Kitabı oku: «Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Achter Band: enthaltend Kapitel 15 und 16.», sayfa 6
Jahrgeld der Prinzessin von Dänemark
Die Civilliste war mit einer Annuität von zwanzigtausend Pfund für die Prinzessin von Dänemark belastet, als Zuschuß zu den dreißigtausend Pfund, die ihr zur Zeit ihrer Vermählung ausgesetzt worden waren. Dieses Arrangement war das Resultat eines Vergleichs, der mit vieler Mühe und nach langen heftigen Streitigkeiten zu Stande gebracht worden war. Der König und die Königin hatten seit dem Antritte ihrer Regierung niemals auf besonders gutem Fuße mit ihrer Schwester gestanden. Daß Wilhelm einer Frau nicht gefallen konnte, die eben nur so viel Verstand hatte, um zu bemerken, daß ihm ein mürrisches Wesen und ein abstoßendes Benehmen eigen waren, und die seine höheren Eigenschaften durchaus nicht zu würdigen vermochte, ist nicht zu verwundern. Für Marien aber war es ein Bedürfniß geliebt zu werden. Eine so liebenswürdige und geistvolle Frau konnte nicht viel Vergnügen an dem Umgange mit Anna finden, die, wenn bei guter Laune, heiter einfältig, wenn bei schlechter Laune mürrisch einfältig war. Indessen würde die Königin, die auch der geringste ihrer Dienstleute wegen ihrer Herzensgüte liebte, sich schwerlich eine Person zum Feinde gemacht haben, deren Freundschaft zu gewinnen ihre Pflicht und ihr Interesse erheischte, wäre nicht ein ungewöhnlich mächtiger und ungewöhnlich bösartiger Einfluß unablässig bemüht gewesen, den Frieden des königlichen Hauses zu stören. Die Zuneigung der Prinzessin Anna zu Lady Marlborough war so stark, daß man dieselbe in einem abergläubischen Zeitalter einem Talisman oder einem Zaubertranke zugeschrieben haben würde. Nicht nur daß die beiden Freundinnen in ihrem vertraulichen Verkehr mit einander alle Ceremonien und Titel bei Seite geworfen hatten und schlechtweg Mrs. Morley und Mrs. Freeman geworden waren, selbst Prinz Georg, der sich um das Ansehen seiner Geburt eben so wenig kümmerte wie um irgend etwas Andres außer Claret und marinirten Lachs, ließ es sich gefallen, Mr. Morley genannt zu werden. Die Gräfin rühmte sich, den Namen Freeman deshalb gewählt zu haben, weil er der Offenheit und Keckheit ihres Characters ganz besonders entspreche, und man muß ihr die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß sie ihre despotische Herrschaft über die schwache Prinzessin nicht durch gewöhnliche Höflingskünste begründete und lange behauptete. Sie besaß wenig von dem Takte, der das characteristische Talent ihres Geschlechts ist, und sie war viel zu heftig, um schmeicheln oder sich verstellen zu können; aber ein seltener Zufall hatte sie einem Character entgegengeführt, auf den gebieterisches Wesen und Widerspruch wie Zaubertränke wirkten. In dieser grotesken Freundschaft waren Hingebung, Geduld und Selbstverleugnung ganz auf Seiten der Herrin, während die Launen, der übermüthige Stolz und die Ausbrüche von Heftigkeit auf Seiten der Dienerin waren.
Höchst merkwürdig ist das Verhältniß, in welchem die beiden Frauen zu Mr. Freeman standen, wie sie Marlborough nannten. Im Auslande wußte fast Jedermann, daß Anna von den Churchill geleitet wurde. Ebenso bekannt war es, daß der Mann, der sich ihrer Gunst in so hohem Grade erfreute, nicht nur ein großer Feldherr und Staatsmann, sondern auch einer der schönsten Cavaliere seiner Zeit war, daß er von Gesicht und Gestalt auffallend hübsch, daß sein Character zugleich sanft und entschlossen, seine Manieren zugleich gewinnend und edel waren. Nichts war natürlicher, als daß körperliche und geistige Vorzüge wie die seinigen ein weibliches Herz leicht erobern mußten. Viele Leute auf dem Festlande glaubten daher auch, er sei Anna’s begünstigter Anbeter, und er wurde in gleichzeitigen französischen Libellen, welche längst vergessen sind, als solcher dargestellt. In England jedoch fand diese Verleumdung selbst bei dem großen Haufen niemals Glauben, und man findet selbst in dem gemeinsten Gassenhauer, der in unseren Straßen gesungen wurde, keine Spur davon. Die Prinzessin scheint sich in der That nie eines mit ihren ehelichen Pflichten unverträglichen Gedankens schuldig gemacht zu haben. In ihren Augen war Marlborough mit all’ seiner Genialität und Tapferkeit, seiner Schönheit und Liebenswürdigkeit nichts weiter als der Gatte ihrer Freundin. Einen directen Einfluß auf Ihre Königliche Hoheit besaß er nicht; nur durch Vermittelung seiner Gattin konnte er auf sie einwirken, und seine Gattin war kein passives Werkzeug. Obgleich es nicht möglich ist, in irgend etwas was sie gethan, gesagt oder geschrieben hat, das geringste Anzeichen von höherer Verstandesbildung zu entdecken, setzten ihre heftigen Leidenschaften und ihr starker Wille sie doch oftmals in den Stand, einen Gatten zu beherrschen, der zum Gebieter über ernste Senate und über mächtige Heere geboren war. Sein Muth, ein Muth, den die gefahrvollsten Situationen des Kriegs nur noch kälter und unerschütterlicher machten, verließ ihn beim Anblick der leichtfließenden Thränen und wortreichen Vorwürfe, der schmollenden Lippen und des traurig gesenkten Hauptes seiner Sara. Die Geschichte führt uns wenige Schauspiele vor, welche merkwürdiger waren, als das eines großen und gelehrten Mannes, der, wenn er weitumfassende und tiefdurchdachte politische Pläne entworfen hatte, dieselben nur dadurch ins Werk setzen konnte, daß er ein oft unlenksames, thörichtes Weib vermochte, ein andres noch thörichteres Weib zu lenken.
In einem Punkte stimmten der Earl und die Gräfin vollkommen überein: sie liebten Beide den Geldgewinn, nur daß er das gewonnene gern aufhäufte, sie aber nicht abgeneigt war, es wieder auszugeben.84 Die Gunst der Prinzessin betrachteten sie Beide als ein werthvolles Besitzthum. Schon unter der Regierung ihres Vaters hatten sie angefangen, durch Anna’s Freigebigkeit reich zu werden. Sie war von Natur zur Sparsamkeit geneigt und selbst als sie auf dem Throne saß, waren ihre Equipagen und ihre Tafel keineswegs prächtig.85 Man sollte daher meinen, daß, während sie noch Unterthanin war, dreißigtausend Pfund jährlich und eine Wohnung im Palaste für alle ihre Bedürfnisse mehr als ausreichend hätte sein müssen. Es gab vielleicht im ganzen Königreiche nicht zwei Edelleute, die ein solches Einkommen besaßen. Aber um den Gelddurst Derer zu stillen, die sie beherrschten, war kein Einkommen groß genug. Sie hatte zu wiederholten Malen Schulden gemacht, welche Jakob immer bezahlte, doch nicht ohne sein Erstaunen und Mißfallen darüber zu äußern.
Die Revolution eröffnete den Churchill eine neue und unbegrenzte Aussicht auf Gewinn. Das ganze Verhalten ihrer Gebieterin bei dieser großen Krisis hatte bewiesen, daß sie keinen andren Willen, kein andres Urtheil, keine andre Ueberzeugung hatte als die ihrigen. Ihnen hatte sie Neigungen, Vorurtheile, Gewohnheiten und Interessen aufgeopfert. Auf ihren Befehl hatte sie an der Verschwörung gegen ihren Vater Theil genommen, war mitten im Winter durch Eis und Koth in einem Miethwagen von Whitehall in’s Lager der Rebellen geflohen und hatte eingewilligt, ihre Stelle in der Thronfolgeordnung dem Prinzen von Oranien abzutreten. Sie sahen mit Vergnügen, daß das Weib, auf das sie einen so unbegrenzten Einfluß ausübten, wieder auf Andere einen nicht gewöhnlichen Einfluß ausübte. Die Revolution war kaum vollbracht, so zeigten viele Tories, denen der neue König so wenig gefiel wie der vertriebene, und die in Zweifel waren, ob ihre Religion von den Jesuiten oder von den Latitudinariern mehr zu fürchten hatte, eine entschiedene Neigung, sich um Anna zu schaaren. Die Natur hatte sie zur Bigotten geschaffen. Ihre Seelenverfassung war von der Art, daß sie, ohne zu prüfen und ohne zu zweifeln, fest an der Religion ihrer Kindheit hing bis sie in ihren Sarg gelegt wurde. Am Hofe ihres Vaters war sie taub gegen Alles gewesen, was zu Gunsten der Transsubstantiation und der Ohrenbeichte geltend gemacht werden konnte. Diese Apathie und Hartnäckigkeit gaben ihr eine gewisse Bedeutung. Es war etwas Wichtiges, das einzige Glied der königlichen Familie zu sein, das Papisten und Presbyterianer mit gleichem Widerwillen betrachtete. Während eine zahlreiche Partei geneigt war, sie zu vergöttern, betrachteten ihre beiden schlauen Diener sie lediglich als eine Puppe. Sie wußten, daß sie es in ihrer Macht hatte, der Regierung ernste Ungelegenheiten zu bereiten, und sie beschlossen, diese Macht zu benutzen, um dem Namen nach für sie, factisch aber für sich selbst Geld zu erpressen. Während Marlborough die englischen Streitkräfte in den Niederlanden befehligte, war die Ausführung des Planes natürlich seiner Gattin überlassen, und sie ging dabei nicht wie er ohne Zweifel gethan haben würde, mit Vorsicht und Mäßigung zu Werke, sondern, wie aus ihrer eignen Erzählung deutlich hervorgeht, mit abscheulicher Heftigkeit und Schamlosigkeit. Allerdings hatte sie Leidenschaften zu befriedigen, von denen er gänzlich frei war. Er war zwar einer der habsüchtigsten, aber auch einer der mindest boshaften Menschen; bei ihr dagegen war die Bosheit eine viel stärkere Leidenschaft als die Habsucht. Sie haßte leicht und ihr Haß war gründlich, unversöhnlich. Zu den Gegenständen ihres Hasses gehörten alle Verwandten ihrer Gebieterin, sowohl von väterlicher als von mütterlicher Seite. Niemand, der ein natürliches Interesse an der Prinzessin nahm, konnte ohne Besorgniß die sonderbare Verblendung mit ansehen, die sie zum Sklaven eines herrschsüchtigen und rücksichtslosen Zankteufels machte. Das wußte die Gräfin sehr wohl. In ihren Augen waren die königliche Familie und die Familie Hyde, wie sehr sie auch in anderen Punkten differiren mochten, gegen sie verbündet, und sie verabscheute sie alle, Jakob, Wilhelm und Marien, Clarendon und Rochester. Jetzt war der rechte Augenblick gekommen, um dem seit Jahren aufgesammelten Groll Luft zu machen. Es war nicht genug, für Anna ein großes, ein königliches Einkommen zu erlangen, dieses Einkommen mußte durch Mittel und Wege erlangt werden, welche die von der Favoritin verabscheuten Personen kränkten und demüthigten. Es durfte nicht als ein Zeichen brüderlicher Güte erbeten und angenommen, sondern es mußte in trotzigem Tone gefordert und widerstrebenden Händen mit Gewalt entrissen werden. Ein directes Gesuch wurde weder an den König noch an die Königin gerichtet, aber sie erfuhren mit Erstaunen, daß Lady Marlborough die toryistischen Mitglieder des Parlaments unermüdlich bearbeitete, daß sich eine Prinzessinpartei bilde und daß im Hause der Gemeinen beantragt werden solle, Ihrer Königlichen Hoheit ein von der Krone unabhängiges bedeutendes Einkommen auszusetzen. Marie fragte ihre Schwester, was dieses Verfahren bedeute. „Ich höre,” antwortete Anna, „daß meine Freunde beabsichtigen, mir ein festes Einkommen zu sichern.” Die Königin soll hierauf, schwer verletzt durch einen Ausdruck, mit dem man sagen zu wollen schien, daß sie und ihr Gemahl nicht zu den Freunden ihrer Schwester gehörten, mit ungewohnter Härte entgegnet haben: „Von was für Freunden sprichst Du? hast Du andere Freunde als den König und mich?”86 Der Gegenstand wurde dann zwischen den beiden Schwestern nie wieder erwähnt. Marie sah wahrscheinlich ein, daß sie einen Mißgriff gethan, indem sie sich an eine Person gewendet, die nur ein passives Werkzeug in den Händen Anderer war. Es wurde ein Versuch gemacht, mit der Gräfin zu unterhandeln. Nachdem einige untergeordnete Agenten ihr umsonst Vorstellungen gemacht hatten, begab sich Shrewsbury zu ihr. Man konnte wohl erwarten, daß seine Intervention den gewünschten Erfolg haben werde, denn wenn man der damaligen chronique scandaleuse glauben darf, so hatte er hoch, nur zu hoch in ihrer Gunst gestanden.87 Er war vom Könige ermächtigt, der Prinzessin zu versprechen, daß, wenn sie davon abstehen wolle, das Haus der Gemeinen um Unterstützung ihrer Sache anzugehen, ihr Einkommen von dreißigtausend auf funfzigtausend Pfund erhöht werden solle. Die Gräfin schlug dieses Anerbieten rund ab. Sie war schamlos genug, die Andeutung fallen zu lassen, daß das Wort des Königs keine genügende Sicherheit biete. „Ich bin fest überzeugt,” sagte Shrewsbury, „daß Seine Majestät seine Verpflichtungen pünktlich erfüllen wird. Thut er dies nicht, so will ich ihm keine Stunde länger dienen.” – „Das würde Ihnen zu großer Ehre gereichen, für die Prinzessin aber ist es ein sehr armseliger Trost,” entgegnete das hartnäckige Weib. Nachdem Shrewsbury sich vergebens bemüht hatte, die Dienerin zu bewegen, erlangte er endlich eine Audienz bei der Gebieterin. Anna sagte ihm mit Worten, die ihr wahrscheinlich von ihrer Freundin Sara in den Mund gelegt waren, die Sache sei bereits zu weit gediehen, als daß sie rückgängig gemacht werden könnte, und müsse der Entscheidung der Gemeinen überlassen bleiben.88
Das Wahre an der Sache war, daß die Einbläser der Prinzessin vom Parlamente eine viel größere Summe als die vom König angebotene zu erlangen hofften. Sie wollten nur mit siebzigtausend Pfund zufrieden sein. Doch sie gingen zu weit in ihrer Geldgier. Das Haus der Gemeinen schien zwar geneigt, Ihre Königliche Hoheit zu befriedigen; als aber ihre allzu eifrigen Freunde die Summe zu nennen wagten, die sie bewilligt zu sehen wünschten, erhob sich lautes Murren. Siebzigtausend Pfund jährlich zu einer Zeit, wo die nothwendigen Ausgaben des Staats sich täglich mehrten, wo der Ertrag der Zölle sich täglich verminderte, wo jeder Gutsherr und jeder Pächter den Aufwand für seine Tafel und seinen Keller beschränkte! Die allgemeine Ansicht des Hauses war, daß die Summe, die der König, wie man wußte, zu bewilligen geneigt war, vollkommen hinreichend sei.89 Endlich wurde von beiden Seiten etwas zugestanden. Die Prinzessin mußte sich mit funfzigtausend Pfund jährlich begnügen und Wilhelm willigte darein, daß ihr diese Summe durch eine Parlamentsacte gesichert werde. Sie belohnte die Dienste der Lady Marlborough mit einem Jahrgelde von tausend Pfund;90 doch ist dies aller Wahrscheinlichkeit nach nur ein sehr kleiner Theil dessen, was die Churchill bei diesem Geschäft verdienten.
Nachdem diese Angelegenheit geordnet war, lebten die beiden königlichen Schwestern viele Monate hindurch auf einem artigen und sogar anscheinend freundschaftlichen Fuße. Marie aber empfand, obwohl sie gegen Anna keinen Groll gehegt zu haben scheint, unzweifelhaft gegen Lady Marlborough einen so starken Haß, wie ihn ein sanftes Gemüth überhaupt zu fühlen vermag. Marlborough hatte einen großen Theil der Zeit, während der seine Gattin die Tories bearbeitet, im Auslande zugebracht, und war, obgleich er unzweifelhaft im Einvernehmen mit ihr gehandelt, doch wie immer mit Mäßigung und Anstand zu Werke gegangen. Er erhielt daher nach wie vor von Wilhelm mancherlei Gunstbezeigungen, die von keiner Mißfallensäußerung begleitet waren.
In der Debatte über die Feststellung des Einkommens trat der Unterschied zwischen Whigs und Tories nicht sehr auffallend hervor. In der That, wenn die beiden Parteien in irgend etwas übereinstimmten, so war es darin, daß sie es für zweckmäßig hielten, die Zölle der Krone auf nicht mehr als vier Jahre zu bewilligen. Aber es gab andere Fragen, welche die alte Feindschaft in aller Stärke wieder hervorriefen. Die Whigs bildeten jetzt die Minorität, aber eine durch ihre Anzahl furchtbare und durch ihre Talente noch furchtbarere Minorität. Sie führten den parlamentarischen Krieg mit nicht geringerer Erbitterung, als da sie die Majorität bildeten, aber noch etwas geschickter. Sie stellten mehrere Anträge, die ein Hochkirchlicher nicht wohl unterstützen, denen aber ein Diener Wilhelm’s und Marien’s nicht wohl opponiren konnte. Der Tory, der für diese Anträge stimmte, lief große Gefahr von den starrsinnigen Cavalieren seiner Grafschaft als ein Abtrünniger bezeichnet zu werden; der Tory, der gegen dieselben stimmte, lief große Gefahr in Kensington unfreundlich empfangen zu werden.
Bill, welche die Acte des vorhergehenden Parlaments für gültig erklärte
Augenscheinlich in Verfolgung dieser Politik legten die Whigs auf den Tisch der Lords eine Bill nieder, welche alle durch das vorige Parlament erlassenen Gesetze für gültig erklärte. Diese Bill war nicht sobald gelesen, als auch die Polemik des vergangenen Frühjahrs sich erneuerte. Die Whigs hatten bei dieser Gelegenheit fast alle diejenigen Cavaliere zu Bundesgenossen, welche mit der Regierung in Connection standen. Die strengen Tories, mit Nottingham an der Spitze, erklärten sich bereit zu verordnen, daß jedes im Jahre 1689 erlassene Gesetz dieselbe Kraft haben solle, die es gehabt haben würde, wenn es von einem in regelmäßiger Weise einberufenen Parlamente erlassen worden wäre; nichts aber würde sie bewegen anzuerkennen, daß eine ohne Autorität des großen Siegels zusammengetretene Versammlung von Lords und Gentlemen verfassunggemäß ein Parlament sei. Wenige Fragen scheinen stärkere Leidenschaften erregt zu haben, als die in praktischer Beziehung ganz unwichtige Frage, ob die Bill declaratorisch sein sollte oder nicht. Nottingham, stets rechtschaffen und ehrenwerth, aber ein Bigotter und Formalist, war in diesem Punkte ganz besonders obstinat und unbeugsam. Bei einer Debatte verlor er seine Selbstbeherrschung, setzte die Schicklichkeit aus den Augen, die er sonst streng zu beobachten pflegte, und wäre bei einem Haare unter Aufsicht des schwarzen Stabes gestellt worden.91 Nach langem Kampfe behaupteten die Whigs mit einer Majorität von sieben Stimmen das Feld.92 Viele Peers unterzeichneten einen von Nottingham entworfenen energischen Protest. In diesem Protest war die Bill, welche in der That der sprachlichen Kritik Blößen darbot, unhöflicherweise als weder in gutem Englisch noch in verständlichem Style abgefaßt bezeichnet. Die Majorität faßte den Beschluß, daß der Protest gestrichen werden solle, und gegen diesen Beschluß protestirten Nottingham und seine Anhänger abermals.93 Dem Könige mißfiel die Hartnäckigkeit seines Staatssekretärs, sie mißfiel ihm so sehr, daß Nottingham erklärte, er gedenke die Siegel abzugeben; doch der Streit wurde bald geschlichtet. Wilhelm war zu einsichtsvoll, als daß er den Werth eines redlichen Mannes in einem unredlichen Zeitalter nicht zu schätzen gewußt hätte, denn gerade die Gewissenhaftigkeit, welche Nottingham zum Widerspenstigen machte, war eine Gewähr dafür, daß er nie ein Verräther werden würde.94
Die Bill kam ins Unterhaus und man erwartete mit Gewißheit, daß der Kampf dort lang und heftig sein würde; aber eine einzige Rede brachte die Sache ins Reine. Somers setzte mit einer logischen Schärfe und Beredtsamkeit, über welche selbst ein Auditorium erstaunte, das gewohnt war, ihn mit Vergnügen anzuhören, die Ungereimtheit des von den Hochtories festgehaltenen Prinzips auseinander. „Wenn die Convention,” – so argumentirte er, – „kein Parlament war, wie können wir ein Parlament sein? Eine Verordnung Elisabeth’s bestimmt, daß Niemand in diesem Hause Sitz und Stimme haben solle, bis er den alten Suprematseid geleistet habe. Nicht Einer von uns hat diesen Eid geleistet. Anstatt dessen haben wir Alle den neuen Eid geleistet, den das vorige Parlament an die Stelle des alten gesetzt hat. Es ist sonach ein Widerspruch, wenn man sagt, daß die Acte des vorigen Parlaments jetzt nicht mehr gültig seien, und gleichwohl von uns verlangt, daß wir ihre fortdauernde Gültigkeit dekretiren sollen. Denn entweder sind sie schon gültig, oder wir können sie nicht gültig machen.” Dieses Raisonnement, das in der That so unwiderleglich war wie das des Euklid, machte der Debatte sehr bald ein Ende. Die Bill wurde von den Gemeinen achtundvierzig Stunden nach ihrer ersten Lesung angenommen.95
Debatten über die Veränderungen bei den Milizen
Dies war der einzige Sieg, den die Whigs während der ganzen Session errangen. Im Unterhause beschwerten sie sich laut über die Veränderung, welche in der militärischen Verwaltung der City vorgenommen worden war. Die Tories, sich ihrer Stärke bewußt und durch Rachedurst erhitzt, weigerten sich nicht allein, das Geschehene zu tadeln, sondern beschlossen sogar, dem Könige öffentlich und feierlich dafür zu danken, daß er so viele Schismatiker entfernt und so viele Mitglieder der Staatskirche an deren Stelle gesetzt habe. Clarges, Mitglied für Westminster, der als Freund Caermarthen’s bekannt war, beantragte eine Dankadresse. „Die Veränderungen, welche in der City vorgenommen worden sind,” sagte Clarges, „beweisen die warme Fürsorge Sr. Majestät für uns. Ich hoffe er wird in allen Grafschaften des Landes ähnliche Veränderungen vornehmen.” Die Minorität wehrte sich tapfer. „Wollen Sie dem Könige dafür danken,” sagte sie, „daß er das Schwert seinen gefährlichsten Feinden in die Hand giebt? Einige von Denen, die man ihm gerathen hat mit einem militärischen Commando zu betrauen, haben sich noch nicht einmal entschließen können, ihm Treue zu schwören. Andere waren zu einer schlimmen Zeit als zuverlässige Geschworene bekannt, die gewiß waren, einen Exclusionisten auf jeden Beweis oder auch auf gar keinen Beweis hin schuldig zu finden.” Auch unterließen die whiggistischen Redner nicht, solche Themata zur Sprache zu bringen, über welche alle Parteien in der Stunde der Gefahr mit Beredtsamkeit sprechen, die aber jede in der Stunde des Glücks nur zu bereit ist leicht zu nehmen. „Fassen wir nicht einen Beschluß,” sagten sie, „welcher einen Tadel gegen einen großen Theil unserer Landsleute enthält, die gute Unterthanen und gute Protestanten sind. Der König muß das Oberhaupt seines ganzen Volkes sein. Machen wir ihn nicht zum Oberhaupte einer Partei.” Das war eine ganz vortreffliche Doctrin; nur klang sie sonderbar im Munde von Männern, die sich wenige Wochen früher der Indemnitätsbill widersetzt und für die Sacheverell’sche Klausel gestimmt hatten. Die Adresse wurde mit hundertfünfundachtzig gegen hundertsechsunddreißig Stimmen angenommen.96
In einem damaligen Spottgedicht kommen folgende Zeilen vor:
O glücklich Paar, in ihrem LebenWird’s keine Spur von Zwietracht geben;Ihr Seelenheil verkaufen sie zur Stelle,Lohnt Geldgewinn dafür, der Hölle.The Female Nine, 1690.
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