Kitabı oku: «Der Tote in der Hochzeitstorte», sayfa 4

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SONNTAG 15. NOVEMBER

HOCHZEITSVORBEREITUNGEN

Lilo hatte darauf bestanden, selbst zu fahren. Axel hatte sie den Ablauf des Besuchs im Hochzeitsschlössel erklärt. »Du entspannst dich, denn die Hochzeit ist mein Projekt. Du sollst nur genießen. Arbeit soll dir das keine machen. Du kannst auch gerne zu Hause bleiben.«

Axel wollte aber ins Hochzeitsschlössel mitkommen. »Es ist unsere Hochzeit und da würde ich schon auch gerne ein wenig mitreden.«

»Ich will doch nur, dass du keinen Stress damit hast«, hatte ihm Lilo versichert.

»Für dich ist die Hochzeit sehr wichtig, ich freue mich darauf und für unsere Freunde und die Familie soll es ein Fest sein. Also machen wir das alles gemeinsam.«

Trotzdem genoss es Axel, auf dem Beifahrersitz zu sitzen und sich nicht auf die Straße konzentrieren zu müssen. Lilo war die bessere Autofahrerin. Vor allem, wenn die Straßen glatt waren, fühlte er sich bei ihr sicher. Nachdem sie den Führerschein gemacht hatte, bekam sie gleich darauf von ihrem Vater ein Schleudertraining geschenkt und fürchtete seitdem weder Glatteis noch Schneefall.

Vor der Windschutzscheibe tanzten die Flocken. Der erste Schnee ließ sie das Grau des Novembertages vergessen. Axel sah beim Seitenfenster hinaus, während Lilo die Serpentinen der Straße hinaufkurvte. Die Schneeflocken ließen die Tannen aussehen wie Bäume eines Lebkuchenhauses, die mit Puderzucker bestäubt worden waren.

»Etwas abgelegen, dieses Hochlissen«, stellte Axel fest.

»Es hat eine gute Anbindung an die Skischaukel der anderen Gebiete und gilt als Geheimtipp. Das Hochzeitsschlössel ist – was ich so herausgefunden habe – vor allem bei älteren Semestern beliebt, die schon seit vielen Jahren hier den Winterurlaub verbringen und auch im Sommer zum Wandern kommen.«

Hochlissen war ein winziger Ort, der nur aus ein paar Pensionen und einfachen Hotels bestand. Gleich hinter der Kirche befand sich die Station des Lifts, der in kleinen Gondeln die Skifahrer im Winter auf den Berg beförderte. Eine breite Piste mit Schneekanonen lag gleich daneben. Sie war so verwaist wie die Après-Ski-Bar.

Lilo lenkte den grünen SUV durch den Ort und die Fahrt ging danach eine etwas schmälere Straße weiter den Berg hinauf. In der Ferne war ein Tirolerhotel zu sehen: weiße Fassade, dunkle Holzbalkone und Fensterrahmen, ausladendes Schrägdach. Noch ein Stück weiter und etwas höher stand auf einem Felsvorsprung ein mächtiges altes Haus mit grün-rot gestreiften Fensterläden.

»Was ist das?«, wollte Axel wissen.

»Eine Art kleines Schloss, das sich vor fünfzig Jahren ein reicher Amerikaner erbauen hat lassen. Schloss Lucasberg.«

Axel war über Lilos Wissen erstaunt.

»Ich habe ein bisschen über die Gegend gegoogelt und dabei bin ich auf das Schloss gestoßen«, erklärte Lilo. »Weitere ›Sehenswürdigkeiten‹ der Umgebung sind übrigens ein Waldsee und eine Kapelle.«

»Klingt nach richtig viel Action hier.« Axel grinste.

»Der ideale Ort für eine Hochzeit in den Bergen.« Lilo ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Hier können sich alle Gäste auf unser Jawort konzentrieren und auf das herrliche Bergpanorama.«

Da musste Axel ihr recht geben. »Ich bekomme eine kluge und fast schon poetische Frau.«

Er küsste sie auf die Wange. Das letzte Stück zum Hotel war steil und die Automatik des Wagens schaltete einen Gang zurück. Der SUV kämpfte sich bis zum Parkplatz vor dem Hotel nach oben.

Es war erst elf Uhr vormittags. Da die Schneewolken keine Sonne durchließen, wirkte es viel später.

Die beiden Hälften der gläsernen Hoteltür fuhren auseinander und eine Frau im Alter von Lilo und Axel kam ihnen entgegen. Sie trug einen grünen Hoodie und Jeans und ihr Haar steckte unter einer Mütze.

»Willkommen im Alpenschlössel!«, rief sie ihnen entgegen.

Axel, der normalerweise nicht sehr verfroren war, schloss nach dem Aussteigen den Reißverschluss seiner dicken Winterjacke. So wenige Tage vor der Hochzeit wollte er sich nicht verkühlen.

»Heißt das Hotel nun Alpenschlössel oder Hochzeitsschlössel?«, fragte er.

»Hochzeitsschlössel für Sie«, erklärte die Frau. »Für die Wintergäste ist es dann wieder das Alpenschlössel.« Sie kam die Stufen herunter, die frisch freigeschaufelt, aber schon wieder von einer dünnen Schneeschicht bedeckt waren. »Veronika Wunderer, ich freue mich, dass Sie hier sind.« Sie streckte ihnen die Hand entgegen. »Kommen Sie nur weiter. Ich will Ihnen die Räume zeigen und dann gehen wir das Menü und alle weiteren Details durch. Zuerst aber folgen Sie mir bitte auf die Terrasse. Wenn Sie schon hier oben heiraten, dann sollten Sie und Ihre Gäste auch ein wenig Winterzauber erleben. Deshalb schlage ich vor, dort einen Aperitif zu servieren.«

Die Terrasse lag an der Seite des Hotels. Auch wenn es ein trüber Tag war, konnten Lilo und Axel erahnen, wie schön der Ausblick bei klarem Wetter sein musste. Sie blickten auf die Hänge des Wilden Kaisers, die bereits weiß waren.

Veronika nahm einen Zettel zu Hilfe, auf den sie alles notiert hatte, um nichts zu vergessen. »Hier servieren wir gerne Glühwein und dazu heiße Dörrpflaumen, in Speck gewickelt und gebraten.«

»Klingt sehr gut.« Axel leckte sich die Lippen.

Lilo war anderer Meinung. »Speck ist nicht so gut. Poppi und Dominik essen beide kein Fleisch mehr. Sie sind nicht vegan, aber Speck kommt für sie nicht infrage.«

»Deshalb gibt es als Alternative Dörrpflaumen im Salbeimantel«, sagte Veronika, die mit diesem Einwurf gerechnet hatte.

»Großartige Idee«, lobte Lilo.

Veronika zeigte ihnen gerade den direkten Zugang von der Terrasse in den Speiseraum, als jemand nach ihr rief. Vor der Terrasse, an der kleinen Treppe, stand eine zarte Frau mit einem von der Kälte stark geröteten Gesicht. »Mrs Wunderer?«

»Ja.«

»Ich bin Marie.«

»Die Küchenhilfe.«

»Wir haben geemailt.«

»Natürlich. Bitte nur herein. Hattest du eine gute Anreise? Ich habe mit dir erst später gerechnet.« Sie warf einen Blick auf den kleinen Trolley, den die Frau nachzog, und den großen Rucksack auf ihrem Rücken. »Es wäre besser, du kommst durch den Haupteingang. Vielleicht sollten wir ihn alle nehmen, denn ich habe den Boden im Speisesaal vorhin gereinigt.« Sie führte alle zurück zur Glastür.

Axel bot der jungen Frau an, ihren Rucksack zu tragen, was sie ablehnte. Den Trolley überließ sie ihm gerne.

»Bist du ohne Auto hier?«

»Gerade mit dem Bus gekommen.«

Im Hotel holte Veronika als Erstes einen Schlüssel aus dem Büro. »Du hast in deiner Bewerbung geschrieben, du wärst vorher in der Schweiz gewesen, habe ich das richtig in Erinnerung?«, sagte sie zu Marie.

»Ja. Ich war auf der Hotelfachschule in Luzern. Das liegt aber schon acht Jahre zurück.«

»Sehr gute Schule, Luzern.« Veronika wandte sich Lilo und Axel zu. »Darf ich meiner neuen Küchenhilfe schnell ihr Zimmer zeigen?« Zu Marie sagte sie: »Das sind Lieselotte Schroll und Axel Klingmeier, die am Samstag hier heiraten werden.«

Die junge Frau nickte den beiden zu. »Gratulation.«

»Wir zwei werden das Brautpaar und die Gäste kulinarisch verwöhnen.« Veronika klang ein wenig, als wollte sie alle von der Wahrheit ihrer Worte überzeugen.

Marie lächelte schüchtern. »Ich werde mein Bestes geben. Kochen ist meine Leidenschaft, seit ich ein Kind war. Meine Mutter kommt aus Österreich, aus Salzburg. Sie hat mir beigebracht, was hier gekocht wird.«

Lilo wunderte sich. »Dem Akzent nach sind sie aber nicht aus der Schweiz.«

»Doch, doch, aber mein Vater ist Kanadier und ich habe die Englische Schule besucht. Meine erste Sprache ist Englisch, meine zweite Deutsch.«

»Da wir das alles geklärt haben, zeige ich dir nun dein Zimmer«, sagte Veronika. Wieder nur ein kurzes Nicken von Marie. Sie übernahm von Axel den Trolley und folgte der Hotelbesitzerin zum Lift, der sich an der Seite der Halle befand.

Nachdem sie eingestiegen waren und nach oben fuhren, sagte Lilo leise: »Riecht hier ein wenig muffig.«

»Das Hotel ist noch geschlossen«, entgegnete Axel.

»Auf den Fotos sah es frischer und neuer aus.«

Bei Axel klingelten die Alarmglocken. »Lilo, du änderst jetzt bitte nicht wieder deine Meinung und sagst die Hochzeit ab.«

»Nein, nein, sicher nicht. Wir bringen sie hinter uns.«

»Nicht gerade eine romantische Einstellung.« Axel schlenderte durch die Lobby und ließ sich in einen der ausladenden Lehnsessel fallen. Hinter ihm an der Wand hing ein Hirschkopf mit Geweih.

Lilo kam ihm nach und legte ihre Hand auf seine Schulter. »Ich habe das nicht so gemeint. Ich will nur einfach endlich etwas tun, das ich mir schon sehr lange wünsche. Ich hoffe, du auch.«

Statt eine Antwort zu geben, küsste sie Axel zart auf die Hand. Der Lift ging auf und Veronika war zurück. Aus dem Büro hinter der Rezeption holte sie ihre Unterlagen.

»Setzen wir uns.« Sie deutete auf einen runden Tisch mit vier Stühlen in der Mitte der Lobby.

»Ich möchte schnell mit Ihnen einige offene Punkte über die Hochzeitszeremonie und die Feier durchgehen. Wie viele Leute werden es nun endgültig sein?«

Axel und Lilo wechselten einen kurzen Blick und hoben die Schultern. »Wir wissen es noch immer nicht fix. Die Eltern unserer Freundin wollen gerne kommen, aber ihre Mutter ist übervorsichtig und wenn es stärker zu schneien beginnt, setzt sie sich nicht ins Auto.«

»Oh, wie schade.«

»Meine Mutter will unbedingt kommen, aber sie hat sich ein Seitenband am Knöchel eingerissen und der Arzt hat ihr eigentlich Bettruhe verschrieben«, erklärte Axel. »Mein Vater ist noch in Argentinien. Er hat keinen Flug zurück bekommen bisher.«

Lilo lächelte verlegen. »Es kann sein, dass wir nur zu viert sein werden.«

»Aber Sie haben den Saal gebucht und sieben Zimmer.«

Herr und Frau Wunderer traten aus dem Lift. Sie musterten die kleine Gruppe am Tisch.

»Das Hochzeitspaar«, sagte Veronika erklärend.

»Aha. Na dann, viel Vergnügen«, wünschte Herr Wunderer.

Axel erinnerte er in seinem schwarzen Mantel und mit dem weißen Hemdkragen, der darunter zu sehen war, an einen alten Pinguin.

»Meine Eltern, die das Hotel begründet haben«, stellte Veronika vor.

Frau Wunderer lächelte schmallippig. »Sie sind also die zwei, die als Kinder in der Zeitung waren, weil Sie Kriminalfälle gelöst haben. Wie kleine Detektive.«

Lilo lächelte milde zurück. »Ja, das sind wir. Der Rest unserer Bande von damals wird auch kommen. Die beiden sind unsere Trauzeugen. Wenn Sie also hier etwas haben, das wir uns näher ansehen sollen, dann bitte nur sagen. Wir sind nach wie vor recht erfolgreich im Lösen scheinbar unlösbarer Fälle.«

»Stand auch in der Zeitung. Und es war in den Fernsehnachrichten. Außerdem waren wir in dieser deutschen Talkshow. Auf Instagram und Facebook gibt es auch einiges über die ›Knickerbocker-Bande‹«, ergänzte Axel. Sie hatten diese Antwort auf spöttische Anspielungen schon einige Male geben müssen und besaßen Übung darin.

Das Ehepaar Wunderer verkniff sich jede Reaktion. »Alles Gute. Wir gehen zur Kirche. Das tut man am Sonntag.«

Axel und Lilo mussten keine Hellseher sein, um zu erkennen, dass zwischen Veronika und ihren Eltern ziemliche Spannung herrschte.

Herr und Frau Wunderer verließen das Hotel und die beiden Verlobten wandten sich wieder Veronika zu.

»Hören Sie, Frau Wunderer«, begann Lilo.

»Bitte sagen Sie einfach Veronika.«

»Veronika. Gerne. Wir bezahlen alles, was ich bestellt habe. Es ist nicht Ihre Schuld, dass uns die Familie im Stich lässt. Wir wollen eine gemütliche Hochzeit mit unseren engsten Freunden.«

Die hohe Belohnung für das Aufdecken des Internetbetrugs gab Lilo und Axel die Freiheit, Geld auszugeben, wann immer sie es für richtig hielten.

Über diese Ansage war Veronika sehr erleichtert. »Die kann ich Ihnen garantieren.« Sie holte einen Zettel heraus. »Der Standesbeamte muss aus dem Tal kommen. Aber er hat für Samstag, elf Uhr vormittags, zugesagt, wenn das noch immer so recht ist.«

»Das ist genau die richtige Zeit«, bestätigte Axel.

»Dann hätten wir alles durch.« Veronika schob ihre Zettel zusammen. Sie zögerte kurz und blickte dann auf. »Es ist eine unverschämte Bitte …«

Axel und Lilo rechneten damit, um ein Autogramm gebeten zu werden. Das geschah immer wieder. Vielleicht sollten sie sich auch ins Gästebuch eintragen.

»Es ist hier etwas geschehen, über das ich mit sonst niemandem reden kann. Aber Ihnen würde ich mich gerne anvertrauen.«

Diese Ansage kam überraschend.

»Worum geht es?« Lilo öffnete die Hände zu einer auffordernden Geste, einfach zu erzählen.

»Können Sie in mein Büro kommen, bitte?«

VOODOO IN DEN ALPEN

Der Anblick war ekelig.

»Ich habe keine Ahnung, wer das Päckchen gebracht und auf die Theke der Rezeption gestellt hat.«

»Das ist eine Voodoo-Puppe«, stellte Lilo fest.

Im Seidenpapier, mit dem der Karton ausgelegt war, lag eine Stoffpuppe.

Es war kein Kinderspielzeug, sondern die Darstellung einer nackten Frau mit Brüsten und Schamhaaren. Die Haare waren struppiger schwarzer Bast. Die Augen und der weit aufgerissene Mund waren aufgestickt.

Das Schaurigste an der Figur waren die sieben Nadeln mit schwarzen Glasköpfen. Jede war lang wie ein Finger. Jemand hatte sie der Puppe an Stellen in den Körper gerammt, die schon beim Ansehen Schmerzen verursachten.

»War eine Nachricht dabei?«, wollte Axel wissen.

»Nein. Kein Zettel, kein Name, kein Absender. Nichts.«

»Dann hat wohl derjenige, der Sie erschrecken will, die Schachtel persönlich gebracht«, kombinierte Lilo.

Veronika, die noch immer die weite Mütze trug, zog sie vom Kopf und schüttelte ihr Haar. Es war schwarz und hatte ungefähr die gleiche Länge wie das Haar der Puppe.

Lilo sah zwischen der Puppe und Veronika vergleichend hin und her. »Entschuldigen Sie die Frage, aber haben Sie ein Muttermal auf der Hüfte?«

»Ein Muttermal, wo?«

»An der Hüfte. Wo man die Hände in die Seite stemmt.«

Veronika wunderte sich. »Nein. Ich habe kein Muttermal. Wieso?«

»Weil auf die Puppe dort ein Muttermal aufgemalt worden ist. Mit Filzstift.«

Nachdem sie tief durchgeatmet hatte, erzählte Veronika von Mario und seinem Verschwinden. Axel und Lilo ließen sich auf der Kante des Schreibtisches nieder und hörten genau zu.

»Sie fragen sich, ob Mario mit dieser Puppe zu tun haben könnte?«, fasste Lilo zusammen.

Veronika nickte.

Lilo begann, ihre Nasenspitze zu kneten. Seit sie zehn Jahre alt war, tat sie das immer, wenn sie überlegte.

Axel kam ihr mit einer Antwort zuvor. »Verrückte gibt es immer. Aber was hätte dieser Mario davon? Wenn er sich an Ihrem Schreck weiden will, müsste er Sie dazu sehen. Das ist aber nicht möglich. Er redet auch nicht mehr mit Ihnen, Sie können es ihm also auch nicht erzählen.«

»Wer sonst könnte mir so etwas hinstellen?« Veronika nahm den Deckel und verschloss die Schachtel wieder.

»Das können eigentlich nur Sie selbst sagen.« Lilo trommelte mit den Fingern auf den Karton. »Hier wohnen doch kaum Leute in der Umgebung.«

Veronika stellte die Schachtel in einen absperrbaren Aktenschrank. »Nicht einmal hundert. Im Winter sind dann fünfmal so viele hier, aber das sind alles Saisonpersonal und Gäste.«

»Haben Sie mit jemandem Streit? Oder gibt es einen Verehrer, den Sie abgewiesen haben? Oder hassen Sie andere Hotelbesitzer?« Lilo und Axel fielen zahlreiche Möglichkeiten für einen solchen schlechten Scherz ein.

Energisch schüttelte Veronika den Kopf. »Das kann ich mir alles nicht vorstellen. Mir fällt wirklich niemand ein.«

Das Surren der Eingangstür ertönte. Veronika trat in die Rezeption hinaus, um zu sehen, wer gekommen war. Lilo folgte ihr.

Ein Mann, der mit dem Kopf fast an den oberen Türrahmen schlug, war eingetreten. Ihm folgte ein Schwall Schneeflocken, aus dem eine Frau mit fast bodenlangem Fellmantel und einer Fellkappe trat, die die Größe eines Storchennests hatte. Unter den Rändern der Kappe lugte kupferrotes Haar hervor.

»Guten Tag, Lady Ross«, grüßte Veronika. »Was kann ich für Sie tun?«

»Kindchen, ich muss mit Ignaz den Saal besichtigen. Ignaz wird die Überraschung vorbereiten.«

Lilo bemerkte, wie Veronika stumm mit den Augen auf Lilo deutete.

»Ihre Turteltäubchen werden den schönsten Tag ihres Lebens niemals vergessen. Geben Sie mir bitte die Vornamen, die brauche ich noch für die Überraschung.«

»Später, Lady Ross, ich habe meine Gäste gerade zu einer Besprechung hier«, sagte Veronika und betonte dabei die letzten Worte mit einer leichten Kopfbewegung in Lilos Richtung.

»Ach, sieh mal an«, rief die Lady, ohne eine Sekunde die Haltung zu verlieren oder verlegen zu wirken. »Was für ein Vergnügen, die glücklichen Menschen kennenzulernen. Ich erinnere mich an meinen Hochzeitstag, als wäre es gestern gewesen. Dabei liegt er schon eine halbe Ewigkeit zurück. Unvergesslich wurde er durch die Überraschung der besten Freunde meines Mannes. Sie haben eine Opernarie zu unseren Ehren komponieren lassen, die von zwei Sängerinnen und einem Sänger vorgetragen wurde.«

Lilo und Axel standen schweigend da, weil sie nicht wussten, was sie sagen sollten. Veronika war die Angelegenheit peinlich. »Vielleicht können Sie in einer Stunde wiederkommen?«

»Natürlich, Kindchen, wir wollten nicht stören, nicht wahr, Ignaz?« Sie stieß den Riesen mit dem Ellbogen. Mit tiefer Stimme versicherte er, dass das niemals die Absicht gewesen wäre. So theatralisch, wie ihr Erscheinen gewesen war, zogen die zwei wieder ab und verschwanden im Schneegestöber.

»Von welcher ›Überraschung‹ hat die Dame geredet?«, wollte Axel wissen. Er war kein Freund von unerwarteten Geschenken oder Aktionen.

»Die Dame ist Lady Ross. Sie wohnt im Schloss und kommt jeden Tag ins Hotel zum Essen. Ich habe ihr von meinen Plänen erzählt und von Ihrer Hochzeit und sie besteht darauf, mitzuhelfen. Von meinen Eltern habe ich nämlich keine …«

»… Unterstützung zu erwarten«, setzte Lilo im Stillen den Satz fort, als Veronika abbrach. Laut sagte sie: »Na dann, wir sind gespannt, wie sie unsere Hochzeit unvergesslich macht.«

Veronika lächelte erleichtert. Lilo und Axel verabschiedeten sich und traten die Rückfahrt an. Der Schnee fiel immer dichter und die Scheibenwischer hatten einiges zu tun, die Flocken von der Windschutzscheibe zu fegen.

Axel sah immer wieder zu den überhängenden Felskanten hoch. Manche ragten wie Vordächer über die Fahrbahn. Sie fuhren an einem Schild vorbei, das vor herabfallenden Schneebrettern warnte.

»Gibt es hier auch Lawinen?«

Lilo nickte, völlig konzentriert auf den Straßenverlauf. »Normalerweise werden sie abgesprengt, wenn Gefahr besteht, dass sie zu rutschen beginnen könnten.«

Nach einer Pause fragte Axel etwas, das ihn seit der Abfahrt beschäftigte.

»Ist es dir wirklich recht, dass diese verrückte Lady etwas für unsere Hochzeit tut? Wir kennen sie doch überhaupt nicht.«

»Ich fühle mich langsam schlecht, weil ich diese Hochzeit so kurzfristig angesetzt habe«, gestand Lilo. »Der Ort ist auch etwas seltsam. Auf der Internetseite hat alles viel freundlicher ausgesehen.« Als sie Axel und Lilo zum Wagen begleitete, hatte Veronika noch dazu gestanden, dass es die erste Hochzeit war, die sie ausrichtete.

Axel wollte Lilo die Sorge nehmen. »Wir sind ungewöhnliche Menschen und deshalb kann das Ganze ein unvergessliches Abenteuer werden. Auf jeden Fall besser, als auf einem normalen Standesamt zu heiraten und in einem normalen Restaurant Gäste zu empfangen, mit denen man gar nicht feiern will.«

Da musste Lilo ihm recht geben. »Außerdem tun wir eine gute Tat, denn die Eltern Wunderer sind alles andere als freundliche Menschen. Wir können das Selbstbewusstsein ihrer Tochter ein wenig aufbauen, denn unsere Hochzeit wird ein Erfolg.«

»Du hast normalerweise nie so plötzliche Ideen und Entschlüsse.« Axel musterte Lilo von der Seite. »Wieso machst du ausgerechnet bei unserer Hochzeit eine Ausnahme?«

Lilo überging die Frage. »Bitte hör auf, mich so anzusehen. Ich kann deinen Blick spüren und das irritiert mich.«

Axel gab auf. Lilo wollte nicht antworten und aus Erfahrung wusste er, dass weiteres Befragen keinen Sinn hatte.

Etwas Wichtiges fiel Lilo ein. »Ich schicke Veronika Wunderer auf jeden Fall eine E-Mail. Sie muss diesen Hirschkopf von der Wand nehmen, wenn Poppi kommt. Und die Lady darf nicht in Pelzmantel und -kappe erscheinen.«

Poppi war nicht nur Tierärztin, sondern auch eine leidenschaftliche Tierschützerin, die energisch für ein Verbot von Pelztierfarmen eintrat.

»Gute Idee«, stimmte Axel zu. Noch immer konnte er sich nicht erklären, wieso Lilo ohne ihn zu fragen diese überstürzte Entscheidung für die Hochzeit im Schnee getroffen hatte. Was steckte dahinter?

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