Kitabı oku: «Die Regulierung innovativer Finanzinstrumente», sayfa 22

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IV. Aufbau dieses Kapitels

Dieses Kapitel der Untersuchung definiert die Perspektive, aus der heraus die Finanzmarktregulierung im Anschluss gewürdigt wird. Es geht hierbei – wie einleitend dargelegt wurde – von der Überlegung aus, dass das Aufsichtsrecht auf allgemeinen ordnungsrechtlichen Prinzipien basiert. Dies gilt trotz des Umstands, dass das Aufsichtsrecht mittlerweile Besonderheiten aufweist und dass die Notwendigkeit, es in die ordnungsrechtliche Systematik einzuordnen, zum Teil angezweifelt wird.

Auf dieser Basis soll im Folgenden zunächst genauer untersucht werden, was überhaupt die Schutzgüter sind, denen die aufsichtsrechtliche Gefahrenabwehr dient (Abschn. B). Außerdem soll herausgearbeitet werden, welche Merkmale eine Gefahr für diese Schutzgüter aufweisen muss, um einen aufsichtsrechtlichen Regelungsbedarf zu Zwecken der Gefahrenabwehr oder -vorsorge auslösen zu können (Abschn. C), und welche Grenzen auf Rechtsfolgeseite in dem Falle, dass aufsichtsrechtliche Maßnahmen getroffen werden, zu beachten sind (Abschn. D).

In einem weiteren Schritt soll das Finanzaufsichtsrecht von anderen Regelungsbereichen abgegrenzt werden. Dabei handelt es sich zum einen um andere Regelungsbereiche des Sonderordnungsrechts, in denen das Risiko – anders als auf den Finanzmärkten – nicht neutral, sondern stets im Zusammenhang mit Schadenspotenzialen gesehen wird, die mit der Verfolgung eines davon abtrennbaren Nutzens verbunden sein können (Abschn. E).589 Zum anderen handelt es sich um marktbezogene Regelungen, die Gefahren für die Funktionsfähigkeit der Märkte ohne zwingenden Risikobezug abwehren (Wettbewerbsrecht) oder die bestimmte Marktteilnehmer ungeachtet der Interessen anderer Marktteilnehmer schützen sollen (Verbraucherschutzrecht; Abschn. F).

Die Sinnhaftigkeit, der weiteren Untersuchung eine derart abgeschichtete Einordnung des Finanzaufsichtsrechts voranzustellen, mag sich dem Leser nicht ohne Weiteres erschließen. Sie wird aber deutlich, wenn man in Betracht zieht, welche Anforderungen das Aufsichtsrecht bei der Gefahrenvorsorge und der Gefahrenabwehr in der Rechtspraxis („im Ernstfall“) ganz konkret und zwingend erfüllen muss. Deshalb soll anhand der Finanzkrise 2008-2012 schließlich beispielhaft dargestellt werden, welcher Art die Situationen sind, in denen Transaktionen mit Finanzinstrumenten einen aufsichtsrechtlichen Regelungsbedarf auslösen (Abschn. G).

569 Siehe z.B. Fischer in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler (Fn. 107), Einf KWG, Rz. 1ff. (zur Bankenaufsicht); Körnert, ZHR 176 (2012), 96 (speziell zur Eigenkapitalregulierung); Koch, VW 2001, 1466 (zur Versicherungsaufsicht); Weber-Rey, ZGR 2010, 543 (allgemein) für einen Überblick. 570 Zum Charakter als Sonderordnungsrecht vgl. Gramlich in: R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Besonderer Teil 1, Berlin u.a., 1995, S. 421 (467) zur Bankaufsicht; Thiele, Finanzaufsicht, 1. Aufl. 2014, S. 477f.; Dreher in: Prölss/Dreher, Versicherungsaufsichtsgesetz, 13. Aufl. 2018, Einl. Rz. 33ff.; Schwark in: Schwark, Börsengesetz, 1. Aufl. 1976, Einl. Rz. 51ff., sowie Beck in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl. 2010, § 3 BörsG, Rz. 1ff. zur Börsenaufsicht (dort jeweils auch zu Besonderheiten aufgrund des den Börsen zustehenden Selbstverwaltungsrechts); Dreyling/Döhmel in: Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl. 2009, § 4 Rz. 2 – siehe aber, stärker differenzierend, nun auch Döhmel in: Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2019, § 6 WpHG, Rz. 1, 5, 7ff.; weiterhin siehe Giesberts in: Hirte/Möllers, Kölner Kommentar zum WpHG, 2. Aufl. 2014, § 4 Rz. 19 (zur Wertpapieraufsicht; diese hat daneben einen „fördernden“ Charakter); Mülbert/Böhmer, WM 2006, 985 (995ff.: Annexkompetenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zur ordnungsrechtlichen Regulierung von Finanztermingeschäften). Zum Charakter des Gewerberechts als besonderes Ordnungsrecht siehe schließlich auch BVerfG, Beschluss vom 11. Februar 1976, 2 BvR 930/75, BVerfGE 41, 344 (355). 571 § 6 KWG, § 81 VAG i.V.m. §§ 146ff. VAG; § 5 Abs. 1 KAGB, § 6 (= § 4 a.F.) Abs. 1 WpHG, ferner zum Betrieb von Handelsplätzen § 3 Abs. 1 BörsG. 572 Siehe die in der vorigen Fn. zitierten Vorschriften; ferner § 139b Abs. 8 Nr. 6 GewO (zur Zulassung finanzgewerblicher Tätigkeiten) und z.B. § 12 OBG NW, § 61 Abs. 2 PolG BW (als Landesrecht). 573 Canzler/Hammermaier, AG 2014, 57 (zur Kapitalmarktaufsicht). Zum Begriff des Gewerbes siehe z.B. Tettinger/Enuschat in: Tettinger/Wank/Enuschat, Gewerbeordnung – GewO, 8. Aufl. 2011, Einl. Rz. 1. 574 Vgl. Zimmermann, GPR 2008, 38 (zur Kapitalmarktaufsicht). 575 Lang, ZBB 2004, 289 (293); siehe auch Assmann, AG 2015, 597 (601) zur Abgrenzung von Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht (dort als „Verbandsrecht“ bezeichnet). 576 Siehe unten Kap. 5.A.II, insb. Abschn. II.2.a) (S. 246). 577 Siehe im deutschen Recht aber z.B. §§ 6 Abs. 2, 46 KWG. 578 Im Bereich des Verbraucherschutzes siehe z.B. Art. 7 VO 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit, ABl. L 31 vom 1. Februar 2002, S. 1; dazu EuGH, Urteil vom 19. Januar 2017, C-282/15 – Queisser Pharma, ECLI:EU:C: 2017:26, Rz. 54ff.; zur Umsetzung in der deutschen Verbraucherpolitik z.B. Belz/Bilharz, GewArch Beilage WiVerw Nr. 04/2005, 261 (265). Im Umweltrecht siehe Art. 191 Abs. 2 AEUV, Art. 20a GG; im Gesetzesrecht z.B. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG; dazu BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2003, BVerwG 7 C 19.02, BVerwGE 119, 329 (332f.); VGH BW, Urteil vom 8. Februar 2017, 5 S 1049/14, Rz. 36 (zit. nach Juris). 579 Siehe Kloepfer, Umweltrecht, 4. Aufl. 2016, § 4 Rz. 22ff.; Ossenbühl, NVwZ 1986, 161 (162). 580 Kloepfer (Fn. 579), § 4 Rz. 33ff. 581 Calliess, Finanzkrisen als Herausforderung der internationalen, europäischen und nationalen Rechtsetzung, VVDStRL 71 (2012), 113 (136ff.); Thiele (Fn. 570), S. 484; einschränkend Kaufhold, Systemaufsicht, 1. Aufl. 2016, S. 207f. Vgl. auch allgemein für das deutsche Gewerbeordnungsrecht: Wormit in: Pielow (Fn. 6), § 139b GewO Rz. 6; siehe auch näher unten Abschn. E.II (S. 196; zur Risikosteuerung). 582 Siehe ausführlich unten Abschn. E (S. 195) zur Abgrenzung von Finanzaufsichtsrecht und anderen Bereichen des Ordnungsrecht, in denen eine Gefahrenvorsorge vorgesehen ist. 583 G 20, Action Plan to Implement Principles for Reform, angehängt an: G 20, Declaration at the Summit on financial markets and the world economy, 15. November 2008, S. 3; abrufbar: https://www.g20.org/profiles/g20/modules/custom/g20_beverly/img/timeline/Washington/G20-declaration-washington-2008-en.pdf: „respond rapidly to evolution and innovation in financial markets and products“ (eigene Übersetzung). 584 Hochrangige Expertengruppe für Finanzaufsicht (The High-level Group on Financial Supervision in the EU), Bericht über die Finanzaufsicht in der EU (Larosière-Bericht), 25. Februar 2009; abrufbar: http://ec.europa.eu/finance/general-policy/docs/de_larosiere_report_de.pdf. 585 Larosière-Bericht (Fn. 584), S. 4. 586 Larosière-Bericht (Fn. 584), S. 6, Tz. 4. 587 Larosière-Bericht (Fn. 584), Tz. 4, 40. Der Bericht war dabei darauf ausgerichtet, nicht lediglich unbestimmte Gefahren abwehren, sondern gerade den Gefahren, die sich in der Finanzkrise gezeigt hatten („solcher Krisen“); siehe auch ebenda, Tz. 42. 588 §§ 6 Abs. 1, 14 Abs. 1 (= §§ 4 Abs. 1, 4a Abs. 1 a.F.) WpHG allgemein und in Bezug auf den Handel mit Finanzinstrumenten sowie Art. 42 Abs. 2 VO 600/2014 (= § 4b Abs. 2 WpHG a.F.) in Bezug auf den Vertrieb von Finanzinstrumenten („Bedenken für den Anlegerschutz [...] oder eine Gefahr für das ordnungsgemäße Funktionieren und die Integrität der Finanz- oder Warenmärkte oder [...] für die Stabilität des gesamten Finanzsystem“) und Derivate („negative Auswirkungen auf den Preisbildungsmechanismus in den zugrunde liegenden Märkten“). 589 Daraus folgt nicht zuletzt ein – an dieser Stelle nicht zu vertiefender – Unterschied zum Privatrecht, das (sog. aleatorische) Verträge, deren Wirksamkeit oder Erfüllung von Risiken abhängt, ebenfalls neutral behandelt; jedenfalls sofern es sich um in vollem Umfang verbindliche Rechtsgeschäfte und nicht lediglich um Spiel- oder Wettgeschäfte handelt (vgl. § 762 BGB). Dazu noch unten Kap. 6.C.I.2.b) (S. 797).

B. Was sind die aufsichtsrechtlichen Schutzgüter?
I. Einführung

Eine Definition der maßgeblichen aufsichtsrechtlichen Schutzgüter wird dadurch erschwert, dass in Bezug auf die Finanzmärkte kein einheitlicher Ordnungsrahmen besteht. Abgesehen davon, dass das Regelungssystem stark international bzw. europäisch geprägt ist, stehen Vorschriften zu einzelnen Marktteilnehmern (z.B. Banken, Versicherungen) relativ unverbunden neben Regelungen über Finanzmarktaktivitäten (z.B. den Wertpapierhandel) oder zentrale Infrastrukturen (z.B. Börsen als Handelsplätze). Außerdem sind die einzelnen Regelungen im Zeitverlauf, insbesondere in den letzten Jahren, großen Veränderungen unterworfen gewesen.

Im Folgenden werden die Schutzzielbestimmungen auf internationaler, supranationaler (= europäischer) und nationaler Ebene vorgestellt. Eine Ergänzung bzw. genauere Eingrenzung findet im weiteren Verlauf jeweils an der Stelle statt, wo dies erforderlich erscheint.

II. Internationale Ebene (Völkerrecht)

Eine für alle betroffenen Märkte relevante Festlegung aufsichtsrechtlicher Schutzgüter ist auf internationaler Ebene bemerkenswerterweise erst durch die Beschlüsse der G 20 im Rahmen der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise erfolgt. Die in mehreren Gipfelerklärungen enthaltenen Beschlüsse definieren zwar vorrangig politische Ziele, enthalten aber auch eine Selbstverpflichtung der an den Gipfeln beteiligten Staaten und haben insofern einen völkerrechtlichen Gehalt.590 Sie werden in den zur Umsetzung ergangenen Empfehlungen des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht und anderer Gremien (z.B. IOSCO, FSB) näher konkretisiert.591

1. Beschlüsse der G 20

Die G 20 haben insbesondere in ihrer Gipfelerklärung vom November 2008 und den Erklärungen zu den folgenden Gipfeln 2009 bis 2014 Ziele für die grundlegende Überarbeitung und Verbesserung der bis dahin bestehenden Finanzmarktregulierung formuliert.592 Dies geschah auf Grundlage der in der Erklärung vom November 2008 geteilten Auffassung zwischen den Gipfelteilnehmern, dass:

„Marktprinzipien, offenes Handels- und Investitionssysteme sowie wirksam regulierte Finanzmärkte die Dynamik, die Innovation und das Unternehmertum fördern, welche für Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und Armutsbekämpfung essentiell sind.“593

In Bezug auf die krisenbedingten Entwicklungen auf den Finanzmärkten führten die Gipfelteilnehmer weiter aus, dass:

„die Marktteilnehmer hohe Erträge ohne adäquate Einschätzung der Risiken gesucht und es unterlassen hatten, eine geeignete Sorgfalt walten zu lassen. Mit einem Mal kamen schwache Standards für die Risikozeichnung, einem unzuverlässigen Risikomanagement, immer komplexeren und undurchsichtigen Finanzprodukten und daraus folgender übermäßiger Hebelung zusammen, wodurch das System als solches anfällig wurde. Politik, Regulierer und Aufsicht in einigen entwickelten Staaten erfassten und adressierten die sich aufbauenden Risiken in den Finanzmärkten nicht in geeigneter Weise, hielten mit Finanzinnovationen (financial innovation) nicht hinreichend Schritt und beachteten nicht hinreichend die systemischen Auswirkungen von heimischen Aufsichtsmaßnahmen.“594

Aus diesen Aussagen lassen sich die zentralen Ziele der Finanzmarktregulierung ableiten, nämlich der Schutz gegen Risiken und Praktiken, welche zu einer umfassenden Systemgefährdung führen können, zudem eine die aktuellen Marktentwicklungen erfassende und ihrerseits nicht systemschädigende Aufsicht. Im weiteren Verlauf der Gipfelerklärung wird präzisiert, in welcher Richtung die Finanzaufsicht angesichts der festgestellten Defizite weiter zu entwickeln ist.

Im Einzelnen soll die durch die Gipfelteilnehmer zu gewährleistende Aufsicht:

 • erstens für Finanzmarktstabilität sorgen, und davon abgeleitet Transparenz und Rechenschaftspflichten (= Anlegerschutz), einen schlüssigen Ordnungsrahmen und die Integrität des Handels auf den Finanzmärkten gewährleisten.

 • zweitens so strukturiert sein, dass sie aktuelle Marktentwicklungen erfasst und nicht ihrerseits systemschädigend wirkt. Daraus leitet sich eine Pflicht zu internationaler Kooperation und zur Reform internationaler (Finanz-)Institutionen ab.595

Zuletzt ist die Aufsicht drittens kein Selbstzweck, sondern dient dazu sicherzustellen, dass sich die Gesamtwirtschaft weiter frei und unverfälscht entwickeln kann.596 Hierauf ist später zurückzukommen.

In einem an die Gipfelerklärung angehängten Aktionsplan werden die genannten Einzelziele noch (etwas) näher konkretisiert.597 Zur Weiterentwicklung eines schlüssigen Ordnungsrahmens wird gefordert, die Regulierung solle kurzfristig prozyklischen Entwicklungen entgegenwirken. Auf mittlere Sicht solle die Finanzmarktregulierung überprüft werden, vor allem in Hinblick auf Institutionen, Instrumente und Märkte, die bis dahin unreguliert waren.598 Außerdem sollten umgehend Maßnahmen „zur Verringerung der systemischen Risiken durch CDS und Over-the-counter-Derivate“ getroffen und das Risikomanagement der Banken verbessert werden.599 Die Regulierung müsse:

„schnell auf Entwicklungen und Innovationen auf den Finanzmärkten oder bei Finanzprodukten reagieren“.600

Ferner sollten die Maßnahmen zur Förderung der Integrität auf den Finanzmärkten heimische und grenzüberschreitende Bedrohungen der Marktstabilität aufdecken, Märkte und Anleger schützen (insb. gegen Marktmanipulationen und Betrug) und das globale Finanzsystem gegenüber unkooperativen und intransparenten Rechtsordnungen sichern.601

In der Gipfelerklärung vom April 2009 wurden die volkswirtschaftlichen Ziele hinsichtlich der Reform der Finanzmarktregulierung genauer festgelegt. Danach sollte das Finanzsystem in die Lage versetzt werden, die Kreditvergabe wiederaufzunehmen, die Finanzregulierung sollte zur Erhöhung des Vertrauens gestärkt und weltweit abgestimmt werden und die Finanzinstitutionen sollten hinreichend kapitalisiert und reformiert werden, um die herrschende Krise zu überwinden.602 Durch die seit dem Vorjahr in Angriff genommenen und zusätzlich vereinbarte Maßnahmen sollten Verbraucher und Anleger geschützt und Marktdisziplin sichergestellt werden; außerdem sollten negative Auswirkungen auf andere Staaten vermieden, Regulierungsarbitrage verhindert und Dynamik und Wettbewerb gestärkt werden.603 Auch in diesem Zusammenhang wurde betont, dass Risiken kontrolliert werden sollten und dass die Regulierung mit den Innovationen im Markt Schritt halten müsse.604

In der Erklärung zu einem weiteren Gipfel im September 2009 wurde unter anderem das Prinzip formuliert, dass Standards für große Finanzinstitutionen den Kosten eines Verstoßes gegen diese Standards angemessen sein sollten.605 Zur Risikokontrolle sei ein Gleichgewicht von makro- und mikroprudentieller Regulierung zu finden.606 Hiermit wurde erstmals in einer Gipfelerklärung der G 20 ausdrücklich zwischen makro- und mikroprudentieller Regulierung unterschieden. Die übrigen Erklärungen zu diesem Gipfel wiederholten die bisherigen Regelungsziele und definierten genauer als bisher die getroffenen bzw. noch zu treffenden Maßnahmen.607

Die Regulierungsagenda wurde in zwei weiteren Gipfelerklärungen im Jahr 2010 weiterentwickelt.608 In der Gipfelerklärung vom November 2011 wurde erstmals zwischen systemische Gefahren durch Banken bzw. Versicherungen, durch Schattenbanken und durch Marktaktivitäten unterschieden.609 Mit der Zeit verschob sich der Regulierungsfokus allerdings auf geldpolitische und makroökonomische Fragen.610 Die weiteren Gipfelerklärungen führten die bisherige Regulierungsagenda fort, ohne die bisherige Zielsetzung zu verändern.611 Dabei betonen die Gipfelerklärungen ab 2011 hauptsächlich das Ziel der Finanzmarktstabilität und der Bekämpfung der Ansammlung und Verlagerung von Risiken (insb. über OTC-Derivate). Zugrunde liegt offenbar die Einschätzung, dass die Weiterentwicklung der Regulierung insofern eine bleibende Herausforderung darstellt.

2. Konkretisierung durch internationale Organisationen

Die Beschlüsse in den Gipfelerklärungen der G 20 bedürfen zur Umsetzung einer weiteren Konkretisierung. Diese Konkretisierung erfolgt in einem gestuften System, an dem auf übernationaler Ebene weitere Institutionen bzw. Gremien beteiligt sind. Diese Gremien entwickeln Leitlinien und Empfehlungen, die zwar nicht unmittelbar rechtsverbindlich sind, aber die genannten Beschlüsse in ein in den einzelnen Rechtsordnungen umsetzbares Regelungsprogramm übertragen und diesbezüglich für die beteiligten Vertreter nationaler Aufsichtsbehörden, aber auch darüber hinaus eine mehr oder minder ausgeprägte (zumindest faktische) Bindungswirkung haben.612

In dem genannten System nimmt der Finanzstabilitätsrat (Financial Stability Board – FSB) eine gewisse Sonderstellung ein, denn dieses Gremium hat eine unmittelbar von den Gipfelbeschlüssen der G 20 abgeleitete Funktion. Der erst in der Finanzkrise (April 2009) geschaffene Finanzstabilitätsrat dient dazu, die Stabilität des Finanzsystems durch die Entwicklung strenger regulatorischer, aufsichtlicher und anderer auf den Finanzsektor bezogener Politiken zu fördern und zu einheitlichen Wettbewerbsbedingungen durch eine kohärente Politikumsetzung über Sektor- und rechtsordnungsspezifische Grenzen hinweg beizutragen.613 Der Finanzstabilitätsrat hat seit seiner Gründung vor allem die Aufgabe übernommen, Bereiche zu identifizieren, in denen die Finanzmarktregulierung Lücken aufweist, sodass es zum Aufbau systemischer Risiken kommen kann. Außerdem gibt er in den betreffenden Fällen Empfehlungen zur Verbesserung der Regulierung ab.

Als weitere Gremien sind auf internationaler Ebene mehrere bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich angesiedelte Ausschüsse für Banken und Zahlungsdienste zu nennen. Unter diesen ist vor allem der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht hervorzuheben, in dem Vertreter nationaler Aufsichtsbehörden und Notenbanken vertreten sind. Der Ausschuss soll speziell die Bankenaufsicht mit Blick auf die Regelungen, Verfahren und Bankpraktiken weltweit stärken und dadurch die Stabilität des Finanzsystems fördern.614 Dies tut der Ausschuss unter anderem durch den Austausch von Informationen, die Erarbeitung und Förderung von globalen Standards, Richtlinien und Praxisempfehlungen (z.B. zu Eigenkapital und Liquidität, sog. „Basel III“) und die Überwachung von Regulierung und Beaufsichtigung sowie der Marktentwicklung.615 Die Empfehlungen des Basler Ausschusses sind im vorliegenden Zusammenhang wegen der Bedeutung von Banken als Finanzintermediären relevant. Ergänzend wurde ein Basler Ausschuss für Zahlungs- und Marktinfrastrukturen geschaffen, der die Sicherheit und Effizienz von Zahlungen, Ausgleich (clearing), Abwicklung (settlement) zugehörigen Maßnahmen fördern und dadurch seinerseits zur Stabilität des Finanzsystems und zur Wirtschaftsentwicklung beitragen soll.616

Hinzu treten weitere Koordinationsgremien der nationalen Aufsichtsbehörden, unter denen hier vor allem die Internationalen Vereinigung der Wertpapieraufsichtsbehörden (International Organization of Securities Commissions – IOSCO) hervorzuheben ist. Diese hat die Aufgabe, zur Entwicklung der Märkte für Finanzinstrumente und der Verbesserung ihrer Effizienz beizutragen, die Rechtsdurchsetzung zu koordinieren und einheitliche Standards durchzusetzen.617 Je nach Sachzusammenhang entwickeln weitere aufsichtsbehördliche Gremien Leitlinien und Empfehlungen mit Blick auf den Handel mit Finanzinstrumenten (z.B. IAIS für Versicherungen).618

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