Kitabı oku: «Operation Jerusalem», sayfa 2
1.3
Der Präsidentensohn blickte vom Eingang des Weißen Hauses auf die Machtzentrale. Immer noch bekam er eine Gänsehaut.
Was für ein Bau, dachte der Präsidentensohn David wieder einmal, als er vor dem Eingang des Weißen Hauses stand. Von außen schlicht kolonial aber darunter eine atombombensichere Festung.
Die Flagge auf dem Dach wehte im steifen Wind und jemand draußen vor der Absperrung meinte, dieses sei ein untrügliches Zeichen, dass der Präsident im Haus sei, so wie bei der englischen Queen, die vor Ort sei, wenn die Flagge über dem Buckingham-Palast wehte.
David wusste, dass Vater heute tatsächlich anwesend war. Aber nicht wegen der riesigen Flagge, die immer gehisst war, sondern wegen des Terminkalenders des Präsidenten, den nur wenige Auserwählte zu Gesicht bekamen.
Überhaupt sein Vater. George F. Summerhill war vom Typ her nie der geborene Führer, aber der beste zweite Mann im Weißen Haus, den man sich als Präsidenten und auch als Kongress wünschen konnte. Klug, gebildet, wirtschaftlich versiert, parteilos und loyal. Deswegen wurde er zum Vizepräsidenten berufen. Aber nie hatte er auch nur im Entferntesten die Absicht, einmal für die Präsidentschaft zu kandidieren. Die täglichen Kämpfe im politischen Washington waren ihm zuwider. Er verstand sich als Dienender und nicht als Herrschender.
Doch wie so oft, wuchs auch er mit der neuen Aufgabe, und er hatte sich im Politikbetrieb erstaunlich gut zurechtgefunden. Privat kam er im Weißen Haus auch ohne Marion zurecht. Die First Lady wohnte am Familiensitz in Savannah und reiste nur zu offiziellen Anlässen zum Ehemann nach Washington. Vater hatte das Weiße Haus als seinen neuen persönlichen Lebensraum akzeptiert, doch arbeitete er lieber in seinen privaten Räumen im zweiten Stock als im Oval Office. Sein Stab hatte sich längst darauf eingestellt.
George F. Summerhill gehörte auch nicht zu der Kategorie von Präsidenten, die sich mit der schier unglaublichen Machtfülle des Amtes veränderten. Viele seiner Vorgänger hatten die Bodenhaftung verloren und vergessen, woher sie kamen und wer sie einst waren.
Nicht er.
George F. Summerhill war ein Romantiker geblieben. Er liebte klassische Musik, Bücher von französischen Philosophen und von deutschen und englischen Dichtern. Vor allem liebte er über alles die beiden Kinder seiner Tochter Jane, den zehnjährigen William und die achtjährige Florence. Beide Enkelkinder durften, wenn sie einmal im Weißen Haus waren, ungehemmt durch das ganze Gebäude toben, auch durch das Oval Office. Zum Vergnügen der amerikanischen Öffentlichkeit, die angesichts der bezaubernden und geschickt gestreuten Fotos kurzfristig verdrängte, dass die Präsidentenfamilie nicht komplett im Weißen Haus lebte.
David musste schmunzeln, wenn er daran dachte, dass der Präsident im Oval Office hinter seinem Schreibtisch, dem historischen Resolute Deck, eine Falltür hatte, mit der sich der Präsident bei Gefahr nach unten absetzen konnte. Schmunzeln, nicht wegen der geheimnisvollen Falltür, sondern wegen der wahrscheinlich sehr unsanften Landung seines stattlichen Vaters unten und wegen der verdutzten Gesichter oben. Klappe auf und der Präsident war verschwunden.
David wollte ohnehin bei nächster Gelegenheit diskret prüfen, wo der Auslöser für diesen Abgang war. Wahrscheinlich hatte der Secret Service auch für diesen Knopf einen Namen, womöglich Resolute Panic Button.
Ohnehin war der Secret Service mit seinen über vierzig Kräften in der Vergabe von Code-Wörtern für die Präsidentenfamilie sehr einfallsreich. Selbstverständlich durfte man als Betroffener Vorschläge machen, wenn die Wörter kurz waren.
Vater nannte sich EAGLE. Er selbst hatte sich GOLIATH ausgesucht, was wiederum zu einem Lachanfall in der Familie geführt hatte, weil David eher schmächtig gebaut war. Er wollte aber partout nicht SHARK genannt werden, den sah er täglich beim Rasieren im Spiegel. Als strenggläubiger Jude hatte er durchgesetzt, dass seine Frau Susan RACHEL hieß.
Seine Schwester Jane hatte sich für RAINBOW entschieden. Sie nahm die Kinder gleich mit in die RAINBOW-Familie, und so hieß William RAINBOW WILL und Florence RAINBOW FLO.
Janes Ehemann Robert, den sie bei ihrem Vater als Berater für Special Affairs durchgesetzt hatte, wollte nicht RAINBOW genannt werden, sondern hatte sich für BULLET entschieden. Keiner wusste, warum ihn gerade dieser Name begeisterte. Vielleicht, weil er ein Jäger und Waffennarr war. Den meisten blieb zudem verborgen, mit welchen Spezialangelegenheiten BULLET befasst war. Für ein Büro im Weißen Haus hatte seine Durchschlagskraft bisher allerdings nicht gereicht. Der Schwiegersohn kam nur, wenn der Präsident ihn wünschte, und das geschah zu seinem Bedauern eher selten. Wenn Robert vor Ort war, warf er sich allerdings so sehr ins Feuer, dass er dem Stabschef schon wieder überzogen und eigentlich auch lästig erschien.
David machte ein paar Streck- und Dehnübungen, und als er beim letzten Aufrichten auf die im ersten Sonnenlicht gleißende Fassade des Weißen Hauses blickte, musste er wieder schmunzeln.
„Alles Fake hier“, dachte er, „die Farbe ist so wenig reinweiß, wie die Stimmung hier in der Machtzentrale angeblich gut ist.“
In der Tat war das Weiße Haus eher cremefarben gestrichen, im Fachjargon Whisper White, wusste David, eine Silikatfarbe aus der Produktion eines deutschen Herstellers.
Und die Stimmung war angesichts der internen Machtkämpfe im Weißen Haus angespannt, wenngleich sie unter dem neuen Präsidenten ganz allmählich besser wurde.
Aber auch mit den wenigen Machtkämpfen konnte man leben, man musste einfach genau hören, was der Flurfunk meldete, und wer auf welcher Seite stand.
David hatte den Vorteil, dass ihm, als Sohn des wohl mächtigsten Mannes der Welt, Informationen von vielen Menschen zugeführt wurden, die sich dadurch einen persönlichen Vorteil erhofften. Er war abseits der etablierten Organisation so etwas wie eine mächtige Spinne im Netz, von der man hoffte, dass man nicht zerbissen würde, wenn man ihr zu nahe kam. David hatte noch nie zugebissen, sondern wartete auf den ganz großen Happen.
Die Zeit dafür schien gekommen.
Der Sohn des Präsidenten wusste, dass man sich mit einem besser nicht quer stellen sollte, dem Stabschef des Weißen Hauses, John F. Martin. Ein ehemaliger Vier-Sterne-General und NATO-Oberbefehlshaber in Europa, auf den sich der Präsident vollkommen verließ. John F. Martin, eine starke freundliche Persönlichkeit, sollte im Weißen Haus für Ordnung sorgen, die Flügelkämpfe und die für den Präsidenten unangenehmen Leaks beenden. Das hatte er bereits fast geschafft. Außerdem hatte er inzwischen auch die Kontaktpflege zu anderen Regierungen übernommen, so dass der Präsident keine Veranlassung sah, den Posten des Nationalen Sicherheitsberaters zu besetzen. Der 66-jährige John F. Martin galt nach dem Präsidenten inzwischen als der zweitwichtigste Mann in Washington, was nur wenigen vor ihm gelungen war.
Den Sohn des Präsidenten akzeptierte er zwangsläufig, aber er schätzte ihn nicht. Wie er überhaupt keine Menschen mochte, die illoyal agierten, wussten seine ehemaligen Mitarbeiter aus dem NATO-Hauptquartier zu berichten. Und David, der nach Informationen der CIA nicht abgestimmte Beziehungen zu den politischen Spitzen Israels führte, gehörte dazu. Aber der Stabschef wusste nicht, ob diese Verbindung eventuell vom Vater geduldet oder sogar gebilligt war. Der ganze jüdische Clan mit seinen besonderen Ritualen war ihm als Soldat ohne jegliche kirchliche Bindung ohnehin suspekt. So hielt er sich grundsätzlich aus den Familienangelegenheiten von POTUS heraus.
„GOLIATH im Anmarsch“, gab der Body Guard Agent durch, bestätigt auf den Monitoren in der Überwachungszentrale und mitgehört durch die Scharfschützen auf dem Dach.
Der Präsidentensohn dankte den beiden Mitläufern kurz mit einem Daumen hoch, nickte dem Special Agent an der Pforte freundlich zu und begab sich zu seinem Büro.
Schon bei der Übernahme seiner Beratungstätigkeit hatte er dafür gesorgt, dass er im Westflügel die Zimmer des Deputy Chief of Staff bekam, inklusive einer Schlafgelegenheit und Dusche, was zur Verärgerung des Vorbesitzers führte wie auch des Pressestabes, weil dieser in der Folge einen Raum verloren hatte.
Doch David saß nun praktisch in Reichweite des Oval Office. Kurze Wege und physisch präsent sein, vor allem, wenn Vater im Hause war. Das Ziel hatte er erreicht.
David steckte den USB-Stick in seinen privaten Laptop, der nicht am Netz des Weißen Hauses angeschlossen war und vertiefte sich die nächsten Stunden in sein Projekt. Er hatte es generalstabsmäßig aufbereitet. Die Zielsetzung seines Konzeptes war es, auf Überraschung zu setzen und die seiner Ansicht nach beherrschbaren Risiken, bewusst in Kauf zu nehmen. Der Präsident der Vereinigten Staaten (POTUS) müsste ohne diplomatische Vorbereitung durch eine einzige Botschaft Fakten schaffen, und Israel müsste zeitgleich militärisch im Land handeln. Die Hölle würde los sein, aber am Ende würde die Welt den Coup schlucken, so wie die Welt die Annexion der Krim vor Jahren durch Russland geschluckt hatte.
David strich geradezu liebevoll über seine Landkarte, die Israel endlich den allseits anerkannten offiziellen Status eines Staates bringen würde, speicherte die letzten Änderungen des Plans, überspielte ihn auf sein Smartphone und löschte alle Spuren auf seinem Laptop. Der Mossad hatte ihm ein Smartphone geliefert, mit dem eine verschlüsselte Sprach- und Bildübertragung möglich war. Niemand in der Kommunikationszentrale des Weißen Hauses würde diese Kommunikation identifizieren oder gar verfolgen können.
Er schaute auf die Uhr, nur noch wenige Minuten bis zum letzten entscheidenden Telefonanruf aus Tel Aviv. David verschloss die Tür und legte in angespannter Erwartung sein Smartphone auf den Tisch.
1.4
„Schalom, Quarto“, begrüßte Ehud Strauss, der amtierende israelische Ministerpräsident, seinen Mossad-Chef Quarto Storch.
„Schalom, Ehud. Fühl’ dich willkommen in unseren Hallen. Du kennst unsere Abteilungsleiter für politische Aktionen, für spezielle Operationen, für Atomwaffen und die Abteilungsleiterin für psychologische Kriegsführung.“
Der Ministerpräsident schüttelte den Vieren die Hand.
„Danke Ihnen allen. Gute Aufklärungsarbeit! Dann wollen wir mal.“
„Nimm Platz, Ehud. In Washington ist es 15.00 Uhr. Unser Mann im Weißen Haus wartet bereits.“
Ehud Strauss ließ sich in den Sessel fallen. Hier, in der Zentrale des Mossad, war der Ministerpräsident sicher, dass sein Vorhaben bis zum letzten Augenblick geheim blieb. Der langersehnte Wunsch, Israel für alle Zukunft zu festigen, schien greifbar nahe, denn der Feind in Teheran spielte ihm direkt in die Hände. Und in Ehuds Händen ruhten Fotos, von deren Wirkung er vollkommen überzeugt war.
„Ich bin bereit“, sagte er zu Quarto, „ruf’ ihn an.“
David hatte den israelischen Ministerpräsidenten nur ein einziges Mal getroffen, nicht in Israel, sondern in der UNO, als es um Sanktionen gegen den Iran ging. Wieder einmal waren diese durch das Veto von China und Russland verhindert worden. David erschrak kurz, als er das freundliche Gesicht von Ehud Strauss im Smartphone sah.
Die müssen verdammt wichtige Informationen haben, wenn der Chef selbst anruft.
Das Bild von David erschien klar auf dem Bildschirm in Tel Aviv-Jaffa. Die Abteilungsleiterin für psychologische Kriegsführung fixierte Davids Gesicht, seine Augen, Mund- und Handbewegungen und seine Stimme. Der Inhalt war für diese Frau, die zugleich zu den besten Profilern des Mossad gehörte, eher nebensächlich. Ihr Auftrag war es, die Vertrauenswürdigkeit vom Sohn des US-Präsidenten und seine Loyalität zu Israel zu beurteilen.
„Guten Tag, David!“
„Guten Tag, Herr Ministerpräsident, sorry, guten Abend bei Ihnen, was verschafft mir die Ehre?“
„Wir haben Neuigkeiten. Ich bin bei meinem Mossad-Chef. Er gibt Ihnen jetzt die Munition, die Sie brauchen, um in Washington die notwendige Akzeptanz für unseren gemeinsamen Plan zu bekommen.“
„Ich bin gespannt, Herr Ministerpräsident!“
„Gut, ich übergebe, wir sprechen uns anschließend noch einmal.“
Quarto Storch und David G. Summerhill hatten sich zum ersten Mal bei einer gemeinsamen Präsentation in Harvard gesehen. Damals wussten die beiden – im jüdischen Glauben eng verbunden – nicht, dass der eine einmal First Son und der andere Mossad-Chef sein würden. Den Kontakt hatten sie beide gepflegt, und sie beide waren die Autoren des neuen Plans, der in Tel Aviv längst bis in alle Facetten geprüft und weiterentwickelt worden war.
„Hi, David, schön, dich jung und dynamisch zu sehen.“
„Schalom, Quarto, sieht so aus, als könntest du in deinem Bunker etwas Höhensonne gebrauchen.“
„Da sagst du etwas. Aber ich sage dir, wenn wir jetzt nicht etwas tun, dann wird es für Israel überhaupt keine Sonne mehr geben.“
„Das klingt ja ziemlich dramatisch. Was meinst du damit?“
„Wir haben gesicherte Informationen, dass der Iran einen Nuklearschlag gegen Israel vorbereitet. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern wann.“
„Woraus schließt ihr das?“
Auf Davids Smartphone erschienen die Bilder von iranischen Raketen.
„Du siehst hier die bekannten Sajiil-2-Raketen. Sie wurden mit russischer Unterstützung vollkommen modernisiert und mindestens vierzig sind mit nuklearen Sprengkörpern aus eigener Produktion bestückt. Treffgenauigkeit auf den Punkt.“ „Das kommt nicht ganz unerwartet“, wandte David nachdenklich ein, „aber warum jetzt die akute Bedrohung?“
„Wir haben einen brisanten Operationsplan der Revolutionsgarden oder besser: den seines Führers Ali Naz. Wir senden es dir in diesem Augenblick.“
KHUTAT ALEMLYAT LA SHAYATAN
„Was heißt das, Quarto?“
„Das heißt KLEINER SATAN und steht für die Vernichtung Israels. Auf jeder Rakete ist der Name einer israelischen Stadt gemalt. Für Jerusalem und Tel Aviv-Jaffa sind jeweils fünf definiert, für Haifa, Rishon LeZion, Petach Tikwa und Aschdod jeweils drei. Jeder nukleare Gefechtskopf hat eine TNT-Sprengkraft von jeweils sechzig Kilotonnen. Du weißt, eure Hiroshima-Bombe hatte einundzwanzig Kilotonnen. Wenn nur zehn von diesen vierzig Raketen zum Einsatz kommen, wäre Israel von der Landkarte verschwunden.“
„Aber noch einmal, Quarto, warum jetzt?“
„Es ist nicht nur der innenpolitische Machtkampf, David, es ist eure Politik. Die Mullahs wissen, dass Israel vollkommen isoliert ist, besonders von den USA. Die kluge Bündnis- und Wirtschaftspolitik der Mullahs und vor allem die strategische Rückzugspolitik deines Vaters ermöglicht ihnen, jetzt ohne größeres Risiko die Vorherrschaft im Nahen und Mittleren Osten zu übernehmen. Israels Vernichtung ist aus Sicht des Irans der wichtige Meilenstein, um Saudi-Arabien, den Irak und Syrien zu beherrschen. Die Mullahs rüsten zum Kampf, David, also sollten wir ihnen zuvorkommen und zwar mit eurer Unterstützung.“
„Das klingt einleuchtend, Quarto, aber wie um alles in der Welt soll ich das Weiße Haus überzeugen, dass Israel jetzt und mit amerikanischer Unterstützung zuschlagen soll?“
Quarto blickte einen winzigen Augenblick über das Smartphone hinweg fragend zu Ehud Strauss hinüber, der ihm zunickte.
„David, wir haben Informationen, dass iranische Terroristen Einrichtungen mit Symbolcharakter in den USA nicht nur im Visier haben, sondern bereits im Land sind. Parallel ist geplant, von Teheran aus Hackerangriffe gegen kritische Infrastrukturen zu starten. Vor allem gegen eure Telekommunikation, Energieversorgung, Krankenhäuser und Verkehrswege. Israel und die USA haben also ein gemeinsames Problem, und das heißt: Iran! David, jetzt ist die Gelegenheit gekommen, unser beiderseitiges Bedrohungsproblem zu lösen und zwar gemeinsam. Der Ministerpräsident plant, kurzfristig deinen Vater zu kontaktieren. Wir haben dich heute vorab informiert, weil es bekanntlich noch um ein anderes Ziel geht.“
„Du meinst die neue Landkarte Israels?“
„Richtig, David. Als Stratege weißt du, dass man Politik am besten aus der Position der Stärke heraus betreibt. Gemeinsam sind wir stark. Der Deal lautet: Wir helfen euch, eure Gefahr zu beseitigen, und ihr helft uns bei der Neugestaltung Israels.“
„Das ist ja wirklich eine kleine Aufgabe“, erwidert David lachend, „mache ich doch mit links.“
„Okay, David, wir zählen auf dich. Wenn du nichts mehr für mich hast, übergebe ich. Der Ministerpräsident möchte mit dir die Eckpunkte noch einmal absprechen.“
„Verstanden, Quarto. Doch meine Überzeugungsfähigkeit hängt allein von der Qualität eurer Geheimdienstinformationen ab.“
„Das ist mir klar, David, wir werden liefern. Und zwar sehr eindrucksvoll! Also, good luck, mein Freund, ich übergebe.“
David sah auf seinem Smartphone das ernste Gesicht des Ministerpräsidenten Ehud Strauss.
„Seien Sie versichert, David, der Mossad-Chef hat eher untertrieben. Was wir haben, wird das Weiße Haus und die Regierung aufrütteln und Ihren Vater zum sofortigen Handeln zwingen. Doch lassen Sie uns über die Eckpunkte unserer Grenzbereinigung sprechen, die Sie gemeinsam mit Quarto erarbeitet haben.“
Auf einem großen Bildschirm im Hauptquartier des Mossad erschien Davids Karte. Er fühlte plötzlich Gänsehaut, als seine Idee jetzt durch die Wahrnehmung der höchsten politischen Instanz zum Leben erwachte. Er prüfte die Karte auf Korrektheit. Doch da war nicht viel falsch zu machen.
Die Genialität liegt in der Einfachheit. Beide palästinensischen Autonomiegebiete, der Gazastreifen sowie Judäa und Samaria werden israelisiert. Ebenso Jerusalem. Der Staat Israel wird in Zukunft drei Bezirke haben. That’s it!
„Wir sind uns einig, David, dass ein Israel ohne innere Grenzen unser gemeinsames Ziel ist?“
„So ist es, Herr Ministerpräsident. Es wird dabei die Aufgabe Israels sein, das resultierende innenpolitische Problem schnell zu lösen. Sie werden entscheiden müssen, ob die im Land verbleibenden arabischen Muslime und Christen nach den Regeln des jüdischen Staates zu leben hätten oder ob Sie alle ausweisen.“
„Völlig richtig, David, ich werde Ihrem Vater unsere Ideen gern erläutern. Wir planen ähnlich der Verfahrensweise in Deutschland, jedem Ausreisewilligen eine lukrative Prämie zu zahlen. Gleichzeitig wollen wir in Absprache mit Ägypten und der Unterstützung der USA den Palästinensern die Möglichkeit geben, exklusiv auf der Sinai-Halbinsel ihren eigenen Staat aufzubauen. Wir sind also überhaupt nicht gegen eine Zwei-Staaten-Lösung, nur nicht auf unserem Boden. Und schon gar nicht im Gaza-Streifen.“
Abbildung 2: Israel fiktiv (Bearbeitung: ratio-books)
„Genau so, Herr Ministerpräsident. Es wird nicht einfach werden, aber ich bin überzeugt, wir schreiben hier Geschichte, die am Ende allen helfen wird. Ich werde sehen, was ich machen kann. Doch wir dürfen nichts überstürzen. Mein Vater ist, wie Sie wissen, ein gläubiger Jude, aber das heißt erst einmal gar nichts. Die Chancen für den Plan stehen gut, doch alles hängt, wie schon mit Quarto besprochen, ganz davon ab, wie sehr wir hier wirklich akut bedroht sind. Die unmittelbare Gefährdung unserer nationalen Sicherheit muss glasklar erwiesen sein. Das ist die unabdingbare Voraussetzung für jegliche militärischen Optionen, wie immer die aussehen mögen.“
„Das ist mir klar. Wir werden sehr bald liefern. David, Sie haben hervorragende Arbeit gemacht. Der Erfolg ist greifbar nahe. Jetzt wünsche ich Ihnen Glück im Weißen Haus für unsere gemeinsame Sache. Bis auf bald!“
„Bis auf bald, Herr Ministerpräsident!“
Die Bildschirme wurden dunkel. Sekunden später erhielt Quarto eine verschlüsselte Textnachricht von seinem amerikanischen Freund mit der finalen Version des Plans.
Der Ministerpräsident schaute zur Profilerin herüber.
„Ist der Mann okay?“
„Ich denke, David G. Summerhill ist authentisch. Da ist nicht der geringste Hinweis, dass er mit gezinkten Karten spielt. Der Mann hat eine Vision. Er ist vollkommen auf unserer Seite. Und zwar so sehr, dass er eher überziehen könnte. Nur darin sehe ich eine Gefahr bezüglich seiner Person. Quarto muss ihn also ganz eng führen.“
„Das passiert bereits“, sagte Quarto Storch, „aber was ist, wenn er im Weißen Haus scheitert und womöglich Nachteile erfährt?“
Er blickte dabei in die Runde.
Einen Moment lang war Schweigen.
Der Mossad war bekannt dafür, dass er für seine Agenten und Informanten im Ausland sorgte, wenn diese Probleme bekamen. Und David G. Summerhill war einer von ihnen.
„Sein Problem“, antwortete Ministerpräsident Ehud Strauss kühl. „Wir schaffen Fakten. Wir ziehen unsere Sache durch, notfalls allein. Jetzt oder nie. Der Sohn des Präsidenten ist wichtig, aber er steht nicht auf unserer Gehaltsliste.“
Strauss war als ein Mann mit zwei Gesichtern bekannt. Verbindlich nach außen, innen eiskalt. Er war ein Siegertyp, der Kompromisse hasste. Er machte auch keinen Hehl daraus, dass der innere Zirkel sein zweites eiskaltes Gesicht kannte. Denn mit Angst ließ sich am besten führen.