Kitabı oku: «Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Achter Band: enthaltend Kapitel 15 und 16.», sayfa 15
Militärische Operationen in Irland; Waterford genommen
Die im Kanale und auf dem Continent vorgehenden Ereignisse nöthigten Wilhelm wiederholte Abänderungen in seinen Plänen zu treffen. Im Laufe der Woche, welche auf seinen triumphirenden Einzug in Dublin folgte, kamen Boten mit schlimmen Nachrichten rasch hintereinander aus England. Zuerst kam die Nachricht von Waldeck’s Niederlage bei Fleurus. Der König war tief betrübt darüber. Alle Freude über seinen eigenen Sieg, sagte er, werde ihm dadurch verleidet. Gleichwohl setzte er sich mit der hinter seiner finstren Außenseite verborgenen Hochherzigkeit noch im Augenblicke des ersten Unmuths nieder und schrieb einen freundlichen und ermuthigenden Brief an den unglücklichen General.220 Drei Tage darauf kamen noch beunruhigendere Nachrichten. Die verbündete Flotte war schimpflich geschlagen. Das Meer von den Dünen bis Land’s End war im Besitz des Feindes. Die nächste Post konnte die Nachricht von einem feindlichen Einfall in Kent bringen. Ein französisches Geschwader konnte im St. Georgskanal erscheinen und mit Leichtigkeit alle in der Bai von Dublin vor Anker liegenden Transportschiffe verbrennen. Wilhelm beschloß nach England zurückzukehren; zuvor aber wünschte er sich einen guten Hafen an der Ostküste von Irland zu sichern. Waterford war der seinem Zwecke am besten entsprechende Platz und er richtete denn auch unverzüglich seinen Marsch dahin. Clonmel und Kilkenny wurden von den irischen Truppen verlassen, sobald es bekannt ward, daß er heranrückte. In Kilkenny wurde er am 19. Juli vom Herzoge von Ormond in dem alten Schlosse der Butler bewirthet, das vor nicht langer Zeit von Lauzun bewohnt gewesen war und das daher trotz der allgemeinen Verwüstung noch Tische und Stühle in den Zimmern, Tapeten an den Wänden und Claret im Keller hatte. Am 21. bequemten sich zwei in Waterford liegende Regimenter nach einem schwachen Anschein von Widerstand zum Abzuge; einige Stunden später wurde das Fort Duncannon übergeben, das sich am Eingange des Hafens auf einem felsigen Vorgebirge erhob, und Wilhelm war Herr des ganzen sicheren und geräumigen Beckens, das von den vereinigten Gewässern des Suir, des Nore und des Barrow gebildet wird. Er kündigte hierauf seine Absicht an, sofort nach England zurückzukehren, und nachdem er den Grafen Solms zum Oberbefehlshaber der Armee in Irland ernannt hatte, reiste er nach Dublin ab.221
Unterwegs trafen ihn jedoch gute Nachrichten. Tourville war an der Küste von Devonshire erschienen, hatte einige Truppen ans Land gesetzt und Teignmouth zerstört; allein er hatte damit nichts weiter erreicht, als daß die ganze Bevölkerung der westlichen Grafschaften sich bewaffnet gegen die Eingedrungenen erhoben. Der Feind war wieder abgezogen, nachdem er gerade so viel Schaden angerichtet, um die Sache Jakob’s den Tories sowohl als den Whigs eine Zeit lang verhaßt zu machen. Wilhelm änderte daher abermals seinen Plan und eilte zu seiner Armee zurück, die sich während seiner Abwesenheit westwärts bewegt hatte und bei der er in der Nähe von Cashel wieder eintraf.222
Um diese Zeit erhielt er einen Brief von Marien, worin sie ihn ersuchte, eine wichtige Frage zu entscheiden, über welche der Rath der Neun getheilter Meinung war. Marlborough war der Ansicht, daß jede Gefahr einer Invasion für dieses Jahr vorüber sei. Das Meer, sagte er, sei frei, denn die französischen Schiffe seien nach Hause zurückgekehrt, wo sie ausgebessert würden. Jetzt sei es Zeit, eine englische Flotte mit fünftausend Mann Truppen an Bord nach dem südlichen Ende von Irland zu schicken. Eine solche Streitmacht könne Cork und Kinsale, zwei der wichtigsten Plätze, die sich noch in der Gewalt der Truppen Jakob’s befänden, ohne Schwierigkeit nehmen. Nottingham unterstützte Marlborough kräftig; eben so energisch aber opponirten ihm die übrigen Mitglieder des Staatsraths mit Caermarthen an ihrer Spitze. Die Königin berichtete die Sache ihrem Gemahl. Er billigte den Plan entschieden und gab Befehl, daß er von dem General, der ihn entworfen, ausgeführt werden solle. Caermarthen fügte sich, wenn auch mit Widerstreben und über die ausnehmende Parteilichkeit Sr. Majestät für Marlborough murrend.223
Die irische Armee bei Limerick zusammengezogen. Lauzun erklärt, daß der Platz nicht zu halten sei
Inzwischen rückte Wilhelm gegen Limerick vor. In diese Stadt hatte die am Boyne geschlagene Armee sich geworfen, zwar entmuthigt und mit Schande bedeckt, der Zahl nach aber nur unbedeutend geschwächt. Er würde nicht die Mühe gehabt haben, sie zu belagern, wenn der Rath Lauzun’s und seiner Landsleute befolgt worden wäre. Sie lachten über den Gedanken, solche Festungswerke vertheidigen zu wollen und gestanden überhaupt gar nicht zu, daß man den Namen Befestigungswerke Erdhaufen geben könne, die allerdings wenig Aehnlichkeit mit den Werken von Valenciennes und Philipsburg hatten. „Die Engländer,” sagte Lauzun mit einem Schwure, „brauchen nicht erst Kanonen gegen eine Festung wie diese aufführen zu lassen. Was Ihr Eure Wälle nennt, könnte man mit gebratenen Aepfeln zusammenschießen.” Er stimmte daher für die Räumung Limerick’s und erklärte daß er entschlossen sei, auf keinen Fall das Leben der Tapferen, die sein Gebieter seiner Obhut anvertraut habe, in einem nutzlosen Widerstande aufzuopfern.224 Die persönlichen Neigungen des glänzenden und kühnen Franzosen hatten allerdings nicht geringen Einfluß auf seinen Ausspruch. Er und seine Waffengefährten waren Irland’s müde. Sie waren bereit, muthig, ja freudig auf einem Schlachtfelde dem Tode ins Angesicht zu schauen; aber das unthätige, schmutzige und barbarische Leben, das sie nun schon seit mehreren Monaten führten, war mehr als sie ertragen konnten. Sie waren der civilisirten Welt eben so weit entrückt, als wenn sie nach Dahomey oder Spitzbergen verbannt gewesen wären. Das Klima untergrub ihre Gesundheit und ertödtete ihre Lebensgeister. In diesem durch einen jahrelangen Raubkrieg ausgesogenen unglücklichen Lande vermochte die Gastfreundschaft wenig mehr zu bieten als ein Strohlager, ein Stück halb rohes und halb verbranntes Fleisch und einen Schluck saure Milch. Eine Brotrinde und eine Flasche Wein waren kaum für schweres Geld zu erlangen. Ein Jahr solcher Strapatzen und Entbehrungen war eine Ewigkeit für Männer, welche von jeher gewohnt waren, allen Luxus von Paris mit ins Feld zu nehmen: weiche Betten, kostbare Decken, Silbergeschirr, Körbe voll Champagner, Operntänzerinnen, Köche und Musiker. Besser ein Gefangener in der Bastille, besser ein Mönch in La Trappe, als Generalissimus der halbnackten Wilden, die sich im Schlamme der öden Sümpfe von Munster wälzten. Jeder Vorwand war willkommen, der als Entschuldigung für die Rückkehr in das Land der Kornfelder und Weingärten, der vergoldeten Karossen und der Spitzenkragen, der Ballsäle und Theater dienen konnte.225
Die Irländer bestehen auf der Vertheidigung von Limerick
Ganz anders war die Gesinnung der Söhne des Landes. Die Insel, welche in den Augen französischer Hofleute ein trostloser Verbannungsort war, war des Irländers Heimath. Hier waren alle Gegenstände seiner Liebe und seines Ehrgeizes vereinigt und hier hoffte er, daß sein Staub sich einst mit dem Staube seiner Väter vermischen werde. Für ihn hatten selbst der durch die Dünste des Oceans verschleierte Himmel, die schwarzen Binsendickichte und stehenden Gewässer, die Lehmhütten, in denen die Landleute ihre Wurzelmahlzeit mit den Schweinen theilten, einen Reiz, der den sonnigen Tagen, den wogenden Feldern und den stattlichen Palästen der Seine fehlte. Er konnte sich keine schönere Wohnstätte denken als sein Vaterland, wenn es erst einmal von der Tyrannei der Sachsen erlöst sein würde; und jede Hoffnung, sein Vaterland von dem Tyrannenjoche der Sachsen erlöst zu sehen, mußte schwinden, wenn Limerick übergeben wurde.
Das Verhalten der Irländer während der letzten zwei Monate hatte ihren militärischen Ruf auf die tiefste Stufe herabgezogen. Sie waren, mit Ausnahme einiger tapferer Cavallerieregimenter, am Boyne schimpflich geflohen und hatten sich dadurch die Verachtung ihrer Feinde sowohl wie ihrer Verbündeten zugezogen. Die Engländer, die sich in Saint-Germains befanden, nannten die Irländer nie anders als ein Volk von Memmen und Verräthern.226 Die Franzosen waren so erbittert gegen die unglückliche Nation, daß irische Kaufleute, die schon seit vielen Jahren in Paris etablirt waren, sich nicht in den Straßen zeigen durften, wenn sie vom Pöbel nicht insultirt werden wollten.227 Das Vorurtheil war so stark, daß alberne Geschichten erfunden wurden, um die Unerschrockenheit, mit der die Reiter gefochten, zu erklären. Bald sagte man, die Reiter seien nicht Männer von celtischem Geblüt, sondern Nachkommen der alten Engländer des Sachsengebiets;228 bald wieder, sie seien kurz vor der Schlacht mit Branntwein berauscht worden.229 Nichts ist jedoch gewisser, als daß sie zum größten Theil irischer Abstammung gewesen sein müssen; auch hatte der sich gleichbleibende Muth, den sie in einem langen und fast hoffnungslosen Kampfe entfalteten, nicht die mindeste Aehnlichkeit mit der Wuth eines durch geistige Getränke zu momentaner Tapferkeit erhitzten Feiglings. Selbst bei der Infanterie, so undisciplinirt und desorganisirt sie war, fand sich viel Muth, nur wenig Ausdauer. Anfälle von Begeisterung und Anfälle von Entmuthigung wechselten mit einander ab. Das nämliche Bataillon, das jetzt in panischem Schrecken die Waffen wegwarf und um Pardon bat, focht bei einer andren Gelegenheit mit großer Tapferkeit. In der Schlacht am Boyne war der Muth der ungeübten und schlecht commandirten Kernen auf den Nullpunkt gesunken. Als sie sich in Limerick wieder gesammelt hatten, war ihr Blut in Aufruhr. Patriotismus, Fanatismus, Scham, Rachedurst und Verzweiflung hatten sie über sich selbst erhoben. Offiziere und Mannschaften verlangten einstimmig, daß die Stadt bis aufs Aeußerste vertheidigt werde. An der Spitze Derer, welche für den Widerstand waren, stand der tapfere Sarsfield, und seine Ermahnungen erweckten in allen Reihen einen Muth, der dem seinigen gleichkam. Sein Vaterland zu retten, lag außer seiner Macht. Er konnte nichts weiter thun, als den letzten Todeskampf um ein blutiges und unheilvolles Jahr verlängern.230
Tyrconnel ist gegen die Vertheidigung von Limerick
Tyrconnel war vollkommen unfähig, die Frage, über welche die Franzosen und die Irländer getheilter Meinung waren, zu entscheiden. Die einzigen militärischen Tugenden, die er jemals besessen, waren persönliche Tapferkeit und Geschicklichkeit im Gebrauche des Degens. Diese Eigenschaften hatten ihn in früherer Zeit befähigt, Nebenbuhler von den Thüren seiner Maitressen fern zu halten und bei Hahnenkämpfen und am Spieltische den Hektor zu spielen. Um aber über die Möglichkeit einer Vertheidigung von Limerick sich ein Urtheil zu bilden, dazu gehörte mehr. Wäre sein Blut noch so heiß gewesen wie in den Tagen, da er mit Grammont würfelte und dem alten Herzoge von Ormond den Hals zu brechen drohte, würde er wahrscheinlich dafür gestimmt haben, das Aeußerste zu wagen. Aber Alter, Mühen und Krankheit hatten von dem bramarbasirenden, polternden und rauflustigen Dick Talbot der Restauration wenig mehr übrig gelassen. Er war sehr schwach geworden und einer energischen Anstrengung nicht mehr fähig. Die französischen Offiziere erklärten ihn für gänzlich unwissend in der Kriegskunst. Sie hatten bemerkt, daß er am Boyne ganz bestürzt ausgesehen, unfähig selbst Anordnungen zu treffen, ja sogar unfähig, sich über die von Anderen gemachten Vorschläge zu entscheiden.231 Die Niederlagen, welche seitdem rasch aufeinander gefolgt, waren nicht geeignet, die Lebenskraft eines so kläglich geschwächten Geistes wieder zu heben. Seine Gattin war mit den spärlichen Ueberresten seines einst großen Vermögens schon in Frankreich, er wünschte ihr dahin zu folgen, und daher stimmte er für das Aufgeben der Stadt.
Limerick wird von den Irländern allein vertheidigt
Schließlich wurde ein Uebereinkommen getroffen. Lauzun und Tyrconnel zogen sich mit den französischen Truppen nach Galway zurück, und die Hauptmacht der eingebornen Armee, etwa zwanzigtausend Mann, blieb in Limerick. Das Obercommando wurde hier Boisseleau übertragen, der den Character der Irländer besser kannte und sie in Folge dessen günstiger beurtheilte als irgend einer ihrer Landsleute. Im Allgemeinen sprachen die französischen Offiziere von ihren Verbündeten mit grenzenloser Verachtung und Abscheu, wodurch sie sich bei ihnen ebenso verhaßt machten wie die Engländer.232
Lauzun und Tyrconnel waren kaum abgezogen, als die Vorhut von Wilhelm’s Armee sichtbar wurde. Bald kam der König selbst, von Auverquerque und Ginkell nebst einer Eskorte von dreihundert Reitern begleitet, herangeritten, um die Festungswerke in Augenschein zu nehmen. Die Stadt, damals die zweite in Irland, hat, obwohl weniger verändert, als die meisten anderen großen Städte auf den britischen Inseln, seitdem doch eine große Umgestaltung erfahren. Die Neustadt existirte damals noch nicht. Der Boden, der jetzt mit den schön gepflasterten breiten Straßen, den reizenden Gärten und den eleganten Läden bedeckt ist, welche von rothen Backsteinen glänzen und in deren Auslagen Shawls und Porzellanwaaren das Auge erfreuen, war damals eine außerhalb der Mauern liegende unbebaute Wiese. Die alte Stadt bestand aus zwei Theilen, welche seit mehreren Jahrhunderten die englische und die irische Stadt, genannt wurden. Die englische Stadt liegt auf einer vom Shannon gebildeten Insel und besteht aus einem Knäuel alterthümlicher Häuser mit Giebelenden, welche dicht zusammengedrängt eine ehrwürdige Kathedrale umgeben. Das Aussehen der Straßen ist von der Art, daß der Reisende der sie durchwandert, sich leicht in die Normandie oder nach Flandern versetzt glauben kann. Nicht weit von der Kathedrale blickt ein altes, von Unkraut und Epheu überwuchertes Schloß auf den Fluß hernieder. Ein schmaler und reißender Strom, über den im Jahre 1690 nur eine einzige Brücke führte, scheidet die englische Stadt von dem Stadttheile, den ehemals die Hütten der eingebornen Bevölkerung bedeckten. Die Aussicht vom Thurme der Kathedrale erstreckt sich jetzt meilenweit über ein großes Gebiet von Feldern und Gärten, durch das sich der größte der irischen Ströme zwischen künstlichen Ufern dahin schlängelt. Im 17. Jahrhundert aber waren diese Ufer noch nicht gebaut, und die weite Ebene, deren Gras, üppiger noch als selbst das von Munster, gegenwärtig Viehheerden der schönsten Art in Europa nährt, war damals fast beständig ein Sumpf und oft ein See.233
Als es bekannt wurde, daß die französischen Truppen Limerick verlassen hatten und daß nur die irischen zurückgeblieben waren, erwartete man im englischen Lager allgemein, daß die Stadt leicht zu nehmen sein werde.234 Diese Erwartung war auch keine überspannte, denn selbst Sarsfield verzweifelte. Nur eine Möglichkeit gab es nach seiner Ansicht noch. Wilhelm hatte nur kleine Kanonen mitgebracht. Mehrere große Belagerungsgeschütze, eine große Menge Proviant und Munition und eine Brücke von zinnernen Booten, deren man in der wasserreichen Ebene des Shannon häufig bedurfte, folgten langsam von Cashel. Wenn die Kanonen und das Schießpulver weggenommen und vernichtet werden könnten, meinte Sarsfield, so dürfe man einige Hoffnung hegen. Wenn nicht, so sei Alles verloren, und ein tapferer, hochherziger irischer Gentleman könne dann nichts Besseres thun als das Vaterland, das er vergebens zu vertheidigen versucht habe, vergessen und in einem fremden Lande eine Heimath oder ein Grab suchen.
Sarsfield überrumpelt die englische Artillerie
Wenige Stunden nachdem die englischen Zelte vor Limerick aufgeschlagen waren, brach Sarsfield demgemäß unter dem Schutze der Dunkelheit mit einem starken Trupp Reiter und Dragoner auf. Er schlug die Straße nach Killaloe ein und ging dort über den Shannon. Den Tag über hielt er sich mit seiner Schaar in einem wilden Gebirgszuge versteckt, der nach den Silberminen, welche er enthält, benannt wird. Diese Gruben waren vor vielen Jahren durch englische Unternehmer mit Hülfe von Ingenieuren und Arbeitern, die sie vom Festlande mit herübergebracht, ausgebeutet worden. Aber in dem Aufstande von 1641 hatte die eingeborne Bevölkerung die Werke zerstört und die Arbeiter niedergemacht, und die damals angerichteten Zerstörungen waren nicht wieder reparirt worden. In dieser wüsten Gegend fehlte es Sarsfield nicht an Kundschaftern und Führern, denn das ganze Landvolk von Munster war entschieden auf seiner Seite. Am Abend erfuhr er, daß das Detachement, welches die englische Artillerie eskortirte, etwa sieben Meilen von Wilhelm’s Lager auf einem grünen Wiesenplan unter den verfallenen Mauern eines alten Schlosses für die Nacht Halt gemacht habe, daß Offiziere und Mannschaften sich anscheinend vollkommen sicher glaubten, daß die Pferde abgezäumt worden seien, um zu weiden, und daß selbst die Schildwachen schliefen. Als es dunkel geworden, verließen die irischen Reiter ihr Versteck und wurden von den Leuten der Gegend nach dem Orte geführt, wo die Eskorte um die Kanonen herum im Schlafe lag. Der Ueberfall gelang vollkommen. Einige von den Engländern sprangen zu ihren Waffen und machten einen Versuch zum Widerstande, aber vergebens. Etwa sechzig Mann fielen, ein einziger wurde lebend gefangen genommen, die übrigen ergriffen die Flucht. Die siegreichen Irländer schoben die Wagen und Geschütze zu einem ungeheuren Haufen zusammen, jeder Kanonenlauf wurde voll Pulver gepfropft und mit der Mündung in die Erde befestigt und so die ganze Masse in die Luft gesprengt. Der einzige Gefangene, ein Leutnant, wurde von Sarsfield mit großer Artigkeit behandelt. „Wenn mir dieser Versuch mißlungen wäre,” sagte der tapfere Irländer, „würde ich nach Frankreich gegangen sein.”235
In Wilhelm’s Lager war die Nachricht gelangt, daß Sarsfield sich heimlich aus Limerick entfernt habe und in der Gegend umherstreife. Der König errieth die Absicht seines tapferen Feindes und schickte fünfhundert Reiter zum Schutze der Kanonen ab. Unglücklicherweise entstand eine Verzögerung des Abmarsches, welche die Engländer, jederzeit geneigt von den holländischen Höflingen das Schlimmste zu denken, der Nachlässigkeit oder dem Eigensinne Portland’s zuschrieben. Um ein Uhr Morgens brach das Detachement auf, hatte aber das Lager kaum verlassen, als ein blitzähnlicher Lichtschein und ein donnerähnliches Krachen dem breiten Thale des Shannon verkündete, daß Alles vorüber war.236
Sarsfield war schon längst der Liebling seiner Landsleute, und diese zur rechten Seit klug ersonnene und energisch ausgeführte Waffenthat hob ihn noch höher in ihrer Achtung. Ihr Muth wuchs, während der der Belagerer zu sinken begann, Wilhelm that sein Möglichstes, um den erlittenen Verlust zu ersetzen. Zwei von den in die Luft gesprengten Kanonen wurden noch brauchbar befunden, zwei andere wurden von Waterford geholt und Batterien aus kleinen Feldstücken gebildet, die zwar gegen eine Festung des Hennegau oder Brabant’s nichts ausgerichtet haben würden, auf die schwachen Vertheidigungswerke von Limerick aber doch einige Wirkung äußerten. Mehrere Außenwerke wurden mit Sturm genommen und es begann sich in dem Walle der Stadt eine Bresche zu zeigen.
Ankunft Baldearg O’Donnel’s in Limerick
Während dieser Operation wurde die englische Armee durch einen Vorfall in Staunen und Heiterkeit versetzt, der zwar keine sehr erheblichen Folgen hatte, aber auf das Treffendste das wahre Wesen des irischen Jakobitismus characterisirt. In der ersten Reihe der vornehmen celtischen Familien, welche bis zu Ende der Regierung Elisabeth’s in Ulster den Ton angaben, standen die O’Donnel. Das Oberhaupt dieses Hauses hatte sich der Gewandtheit und Energie Mountjoy’s gefügt, hatte Jakob I. die Hand geküßt und sich dazu bequemt die rohe Unabhängigkeit eines Miniaturfürsten mit einer sehr angesehenen Stellung unter den britischen Unterthanen zu vertauschen. Eine kurze Zeit lang bekleidete der besiegte Häuptling den Rang eines Earls und war Gutsherr einer ungeheuren Besitzung, deren Souverain, er einst gewesen. Bald aber begann er zu argwöhnen, daß die Regierung gegen ihn conspirire, und aus Rache oder Nothwehr conspirirte er gegen die Regierung. Seine Pläne scheiterten, er flüchtete auf den Continent, sein Titel und seine Güter wurden eingezogen und auf dem Gebiete, das er beherrscht hatte, ward eine angelsächsische Colonie gegründet. Inzwischen suchte er am spanischen Hofe eine Freistätte. Zwischen diesem Hofe und den eingebornen Irländern hatte während des langen Kampfes zwischen Philipp und Elisabeth ein freundschaftliches Verhältniß bestanden. Der verbannte Häuptling wurde daher in Madrid als ein vor seinen ketzerischen Verfolgern geflohener guter Katholik in Madrid freundlich aufgenommen. Seine vornehme Abkunft und sein fürstlicher Rang, die den Engländern lächerlich erschienen, sicherte ihm die Achtung der castilischen Granden. Seine Ehren und Würden erbte eine Reihenfolge verbannter Nachkommen, welche fern von dem Lande lebten und starben, wo das Gedächtniß seiner Familie bei dem rauhen Landvolke in Liebe bewahrt und durch die Lieder der Minstrels und die Erzählungen der Bettelmönche aufgefrischt wurde. Endlich, im dreiundachtzigsten Jahre der Verbannung dieser alten Dynastie wurde es in ganz Europa bekannt, daß die Irländer wieder für ihre Unabhängigkeit kämpften. Baldearg O’Donnel, der sich „der O’Donnel” nannte, ein in den Augen seines Geschlechts viel vornehmerer Titel als der eines Marquis oder eines Herzogs, war in Spanien aufgewachsen und stand im Dienste der spanischen Regierung. Er suchte bei dieser Regierung um die Erlaubniß nach, sich nach Irland zu begeben, die ihm aber verweigert wurde, weil das Haus Oesterreich jetzt durch enge Bande mit England verknüpft war. Der O’Donnel entwich daher heimlich und gelangte auf einem weiten Umwege, auf dem er die Türkei besuchte, nach Kinsale, wenige Tage nachdem Jakob von dort nach Frankreich abgesegelt war. Der Eindruck, den die Ankunft dieses einsamen Wanderers auf die eingeborne Bevölkerung machte, war wunderbar. Seit der Wiedereroberung Ulster’s durch die Engländer waren große Massen der irischen Bewohner dieser Provinz nach dem Süden ausgewandert und führten jetzt in Connaught und Munster ein nomadisirendes Leben. Diese Leute, von Kindheit auf daran gewöhnt, von der guten alten Zeit erzählen zu hören, wo der O’Donnel durch den Nachfolger St. Columban’s auf den Felsen von Kilmacrenan feierlich eingesetzt, den Fremden des sächsischen Gebiets zum Trotz über die Gebirge von Donegal regiert hatte, schlossen sich dem Banner des zurückgekehrten Verbannten an. Er stand bald an der Spitze von sieben- bis achttausend Rapparees oder Creaghts, wie sie in Ulster genannt wurden, und seine Anhänger hielten zu ihm mit einer Hingebung, welche auffallend mit dem lauen Gefühle contrastirte, das der sächsische König Jakob einzuflößen vermocht hatte. Priester und sogar Bischöfe sah man in dem Gefolge des Abenteurers. Der ihm zu Theil gewordene Empfang machte ihn so stolz, daß er Agenten nach Frankreich schickte, welche den Ministern Ludwig’s versicherten, daß der O’Donnel, wenn man ihm Waffen und Munition lieferte, dreißigtausend Celten aus Ulster ins Feld stellen würde und daß die Celten von Ulster in allen militärischen Eigenschaften denen von Leinster, Munster und Connaught bei weitem überlegen seien. Baldearg bediente sich keines Ausdrucks, welcher verrathen hätte, daß er sich als einen Unterthan betrachtete. Er war offenbar der Meinung, das Haus O’Donnel sei eben so ächt und unveräußerlich königlich wie das Haus Stuart, und nicht wenige von seinen Landsleuten waren der nämlichen Ansicht. Er hielt einen pomphaften Einzug in Limerick und sein Erscheinen steigerte die Hoffnungen der dortigen Besatzung auf eine unglaubliche Höhe. Man erinnerte sich zahlreicher Prophezeiungen oder erfand solche. Ein O’Donnel mit einem rothen Maale sollte der Befreier seines Vaterlandes werden, und der Name Baldearg bedeutete ein rothes Maal. Ein O’Donnel sollte bei Limerick eine große Schlacht über die Engländer gewinnen, und der O’Donnel stand jetzt in Limerick den Engländern gegenüber.237