Kitabı oku: «Die Regulierung innovativer Finanzinstrumente», sayfa 18
N. Geldmarktfondsprodukte
I. Merkmale und Arten
Geldmarktfonds sind – nicht notwendig indexbasierte – Investmentfonds, die das von ihnen eingesammelte Kapital am Geldmarkt anlegen.443 Anders als andere Investmentfonds haben sie keine Restlaufzeit, sodass die Investoren ihre angelegten Gelder kurzfristig zurückziehen können. Eine insbesondere bei U.S.-Fonds vorkommende Variante sind Fonds mit konstantem Nettoinventarwert (Constant NAV – CNAV), die einen vorab bestimmten Rückzahlungspreis garantieren.444
II. Risiken beim Einsatz
Geldmarktfondsprodukte gehen mit Risiken einher, die sich von denen der Anteile anderer Investmentfonds unterscheiden und teilweise den Risiken, die bei ETP auftreten können, entsprechen. So stellt es einen wichtigen Unterschied im Vergleich mit anderen Investmentfonds dar, dass Geldmarktfonds auf den hochgradig liquiden Geldmärkten gehandelt werden und es den dortigen Investoren ermöglichen, jederzeit ihre Fondsanteile zurückzugeben.
Um zu verhindern, dass sie bei Panikverkäufen – entsprechend dem bei ETP angesprochenen Risiko – „ausbluten“, müssen Geldmarktfonds laufend darauf achten, dass der Nettoinventarwert (NIV; Net Asset Value – NAV) pro ausgegebener Anteile nicht unter einen bestimmten Wert fällt(z.B. USD 1; deshalb auch: „breaking the buck“).445 Dies gilt unabhängig von der Möglichkeit, den Investoren einen vorab bestimmten Rückzahlungspreis zu garantieren. Sofern der Fonds keine liquiden Mittel bereithält, um alle Investoren zugleich auszuzahlen, haben in einer Fondskrise nämlich die sich zuerst zurückziehenden Investoren wichtige Initiatorvorteile (first mover advantages). Das Fondsvermögen verfällt in diesem Fall zum Nachteil der verbleibenden Investoren.446 Dies kann dazu führen, dass die Anteilsrückgaben sich zunehmend verstärken. Bei Fonds mit CNAV besteht sogar eine erhöhte Notwendigkeit zur Gewährleistung der Fondsliquidität, da der garantierte Rücknahmepreis bei einem Kursverfall regelmäßig erheblich über dem Marktwert der Fondsanteile liegt und das Fondsvermögen bei vielen Rücknahmen daher um so schneller aufgezehrt wird.447
Ein Sturm (run) auf einen Geldmarktfonds kann immer dann einsetzen, wenn die Investoren annehmen, dass die Vermögenswerte, in welche das von ihnen bereitgestellte Kapital investiert worden ist, im Wert verfallen. Die Gründe hierfür können unterschiedlicher Natur sein, sei es, dass die Investoren beim betreffenden Fonds erheblicher Fehlinvestitionen gewahr werden, sei es, dass es zu allgemeinen Marktstörungen kommt, die zum Rückzug anderer Marktteilnehmer und damit zum Austrocknen der Geldmärkte führen (feedback loop).448 Derartige Ereignisse hatten in der Finanzkrise zur Folge, dass eine Reihe von Geldmarktfonds als Abnehmer von ABCP in Schieflage geriet.449
Das Ausbluten eines Geldmarktfonds ist besonders problematisch, wenn eine Bank oder ein anderer Finanzintermediär an diesem Organismus als Hauptsponsor bzw. -investor beteiligt ist. In einem solchen Fall kann der hinter dem Geldmarktfonds stehende Finanzintermediär durch eine Internalisierung der Verluste des Fonds seinerseits in Liquiditätsschwierigkeiten geraten. Dadurch kann sich das Risiko von sich im Markt fortsetzenden Ansteckungseffekten erhöhen.450
443 Speziell zu Geldmarkt-ETFs siehe z.B. Dieckmann (DB Research), Exchange Traded Funds. Hohes Wachstumspotenzial dank innovativer ETF-Strukturen, 28. April 2008, S. 12, 16. 444 Monopolkommission, XX. Hauptgutachten (Fn. 64), Tz. 1731. 445 Ein ähnliches Risiko ist allerdings auch schon bei ETF wegen ihres schnellen Wachstums gesehen worden; siehe FSB, Potential Financial Stability Issues Arising from Recent Trends in Exchange-Traded Funds (ETFs), 12. April 2011, insb. S. 3, 5. 446 Monopolkommission, XX. Hauptgutachten (Fn. 64), Tz. 1732. 447 Monopolkommission, XX. Hauptgutachten (Fn. 64), Tz. 1732; Kremer (BaFin), Regulierung von Geldmarktfonds, BaFin Journal 1/13, S. 14f. 448 Monopolkommission, XX. Hauptgutachten (Fn. 64), Tz. 1732. 449 Monopolkommission, XX. Hauptgutachten (Fn. 64), Tz. 1732. 450 Monopolkommission, XX. Hauptgutachten (Fn. 64), Tz. 1733.
O. Spezielle Risikosituationen beim Einsatz von Finanzinstrumenten
I. Einführung
Abgesehen von der Struktur eines Finanzinstruments können auch die Art und Umstände seines Einsatzes mit Risiken für Marktteilnehmer, die an der Transaktion unbeteiligt sind, einhergehen. Das ist insbesondere bei bestimmten Transaktionen mit Hebelwirkung der Fall, die aufgrund ihrer kurzen Laufzeit normalerweise am Geldmarkt stattfinden. Ähnliche Risiken können sich aber auch aus bestimmten anderen Transaktionsstrukturen ergeben.
Zu den Geldmarktgeschäften zählen namentlich Tages- und Termingeldgeschäfte, Wertpapierleih- und Rückkaufvereinbarungen sowie andere (kurzfristige) Geschäfte mit Wertpapieren, Derivaten und Zentralbankfazilitäten, wenn diese Transaktionen eine Laufzeit von maximal 397 Tagen haben oder eine Verzinsung, die nach den Ausgabebedingungen während ihrer gesamten Laufzeit regelmäßig, mindestens aber einmal in 397 Tagen, marktgerecht angepasst wird.451 Die sich bei vielen dieser Transaktionen ergebende Hebelwirkung kann sich, wenn ein Transaktionspartner unerwartet ausfällt, zum Nachteil von Kapitalgebern auswirken. Diesem Problem soll nachfolgend für Leerverkäufe und zeitweilige Wertpapierüberlassungen nachgegangen werden (siehe unten Abschn. II).
Eine Hebelwirkung kann mittelbar auch dadurch erreicht werden, dass eine Transaktion mit geringeren Sicherheiten unterlegt wird, als nach der Marktsituation eigentlich zu erwarten wäre. Denn auch in diesem Fall besteht eine Möglichkeit, Gewinne zu erzielen, ohne im entsprechenden Umfang eigenes Kapital einzusetzen. Ein solcher Effekt kann namentlich dadurch erzielt werden, dass Sicherheiten, mit denen die Transaktion z.B. aufgrund regulatorischer Vorgaben zu unterlegen ist, ausgetauscht werden (siehe unten Abschn. III).
Schließlich wurde bereits darauf hingewiesen, dass ein Transaktionspartner auch bewusst und marktmissbräuchlich Informationsvorteile zum Nachteil des anderen ausnutzen kann oder dass beide kollusiv zusammenwirken können, um wirtschaftliche Vorteile zu erlangen.452 In diesen Fällen können Risiken ebenfalls auf Dritte übergewälzt werden (dazu nachfolgend Abschn. IV).
II. Zeitweilige Überlassung von Wertpapieren
1. Merkmale und Arten
a) Allgemeines
Die Finanzmarktteilnehmer sind unter Umständen nicht nur an der endgültigen Veräußerung bzw. dem endgültigen Erwerb von Finanzinstrumenten interessiert, sondern auch an einer nur zeitweiligen Überlassung. Am häufigsten besteht ein solches Interesse bei Aktien, die am geregelten Markt (EU) bzw. einer Börse (U.S.) gehandelt werden können. Insofern können, je nachdem, welchem Einsatzzweck die Transaktion dient und welche Sicherheiten gestellt werden, Wertpapierleihe (securities lending) und Rückkaufvereinbarung (repurchase agreement – Repo) unterschieden werden.453 Im deutschen Recht spricht man auch von Wertpapierdarlehen bzw. (Wertpapier-)Pensionsgeschäften.454 Die Terminologie ist aber nicht einheitlich. In den folgenden beiden Abschnitten sollen einige Spezifika von Wertpapierleih- und Rückkaufvereinbarungen angesprochen werden.
b) Wertpapierleihen
Wertpapierleihen können unterschiedlich ausgestaltet werden, doch ist eine darlehensartige Konstruktion üblich. Bei Transaktionen nach deutschem Recht handelt es sich wegen der Möglichkeit zur Rückgabe gleichwertiger Papiere um ein Sachdarlehen (§ 607 BGB), wobei der Empfänger Eigentümer der erhaltenen Papiere wird, soweit keine abweichenden Vereinbarungen getroffen wurden.455
Infolge der Finanzkrise 2008–2012 ist es mehr als zuvor üblich geworden, die Stellung von Sicherheiten zu vereinbaren, um vereinbarte Lieferpflichten abzusichern.456 Hierzu wird in der EU üblicherweise das Vollrecht übertragen (true sale), während Sicherheiten nach dem für U.S.-Transaktionen in der Regel gewählten New Yorker Recht verpfändet werden (pledge). Als Sicherheiten können z.B. hochliquide Wertpapiere gestellt werden. Die einschlägige internationale Vertragsdokumentation sieht für diesen Fall eine Vereinbarung vor, wonach die Sicherheiten laufend (z.B. täglich) angepasst werden, um Kursveränderungen bei den als Sicherheiten gestellten Wertpapieren abzubilden (marking to market).457 Diese laufende Anpassung wird international auch als collateral margining oder margin maintenance bezeichnet.458
c) Rückkaufvereinbarungen
Im Fall einer Rückkaufvereinbarung werden ein Verkaufs- und ein Kaufvertrag über Wertpapiere kombiniert, entweder im Rahmen eines einheitlichen Vertrags oder im Rahmen von rechtlich unabhängigen Verträgen.459 Im erstgenannten Fall ist das Geschäft als Kassaverkauf (Spot-Geschäft) ausgestaltet, kombiniert mit einem gegenläufigen Termin-Kauf (Forward-Geschäft).460 Die Vergütung erfolgt dadurch, dass der Rückkaufpreis zumeist höher ist als der Kaufpreis (sog. repo rate).461 Im zweiten Fall handelt es sich um zwei gegenläufige Kaufverträge (Sell-/Buy-back-Transaktion).462
Eine Besonderheit im U.S.-Markt ist, dass dort dreiseitige Repogeschäfte, bei denen eine Clearing-Bank die Abwicklung zwischen Verkauf und Rückkauf übernimmt, herkömmlich eine weitaus größere Rolle als in der EU spielen.463 Hinsichtlich der Ausgestaltung von Sicherheitsvereinbarungen gilt dasselbe wie im Fall der Wertpapierleihe.
2. Wirtschaftliche Funktionen
a) Allgemeines
Wertpapierleihen und Rückkaufvereinbarungen können in vielen Fällen dadurch voneinander unterschieden werden, dass Erstere dem Interesse des Entleihers an einer zeitweiligen Beschaffung von Wertpapieren dienen, Letztere dagegen der Liquiditätsbeschaffung.464 Die Marktteilnehmer sind aber nicht daran gehindert, auch etwa eine Wertpapierleihe nach Bedarf als Kassaverkauf kombiniert mit einem gegenläufigen Termin-Kauf auszugestalten.465
Die Finanzmarktteilnehmer können Wertpapierleihen z.B. einsetzen, um die Abwicklung von Wertpapiergeschäften zu vereinfachen. Das ist etwa der Fall, wenn eine viele verschiedene Positionen haltende Wertpapierfirma Spitzen mit geliehenen Papieren ausgleicht.466 Der Abschluss von Rückkaufvereinbarungen dient häufig Finanzierungszwecken.467 Wertpapierleihen, auch in der Ausgestaltung als Rückkaufvereinbarungen, können aber auch eingesetzt werden, um ähnliche Ziele wie mit Derivatkontrakten zu verfolgen. Hierauf ist im Folgenden näher einzugehen.
b) Spekulativer Einsatz in Verbindung mit Leerverkäufen
Eine besonders wichtige Rolle spielt die Wertpapierleihe im Rahmen von Leerverkäufen (short sales). Diese eröffnen dem Entleiher von Eigen- oder Fremdkapitalinstrumenten die Möglichkeit, von sinkenden Kursen profitieren, indem er die Instrumente in einem ersten Schritt verkauft und in einem zweiten Schritt später zurückkauft, um sie an den Lieferanten zurückzugeben. Leerverkäufe eignen sich damit in besonderer Weise zur Spekulation.
Der Leerverkauf kann entsprechend dem zuvor Ausgeführten als Kassageschäft oder – bei zukünftiger Lieferpflicht zum Terminkurs – als unbedingtes bzw. bedingtes Termingeschäft ausgestaltet sein. In ähnlicher Weise können Transaktionen mit Kreditderivaten und insbesondere mit CDS eingesetzt werden. Denn CDS können ohne Weiteres so strukturiert werden, dass die Unterschreitung eines bestimmten Kurses als Kreditereignis definiert wird und die Differenz vom Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer ausgezahlt wird.468 Wichtig ist also weniger die tatsächliche Ausgestaltung der Transaktion als vielmehr das wirtschaftliche Ergebnis.
Das entscheidende Merkmal eines Leerverkaufs von Eigen- oder Fremdkapitalinstrumenten ist das fehlende „Eigentum“ des Verkäufers. Der Begriff hat im vorliegenden Zusammenhang – soweit er rechtlich verwendet wird – eine eigene Bedeutung. Im EU-Recht umfasst er gleichermaßen das rechtliche wie auch das wirtschaftliche Eigentum.469 Das wirtschaftliche Eigentum liegt bei demjenigen, der das mit dem Erwerb eines Finanzinstruments verbundene wirtschaftliche Risiko (Marktpreis- bzw. Kursrisiko) trägt.470 Das U.S.-Recht definiert in Bezug auf Leerverkäufe mehrere Fallgruppen, in denen das Eigentum an einem Finanzinstrument anzunehmen ist, d.h. rechtliches Eigentum, unbedingte Kaufverpflichtung, Ausübung eines Wandel- oder Optionsrechts (option/warrant) oder Eintritt der Lieferbedingung über das Finanzinstrument in einem Futureskontrakt.471 Es handelt sich also um Fälle, in denen auch wirtschaftliches Eigentum im Sinne des EU-Rechts naheliegt. Zusätzlich setzt das Eigentum im Sinne des U.S.-Rechts in den genannten Fällen im Grundsatz voraus, dass der Verkäufer über eine Nettokaufposition (net long position) an dem Finanzinstrument verfügt. Bei broker-dealers gibt es jedoch weitergehende Eigentumsfiktionen.472
Ein Leerverkauf ist somit dann zu bejahen, wenn der Verkäufer zum Zeitpunkt des Eingehens der Verkaufsvereinbarung die betreffenden Eigen- oder Fremdkapitalinstrumente nur „geliehen“ hat oder eine Vereinbarung getroffen hat, diese zu „leihen“, um sie bei der Abwicklung zu liefern.473 Dagegen ist ein Leerverkauf zumindest nach EU-Recht zu verneinen, wenn Finanzinstrumente verkauft werden, die im Rahmen einer Wertpapierleihe auf den Entleiher oder im Rahmen eines Rückkaufgeschäfts auf den Käufer/Wiederverkäufer temporär übertragen werden. Denn diese Übertragung ist von vornherein dadurch zeitlich begrenzt, dass sich der Empfänger verpflichtet, die erhaltenen oder entsprechende Papiere nach Ablauf des vereinbarten Zeitraums gegen Entgelt auf die Gegenseite zurück zu übertragen.474 Dasselbe gilt für den Verkauf im Rahmen eines Future-Kontrakts oder für einen sonstigen Verkauf von Finanzinstrumenten, die vor dem Verkauf erworben und noch vor Lieferung wieder verkauft werden.475 Auch der Verkauf von Finanzinstrumenten, die aufgrund der Ausübung einer Option oder eines ähnlichen Anspruchs geliefert werden, stellt rechtlich gesehen keinen Leerverkauf dar. Voraussetzung ist aber jeweils, dass die Lieferung zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem die fälligkeitsgerechte Abwicklung des Geschäfts gewährleistet ist.476 Die Regelungen im U.S.-Recht weichen hinsichtlich der nicht als Leerverkauf anzusehenden Transaktionen und auch hinsichtlich der Vorgaben, inwiefern Leerverkäufe mit Wertpapierleihen verbunden werden können, zum Teil ab.477
Eine Verbindung von Wertpapierleihe und Leerverkauf ist grundsätzlich etwa dann möglich, wenn ein Entleiher ihm überlassene Finanzinstrumente auf den Transaktionspartner eines Leerverkaufsgeschäfts überträgt, um seine Lieferpflicht aus dem Leerverkauf zu erfüllen.478 Bei Wertpapierleihen, die mit Leerverkäufen verbunden sind, kann es zudem dazu kommen, dass rechtliches und wirtschaftliches Eigentum auseinanderfallen.479 Dies wird im EU-Recht etwa dann relevant, wenn beide Parteien der Wertpapierleihe einen (ungedeckten) Leerverkauf tätigen. Dann ist nach der einschlägigen Delegierten EU-Verordnung aufgrund des nationalen Rechts zu bestimmen, wer Eigentümer im Sinne der EU-Leerverkaufsregelungen ist. Die deutsche Rechtslage ist für diesen Fall unklar.480 Im U.S.-Recht werden die sich im EU-Recht stellenden Fragen, soweit ersichtlich, gar nicht diskutiert. Dies mag daran liegen, dass Leerverkäufe dort regulatorischen Beschränkungen unterliegen, die parallele Leerverkäufe beider Parteien einer Wertpapierleihe von vornherein erschweren.
c) Einsatz zur Absicherung oder zur Arbitrage
Wertpapierleihgeschäfte und Rückkaufvereinbarungen können ebenso wie Derivatkontrakte auch zu Absicherungszwecken oder im Rahmen von Arbitragegeschäften eingesetzt werden. So kann sich ein Finanzmarktteilnehmer z.B. Eigen- oder Fremdkapitalinstrumente leihen, um damit die Erfüllung sonstiger Liefer- oder Zahlungsverpflichtungen abzusichern (hedging). Ein Anleger kann sich durch Wertpapierleihe auch Anteile eines bereits gehaltenen Aktienwertes beschaffen und diesen Wert leer verkaufen. Eine solche Transaktion bringt ihn zugleich in eine Verkäufer- (long) und eine Käuferposition (short), sodass für ihn bei identischem Umfang der Positionen der Wertpapierkurs zurzeit des Leerverkaufs eingefroren wird (short against the box).481 In diesem Fall wird die Wertpapierleihe zu Absicherungszwecken mit einem Leerverkaufsgeschäft verbunden.
Des Weiteren können Wertpapierleihen oder Rückkaufvereinbarungen dazu genutzt werden, um Kursdifferenzen zwischen den Aktien- und Terminmärkten auszunutzen. Eine problematische Arbitragestrategie verfolgte mit einer bilanzrechtlichen Zielsetzung bis zur jüngsten Finanzkrise z.B. Lehman Brothers Inc. im Rahmen von so genannten Repo 105-Transaktionen.482
3. Risiken beim Einsatz
Die Risikobeurteilung wird bei Wertpapierleihen und Rückkaufvereinbarungen stark vom wirtschaftlichen Kontext bzw. vom Einsatzzweck der Transaktion beeinflusst. Dabei können auch Folgetransaktionen unter Nutzung der zeitweise überlassenen Finanzinstrumente Bedenken auslösen. Es ist somit zwischen den Risiken der Wertpapierleihe bzw. Rückkaufvereinbarung und den Risiken der damit verbundenen Transaktionen zu unterscheiden.
a) Risiken der Wertpapierleihe/Rückkaufvereinbarung
Wertpapierleihen und Rückkaufvereinbarungen unterscheiden sich in Hinblick auf die damit verbundenen Risiken. Denn zumindest bei unbesicherten Wertpapierleihen trägt allein der Verleiher ein Ausfallrisiko, nämlich das Kreditrisiko des Entleihers. Bei Rückkaufvereinbarungen ist das Ausfallrisiko dagegen grundsätzlich auf beide Transaktionspartner verteilt.483 Sofern diese – wie häufig – die Stellung von Sicherheiten vereinbart haben, können dadurch die Ausfallrisiken aus der eigentlichen Transaktion vermindert werden, je nach Ausgestaltung allerdings unter Inkaufnahme eines Ausfallrisikos hinsichtlich der Sicherheiten.
Aufgrund des kreditartigen Charakters der Transaktionen kommt es allerdings aus Sicht der Kapitalgeber des Verleihers bzw. Verkäufers/Rückkäufers (bei einer einheitlichen Rückkauftransaktion) während der Laufzeit des jeweiligen Geschäfts zu einer Risikoverkettung.484 Diese Risikoverkettung zum Nachteil transaktionsunbeteiligter Kapitalgeber kann auch aufsichtsrechtlich relevant werden.
b) Risiken verbundener Transaktionen (Leerverkäufe)
Aus aufsichtsrechtlicher Perspektive kann es insbesondere Bedenken auslösen, wenn zeitweise überlassene Finanzinstrumente im Rahmen von Leerverkäufen als verbundenen Folgetransaktionen genutzt werden. Leerverkäufe von Eigen- und Fremdkapitalinstrumenten sowie vergleichbare Transaktionen mit Kreditderivaten (insb. CDS) sind für sich genommen hebelfinanzierte Geschäfte.
Als Hebelgeschäfte sind Leerverkäufe und vergleichbare Transaktionen mit Kreditderivaten mit einem Ausfallrisiko zulasten des Transaktionspartners des Leerverkäufers verbunden. Die Kombination mit einem Wertpapierleihgeschäft eröffnet zudem einen Risikokanal, bei dem ein Ausfallrisiko zulasten des Verleihers (und dessen Kapitalgebern) entsteht. Die Realisierung dieser Ausfallrisiken kann sich – sofern es sich bei dem Transaktionspartner um einen Finanzintermediär handelt – zum Nachteil von dritten Kapitalgebern (Ein- bzw. Anlegern) auswirken.485 Die Risiken aus Leerverkäufen sind in der Praxis allerdings begrenzt, wenn Wertpapiere, die zur Erfüllung von Lieferverpflichtungen benötigt werden, über zuvor vereinbarte Wertpapierleihgeschäfte beschafft werden. Der Verleiher weiß in diesem Fall, dass er mit der Wertpapierleihe bestimmte (Verlust-) Risiken eingeht und kann von Entleiher die eventuell nötigen Sicherheiten verlangen.
Dessen ungeachtet haben Leerverkäufe geliehener Eigen- und Fremdkapitalinstrumente und vergleichbare Transaktionen mit Kreditderivaten einen ambivalenten Charakter. Zwar erhöhen solche Transaktionen die Liquidität im Markt, aber sie erhöhen zugleich das Handelsvolumen und verstärken somit auch Kursreaktionen.486 Die Erhöhung der Marktliquidität trägt zu einer effizienten Preisbildung bei und eröffnet mehr Marktteilnehmern die Möglichkeit zum Handel.487 Allerdings wird die Liquidität nur während der Laufzeit und für die Zwecke des betreffenden Geschäfts erhöht.
Diese Abhängigkeit vom Zweck der Transaktion kann Probleme je nachdem aufwerfen, welche Zwecke die Beteiligten mit der Transaktion verfolgen.488 Schon bei der Vorstellung der allgemeinen Merkmale von Derivaten wurde darauf hingewiesen, dass Spekulation die Risiken im Markt erhöht.489 Leerverkaufsgeschäfte und vergleichbare Transaktionen mit Kreditderivaten können bei einem spekulativen Einsatz z.B. einen vorhandenen Kursverfall beschleunigen, insbesondere wenn sich der Markt anders als von den Transaktionspartnern vorhergesehen entwickelt.490 Es wird angenommen, dass die Geschäfte in Krisen auch zu Überreaktionen anderer Marktteilnehmer beitragen können, die eigene Entscheidungen unter Berücksichtigung von Leerverkäufen oder der Entwicklung von CDS-Spannen (spreads) treffen.491 Aufgrund der hohen Liquidität der Geldmärkte besteht gerade im kurzfristigen Handel eine Gefahr von hohen Kursschwankungen. Dies kann die Erfüllung von Lieferverpflichtungen erschweren oder sogar unmöglich machen, insbesondere wenn erhebliche Hebel eingesetzt werden.492 Nicht auszuschließen ist ferner, dass Leerverkaufsgeschäfte und vergleichbare Transaktionen mit Kreditderivaten im Einzelfall missbräuchlich eingesetzt werden, um die Preise bestimmter Wertpapiere gezielt unter Druck zu setzen.493
Allerdings ist auch ein risikomindernder Einsatz solcher Geschäfte möglich. Eine Risikoverminderung liegt vor allem dann nahe, wenn Leerverkäufe und vergleichbare Transaktionen zu Absicherungszwecken eingesetzt werden. Eine Risikoerhöhung ist allerdings dann nicht auszuschließen, wenn die verfolgten Absicherungsinteressen sich auf korrelierte Werte beziehen oder soweit CDS auf korrelierte Werte zur Absicherung verwendet werden.494
In welchem Umfang die Vor- oder die Nachteile der genannten Transaktionen in einer volkswirtschaftlichen Gesamtschau überwiegen, ist umstritten.495 Bei Kreditderivaten kommt freilich als allgemeines Problem hinzu, dass sie für den Kreditgeber (Sicherungsnehmer) die Anreize zur Kreditkontrolle vermindern. Außerdem gehen Kreditderivate mit zusätzlichen Gegenparteirisiken einher.496