Kitabı oku: «Wirtschaftsphilosophie», sayfa 3

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2.1.1.2 Das Verhältnis der Wächter und Philosophen zu materiellem Besitz

So, wie Platon der erste Denker ist, der das Ökonomische überhaupt als Gesamtphänomen in den Blick nimmt und es dabei im Sinne »politischer Ökonomie« behandelt, findet sich bei ihm auch der historisch erste Versuch, die Lehre von Besitz und Eigentum (die Prämissen privaten Wirtschaftens) systematisch zu entwickeln. Wenn beide dabei von der staatswirtschaftlichen Perspektive umgriffen sind, geht es nicht nur um den Versuch, das Eigentumsprinzip mit einem Sozialprinzip zu vermitteln – was ein Ansatz wäre, der vor Platon bereits geschichtlich, nicht zuletzt in der Geschichte Athens selbst (bei den Reformen Solons23) aufgetreten wäre. Es geht vielmehr in letzter Instanz darum, auch das Eigentum im Rahmen einer umgreifenden Zweck- und Güterordnung sachgemäß thematisieren zu können: einer Ordnung, die private und öffentliche, äußere und innere, zeitliche und unvergängliche Güter umfaßt und durch die zugleich das Verhältnis aller dieser Güter, von den äußeren angefangen, zum absolut Guten bestimmt werden kann. Eigentum ist weder eine »Naturtatsache«, noch hat es einen »natürlichen« Wert; es hat Existenz und Wert nur im Rahmen rationaler Beziehungen, die wir durchdrungen haben müssen, wenn es uns um den vernünftigen Staat geht. Auch Besitz und Eigentum bedürfen in Platons Perspektive der Beziehung auf den Sinnhorizont der Vernunft und darin dann eines guten Grundes – eben deshalb aber bedürfen sie auch der Klärung durch die Philosophie.

Platons Überlegungen zum Thema Besitz und Eigentum setzen nicht erst mit dem Staat ein. Bereits in einem der frühen Sophistendialoge, im Euthydemos, wird Sokrates, auch hier der Hauptunterredner, die folgende Frage gestellt: »Glaubst du also etwa, daß das dein ist, worüber du zu gebieten hast und womit dir freisteht zu tun, was du willst?«24. Antwortet Sokrates hier mit »Ja«, dann ist »Eigentum« so bestimmt, daß man etwa »Schafe und Ochsen« genau dann »sein eigen« nennen darf, wenn man sie verkaufen, verschenken und einem Gott schlachten kann, dem man nur will, ohne jemandem Rechenschaft schuldig zu sein. Dieser – wohl gang und gäben – Auffassung, die das Eigentum wesentlich über ein uneingeschränktes Sachgebrauchsrecht bestimmt, widerspricht Sokrates (und mit ihm Platon) an der zitierten Stelle nicht25. Dem aufmerksamen Leser fällt jedoch auf, daß Sokrates ausdrücklich nur aus gesprächsstrategischen Gründen zustimmt, seine eigentliche Meinung zur Sache und damit auch mögliche Vorbehalte also unausgesprochen bleiben. Worin aber mögen solche Vorbehalte bestehen? Das wird sofort klar, wenn man bedenkt, daß nach Platon ein ungehindertes, unreflektiertes »Tun, was man will« den tyrannischen Menschen, von dem schon die Rede war, charakterisiert26; dieser Mensch jedoch kennt keine »wahre Freiheit noch Freundschaft«27 und damit ein Leben im Zeichen des Guten nicht. Ein prinzipiell uneingeschränktes Gebrauchsrecht in bezug auf äußere Güter wäre mithin nur Anlaß und Einfallstor für blinde Willkür, die weder dem einzelnen noch dem Gemeinwesen wirklich bekommen kann.

Im Staat kommen dazu dann noch Aspekte ins Spiel, die auf allgemeine Fragen der »Bestheit« der öffentlichen wie individuellen Lebensform zielen. Platon entwickelt einen »Drei-Stände-Staat«, in welchem alleine der untere, »dritte Stand« der Handwerker und Händler dingliches Eigentum (Platon spricht hier von den »Chrematisten«28, was von dem griechischen Wort crñma abgeleitet ist, das bemerkenswerterweise zugleich »Bedürfnis«, »Ding« oder »Sache« und auch »Geld« bezeichnet), was der Richtung des im Falle dieses Standes herrschenden begehrenden Seelenteils auf die äußeren Dinge korrespondiert29. Die »muthaften« Wächter und die »weisen« Herrscher oder »Philosophenkönige« führen ein Leben ohne Besitz an dinglichem Gut: sie gehen, wenn man so will, in einer allgemeinen, öffentlichen Existenz auf, wozu ausdrücklich »zuerst« gehört, »daß keiner irgend eigenes Vermögen besitze, wenn es irgend zu vermeiden ist«30. Dieser »unbedingten«, gleichsam prinzipiell »dingfreien« Lebensweise gemäß soll auch »keiner irgend solche Wohnung oder Vorratskammer haben, wohinein nicht jeder gehen könnte, der nur Lust hat, sie aber das Notwendige, dessen bescheidene und tapfre Männer, die im Kriege kämpfen sollen, bedürfen, in bestimmter Ordnung von den anderen Bürgern als Lohn für ihren Schutz in solchem Maße empfangen, daß ihnen weder etwas übrigbleibe auf das nächste Jahr noch sie Mangel haben, indem sie nämlich, gemeinsame Speisungen besuchend, wie im Felde Stehende zusammen leben«31. Nur so, in Orientierung an diesem Ideal – das, etwa für die »Speisungen« (Syssitien), historisch Anleihen im dorischen Raum, besonders bei Sparta, macht – wird der Staat auch »bestmögliche« Wächter erhalten32, die nach außen wie ihrem »inneren« Stande nach ein »heilvolles« Leben führen und dies auch wissen: »Gold und Silber aber, muß man ihnen sagen, haben sie von den Göttern göttliches immer in der Seele und bedürfen gar nicht auch noch des menschlichen«; es ist ihnen untersagt, mit dem »Besitz sterblichen Goldes« den »Besitz des göttlichen [Seelen-]Goldes« zu »vermischen« und zu »verunreinigen«, wie denn nur sie dieses ganz »unverfälscht« besitzen, während mit der gewöhnlichen Münze immer »vieles und Unheiliges« geschehen ist; darum ist es ihnen sogar verboten, Gold und Silber auch nur zu berühren, ja damit »unter demselben Dach zu sein« – was alles ihnen sowohl wie der Stadt »zum Heil« gereicht33.

Es wird deutlich, daß Platons politisch-psychologisches Konzept der Besitzlosigkeit nicht zwar der gesamten Bürgerschaft, wohl aber des »reflexiven Standes« der Wächter und »Philosophenkönige« dem einen Ziel dient, den Staat und die Seelen seiner Bürger möglichst unabhängig von der Dynamik des Begehrens und des Selbstverlustes an äußere Objekte zu halten. Bezogen ist dieser Gedanke zugleich auf ein Gefälle der Güter, das von der nur dem Philosophen offenbaren »Idee des Guten« bis hinab zum nur äußeren Gut reicht. Nur der Philosoph weiß dabei um das Gute, das absolut Selbsthafte, das letzte »Worumwillen«, also auch den obersten Zweck, von dem aus alleine eine tragfähige Organisation des (individuellen wie gemeinschaftlichen) Lebens möglich ist. Wer dagegen um das wahrhaft Gute, den letzten Zweck nicht weiß, sondern beispielsweise der Meinung ist, daß in Geld und äußerem Gut ein solches »Gutes« läge, ist schon auf dem Wege der »Selbstenteignung« begriffen. Die Einsicht in die wahre Güterordnung dagegen befreit auch zu einem dauernden Selbstbesitz, um den es je auch dem Staat geht.

Im fünften Buch des Staats wird dieser Gedanke übrigens noch durch die Forderung nach Frauen- und Kindergemeinschaft der Wächter verschärft. Wächter, die »nicht alle dasselbe mein nennen, sondern jeder etwas anderes, indem der eine in sein Haus zieht, was er nur kann, um es ausschließend vor den anderen zu besitzen, und ein anderer ebenso in das seine, welches ein anderes ist«, müßten, so heißt es hier, »den Staat zerreißen« statt ihn zu einen; um so mehr sollen sie »alle auf dasselbe hinstreben«, wozu eben auch die Frauen- und Kindergemeinschaft beiträgt34. Der partikuläre »Besitz ohne die anderen« bedingt und veranlaßt allen Rechtsstreit, mit der Besitzlosigkeit des einzelnen bzw. der Gütergemeinschaft aller aber verschwindet die Zwietracht35. Was zunächst durch die besondere Aufgabe und »Funktion« der Wächter bedingt zu sein scheint, enthüllt sich hier zuletzt als auch »ontologisch« höhere Lebensform: als ein Leben eben nicht im Umgang mit Gütern, dafür aber durchaus aus dem Einen-Guten; als ein Leben der Einheit und Einmütigkeit anstelle der Vielheit und Zersplitterung; als eine den Göttern angeähnelte Existenz, in der alleine sich, wie es an einer berühmten Stelle des Theaitetos heißt36, die Bestimmung des Menschen vollendet.

2.1.1.3 Die Position der Nomoi

In den Gesetzen, den Nomoi, Platons (unvollendetem) letztem und umfangreichstem Werk, das seine differenzierteste Stellungnahme zur »politischen Ökonomie« enthält, ist das im Staat formulierte Ideal der individuellen Besitzlosigkeit und der Gütergemeinschaft zwar nicht aufgegeben, wohl aber nicht mehr alternativlos37. Noch immer gilt, daß »der erste Staat, die erste Verfassung und die besten Gesetze dort sind, wo möglichst im ganzen Staat der alte Spruch verwirklicht wird, der da lautet, daß Freundesgut wahrhaft gemeinsames Gut ist«38 (V, 739b-c). Das seinem Ursprung nach wohl pythagoreische Zitat, das Platon schon im Staat angeführt hatte, erinnert daran, daß Platons Begriff des Gemeinwesens nicht, wie in der Neuzeit zumeist der Fall, als Zweckverband einander ursprünglich fremder Subjekte konzipiert ist, sondern bei einer elementaren Freundschaft der Menschen untereinander ansetzt. In den Bereich des solchermaßen »gemeinsamen Gutes« sollen auch hier mit »Frauen, Kindern und allem Vermögen« alle Instanzen einer äußeren Beziehung fallen, durch die überhaupt »entfremdende« Relationen entstehen können. Wenn so »mit allen Mitteln das so genannte Eigentum in jeder Beziehung aus dem Leben ganz verbannt ist und man es nach Möglichkeit dahin gebracht hat, daß auch das, was einem von Natur eigen ist, irgendwie gemeinsam wird, daß zum Beispiel die Augen und Ohren und Hände gemeinsam zu sehen, zu hören und zu arbeiten scheinen, daß ferner alle möglichst einstimmig Lob und Tadel äußern, weil sie sich über dasselbe freuen oder betrübt sind, und wenn schließlich Gesetze den Staat soweit wie möglich zu einer Einheit gestalten, dann wird niemand, der für deren überragende Vollkommenheit einen andern Maßstab setzt, damit jemals einen richtigeren oder besseren setzen«39. »Götter« oder doch »Göttersöhne« heißen die Bewohner eines so beschaffenen Staats, der das »Urbild« (parádeigma) aller Gesetzgebung bleibt – auch der jetzt, in den »Gesetzen«, zu entwerfenden »zweitbesten« Form.

Worum geht es in den Gesetzen, dem, wie man oft gesagt hat, Dokument eines »realistisch« gewendeten Denkens des späten Platon? Wir hören von drei gereiften Männern – einem Fremden aus Athen, in dem man Platon selbst, mindestens aber einen Platoniker erkennen kann, dem Spartaner Megillos und dem Kreter Kleinias –, die sich auf dem Wege zu einer Zeus-Grotte im Ida-Gebirge auf Kreta in Fragen der Staatsform und Gesetzgebung vertiefen, wobei es um die kritische Prüfung bereits existierender Verfassungen, dann aber auch um den Verfassungsentwurf für eine neu zu gründende kretische Kolonie geht, für die Kleinias eine Mitverantwortung trägt. Unbedingt soll in Magnesia, der zu gründenden Stadt, dem Gesetz, nicht dem Einzelwillen die Herrschaft gehören. Wie im Staat korrespondieren auch hier die gute (Seelen-)Verfassung des einzelnen und die Gesamtverfassung des Gemeinwesens: der wahrhaft gute Staat kann nur ein Staat sein, dessen Bürger ihre »Bestheit« oder Tugend (a¬retä) und damit auch ihre Glückseligkeit (eu¬daimonía) tatsächlich leben. Großer Wert wird entsprechend auf eine Erziehung gelegt, die den Tugenderwerb begünstigt, was eine musische Bildung von Kindesbeinen an, nach Verdienst zu erteilende öffentliche Ehren und Tadel, aber auch die massive Beschränkung des privaten Eigentums einschließt. Bereits im ersten Buch der Nomoi wird, den letzten Punkt betreffend, darauf hingewiesen, daß es »zweierlei Güter« gibt, menschliche hier, göttliche dort. Die göttlichen Güter umfassen die Einsicht (frónhsiv), dann die mit Vernunft verbundene besonnene Haltung der Seele, aus beiden hervorgehend ferner die Gerechtigkeit und schließlich die Tapferkeit. Die menschlichen Güter hingegen sind (ebenfalls in fallender Reihe) Gesundheit, Schönheit, körperliche Stärke und an letzter Stelle der von der Einsicht geleitete Reichtum – was einschließt, daß Reichtum als solcher als mögliches »Gut« gar nicht erst in Betracht kommt40. Die Gesetze rekurrieren so zwar nicht auf eine dialektisch gebaute Ideenpyramide mit der Idee des Guten an der Spitze, aber sie machen doch ihrerseits klar, daß es eine Lehre vom guten Staat ohne Anknüpfung an eine systematisch zu entwickelnde, differenzierte Güterlehre nicht geben kann.

Das dritte Buch bietet sodann eine Betrachtung zur Verfassungsgeschichte von ihren mutmaßlichen Anfängen an und empfiehlt im Ergebnis eine das rechte Maß wahrende »Mischverfassung«, die gegen die Gefahren, die der Monarchie (das Beispiel ist Persien) und der Demokratie (Athen) je inhärent sind, gleichermaßen gefeit ist. Bemerkenswert ist, welche »Staatsziele« Platon am »Gedankenexperiment« der kretischen Gründung auf ihre Realisierungsbedingungen hin prüfen will: es handelt sich um Einsicht, Freiheit und Freundschaft41 – allesamt Umsetzungen des Einen-Guten in die politische Wirklichkeit hinein. Dem Gesetzgebungswerk selbst ist sodann eine Ansprache an die Siedler vorangestellt, in der Platon auf das entscheidende Instrument einer solchen Umsetzung zu sprechen kommt: das Mittel der Orientierung an einem unabhängig vom Menschen bestehenden Maß (métron) aller Dinge (crämata), einem Maß, das in Gott, nicht, wie die Sophistik mit (vor allem) Protagoras verkündet hatte, in der Menschen Gutdünken begründet liegt42. Der sich hier aussprechende Gedanke, daß es reelle »Seinsmaße« gibt, die alle Dinge im Lot halten und die dann insbesondere von der Philosophie erforscht werden, hat direkt mit dem bereits in der Politeia zu findenden Gedanken zu tun, daß in der Begehrensdynamik und entsprechend in der Dynamik der Überflußwirtschaft eine im Kern destruktive Maßlosigkeit liegt. Der Staat hat entsprechend die Aufgabe, dem Besitzstreben ebenso wie dem Expansionsdrang von Produktion und Handel das rechte Maß entgegenzusetzen, durch das alleine alles seinem eigenen Zweck und damit dem Guten verpflichtet bleibt wie zugleich die Entstehung von Ungerechtigkeit abgewendet ist43. Ganz abstrakt gesprochen bricht mit der Überflußwirtschaft die »unbestimmte Zweiheit« in das Leben der Menschen ein, und es kommt alles darauf an, daß dieser Einbruch vom Einheitsprinzip des Staates her wieder gebunden werden kann. Denn darum geht es nach Platon im Staatsleben immer: Eines und Vieles in ein tragfähiges bzw. vom Guten getragenes Verhältnis zu setzen44. In allen konkreten, das Wirtschaftsleben betreffenden Vorschriften, die die Gesetze aussprechen, wird sich so stets der eine Gedanke finden, daß die durch den Staat geschaffene wirkliche Einheit der Bürger und ihrer Interessen auf der Wahrung der rechten Maße beruht. Wenn der Staat der Gesetze so zwar den Kommunismus verwirft45, kennt er doch andererseits ausschließlich ein wesentlich über das Ganze reflektiertes, vom Ganzen her zugeteiltes, darin »gemessenes« und insoweit gerade gerechtfertigtes Eigentum. »Der Besitz von Vermögen und Gütern«, deren »Übermaß« immer »Feindschaft und Zwietracht« in die Staaten einführt, während ihr Mangel »Knechtschaft« erzeugt46, stellt freilich als Besitz von Gütern, die weniger »Gutes« als alle anderen, auch als der Leib, enthalten, auch so noch ein dauerndes Risiko für das Staatsleben dar; er ist deshalb von der Gesetzgebung gleichsam zu domestizieren. Ebenso ist es z. B. das Maß- oder das Harmonieprinzip, welches gebietet, weder den Kindern große Schätze aufzuhäufen, die dann die Schmeichler anlocken, noch es ihnen am Nötigsten fehlen zu lassen; so nur kommt es zu einem »Einklang« in allen Verhältnissen, zu einer »musikalischen« Wohlordnung des Lebens in der Gemeinschaft, die selbst die letzte Gewähr für den Bestand des Staates enthält47. Auch damit scheinen bei Platon pythagoreische Grundgedanken auf, ähnlich denen, die gleichfalls seine späte Naturphilosophie, die Kosmologie des Timaios, an den Tag legt. Hier wie dort wird eine Einheits-Vielheits-Vermittlung und darin zugleich eine Lösung des Problems der Dualität von Intelligibilität und Materialität, von Seiendheit und Erscheinung über die konkrete Maßzahl geleistet; denn reelle Bestimmtheit ist immer die Funktion eines über das Ganze reflektierten »qualitativen Quantums« (Hegel), eines Vermitteltseins des einzelnen aus dem logisch-verhältnishaft geordneten Ganzen48.

Platons »skizzenhafter«49 Entwurf bestimmt in diesem Geiste einer »rationalen«, weil in der kosmischen Ordnung gegründeten Politik am Ende recht viele Details des öffentlichen und auch privaten Lebens der Bürger; dazu gehört etwa auch die Gesamtzahl der (Voll-)Bürger, die auf dem Boden ihrer Stadt »maßvoll« leben und sich erhalten können. Die eigentliche Lebensbasis der Gesamtheit wie der einzelnen ist der Landbesitz; aus ihm gehen die wirklich notwendigen äußeren Güter hervor, während der Handel es immer auch, wenn nicht sogar primär mit grundsätzlich auch verzichtbaren Gütern zu tun hat. Wir treffen bei Platon in dieser Hinsicht auf durchaus »physiokratische« Züge – nur Beisassen (Metöken), die ihrerseits weder Grundbesitz noch dauerndes Bleiberecht haben, treten als Händler auf. Für das Land wird eine Teilung in 5040 »Lose« festgesetzt, wobei diese Zahl damit begründet ist, daß sie möglichst viele, nämlich 59 Divisionen zuläßt und zugleich sämtliche Zahlen von 1 bis 10 als Teiler in Betracht kommen; eine Rolle spielen könnte zudem, daß 5040 als 7! aufgefaßt werden kann, woraus sich dann ein Verfahren zur Zuteilung gleicher Teilflächen ableiten läßt50. Diese nach Maß und Zahl bestimmten Landlose sind von dem zukünftigen Eigentümer nur um so mehr »als Gemeingut des gesamten Staates anzusehen …, und da die Erde seinem Vaterland gehört, muß er sie noch mehr pflegen als Kinder ihre Mutter, zumal sie überdies als eine Göttin Herrin über uns Sterbliche ist«51. Die Lose bleiben so auch in der Vorstellung ihrer Inhaber das, was sie in mancher Hinsicht ohnehin dauerhaft sind, Eigentum nämlich des sie zuteilenden Staates52. Als Lebensgrundlage der Stadt insgesamt unterliegen sie so auch einem besonders strengen Besitzreglement, das vielerlei Willkür von vornherein ausschließt: die Lose eignen nicht wirklich den Individuen, sondern den Familien, deren die Generationen überdauernden Vermögensgrundstock sie bilden; sie sind so auch weder veräußerbar noch teilbar. Ist die Gebrauchsfreiheit schon durch dies alles erheblich eingeschränkt, so treten noch zahlreiche Duldungspflichten des Landeigentümers in bezug auf öffentliche und fremde Interessen hinzu, so in Beziehung auf die »edle Jagd« (auf vierfüßige Tiere mit Pferden und Hunden)53 und das Betreten eines Grundstücks durch einen fremden, die eigene Ernte einbringenden Bauern54. Aber auch in Anbetracht der zu erwartenden unterschiedlichen Qualität der Landlose hat der Staat darüber zu wachen, daß es zu einem Ausgleich dergestalt kommt, daß schlechteres Land entsprechend großzügig zugemessen wird. Um die Gesamtzahl der Landlose konstant halten zu können, betreibt der Staat sowohl eine (maßvolle) Geburtenpolitik wie Koloniengründung oder bedient sich (das jedoch wegen der Bildungsdifferenzen nur im äußersten Falle) einwanderungswilliger Fremder.

Wenn auf diese Weise für den Immobilienbesitz eine Vermögensgleichheit unter den Bürgern hergestellt ist, muß auch für die beweglichen Güter, bei denen die Dinge immer noch aus dem Lot gehen können, Vorsorge getroffen werden. »Maßloser« Erwerb von äußeren Gütern wird in den Nomoi schon darum entschieden verworfen, weil er mit Tugend nicht zusammen bestehen kann: steht es doch fest, daß »die ganz Reichen nicht gut sind, wenn sie aber nicht gut sind, so sind sie auch nicht glücklich« – was einer Gesetzgebung widerstreitet, deren Ziel es ist, »die Bürger so glücklich und so befreundet miteinander werden [zu lassen] wie nur möglich«55. Um das Entstehen von Reichtum zu verhindern, werden nicht nur der Besitz von Gold und Silber verboten, sondern auch »bedeutender Gelderwerb durch Handwerksarbeit und Wucher« untersagt; nur so kann gewährleistet werden, daß »über dem Gelderwerb das nicht [vernachlässigt] wird, um dessentwillen es das Geld gibt«56 – die Stelle ist einer der ersten Belege für die in der Geschichte der Wirtschaftsethik immer wiederkehrende Warnung vor der spezifischen Gefahr des Geldes, sich aus einem Mittel mit klar umrissener Funktion in einen diffusen Zweck zu verwandeln. Der Staat der Nomoi verfügt, weil er diese Gefahr kennt, zwar für den eigenen Gebrauch über eine (nicht konvertible) Münze, während er für den ohnehin möglichst zu vermeidenden Außenhandel auch Devisen, das heißt gemeingriechisches Geld besitzt. Im übrigen unterscheidet der Staat seine Bürger nach vier Vermögensklassen (744a-745b), was eine Orientierung Platons an der solonischen Gesetzgebung zeigt57. Der Besitz darf sich im Sinne des platonischen Proportional- oder Maßprinzips zwischen den Klassen freilich maximal um den Faktor vier unterscheiden: während die untere Vermögensgrenze in dem Wert des Landloses selbst besteht, über das der Bürger verfügt und das, weil unveräußerbar und unteilbar, auch als konstant angesetzt werden kann, liegt die obere Zuerwerbsgrenze beim vierfachen Wert eines solchen Besitzes58; wer dann doch mehr erwirbt, aber diesen Erwerb nicht freiwillig an die Götter abführt, darf von jedem Bürger angezeigt werden und hat hohe Geldstrafen zu gewärtigen59. Vorgesehen ist übrigens auch der Besitz von Sklaven: die Unterscheidung zwischen Sklaven und Freien ist nach Platon »notwendig«60, wobei allerdings offenbar mehr praktische Notwendigkeiten des Staatslebens als eine »Naturnotwendigkeit« im Blick sind. In der Behandlung der Sklaven fordert Platon dann die Einhaltung einer rechten Mitte zwischen ungerechter Behandlung und Verwöhnung; gut behandelte Sklaven sind unter Umständen mehr wert »als Brüder und Söhne«61 und neigen auch nicht zum Aufstand62.

Wie jedoch gelangt man in Platons Stadt Magnesia über die ererbten Landlose hinaus überhaupt zu Eigentum? Für bewegliches Eigentum kommen hier der (Zu-)Erwerb durch Handarbeit und Handel, ferner durch die Schenkung und allenfalls auch den Fund in Betracht. Wie erwähnt ist der Handel jedoch nur den Metöken gestattet63, und auch für sie gibt es Obergrenzen des Erwerbs64. Ausgeschlossen sind übrigens größere Vermögensverlagerungen, wie sie sich aus der Mitgift oder Aussteuer der Frau ergeben könnten: Platon formuliert ein absolutes Mitgift-Verbot, das zunächst damit begründet ist, daß unter der Voraussetzung von prinzipiell gleichen Vermögensverhältnissen sich der Empfang (durch die Gattin) und die Aussetzung einer Mitgift (an die Tochter) ohnehin ausgleichen. Allerdings heißt es darüber hinaus auch, daß die Gleichheit der Vermögensverhältnisse in jedem Fall auch um des Staates willen zu erstreben sei und auch von daher »Geldheiraten« öffentlich zu ächten seien65.

Zugleich freilich mit dem so bereits deutlich werdenden System eines immer latenten öffentlichen Obereigentums an Grund und Boden sowie weitgehender Beschränkungen bei anderem Besitz gibt es in Platons »zweitbestem Staat«66 doch ebenso einen klaren Begriff von der Respektierung des Eigentums. Der Leitsatz dafür wird zu Beginn des elften Buches aufgestellt: »Niemand soll sich nach Möglichkeit an meinem Eigentum (tøn e¬møn crhmátΩn) vergreifen und auch nicht das Geringste davon verrücken, ohne irgendwie meine Zustimmung dazu erlangt zu haben. Nach demselben Grundsatz muß auch ich mit dem Eigentum anderer verfahren, wenn ich bei gesundem Verstand bin«67. Gibt es dennoch Rechtsstreitigkeiten über Besitzansprüche, so ist in Magnesia durch eine völlige Publizität nicht nur des Immobilienbesitzes, sondern auch der beweglichen Güter leicht Abhilfe zu schaffen: der strittige (bewegliche) Gegenstand wird der Behörde vorgelegt und, falls ein sofortiger Entscheid einmal nicht möglich sein sollte, dort verwahrt, bis nach spätestens drei Tagen ein Urteil ergeht68. Weitgehende Rechte hat der Bürger an seinem Sklaven, die einzige Einschränkung bildet hier das »göttliche Recht«, also eine Art naturrechtlicher Abwehr von Willkürhandlungen. Geregelt wird schließlich auch das Marktleben, etwa derart, daß Kreditgeschäfte untersagt sind und ein Rückgaberecht für höherwertige Gegenstände eingeräumt wird69. Nur konsequent ist zuletzt, daß Platon auch die unumschränkte Testierfreiheit aufhebt, so daß niemand über das Seine nach Gutdünken und also im Sinne »maßloser« Willkürfreiheit verfahren kann; entsprechend heißt es an die Adresse der Erblasser: »Ich erkläre als Gesetzgeber, daß weder ihr euch selbst gehört noch diese eure Habe, sondern eurem ganzen Geschlecht, sowohl dem vergangenen als auch dem künftigen, und daß in noch höherem Maße das ganze Geschlecht und seine ganze Habe dem Staat gehört. … [Nur das,] was sowohl für den ganzen Staat als auch für die Familie das Beste ist, das allein werde ich ins Auge fassen bei meiner Gesetzgebung und den Interessen des einzelnen mit Recht weniger Gewicht beimessen«70.

Die zuletzt zitierte Formulierung macht noch einmal deutlich, worum es in der Eigentumsordnung der Gesetze geht: darum nämlich, daß so, wie »die wahre Staatskunst nicht auf das Je-Eigene (tò i¢dion), sondern auf das Gemeinsame (tò koinón) bedacht sein muß, denn das Gemeinsame eint, das Je-Eigene aber zerreißt die Staaten«71, so auch grundsätzlich ein (verabsolutiertes) Eigentum, das nicht im Horizont des Allgemeinen und der allgemeinen Belange verankert ist, ein gutes Leben in der Gemeinschaft der Menschen unmöglich macht – für den einzelnen wie für die Gemeinschaft. Platon kennt zwar ein wechselseitig zu respektierendes relatives Eigentum, dessen Sinn es ist, dem einzelnen und seinem Geschlecht dauerhaft ein Auskommen zu ermöglichen und ihn so gegen Wechselfälle des Lebens sicher zu stellen. Das Leben in Einsicht, Freiheit und Freundschaft aber, das das Resultat auch einer nur »zweitbesten« Staatserfassung sein muß, scheint aber als politisches Ziel jenseits des bloßen »Auskommens« auf. Es erinnert daran, daß das wahrhafte Zentrum eines vernünftigen Menschenlebens stets einen anderen als dinglichen Grund hat und auf andere als äußere Güter verweist. Es verweist auf das eine Gute, von welchem »die Güter« ihren Wert erst haben.

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