge der verwendeten brennbaren Flüssigkeit, aber auch auf die realen Rettungschancen, insbesondere die Aussichten, die Flammen schnell zu ersticken sowie das Opfer intensiv medizinisch zu versorgen. Nicht immer ist ohne Weiteres von einem Mordanschlag auszugehen, wie im Fall einer Angeklagten, die ihren geschiedenen Ehemann von hinten mit Brennspiritus übergossen und angezündet hat[315]. Geht es dem Täter vorrangig darum, das Opfer „nur“ durch Brandverletzungen zu entstellen und bespritzt er deshalb lediglich das Kopftuch und die Kleidung des Opfers im Bereich des Halses und des Oberkörpers mit flüssigem Grillanzünder, und überlebt das Opfer tatsächlich schwer verletzt, wird womöglich nur von einem Verletzungsvorsatz auszugehen sein. Der Täter wäre dann wegen schwerer Körperverletzung (§ 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB) in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB) zu bestrafen[316].
11. Steinwürfe von Autobahnbrücken
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Bei Anschlägen auf Kraftfahrer von einer Autobahnbrücke herab wird regelmäßig zumindest bedingter Tötungsvorsatz zu bejahen sein, sofern es sich um einen größeren massiven Stein oder Holzklotz[317] und nicht lediglich um einen faustgroßen brüchigen Sandstein handelt, der auf die Fahrbahn geworfen wird und unmittelbar vor einem Pkw zersplittert, ohne das Fahrverhalten oder die Fahrsicherheit des Fahrzeuglenkers zu beeinträchtigen[318]. Ob auch, wie das OLG Oldenburg[319] vertritt, das Herabwerfen eines (aus Kunststoff gefertigten) Leitpfostens ausreicht, erscheint zweifelhaft. Neben gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr kommt, wenn Tötungsvorsatz zu verneinen, bedingter Körperverletzungsvorsatz hingegen zu bejahen ist, auch eine Bestrafung wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 StGB in Betracht[320].
12. Vertreiben von Mietern durch Gasexplosion
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Wer als Vermieter zur Durchsetzung seiner Sanierungspläne die Wände eines bewohnten Gebäudes durch eine Gasexplosion zum Wackeln bringt und das Haus unbewohnbar machen möchte, um störrische Mieter zum Auszug zu bewegen, weiß in aller Regel, dass die Bewohner durch herabfallende Gebäudeteile (Putz, Steinbrocken o. ä.) oder durch umfallendes Mobiliar zu Tode kommen können, und wird nur aufgrund besonderer, außergewöhnlicher Umstände darauf vertrauen können, der von ihm für möglich gehaltene Tod von Hausbewohnern werde nicht eintreten. Dass dem Angeklagten der Tod der Mieter unerwünscht ist, steht bekanntlich bedingtem Tötungsvorsatz nicht zwingend entgegen. Der Vermieter kann sich, wenn das gesamte Gebäude einstürzt und Menschen unter sich begräbt, wegen nur unwesentlicher Kausalverlaufsabweichung nicht darauf berufen, den Einsturz nicht vorhergesehen und gewollt zu haben. Den Vermieter erwartet eine Verurteilung wegen Mordes (Gemeingefährlichkeit, Heimtücke, Habgier, sonstige niedrige Beweggründe)[321].
13. Suizidversuche unter Gefährdung oder Tötung Unbeteiligter
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Beim sog. erweiterten Suizid[322] steht der Tötungsvorsatz außer Frage. Davon sind die Fälle zu unterscheiden, in denen der Selbstmörder zu einem gefährlichen Mittel greift, durch das eher zufällig oder ungewollt auch unbeteiligte Dritte zu Schaden kommen.
a) Herbeiführen einer Gasexplosion in Selbsttötungsabsicht
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Der BGH hat im Fall einer in der Absicht der Selbsttötung bewirkten Gasexplosion den Schluss auf bedingten Tötungsvorsatz beanstandet, weil der Tatrichter unerörtert gelassen hat, dass der Angeklagte einer im Haus anwesenden Mitbewohnerin nicht feindselig gesonnen, sondern sogar freundschaftlich verbunden war[323].
b) Brandlegung in Vorbereitung eines Selbstmordes
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In einer anderen Entscheidung ging es um einen Selbstmordkandidaten, der sein Hab und Gut durch Brandlegung vernichten und sich dann erhängen wollte. Dabei waren vier Mitbewohner des Hauses an Rauchgasvergiftung verstorben. Der BGH hat die Verneinung bedingten Tötungsvorsatzes gebilligt, die damit begründet worden war, dass der Angeklagte seinen eigenen Tod vorbereitet und mit den auf seine geschiedene Frau gerichteten Gedanken und Gefühlen aufs Höchste in Anspruch genommen war. Das Brandgeschehen habe der Vorbereitung seines Selbstmordes gedient und war in erster Linie gegen sich selbst gerichtet. Wohl habe er auch seine geschiedene Frau schädigen wollen. Keinesfalls aber habe er das Feuer in feindlicher Absicht gegenüber den zu Schaden gekommenen Mitbewohnern gelegt[324]. Bleibt aus Verteidigersicht nur hinzuzufügen, dass womöglich auch die Voraussetzungen des § 21 StGB vor dem Hintergrund einer möglichen tiefen Depression zu prüfen gewesen wäre[325].
14. Fahrzeugführer unter Totschlagsverdacht
a) Verantwortungsloses gefahrenträchtiges Fahrverhalten
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Der Verurteilung eines Kraftfahrers wegen versuchten Totschlags zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe lag ein äußerst riskanter abrupter Fahrspurwechsel eines beschleunigenden Pkw mit mehr als 80 km/h und nur 1,7 m Abstand zu einem vorausfahrenden Motorrad zugrunde, bei dem der Motorradfahrer zu Sturz kam und über eine Strecke von 56 m auf der Fahrbahn entlang rutschte, bis er unter der Leitplanke hindurchrutschte und mit erheblichen Verletzungen liegen blieb. Die beiden hatten sich schon über einen gewissen Streckenabschnitt „aneinander gerieben“, bis der in Wut geratene Pkw-Fahrer sich zur „Disziplinierung“ seines Kontrahenten zu jenem verantwortungslosen Fahrmanöver hinreißen ließ. Der BGH billigte die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes. Der aus der offensichtlichen Lebensgefährlichkeit seiner Vorgehensweise und dem gleichwohl durchgeführten Spurwechsel gezogene Schluss, dass der Pkw-Fahrer die Möglichkeit erkannt habe, der Geschädigte würde bei einem Sturz tödliche Verletzungen davontragen, die er zumindest in Kauf genommen habe, sei möglich und daher rechtlich nicht zu beanstanden[326]. Die Annahme (bedingten) Tötungsvorsatzes überzeugt nicht. Offenbar hatte der in Rage geratene Pkw-Fahrer die Gefahrenlage unzutreffend bewertet und vor allem seine eigenen Fahrkünste überschätzt. Ein Interesse an einer Fahrzeugkollision oder am Tod des Kontrahenten, der an der Eskalation nicht ganz unschuldig war, hatte er jedenfalls nicht. Die Annahme bewusster Fahrlässigkeit in Form der Leichtfertigkeit hätte nähergelegen und mithin nur die Annahme von Gefährdungsvorsatz.