Kitabı oku: «Klausurenkurs im Familien- und Erbrecht», sayfa 10
Fall 3 Wer stört?
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Nach zwanzigjähriger Ehe mit seiner Ehefrau Erika (E) beginnt der 55-jährige Professor der Düsseldorfer Kunstakademie Malte Mann (M) ein Verhältnis mit einem seiner Studenten, dem 23-jährigen Sandro Salzburger (S). An den Werktagen treffen sie sich in Sandros WG in Düsseldorf-Oberbilk, am Wochenende nimmt M ihn mit zu sich nach Hause nach Düsseldorf-Kaiserswerth, während E, die nicht berufstätig ist, die Zeit bei ihrer demenzkranken und pflegebedürftigen Mutter in Wuppertal verbringt.
Als im Haushalt der Manns die Espressomaschine nicht mehr funktioniert, will E beim Elektrohändler Heintze (H) eine neue kaufen. Telefonisch einigen sich H und E auf ein bestimmtes Modell, das H ordern wird, sobald er eine Anzahlung von 50 Euro erhält. E fehlt für die Anzahlung noch etwas Bargeld. Auf der Suche danach, entdeckt sie zu Hause in der Hosentasche ihres Mannes Kondome einer Marke, die sie und ihr Mann nie verwendet haben.
Sie stellt ihren Mann zur Rede und erfährt die ganze Wahrheit. E erleidet einen Nervenzusammenbruch und muss für sechs Wochen zur Kur. Auch nach ihrer Rückkehr sind noch ärztliche Behandlungen notwendig.
E wendet sich an einen Anwalt mit der Frage, ob sie auf gerichtlichem Wege von ihrem Mann verlangen könne, dass er ihr wieder treu sei.
Außerdem möchte sie, dass ihr die entstandenen Kosten für die Kur bzw. die ärztlichen Behandlungen erstattet werden und zwar wäre es ihr am liebsten, wenn S alles bezahlen müsste.
S soll das Haus, das E gemeinsam mit ihrem Mann gebaut hat, nie wieder betreten dürfen. E möchte von S auch Schmerzensgeld.
Bereiten Sie bitte die Antwort des beratenden Anwalts in einem Gutachten vor.
Gehen Sie davon aus, dass noch privatärztliche Rechnungen offen sind, die private Krankenkasse derzeit nicht zahlt, obwohl sie dazu verpflichtet ist und eine alsbaldige (Vor-)leistung insoweit erforderlich ist.
Wie ist die Rechtslage, wenn sich E mit H vertraglich über den Kauf und die Übereignung der Espressomaschine geeinigt hätte und M, der die Maschine bezahlt hat, nach Kaufvertragsschluss ausgezogen wäre: Hätte M einen Anspruch auf Lieferung einer Espressomaschine, obwohl H zwischenzeitlich an E geliefert hat?
Vorüberlegungen
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I. | Nicht ganz einfach ist es bei dieser Klausur, die maßgeblichen verfahrensrechtlichen Normen aus dem FamFG und GVG in die Lösung einzubeziehen, die an sich in einem materiellen Gutachten nur eine untergeordnete Rolle spielen. |
II. | Da danach gefragt ist, einen anwaltlichen Rat in einem Gutachten vorzubereiten, ist es z.B. zwingend erforderlich, auch auf die Vollstreckbarkeit einzelner Ansprüche einzugehen. Sofern es ein Rechtsanwalt unterlassen würde, in einem Mandantengespräch auf den Regelungsinhalt des § 120 III FamFG (vor dem 1.9.2009: § 888 III ZPO) hinzuweisen, könnte dies haftungsrechtliche Konsequenzen haben. |
Gliederung
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A. | Ansprüche der E im Innenverhältnis gegen M | |||
I. | Anspruch der E gegen M auf Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft aus § 1353 I 2 | |||
1. | Umfang des § 1353 I 2 | |||
2. | Vollstreckbarkeit des Anspruches | |||
II. | Unterlassungsansprüche der E gegen M | |||
1. | Anspruch auf Unterlassung von Ehestörungen gemäß § 1353 I 2 | |||
2. | Unterlassungsanspruch i.S.d. §§ 1004 I 2, 823 I analog | |||
a) | Rechtswidrige Beeinträchtigung einer deliktisch geschützten Rechtsposition | |||
b) | Wiederholungsgefahr in Bezug auf die rechtswidrige Beeinträchtigung | |||
c) | Anspruchsgegner ist Störer | |||
d) | Rechtsfolge und Ergebnis | |||
3. | Unterlassungsanspruch aus § 862 | |||
III. | Anspruch der E gegen M auf Schadensersatz wegen der Ehestörungen | |||
1. | Anspruch der E gegen M aus § 1353 I 2 | |||
a) | Literaturansicht | |||
b) | Rechtsprechung und Literaturansicht (h.M.) | |||
c) | Diskussion und Ergebnis | |||
2. | Deliktischer Anspruch der E gegen M gemäß den §§ 823 ff. | |||
IV. | Anspruch der E gegen M auf Zahlung der Kosten für Kur und ärztliche Behandlung aus §§ 1360, 1360a | |||
B. | Ansprüche der E im Außenverhältnis gegenüber S | |||
I. | Unterlassungsanspruch der E gegen S i.S.d. §§ 1004 I 2, 823 I analog | |||
1. | Befürwortung des allgemeinen Unterlassungsanspruches i.S.d. §§ 1004 I 2, 823 I analog | |||
2. | Herrschende Meinung | |||
3. | Diskussion und Ergebnis | |||
II. | Anspruch der E gegen S auf Verlassen bzw. auf Unterlassen des künftigen Betretens der Wohnung gemäß § 862 | |||
III. | Schadensersatzanspruch der E gegen S aus § 823 I | |||
1. | Befürwortung eines Schadensersatzanspruches | |||
2. | Ständige Rechtsprechung des BGH (h.M.) | |||
3. | Diskussion | |||
4. | Ergebnis | |||
IV. | Schmerzensgeldanspruch der E gegen S aus § 253 II | |||
C. | Gesamtergebnis | |||
D. | Anspruch des M gegen H auf Lieferung einer Espressomaschine aus § 433 I i.V.m. § 1357 | |||
I. | Verpflichtung des H über § 1357 | |||
1. | Anwendbarkeit | |||
2. | Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs | |||
3. | Kein Ausschluss durch Eigengeschäft i.S.v. § 1357 I 2 a.E. oder Beschränkung i.S.d. § 1357 II 1 | |||
4. | Zwischenergebnis | |||
II. | Erfüllung gemäß § 362 I | |||
1. | Berechtigung gemäß § 428 oder § 432 | |||
a) | Gesamtgläubigerschaft i.S.v. § 428 | |||
b) | Mitgläubigerschaft gemäß § 432 | |||
c) | Diskussion | |||
2. | Zwischenergebnis | |||
III. | Ergebnis |
Lösung
A. Ansprüche der E im Innenverhältnis gegen M
201
Fraglich ist, welche Ansprüche E im Innenverhältnis gegen ihren Mann zustehen könnten.
I. Anspruch der E gegen M auf Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft aus § 1353 I 2
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In Betracht kommen könnte ein Anspruch der E gegen M auf Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft aus § 1353 I 2, der gemäß § 266 I Nr. 2 FamFG als sonstige Familiensache geltend gemacht werden kann.
1. Umfang des § 1353 I 2
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Durch die in § 1353 I 2 enthaltene familienrechtliche Generalklausel[1] besteht eine Rechtspflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft und zu gegenseitiger Verantwortung[2]. Zwar steht es den Ehegatten frei, sich nach ihren Vorstellungen über ihre persönliche Lebensgestaltung zu einigen, sofern zwischen ihnen aber keine bzw. keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde, sind die von Rechtsprechung und Lehre herausgebildeten konkreten Ehepflichten zugrunde zu legen. Danach gehört zur Ehe insbesondere Liebe und Achtung[3], eheliche Treue, Rücksichtnahme, die Teilnahme an den Interessen des/der Anderen[4], Sorge für die gemeinsamen Kinder und die in den Haushalt aufgenommenen Kinder des anderen Ehegatten[5], die Benutzung der Ehewohnung und der Haushaltsgegenstände i.d.R. als gleichberechtigten Mitbesitz zu gestatten[6], z.T. wird auch Geschlechtsgemeinschaft benannt[7], grundsätzlich auch häusliche Gemeinschaft[8] und eine allgemeine Beistandspflicht[9].
Grundsätzlich lässt sich also auch ein Anspruch auf eheliche Treue aus § 1353 I 2 herleiten.
Fraglich ist aber, ob diesem Anspruch § 1353 II entgegenstehen könnte. § 1353 II bestimmt, dass ein Ehegatte nicht verpflichtet ist, der Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft Folge zu leisten, wenn das darauf gerichtete Verlangen rechtsmissbräuchlich ist oder aber, wenn die Ehe gescheitert ist.
In Betracht kommt hier, dass die Ehe der Manns als gescheitert anzusehen sein könnte. Wann eine Ehe gescheitert ist, ergibt sich aus den §§ 1565 I 2, 1566 I und II. Sowohl für den positiven Nachweis i.S.d. § 1565 I 2, als auch für die Zerrüttungsvermutungen der § 1566 I, II ist erforderlich, dass die eheliche Lebensgemeinschaft zwischen den Ehegatten nicht mehr besteht bzw. sie getrennt leben i.S.d. § 1567. Ein Getrenntleben i.S.v. § 1567 würde in objektiver Hinsicht das Nichtbestehen der häuslichen Gemeinschaft und in subjektiver Hinsicht eine Trennungsabsicht voraussetzen. Beides ist laut Sachverhalt bei den Manns nicht gegeben.
§ 1353 II ist folglich hier nicht einschlägig.
Somit hat E gegen M aus § 1353 I 2 einen Anspruch auf Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft, d.h. M ist u.a. auch zu ehelicher Treue verpflichtet.
2. Vollstreckbarkeit des Anspruches
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Fraglich ist jedoch, ob dieser Anspruch auch vollstreckbar ist. Insofern könnte § 120 III FamFG entgegenstehen.
Im Sinne dieser Norm unterliegt die Verpflichtung zur Eingehung einer Ehe und zur Herstellung des ehelichen Lebens nicht der Vollstreckung. Da E die Verpflichtung ihres Mannes zur ehelichen Treue – mithin ein Herstellungsbegehren – erstrebt, ist ihr aus § 1353 I 2 bestehender Anspruch gemäß § 120 III FamFG nicht vollstreckbar.
II. Unterlassungsansprüche der E gegen M
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Fraglich ist, ob zugunsten der E Unterlassungsansprüche gegen M bestehen könnten.
1. Anspruch auf Unterlassung von Ehestörungen gemäß § 1353 I 2
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Das Begehren der E auf Unterlassung von Ehestörungen gegen ihren Mann M könnte sich auf § 1353 I 2 stützen lassen.
Grundsätzlich ist das Gebot der ehelichen Treue im Recht auf gegenseitige Rücksichtnahme aus § 1353 I 2 enthalten, so dass ein Anspruch der E gegen M auf Unterlassung von Ehestörungen gemäß § 1353 I 2 bestehen müsste.
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Ob im Rahmen des § 1353 I 2 jedoch überhaupt eine Unterlassungsklage zuzulassen sei, wurde – zumindest vor Einführung des FamFG – auf Grundlage prozessualer Erwägungen unterschiedlich beurteilt[10].
Maßgeblich war i.R.d. Meinungsstreits insbesondere die Frage, ob es sich bei einem derartigen Begehren um eine allgemeine Zivilsache i.S.e. Unterlassungsklage[11] mit Zuständigkeit des allgemeinen Prozessgerichts oder aber um eine Ehesache i.S.e. Herstellungsklage[12] mit Zuständigkeit des Familiengerichts handele.
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Das FamFG stellt jedoch klar, dass bei derartigen Begehren keine allgemeine Zivilsache und keine Ehesache i.S.d. § 121 FamFG, sondern eine so genannte sonstige Familiensache i.S.d. §§ 111 Nr. 10, 266 I Nr. 2 FamFG vorliegt, die nach § 112 Nr. 3 FamFG als Familienstreitsache qualifiziert wird. Damit sind über § 120 I FamFG die Vollstreckungsregelungen der ZPO anwendbar, wobei die Ausnahme in § 120 III FamFG zu beachten ist. (Sachlich) zuständig für eine derartige Familiensache ist das Familiengericht, vgl. §§ 23a I Nr. 1, 23b GVG.
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Selbst wenn also das Begehren der E auf § 1353 I gestützt werden kann, bleibt es dabei, dass ein Anspruch auf Herstellung des ehelichen Lebens wegen § 120 III FamFG nicht der Vollstreckung unterliegt.
Ein durchsetzbarer Anspruch der E gegen M auf Unterlassung von Ehestörungen aus § 1353 I besteht folglich nicht.
2. Unterlassungsanspruch i.S.d. §§ 1004 I 2, 823 I analog
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Fraglich ist, ob E gegen M der quasi-negatorische Unterlassungsanspruch i.S.d. §§ 1004 I 2, 823 I analog zustehen könnte[13].
a) Rechtswidrige Beeinträchtigung einer deliktisch geschützten Rechtsposition
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Dies setzt voraus, dass die zu beurteilende Ehestörung als rechtswidrige Beeinträchtigung einer deliktisch geschützten Rechtsposition zu qualifizieren ist.
Von der Rechtsprechung wurde dies dann bejaht, wenn durch ein ehebrecherisches Verhältnis der „räumlich-gegenständliche Bereich“ der Ehe beeinträchtigt wird[14]. Gemeint ist mit dem „räumlich-gegenständlichen Bereich“ nicht nur die Ehewohnung. Auch Geschäftsräume lassen sich darunter subsumieren, wenn sie, ähnlich wie die eheliche Wohnung, zum äußeren gegenständlichen Bereich der Ehe gehören[15]. Z.T. wird das Recht des Ehegatten auf einen störungsfreien „räumlich-gegenständlichen Bereich“ als sonstiges Recht i.S.v. § 823 I qualifiziert[16], z.T. wird es aber auch als Rechtsgut angesehen, das über Art. 6 I GG und Art. 1 III GG i.V.m. § 823 II geschützt sei[17]. Wieder andere sehen das Persönlichkeitsrecht des anderen Ehegatten i.S.d. Art. 1 i.V.m. Art. 2 GG als geschütztes Rechtsgut an[18].
Letztlich besteht jedoch Einigkeit darüber, dass die quasi-negatorische Unterlassungs- und Beseitigungsklage in einem solchen Fall ebenso gewährt werden muss, wie in Fällen, in denen ein anderes durch § 823 I allgemein geschütztes Rechtsgut beeinträchtigt wird[19], so dass zugunsten der E der entsprechende Schutz besteht.
Während E gegen M wegen § 120 III FamFG keinen allgemeinen durchsetzbaren Unterlassungsanspruch aufgrund von Ehestörungen i.S.v. § 1353 geltend machen kann, könnte – sofern auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind – zu ihren Gunsten ein i.S.v. § 120 I FamFG i.V.m. § 890 ZPO durchsetzbarer Unterlassungsanspruch gegen M, bezogen auf den räumlich-gegenständlichen Bereich der Ehe, bestehen, da sich die ehebrecherische Beziehung auch in der ehelichen Wohnung abspielte.
b) Wiederholungsgefahr in Bezug auf die rechtswidrige Beeinträchtigung
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Da es der E um die Abwehr künftiger Beeinträchtigungen geht, ist auch die Wiederholungsgefahr in Bezug auf die rechtswidrige Beeinträchtigung materielle Anspruchsvoraussetzung[20]. Aufgrund des bisherigen Verhaltens von M und S ist ernsthaft zu befürchten, dass es sich bei der vorliegenden Ehestörung um eine wiederholt bevorstehende rechtswidrige Beeinträchtigung handelt.