Kitabı oku: «Klausurenkurs im Familien- und Erbrecht», sayfa 9
3. Mutterschaft über die Regelungen der Stiefkindadoption i.S.d. §§ 1754 I 2. Alt., 1752
151
Fraglich ist, ob F über §§ 1754 I 2. Alt., 1752 Mutter des zu gebärenden Kindes werden könnte. Durch die Annahme als Kind erhält der/die Anzunehmende in Bezug auf den/die Annehmenden die rechtliche Stellung eines leiblichen Kindes.
Während nach § 1755 I grundsätzlich mit der Annahme des Kindes das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu den bisherigen Verwandten erlischt, verhält sich dies bei der Stiefkindadoption insofern anders, als hier das Verwandtschaftsverhältnis zum/zur verheirateten Ehepartner:in, mithin dem leiblichen Elternteil, bestehen bleibt, vgl. § 1755 II BGB.
Grundsätzlich wäre es somit möglich, dass F über § 1754 I 2. Alt. Mutter eines von H zu gebärenden Kindes würde und beide auch rechtlich gemeinsam Eltern sein könnten, sofern die Voraussetzungen einer Adoption gegeben sind.
a) Voraussetzung einer Adoption
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Bei einer Adoption muss ein notarieller Antrag auf Kindesannahme, vgl. § 1752 II gestellt werden, sodann kommt es zur Prüfung, ob die Kindesannahme zulässig ist, woraufhin bei Feststellung der Zulässigkeit ein entsprechender Beschluss des Familiengerichts ergeht, § 1752 I.
In Bezug auf die Zulässigkeit ist zu eruieren, ob voraussichtlich ein Eltern-Kind-Verhältnis entstehen wird, § 1741 I; ob die Annehmende das entsprechende Mindestalter aufweist, § 1743; ob die grundsätzlich vorgesehene Probezeit eingehalten wurde, § 1744; ob Interessen der Kinder des Annehmenden oder des Anzunehmenden entgegen stehen, § 1745 und die entsprechenden Einwilligungserklärungen des Kindes, der leiblichen Eltern und ggf. des Ehegatten i.S.d. §§ 1746 ff. in notarieller Form, vgl. § 1750 vorliegen bzw. ob die Einwilligung eines Elternteils ersetzt wurde, § 1748.
b) Zwischenergebnis
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Es ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen hier erfüllt werden können.
Der gemeinsame Freund S der H und F ist zwar i.S.d. § 1592 Nr. 1-3 in rechtlicher Hinsicht nicht als Vater zu qualifizieren, sollte aber rein vorsorglich i.S.d. § 1747 I in das Kindesannahme-Verfahren einwilligen.
Exkurs/Vertiefung:
Der BGH hat mit Beschluss vom 18. Februar 2015 entschieden, dass der (private) Samenspender zur Wahrung des Einwilligungserfordernisses nach § 1747 I von der Geburt des Kindes und dem Adoptionsverfahren in Kenntnis zu setzen ist, damit er am Verfahren beteiligt werden kann[39]. Etwas anderes gelte nur dann, wenn zuverlässig feststellbar ist, dass er die rechtliche Vaterstellung von vornherein nicht annehmen wolle, wie es bei einer ärztlich assistierten Fortpflanzung unter Verwendung einer offiziellen Samenspende i.d.R. der Fall sei. Eine weitere Ausnahme vom Einwilligungserfordernis besteht, wenn der Aufenthalt des Samenspenders dauerhaft unbekannt ist, vgl. § 1747 IV.
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Die Einwilligung wird S sicherlich erteilen, da er nur zur Samenspende bereit ist, wenn ihn keine Vaterpflichten treffen, wovon wegen §§ 1600d, 1614 I rechtssicher letztlich erst ausgegangen werden kann, wenn der Kindesannahmebeschluss ergangen ist, da eine Vaterschaftsfeststellung aufgrund der privat durchgeführten Becherspende noch möglich und ein für das Kind durch H erklärter auf die Zukunft gerichteter Unterhaltsverzicht unwirksam wäre.
Während nämlich § 1600d IV den Samenspender bei ärztlich assistierter künstlicher Befruchtung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung entsprechend freistellt, gilt dies in Bezug auf die Vaterschaftsfeststellung eines privaten Samenspenders, der mit der Bechermethode spendet, nicht[40].
Exkurs/Vertiefung:
Eine anonyme Samenspende steht in Deutschland im Widerspruch zu dem aus Art. 1 i.V.m. Art. 2 GG hergeleiteten Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung. Seit dem 1.7.2018 ist das Gesetz zur Regelung des Rechts auf Kenntnis der eigenen Abstammung bei heterologer Verwendung von Samen[41] in Kraft, wodurch das Samenspenderegistergesetz (SaRegG) eingeführt und § 1600d um einen Absatz 4 ergänzt wurde. Gemäß § 1 I SaRegG wird ein Samenspenderregister geführt, um Kindern ihr Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung zu ermöglichen.
Der Auskunftsanspruch von Personen, die vermuten, durch heterologe Verwendung von Samen bei einer ärztlich unterstützten künstlichen Befruchtung gezeugt worden zu sein, ist in § 10 SaRegG geregelt und kann nach Vollendung des 16. Lebensjahres geltend gemacht werden.
III. Ergebnis
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Die Mutterschaft der F und damit die gemeinsame Elternschaft von H und F ließe sich folglich über eine Stiefkindadoption erreichen.
C. Abwandlung II: Unterhaltsanspruch der F gegen H aus §§ 1569 ff.
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F könnte in dem in der Abwandlung II zu beurteilenden Fall von H Unterhalt verlangen, wenn die Voraussetzungen der §§ 1569 ff. erfüllt wären.
I. Unterhaltsbeziehung
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Zunächst müsste zwischen H und F eine Unterhaltsbeziehung bestehen. Diese ergibt sich hier aus der ehemals wirksamen und nunmehr geschiedenen Ehe zwischen ihnen.
II. Bedürftigkeit der Unterhaltsberechtigten
158
Des Weiteren müsste F bedürftig sein. Von einer Bedürftigkeit ist auszugehen, wenn ein Bedarf i.S.d. §§ 1570 ff. vorliegt, der gemäß § 1578 nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bemessen ist und keine eigene Deckungsfähigkeit der F besteht, vgl. § 1577.
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Exkurs/Vertiefung:
Für den Bedürftigen besteht beim nachehelichen Unterhalt nach § 1574 I nur die Obliegenheit einer angemessenen Tätigkeit. Er ist nicht verpflichtet, statt weiterhin im erlernten Beruf zu arbeiten, in eine etwaig höher dotierte Hilfsarbeitertätigkeit zu wechseln[42].
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Es könnte hier der Bedarfstatbestand des § 1573 II gegeben sein, mit der Folge, dass H den sog. Aufstockungsunterhalt leisten müsste, sofern die Einkünfte der F aus ihrer Erwerbstätigkeit nicht im vollen Umfang ausreichen. Angesichts der Tatsache, dass ihr eigenes Einkommen weniger als 3/7 des in der langjährigen Ehe verfügbaren Einkommens beträgt und sie engagiert nach einer Arbeit gesucht hat, ist von einem Bedarf der F i.S.d. § 1573 auszugehen.
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Exkurs/Vertiefung:
Sinn und Zweck des Aufstockungsunterhaltes ist es, den Lebensstandard des geringer verdienenden Ehegatten zu sichern und ihm einen Anreiz zu schaffen, auch solche Tätigkeiten zu übernehmen, die den angemessenen Unterhalt nicht in vollem Umfang decken[43].
III. Leistungsfähigkeit
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H ist darüber hinaus auch leistungsfähig i.S.v. § 1581, da sie in der Lage ist, ohne Gefährdung ihres eigenen Unterhalts, an F Unterhalt zu zahlen.
IV. Rangfolge
163
Da der geschiedene Ehegatte gemäß § 1584 aufgrund nachehelicher Solidarität vorrangig Unterhalt schuldet, kann sich H auch nicht darauf berufen, dass in Bezug auf die Unterhaltspflicht zunächst Verwandte ihrer geschiedenen Frau heranzuziehen seien.
V. Kein Ausschluss
164
Darüber hinaus ist zudem nicht ersichtlich, dass der Anspruch auf Unterhalt ausgeschlossen oder gemindert sein könnte. Insbesondere greifen hier die §§ 1579, 1586 nicht ein, so dass ein Anspruch auf Unterhalt der F gegen H grundsätzlich besteht.
VI. Art der Unterhaltsgewährung
165
Gemäß § 1585 ist der Unterhalt der F monatlich im Voraus durch eine Geldrente zu entrichten.
VII. Höhe des Unterhaltsanspruches
166
Fraglich ist, wie hoch der Unterhaltsanspruch der F anzusetzen ist.
Auszugehen ist, wie bereits ausgeführt, von den ehelichen Lebensverhältnissen, mithin den eheprägenden Einkünften der Eheleute in der Ehezeit, vgl. auch § 1578.
Da F während der Ehezeit nicht berufstätig war, ist fraglich, ob bzw. in welcher Höhe ihr nach der Ehe erzieltes Einkommen zu berücksichtigen ist. Während insoweit früher die sog. Anrechnungsmethode angewendet wurde, nach der das Einkommen des Unterhaltsberechtigten unberücksichtigt blieb, geht der BGH zwischenzeitlich grundsätzlich nach der sog. Differenzmethode vor, wenn der Unterhaltsberechtigte nach der Trennung bzw. Scheidung eine Erwerbstätigkeit aufgenommen oder ausgeweitet hat und sich diese quasi als Surrogat der Haushaltsführung darstellt (Monetarisierung der Haushaltsleistung)[44]. So lag der Fall ja auch hier.
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Exkurs/Vertiefung:
Nach der Anrechnungsmethode wäre allein das tatsächlich in der Ehe erzielte Einkommen des Unterhaltsverpflichteten zugrunde zu legen, sodann die Quote des Berechtigten zu bestimmen (3/7 des bereinigten Nettoeinkommens, hier 1200,– €, vgl. oben) und die nach der Scheidung erzielten Einkünfte des Berechtigten davon abzuziehen, so dass F lediglich 200,– € erhielte.
Nach der Differenzmethode errechnet sich die Unterhaltsquote unter Berücksichtigung des Erwerbstätigenbonus (hier: i.H.v. 1/7) aus der Differenz der bereinigten Nettoeinkommen des Pflichtigen und des Berechtigten. Es ergibt sich hier mithin Folgendes: Von H’s Einkommen in Höhe von 2800,– € sind 1000,– € abzuziehen (F’s Einkünfte). Von dem 1800,– € ist dann die 3/7 Quote zu bilden, so dass im Ergebnis ein Unterhaltsanspruch in Höhe von: 771,43 € besteht.
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Exkurs/Vertiefung:
Folgender Rechenweg nach dem Halbteilungsgrundsatz ist auch möglich: (2800,– € – (1/7 von 2800)) – (1000,– € – (1/7 von 1000)) = 1542,86 € : 2 = 771,43 €. Favorisiert wird vom BGH jedoch die Differenzmethode.
VIII. Ergebnis
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Im Abwandlungsfall muss H der F folglich monatlich im Voraus eine Geldrente in Höhe von 771,43 € bezahlen.
3. Teil: Beziehung zwischen D und R
170
Fraglich ist, ob die zwischen D und R im Jahre 1998 geschlossene Ehe wirksam ist.
A. Wirksamkeit der zwischen D und R bestehenden Ehe
171
Eine Ehe ist wirksam, wenn bei der Eheschließung die elementaren Voraussetzungen vorgelegen haben.
Dies ist der Fall, wenn sich zwei volljährige Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts vor einem mitwirkungsbereiten Standesbeamten gegenseitig erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen, vgl. §§ 1303, 1310, 1353.
Davon kann vorliegend ausgegangen werden, zumal laut Sachverhalt alle erforderlichen Unterlagen vorgelegen haben, so dass die zwischen D und R geschlossene Ehe, trotz etwaiger Mängel, wirksam ist.
Exkurs/Vertiefung:
Im Sachverhalt wird explizit darauf hingewiesen, dass alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt wurden, selbst wenn aber zum Beispiel das Ehefähigkeitszeugnis i.S.v. § 1309 fehlen sollte, würde das zunächst nichts an der Wirksamkeit der Ehe ändern, vgl. Rn. 16 und 99.
B. Aufhebung der Ehe
172
Fraglich ist nun, ob eine Aufhebung dieser Ehe in Betracht kommen könnte. Gemäß § 1313 wird eine Ehe durch eine richterliche Entscheidung (in concreto: einen Beschluss i.S.d. § 116 FamFG) mit ex nunc Wirkung aufgehoben.
I. Aufhebungsvoraussetzungen
173
Es müsste ein Grund für die Eheaufhebung gegeben sein, eine Antragsberechtigung bestehen und ggf. die Antragsfrist eingehalten werden. Zudem dürfte die Aufhebung der Ehe nicht ausgeschlossen sein.
1. Aufhebungsgrund i.S.d. § 1314 I, II
174
Aus § 1314 I, II ergeben sich Aufhebungsgründe, die sowohl im öffentlichen als auch im privaten Interesse liegen[45].
Hier könnte der Aufhebungsgrund des § 1314 II Nr. 5 eingreifen. Im Sinne dieser Norm kann eine Ehe aufgehoben werden, wenn sich beide Ehegatten bei der Eheschließung darüber einig waren, dass sie keine Verpflichtung gemäß § 1353 I begründen wollen. Gemäß § 1353 I besteht für die Ehegatten eine Rechtspflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft und zur Verantwortung füreinander[46], so dass die Ehegatten aufgrund dieser Generalklausel zu all dem verpflichtet sind, was nach allgemeiner Anschauung zum Wesen der Ehe gehört[47].
Laut Sachverhalt wollten D und R lediglich eine Scheinehe führen, d.h. sie hatten zum Zeitpunkt ihrer Eheschließung nicht vor, tatsächlich eine eheliche Lebensgemeinschaft zu begründen und die gegenseitige Verantwortung von Ehegatten i.S.d. § 1353 I 2 füreinander zu übernehmen. Folglich ist § 1314 II Nr. 5 einschlägig.
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Exkurs/Vertiefung:
Der Aufhebungsgrund besteht im Falle des § 1314 II Nr. 5 nicht auf einem fehlerhaften Eheschließungswillen, sondern auf der Missbilligung des Eheschließungsmotivs[48]. Durch § 1314 II Nr. 5 soll verhindert werden, dass Ehen mit ausländischen Partner:innen geschlossen werden, die ausschließlich die Einreise bzw. den Aufenthalt des ausländischen Partners/der ausländischen Partnerin in Deutschland ermöglichen sollen[49]. Da trotz dieser Intention der Wortlaut nicht nur auf die Beseitigung reiner Aufenthaltsehen beschränkt wurde, ist zweifelhaft, ob die Vorschrift als Generalklausel auch für reine Versicherungsehen bzw. Namensehen gelten soll. Wegen des erkennbaren Zieles, nur missbräuchlich geschlossene Ehen zu missbilligen, ist eine enge Interpretation angebracht, wobei jedoch die Eheschließung aus steuerlichen Gründen oder nur wegen des Namens darunter fallen kann[50].
2. Antragsberechtigung i.S.v. § 1316
176
Antragsberechtigt ist in Fällen des § 1314 II Nr. 5 gemäß § 1316 I jeder Ehegatte und die zuständige Verwaltungsbehörde, die über § 1316 III in den Grenzen dieser Norm zudem verpflichtet ist, einzuschreiten. Folglich würde vorliegend auch für R eine Antragsberechtigung bestehen.
3. Antragsfrist i.S.d. § 1317
177
Sofern – wie hier – der Aufhebungsgrund des § 1314 Nr. 5 vorliegt, ist i.S.d. § 1317 keine Antragsfrist zu beachten.
4. Kein Ausschluss
178
Darüber hinaus dürfte die Aufhebung auch nicht ausgeschlossen sein.
a) Ausschlussgrund i.S.v. § 1315 I Nr. 5
179
Es könnte der Ausschlussgrund des § 1315 I Nr. 5 eingreifen.
Nach § 1315 I Nr. 5 ist die Aufhebung der Ehe ausgeschlossen, wenn die Ehegatten im Fall des § 1314 II Nr. 5 nach der Eheschließung als Ehegatten miteinander gelebt haben[51].
Vorliegend haben sich D und R ineinander verliebt, sind im Jahr 2010 zusammen gezogen und haben darüber hinaus eine Familie gegründet. Mithin haben D und R, trotz ihres anfänglich entgegenstehenden Willens, nach ihrer Heirat als Ehegatten zusammen gelebt. Folglich ist der Ausschlussgrund des § 1315 I Nr. 5 erfüllt.
b) Ausschlussgrund i.S.v. Art. 226 I EGBGB
180
Darüber hinaus könnte die Aufhebung der zwischen D und R geschlossenen Ehe auch aufgrund von Art. 226 I EGBGB ausgeschlossen sein. In Art. 226 I EGBGB heißt es, dass die Aufhebung einer vor dem 1. Juli 1998 geschlossenen Ehe ausgeschlossen ist, wenn sie nach dem bis dahin geltenden Recht nicht hätte aufgehoben oder für nichtig erklärt werden können.
Da das bis zu diesem Zeitpunkt geltende EheG von 1946 keine Regelung zur Scheinehe enthielt, kann die zwischen D und R im März 1998 geschlossene Ehe auch wegen Art. 226 I EGBGB nicht aufgehoben werden.
5. Ergebnis
181
Eine Aufhebung i.S.d. §§ 1313 ff. kommt somit vorliegend nicht in Betracht.
II. Ergebnis
182
Da eine Aufhebung der zwischen D und R im März 1998 wirksam geschlossenen Ehe nicht möglich ist, kann sich R nicht – ohne Scheidung einzureichen – von der Ehe lösen.
Exkurs/Vertiefung:
Neben der Normierung von Übergangsvorschriften zur Beantwortung der Frage, welches Recht auf „Altfälle“ angewendet werden muss, sofern es zu einer Änderung des geltenden Rechts gekommen ist, finden sich im EGBGB insbesondere auch Regelungen zum internationalen Privatrecht (IPR)[52].
Im Anwendungsbereich des EU-Rechts ist insbesondere Art. 3 Nr. 1 EGBGB zu beachten.
C. Bezifferung des Unterhaltsanspruches nach der Düsseldorfer Tabelle
183
Fraglich ist, in welcher Höhe die Kinder P, A und V im Januar 2021 gegenüber ihrem Vater R unterhaltsberechtigt sind. Zugrunde zu legen ist insoweit die Düsseldorfer Tabelle, Stand: 1. Januar 2021, die zwar keine Gesetzeskraft hat, jedoch Unterhaltsrichtsätze ausweist. Die jeweils aufgeführten Beträge sind nach der Höhe des bereinigten Nettoeinkommens des Barunterhaltspflichtigen und nach dem Kindesalter gestaffelt.
Wie sich aus Nr. 1 der Anmerkungen der Düsseldorfer Tabelle ergibt, weist die derzeit geltende Tabelle (anders als früher, also vor dem Jahr 2010) den monatlichen Unterhaltsbedarf bezogen auf zwei Unterhaltsberechtigte aus. Sofern eine geringere oder größere Anzahl Unterhaltsberechtigter vorhanden ist, sind Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in eine niedrigere oder höhere Gruppe vorzunehmen, wobei noch die Nr. 6 der Anmerkungen zu beachten ist.
Vorliegend verfügt D über eigene Einkünfte in ausreichender Höhe, so dass hier keine Ehegattenunterhaltsverpflichtung besteht. Da R jedoch drei unterhaltsberechtigte Kinder hat und nicht nur zwei, ist eine Einstufung des R in eine niedrigere Gruppe angemessen.
R, dessen bereinigtes Nettoeinkommen 3950,– € beträgt, ist somit nicht in Einkommensgruppe 7, sondern in 6 einzustufen, so dass er gegenüber P und A zu monatlichen Unterhaltszahlungen in Höhe von je 504,– € und gegenüber V in Höhe von 578,– € verpflichtet ist.
Da der Bedarfskontrollbetrag (vgl. Anmerkung 6), der eine gerechte Verteilung zwischen dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen und den Unterhaltsberechtigten garantieren soll, bei Zahlung der bezifferten Unterhaltsbeträge nicht unterschritten wird, muss eine weitere Herabstufung des R in Gruppe 5 nicht erfolgen.
Repetitorium und Vertiefung
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I. Das Verlöbnis ist das ernsthafte wechselseitige Versprechen zweier Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts, künftig die Ehe miteinander eingehen zu wollen, wodurch ein familienrechtliches Gemeinschaftsverhältnis begründet wird[53]. Zum Verlöbnis, vgl. insbes.: §§ 1297, 1298 bis 1302.
185
II. Zur Rechtsnatur eines Verlöbnisses werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Die insoweit vertretenen Theorien[54] können für die Frage relevant werden, ob ein wirksames Verlöbnis trotz beschränkter Geschäftsfähigkeit eingegangen werden kann.
1. Familienrechtliche Theorie (MM)
186
Nach der familienrechtlichen Theorie ist das Verlöbnis ein Vertrag eigener Art (sui generis). Gefordert wird danach keine Geschäftsfähigkeit i.S.d. §§ 104 ff., sondern eine besondere Verlöbnisfähigkeit in Form einer individuellen geistigen Reife bzw. Ehemündigkeit[55].
2. Tatsächlichkeitstheorie (MM)
187
Nach der ebenfalls früher vertretenen Tatsächlichkeitstheorie ist im Verlöbnis kein Rechtsgeschäft, sondern nur ein rein soziales Verhältnis zu sehen mit der Folge der Unanwendbarkeit der rechtsgeschäftlichen Vorschriften[56].
3. Lehre von der Vertrauenshaftung (MM)
188
Die Lehre von der Vertrauenshaftung sieht im Verlöbnis ein gesetzliches Rechtsverhältnis, das keine Rechtspflicht zur Eheschließung, sondern einen gesetzlichen Vertrauensschutz der Partner zueinander begründet[57]. Infolgedessen wird lediglich eine konkrete Einsichtsfähigkeit gefordert.
4. Vertragstheorie (h.M.)
189
Nach der von der herrschenden Meinung vertretenen Vertragstheorie[58] ist das Verlöbnis ein Vertrag i.S.d. §§ 145 ff. mit der Folge, dass die Vorschriften des allgemeinen Teils des BGB daher grundsätzlich anwendbar sind, so dass auch Geschäftsfähigkeit i.S.d. §§ 104 ff. erforderlich ist. Aufgrund der Höchstpersönlichkeit des Verlöbnisses sollen die Stellvertreterregelungen der §§ 164 ff. nicht gelten (zu den Höchstpersönlichkeitsvoraussetzungen bei der Eheschließung vgl. § 1311). Z.T. wird auch vertreten, dass die §§ 119 ff. wegen der spezielleren Rücktrittsvorschriften der §§ 1298 ff. verdrängt werden[59].
190
III. Die wichtigsten Wirkungen des Verlöbnisses bestehen darin, dass
1. | die Verlobten berechtigt sind, Eheverträge i.S.v. § 1408 abzuschließen, die ihre Rechtswirkungen allerdings erst mit der Eheschließung entfalten[60], |
2. | die Verlobten berechtigt sind, Erbverträge und Erbverzichtsverträge, vgl.: §§ 2275 III, 2276 II, 2279 II, 2347 I 1 abzuschließen und |
3. | den Verlobten im Prozess ein Zeugnis- und Eidesverweigerungsrecht zusteht, vgl.: §§ 383 I Nr. 1 ZPO, 52 I Nr. 1, 61 StPO. |
191
IV. Es bestehen Unterhaltsansprüche zwischen Verwandten i.S.d. §§ 1601 ff., wozu insbesondere die Unterhaltspflicht zwischen Eltern und ihren Kindern gehört[61].
Zudem schulden sich Eheleute und Lebenspartner:innen (i.S.d. LPartG) gegenseitig Unterhalt.
Darüber hinaus können Unterhaltsansprüche unter nicht miteinander verheirateten Eltern aus Anlass der Geburt eines Kindes bestehen, vgl. § 1615l.
192
V. Welchen Unterhaltsanspruch ein Ehegatte bzw. Lebenspartner inne hat, richtet sich nach der jeweiligen zeitlichen Phase, in der sich die Ehe bzw. Lebenspartnerschaft befindet. Es ist insoweit zu unterscheiden: zwischen Familienunterhalt i.S.d. §§ 1360, 1360a bzw. § 5 LPartG bei bestehender häuslicher Gemeinschaft, Trennungsunterhalt nach § 1361 bzw. § 12 LPartG für den Zeitraum zwischen Trennung und Scheidung/Aufhebung der Lebenspartnerschaft und nachehelichem Unterhalt i.S.d. §§ 1569 ff. bzw. § 16 LPartG für die Zeit nach rechtskräftiger Scheidung bzw. Aufhebung.
1. Familienunterhalt
• | Bei bestehender häuslicher Gemeinschaft hat jeder Ehegatte/Lebenspartner – unabhängig vom Güterstand – einen Anspruch darauf, dass der andere Ehegatte/Lebenspartner einen angemessenen Beitrag zum Familienunterhalt leistet, vgl. §§ 1360, 1360a, § 5 LPartG. |
• | Art und Umfang der Unterhaltsleistung richten sich nach der Ausgestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft, vgl. §§ 1360a, 1360 S. 2. |
2. Trennungsunterhalt
193
• | Bei Getrenntleben kann ein Ehegatte/Lebenspartner vom anderen den nach den Lebensverhältnissen (Erwerbs- und Vermögensverhältnissen) der Ehegatten/Lebenspartner angemessenen Unterhalt verlangen, vgl. § 1361, § 12 LPartG. Zweck des Trennungsunterhaltes ist es, zumindest für eine gewisse Zeit, möglichst den „Status quo“ zu halten und einen wirtschaftlich bedingten sozialen Abstieg zu vermeiden, da trotz der Trennung das Eheband noch fortbesteht und nicht voraussehbar ist, ob die Ehe tatsächlich geschieden bzw. die Lebenspartnerschaft aufgehoben wird (dazu: § 15 LPartG) oder ob es zur Versöhnung der Ehegatten/Lebenspartner kommt[62]. |
• | Der nicht erwerbstätige Ehegatte kann nur unter den Voraussetzungen des § 1361 II darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen. Insoweit sind insbesondere auch Alter, Krankheit und ggf. Inanspruchnahme durch die Kinder zu berücksichtigen. |
• | Beim Trennungsunterhalt werden an die Erwerbsobliegenheit weniger strenge Voraussetzungen geknüpft als nach der Scheidung, so dass im ersten Trennungsjahr den vor der Trennung längere Zeit nicht Erwerbstätigen jedenfalls keine generelle Erwerbsobliegenheit trifft, sofern die Ehe nicht nur von kurzer Dauer war[63]. |
3. Nachehelicher Unterhalt
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• | Für die Zeit nach der Scheidung geht der Gesetzgeber in § 1569 grundsätzlich davon aus, dass der geschiedene Ehegatte seinen Unterhalt selbst erwirtschaften soll. Das Prinzip der wirtschaftlichen Eigenverantwortung wird jedoch durch den Grundsatz der nachwirkenden Mitverantwortung bzw. der nachehelichen Solidarität eingeschränkt, so dass u.U. auch für die Zeit nach rechtskräftiger Scheidung ein Unterhaltsanspruch bestehen kann[64]. Für die Lebenspartner ergibt sich Entsprechendes aus § 16 LPartG. |
• | Durch die Änderung des § 1570 (mit Wirkung zum 1.1.2008) wird heute die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch den Kinder betreuenden Elternteil zu einem wesentlich früheren Zeitraum für zumutbar gehalten. Ab Beginn des 4. Lebensjahres hat insofern eine Einzelfallprüfung zu erfolgen[65]. |
• | Die Vorschriften über den nachehelichen bzw. Geschiedenenunterhalt finden bei Aufhebung einer Ehe gemäß § 1318 II grundsätzlich nicht zugunsten des bösgläubigen, täuschenden oder drohenden Ehegatten Anwendung. |
195
VI. Trotz der spezifischen Anspruchsgrundlagen im Unterhaltsrecht gilt bei der Prüfung jeweils das folgende Grundschema, das in der konkreten Falllösung variiert werden kann:
1. | Unterhaltsbeziehung |
2. | Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten a) Bedarf b) Keine eigene Deckungsfähigkeit |
3. | Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten |
4. | Rangfolge |
5. | kein Ausschluss bzw. keine Minderung des Unterhaltsanspruches |
6. | Art der Unterhaltsgewährung |
7. | ggf.: Bezifferung der genauen Höhe des Unterhaltsanspruches |
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VII. Zur Frage des Unterhaltsverzichts in einem Ehevertrag hat der BGH am 11. Februar 2004 klargestellt, dass eine zu einseitige Lastenverteilung unzulässig ist und aufgrund von Sittenwidrigkeit zur Unwirksamkeit der getroffenen Vereinbarung führen kann. Insbesondere ist der „Kernbereich“ der unterhaltsempfangenden Person ausreichend zu berücksichtigen[66].
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VIII. Kontrollfragen
1. | Nennen Sie die Theorien und ihre Inhalte, die zur Rechtsnatur des Verlöbnisses vertreten werden! Wann wird diese Streitfrage relevant? (Rn. 185 ff.) |
2. | Welche Wirkungen resultieren aus einem Verlöbnis? (Rn. 190) |
3. | Nennen Sie die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches aus § 1298 I 2? (Rn. 111 ff.) |
4. | Wie wird die fehlende Einklagbarkeit der Eheschließung i.S.v. § 1297 prozessual ergänzt? (Rn. 110) |
5. | Welche Unterhaltsarten existieren unter Ehegatten? (Rn. 192 ff.) |
6. | Ist es für ein gleichgeschlechtliches Ehepaar möglich, mit Geburt des von beiden gewünschten Kindes gemeinsam Eltern im rechtlichen Sinne zu werden? (Rn. 148 ff.) |
7. | Was versteht man unter der Differenzmethode im Unterhaltsrecht? (Rn. 166) |
8. | Nennen Sie einen möglichen Grund, der die Aufhebung einer Ehe rechtfertigen könnte! (Rn. 174) |
9. | Was ist u.a. im EGBGB geregelt? (Rn. 107, 182) |