Kitabı oku: «Über Ungleichheit», sayfa 4
DIE SHOPPINGMALL IM TRUMP TOWER IN NEW YORK. IST ES EFFIZIENT, DURCH LUXUSGÜTER BEDÜRFNISSE ZU ERFÜLLEN UND GLÜCK ZU STIFTEN?
BRAUCHT IRGENDJEMAND EINE MILLIARDE EURO?
Viele Familien können kaum ihre Miete und Heizkosten bezahlen. Andere fliegen auf tropische Inseln in den Urlaub. Ist dies eine effiziente Verwendung unserer aktuellen Wirtschaftsleistung? Angesichts der Ressourcen, die wir haben: Ist dies der beste Weg, menschliche Bedürfnisse zu befriedigen und menschliches Glück zu schaffen?
“ Wir können unser Glück nicht unbegrenzt mehren, indem wir etwa mehr Essen kaufen. Schließlich können wir uns nicht mehr als sattessen.
Das ist eigentlich eine alte Kontroverse in der Wirtschaftswissenschaft, aber sie wird gern unter den Teppich gekehrt. Eine der Wurzeln der modernen Wirtschaftstheorie liegt im Utilitarismus des 19. Jahrhunderts, der auf Ökonomen und Philosophen wie Jeremy Bentham und John Stuart Mill zurückgeht. Ihnen zufolge sollte die Sozial- und Wirtschaftspolitik schlicht danach streben, das größtmögliche Gesamtglück, sprich „Nutzen“, zu stiften – ein radikaler Gedanke! Sie sei nicht nach moralischen Prinzipien oder ihrem Beitrag zu einer langfristigen Transformation zu beurteilen, sondern nur danach, ob sie in Summe das größtmögliche Glück für alle schafft. Insofern ist die moderne Ökonomie nach wie vor grundsätzlich utilitaristisch, d. h. am Gesamtnutzen orientiert.
In der Tradition von Adam Smith glaubten die Utilitaristen, dass sich das Gesamtglück maximieren lässt, wenn jede und jeder Einzelne im Wettbewerb versucht, für sich selbst das Beste herauszuholen. Sie waren also weder Marktfeinde noch Antikapitalisten. Aber wie die meisten klassischen Ökonomen glaubten auch sie an sinkende Renditen. Wir können unser Glück nicht unbegrenzt mehren, indem wir etwa mehr Essen kaufen. Schließlich können wir uns nicht mehr als sattessen. Wenn wir 110 Euro statt 100 Euro für eine Flasche Wein ausgeben, werden wir kaum denselben Nutzenzuwachs erzielen wie mit 10 Euro für ein Essen, wenn wir andernfalls hungern müssten.
ÁNGEL PÉREZ FERNÁNDEZ UND SEINE FRAU MARIA REGINE VERLOREN IHREN JOB, ALS IN DER FINANZKRISE 2007–2008 DER SPANISCHE IMMOBILIENMARKT KOLLABIERTE.
Doch dies brachte die Utilitaristen zu einer Schlussfolgerung, die vielleicht unbequem war. Da der Konsum sinkende Renditen liefert, wird eine gleichmäßige Einkommensverteilung wahrscheinlich zu größerem Glück führen. Es scheint besser, dafür zu sorgen, dass zehn Familien satt werden, als der Vorliebe einer Person für teuren Wein nachzugeben. Eine zugunsten weniger Glücklicher verzerrte Einkommensverteilung scheint sehr ineffizient, wenn es darum geht, mit der Wirtschaftsleistung Bedürfnisse zu erfüllen und Glück zu schaffen.
Kaum überraschend, wurden diese unbequemen Schlussfolgerungen angegriffen – und es war ein Angriff auf den Liberalismus selbst.
“ Der liberale Glaube an die Gleichheit der Menschen wurde weitgehend durch die populäre Vorstellung ersetzt, der ungleiche wirtschaftliche Erfolg von Menschen verschiedener Rasse, Klasse und Geschlechtszugehörigkeit sei vor allem auf angeborene, biologisch unterschiedliche Fähigkeiten zurückzuführen.
Der klassische Liberalismus hat seinen Ursprung in den Revolutionen in England, Amerika und Frankreich. Er hielt der alten Feudalordnung entgegen, dass „alle Menschen gleich geboren sind“. Aber Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte England – mittlerweile das industrielle Herz des British Empire – den Aufstieg eines neuen Antiegalitarismus. Inspiriert von Darwins Theorie der natürlichen Selektion, meinten die Eugeniker, Ziel öffentlicher Politik solle nicht das größtmögliche heutige Gesamtglück sein, sondern eine bessere Gesellschaft in der Zukunft – eine Gesellschaft aus biologisch überlegenen Menschen.
IM SINNE DARWINS ARGUMENTIERTEN ÖKONOMEN, REICHE MENSCHEN HÄTTEN EINE HÖHERE GLÜCKSFÄHIGKEIT UND SEIEN DAHER MOTIVIERTER, HART ZU ARBEITEN.
Das waren nicht die Ansichten einiger Spinner am Rande des öffentlichen Diskurses. Der liberale Glaube an die Gleichheit der Menschen wurde weitgehend durch die populäre Vorstellung ersetzt, der ungleiche wirtschaftliche Erfolg von Menschen verschiedener Rasse, Klasse und Geschlechtszugehörigkeit sei vor allem auf angeborene, biologisch unterschiedliche Fähigkeiten zurückzuführen. Man könne die Armen daheim oder in den Kolonien mit Almosen unterstützen, aber das wurde oft als Verschwendung an Menschen angesehen, die man für von Natur aus verloren und arbeitsscheu hielt.
“ Die Wissenschaft erkannte: Das Glück oder die Glücksfähigkeit anderer lässt sich nicht objektiv messen.
Und weil die Menschen zunehmend als ungleich geboren betrachtet wurden, stellten viele Ökonomen auch infrage, ob sie überhaupt alle in gleichem Maße glücksfähig seien. Vielleicht verschaffen die zehn Euro mehr für einen teuren Wein dem kultivierten Weinkenner genauso viel Glück wie dem Hungrigen ein einfaches Essen für zehn Euro? F. Y. Edgeworth war einer der führenden Begründer der modernen, neoklassischen Nutzentheorie. Er war auch ein überzeugter Eugeniker. Was, fragte er, wenn die Glücksfähigkeit eines Menschen gering ist? Dann scheint ihm der Nutzen, den er aus dem Konsum zieht, die Mühe – also den „negativen Nutzen“ – seiner Arbeit nicht aufzuwiegen, was Faulheit und Armut erklären würde. Reiche Menschen, so Edgewood, sind reich, weil sie eine größere Glücksfähigkeit haben, den Konsum als lohnender empfinden und daher härter arbeiten und im Darwin‘schen Sinne „fitter“ sind.[9]
WAS, WENN WIR GLEICH GEBOREN WERDEN, MIT DER GLEICHEN FÄHIGKEIT, ZUR GESELLSCHAFT BEIZUTRAGEN UND IHRE FRÜCHTE ZU GENIESSEN?
Wer hatte recht? Die Wissenschaft erkannte: Das Glück oder die Glücksfähigkeit anderer lässt sich nicht objektiv messen. Sie änderte deshalb ihre Herangehensweise. An die Stelle eines messbaren „Kardinalnutzens“ rückte der „Ordnungsnutzen“, der sich an den beobachteten Präferenzen der Menschen orientiert. Das Konzept des Gesamtglücks wurde also aufgegeben, und seither gilt die „Pareto-Effizienz“ als das ideale Ziel. Eine Volkswirtschaft ist Pareto-effizient, wenn niemand für sich ein besseres Ergebnis erzielen kann, ohne dass sich dadurch für andere das Ergebnis verschlechtert.[10]