Kitabı oku: «Operation Jerusalem», sayfa 5

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KAPITEL 4


4.1

Mohammed Husseini machte äußerlich überhaupt nicht den Eindruck des mächtigsten Mannes in seinem Mausoleum in Teheran. Man wusste, dass er gelegentlich epileptische Anfälle bekam, aber dieser Grand-mal-Anfall war besonders heftig. Die versammelten sieben uniformierten Kommandeure der Pasdaran, der iranischen Revolutionsgarden, sahen, wie Mohammed Husseini am Boden liegend mit Bewusstseinsverlust um sich schlug und weißer Schaum aus seinem Mund austrat. Ihr oberster Chef, Ali Naz, beobachtete regungslos die Bemühungen des Personals, den Oberbefehlshaber in eine stabile Seitenlage zu bringen, denn beim letzten Mal hatte die Gefahr bestanden, dass er an dem Erbrochenen erstickte.

Seitdem der Religionsführer den Staatspräsidenten des Irans, Hassan Schirazi, angewiesen hatte, den Konfrontationskurs gegen die USA zu lockern und die Propaganda gegen Israel zu mäßigen, widersetzte sich Ali Naz innerlich. Er fühlte sich vom obersten Hüter der Religion und auch vom Wächterrat verraten.

Sicherlich, die Sanktionen schmerzten, aber man hatte mit Russland einen treuen Verbündeten, der dem Land zu neuer militärischer Stärke verholfen hatte, wissend, dass die tiefe Feindschaft zu Israel immer ein fester Bestandteil iranischer Politik sein würde.

Ali Naz sah den Kampf gegen das widerrechtlich errichtete zionistische Regime als seine Lebensaufgabe. Er war mit seinen drei Teilstreitkräften und seiner eigenen Geheimdiensttruppe ALSYF, genannt das Schwert, mächtiger als der Oberbefehlshaber der regulären Streitkräfte. Seine Machtfülle, wie auch seine konspirative Art und Weise, mit der Macht umzugehen, waren bei den politischen und militärischen Spitzen des Landes gefürchtet.

Der Religionsführer hatte seinen Ziehsohn Ali Naz auf die Aufgabe als Oberbefehlshaber sorgfältig vorbereitet. Nach einem Geschichtsstudium in Deutschland und England sowie Aufenthalten in den USA war er westlich gebildet und sprach Englisch und Deutsch fließend. Aber vor allem war er in der hybriden und asymmetrischen Kriegsführung erfahren. Sein Chef und Gebieter glaubte fest an die Loyalität seines wichtigsten Kämpfers, wenngleich er dessen wachsenden Fanatismus mit Sorge sah.

Nach einer halben Stunde postiktalem Dämmerschlaf saß Mohammed Husseini mit Unterstützung seiner Helfer wieder müde und abgespannt auf seinem Stuhl und fuhr langsam sprechend mit seiner Rede fort.

„Brüder, ihr habt verstanden, dass wir auf die Bedürfnisse des Volkes stärker eingehen müssen. Unser Ziel wird bleiben, aber wir müssen für längere Zeit einen Umweg gehen.“

„Was erwartest du von uns?“, fragte Ali Naz.

„Wir werden bei den Verhandlungen in Genf und auch bei den Vereinten Nationen in New York moderatere Töne anschlagen und unsere Hisbollah-Armee im Libanon zügeln.“

„Aber sind nicht unsere Brüder dort wichtig als Bollwerk gegen das zionistische Regime?“, fragte der Kommandeur der Luftstreitkräfte.

„Natürlich sind sie das. Und sie werden es auch bleiben! Doch in diesen schwierigen Zeiten begrenzen wir unsere Aktionen auf geheimdienstliche Operationen. Nach außen sind wir kompromissbereit, aber nach innen werden wir uns noch stärker aufstellen. Wir werden in der Phase der scheinbaren Schwäche geheimdienstliche Operationen gegen Israel und gegen die Vereinigten Staaten von Amerika planen. Ich sage planen. Wir werden erst zuschlagen, wenn ich es für nötig halte!“

Die Kommandeure, deren einziges langfristiges Ziel es immer war, dem Feind Israel den Todesstoß zu versetzen, waren fassungslos. Wie sollte man diesen Richtungswechsel den Freunden im Libanon klarmachen? Viele, die ihr Leben im Nahen Osten für die Vorherrschaft des Irans und den Kampf gegen Israel riskierten, würden das nicht verstehen.

Mohammed Husseini sah einige sehr finstere Mienen seines Führungskaders.

„Es geht nicht anders, Brüder. Sonst verlieren wir das Volk. Wir werden eben anders kämpfen! In den USA haben wir uns bereits vorbereitet. Uns wurde durch einen Überläufer eine einzigartige Chance geboten.“

Die Kommandeure der Revolutionsgarden, von deren Tagung weder der Chef der regulären Streitkräfte noch der Präsident des Landes, Hassan Schirazi, ahnte, geschweige denn wusste, waren jetzt sehr aufmerksam.

„Ali, berichte uns nun von SAPOT. Wie weit sind wir mit seiner Rekrutierung? Können wir mit ihm rechnen?“

Während die Gruppe über diesen Coup der Geheimdienst-Einheit diskutierte, blickte er mit regungslosem Gesicht auf seinen Religionsführer. Er hatte längst einen Entschluss getroffen, der alles verändern würde.

Du, Mohammed Husseini, bist es nicht mehr wert, unser Führer zu sein. Nicht, weil du alt und krank bist. Du hast das Schlimmste getan, was der oberste Wächter des Irans tun kann: Du hast die Religion der Politik untergeordnet. Du hast meinen Operationsplan KLEINER SATAN, die Vernichtung Israels, praktisch außer Kraft gesetzt. Egal, wie du das vor meinen Männern kleinreden willst, deine Tage sind gezählt! Entweder wirst du selbst aufhören zu atmen, oder dieser Kreis wird wiederholen, was einst der römische Senat mit Caesar machte. Im Theater von Pompeius. Ermordet von dreiundzwanzig Senatoren. Und ich werde im Auftrag Allahs dein Brutus sein.

4.2

„Bitte zahlen“, sagte der elegant gekleidete Mann im sechsten Stock an der gut besetzten Feinschmeckerbar des Berliner Kaufhauses des Westens (KaDeWe). Wenn man genau hinhörte, erkannte man den amerikanischen Akzent. Aber der Barkeeper hatte gerade andere Sorgen, als sich um die Herkunft der Gäste zu kümmern. Der Mann zahlte, nahm seine Tasche und ging über die Treppe direkt zur Toilette im nächsten unteren Stock.

Etwas später verließ er mit Hut, doch jetzt mit einem Schnauzbart, leicht getönter Brille und einem Rollkoffer das berühmte Kaufhaus. Auf dem Weg zur U-Bahnstation Kurfürstendamm setzte er sich auf eine Bank und wartete.

Wenig später vibrierte es in seiner Hosentasche, und er las auf dem ihm zugesteckten Handy:

WECHSELN SIE JETZT ZUR NÄCHSTEN SIM-KARTE, UND WARTEN SIE AUF WEITERE ANWEISUNGEN.

SAPOT nahm den Rollkoffer mit der darin enthaltenen ersten Anzahlung von 1,5 Millionen US-Dollar und drei gefälschten Reisepässen. Außerdem eine neun Millimeter-Pistole GLOCK 19 sowie einen Handykiller zum Eigenschutz vor dem Abhören und von ferngezündeten Bomben.

Ohne sich umzusehen, stieg er in das erste wartende Taxi und fuhr in das von der iranischen Botschaft gebuchte Hotel. Es war eines von den neuen Hotels, in dem es keine Rezeption mehr gab, sondern das Einchecken komplett elektronisch vonstattenging.

Er schloss die Gardine und studierte die Personalakten seiner Helfer für die Operation Jerusalem.

4.3

Im Oval Office ging es heute zu wie im Bienenstock. Genau diese Unruhe, die George F. Summerhill zuwider war. Er wollte sich gerade in seine Privaträume zurückziehen, als John, sein Stabschef, regelrecht durch die Tür stürmte und zugleich das Telefon klingelte:

„Mr. President, in der Leitung ist der israelische Ministerpräsident Ehud Strauss. Er sagte, es gäbe ein ernsthaftes Problem.“

„Hat er gesagt, welches?“

„Nein, Sir, er wollte direkt zu Ihnen durchgestellt werden.“

„Na, dann wollen wir den Scharfmacher einmal hören. Nehmen Sie doch bitte Platz, John.“

„Guten Tag nach Tel Aviv, ich freue mich, Sie zu hören, Ehud. Mein Stabschef sitzt bei mir, er sagte, es gäbe Probleme.“

„Guten Tag, George, ja in der Tat, die gibt es. Bei mir sitzt mein Mossad-Chef, Quarto Storch, und der hat keine guten Nachrichten. Sitzen Sie fest?“

„Sie machen es ja ziemlich spannend, Ehud. Schießen Sie los!“

„Mir liegt eine Liste öffentlicher Gebäude in den USA vor, die eindeutig als Anschlagsziele genannt werden. Wir reden hier nicht über eine allgemeine Gefährdung, sondern über eine offensichtlich konkrete Anschlagsplanung. Genannt sind die Golden Gate Bridge, das Smithsonian Museum, der Hoover-Staudamm, der Nationalfriedhof Arlington, die Liberty Bell und die Freiheitsstatue.“

Der Präsident und sein Stabschef schauten sich sorgenvoll an. Es waren ausnahmslos Ziele mit hoher Symbolkraft.

„Das klingt nicht gut. Wer sollen diese Terroristen sein, Ehud?“

„Eindeutig Araber, wir vermuten eine Splittergruppe der Hisbollah mit exzellenten Kontakten in die Vereinigten Staaten.“

„Gibt es Hinweise auf irgendeine Motivation, oder ist das wieder allgemein gegen mein Land gerichtet?“

„Wir haben keine zusätzlichen Hinweise.“

„Wie akut ist die Bedrohung?“

„Die Sache scheint sehr akut zu sein.“

„Warum?“

„Wir haben ein Foto von einer Bombe, die offensichtlich bereits in einem Kellergebäude installiert ist.“

Der Präsident war bisher noch verhältnismäßig gelassen, doch jetzt schreckte er in seinem Stuhl nach vorne.

„Wissen Sie wo das ist, Ehud?“

„Nein, uns fehlt das Vergleichsmaterial aus den Kellern der betroffenen Objekte, wenn das Bild überhaupt aus einem dieser Objekte stammt.“

„Und die Quelle zu diesem Foto führt auch nicht weiter?“

„Leider nein, das Bild kam anonym zu uns.“

„Das ist nicht gut, Ehud. Wir müssen wissen, wo das ist! Ich schlage vor, dass unsere Sicherheitsbehörden sich sofort eng austauschen.“

„Einverstanden, George, das scheint auch mir dringend geboten.“

„Danke, Ehud. Da ist noch etwas. Ich höre, dass Sie an der Neugestaltung Israels arbeiten. Es heißt, dass Sie die Araber komplett aus Ihrem Land ausweisen wollen. Wenn dem so ist, Ehud, sind Sie sich über die Auswirkungen für Ihr Land und für den gesamten Frieden in der Region im Klaren?“

Der israelische Ministerpräsident zögerte einen Augenblick. Sein Mossad-Chef gab ein Daumen-hoch-Zeichen.

„Wir arbeiten in der Tat an einem Plan, der Israel endgültig Frieden bringen soll. George, wir müssen endlich handeln. Sie wissen selbst, dass sich durch die Konzentration Ihres Landes auf den Heimatschutz und den Verzicht als Supermacht das strategische Kräfteverhältnis in der Welt geändert hat. Wir sind inzwischen auf uns allein gestellt. Der Plan ist fertig, und wir sind sehr dankbar, dass ihr Sohn David uns berät.“

„David? Das hätte ich mir denken können. Okay, Ehud, danke, lassen Sie mich jetzt an die Arbeit gehen. Wir bleiben in Kontakt.“

Während des Gespräches hatte der Stabschef bereits die wichtigsten Vertreter der Sicherheitsbehörden alarmiert.

„Sir, wir treffen uns in sechzig Minuten im Lageraum. Große Runde.“

„Die Sprecherin ist anwesend …?“

„Ja, Mr. President, Anne Brown ist informiert, sie muss in der Tat bei Angelegenheiten von nationalem Interesse eingeladen werden.“

„Okay, John, einverstanden, mein umtriebiger Sohn David soll auch dazu kommen und seine Israel-Planung mitbringen. Ich hoffe für ihn, dass er sich nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt hat.“

Im Situation Room, dem Lageraum des Weißen Hauses, hatten sich neben wichtigen Mitgliedern des Weißen Hauses die Chefs vom Innenministerium, Heimatministerium, Außenministerium, Verteidigungsministerium, Justizministerium, einem Vertreter des FBI, dem Kongress, und dem Direktor CIA und dessen Direktoren für Auswertung und Beschaffung erhoben. In den hinteren Reihen Mitarbeiter der verschiedenen Ressorts und das Betriebspersonal des Lageraums. David war der Stuhl „Special Guest“ in der zweiten Reihe zugewiesen worden.

„Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika!“

„Danke, meine Damen und Herren, lassen Sie uns an die Arbeit gehen. Was wissen wir von Bedrohungen durch Terroristen in unserem Land gegen Gebäude von hoher Symbolkraft?“

Sofort erleuchteten diverse Bildschirme den Raum. Der Vertreter des Heimatschutzministeriums berichtete über übliche Festnahmen und Rückweisungen an den Grenzen der USA, hatte aber keine verdächtigen Hinweise, schon gar nicht von eingeschleusten Terroristen. Es folgten Bilder von den genannten Gebäuden und eine kurze Zusammenfassung der Sicherheitskonzepte.

„Ist es bei dem, was ich sehe“, fragte der Präsident den Innenminister, „überhaupt möglich, in einem dieser Gebäude unbemerkt eine Bombe zu platzieren?“

„Unbemerkt nein, Mr. President. Wenn es überhaupt gelingen sollte, dann nur mit Mittelsmännern.“

„Und warum weiß der Präsident Israels etwas, was wir nicht wissen? Haben wir unsere eigene Lage nicht im Griff?“

„Mr. President“, antwortete der CIA-Chef, Max Capito, „unser Dienst macht bezüglich derartiger Gebäude nichts anderes, als ständig Hinweisen nachzugehen. Natürlich kann es Schläfer geben, aber auch hierfür liegen uns keine Hinweise vor. Das Foto aus Israel zeigt irgendein Kellergebäude, das überall in der Welt stehen könnte. Allerdings sehen wir ein Zündsystem, das wir von den Anschlägen 2015 in Beirut kennen. Damals war der Islamische Staat verantwortlich, der heute praktisch keine Rolle mehr spielt.“

Es folgten Ausführungen der anderen Ressorts, aber auch hier nicht der geringste Hinweis, aus dem man eine konkrete Gefährdung hätte schließen können. Natürlich sei eine gesonderte Überprüfung aller wichtigen Gebäude im Gange, meinte der CIA-Chef.

„Und was schlagen Sie vor?“, fragte der Präsident in die Runde. „Israel meldet eine ernsthafte Bedrohung, die wir nicht bestätigen können. Wie gehen wir damit um? Schließen wir die Gebäude? Was sagen wir dem amerikanischen Volk?“ Jetzt griff Sally Gibson, die Pressesprecherin des Weißen Hauses, ein: „Mr. President, ich möchte davon abraten, dem amerikanischen Volk zu diesem Zeitpunkt überhaupt etwas zu sagen. Wir sollten mit Hochdruck an der Aufklärung arbeiten und danach hoffentlich den Erfolg unserer Ermittlungsarbeit melden.“

Der Präsident sah zustimmendes Nicken in der Runde.

„Gut, die Ministerien und Behörden arbeiten mit Volldampf an der Aufklärung. Wir fahren im Weißen Haus unsere Bereitschaft hoch. Ich möchte nicht, dass auch nur ein einziges Wort nach draußen dringt, und ich möchte über jede Kleinigkeit in diesem Zusammenhang unterrichtet werden, damit ich im Zweifelsfall sofort den Kongress informieren kann.“

Zum ersten Mal suchte er den Blickkontakt zu Anne, die freundlich und ohne jede Anspielung herüberlächelte.

„Nun zu einem anderen Thema“, fuhr der Präsident fort. „Ehud Strauss hat mir auch von seinem Vorhaben berichtet, Israel neu zu gestalten. Es sieht so aus, als stände uns möglicherweise die Jahrhundert-Lösung oder eine Menge Ärger ins Haus. Mein Sohn David ist hier als Insider des Geschehens bestens informiert und wird uns jetzt unterrichten.“

David war froh, dass sein Vater nicht den geringsten Vorwurf signalisierte, sondern in ihm wohl eher einen Kenner der Materie, aber nicht dessen maßgeblichen Gestalter sah.

Er erhob sich, während an der Wand die aktuelle politische Karte Israels und eine Grafik über die Terroranschläge der letzten zwanzig Jahre erschienen. Die Kurve der Anschläge und der Toten stieg steil nach oben.

„Es sind jedoch nicht die Anschläge, die den Israelis Kopfschmerzen bereiten, sondern Israels Staatsfeind Nummer Eins – der Iran,“ erläuterte er.

David berichtete über das für Israel bedrohliche atombestückte Raketenarsenal und das aggressive Verhalten der iranischen Revolutionsgarden. Er wusste, dass der Mossad inzwischen die amerikanischen Kollegen informiert hatte und konnte es sich leisten, weitere Einzelheiten zurückzuhalten.

„Danke, David. Was weiß die CIA darüber?“, wollte der Präsident wissen.

Der Chef der CIA, Max Capito, war wie immer gut vorbereitet. Mit seiner Nickelbrille, dem grauen Anzug und dem eher emotionslosen Gesicht zeigte er schon äußerlich das Bild eines Auslandsagenten, der er auch einmal gewesen war. Seine Erfahrungen und auch Erfolge in der Behörde waren hochgeschätzt. Er machte keinen Hehl daraus, dass er seinem Land diente und keiner Person. Insbesondere nicht diesem, wie er fand, ziemlich unpatriotischen Präsidenten. Doch er war Profi genug, um seine Missachtung zu verbergen.

„Wir können das bestätigen, Mr. President. Der Mossad besitzt offensichtlich einen Plan des Führers der Revolutionsgarden mit dem Namen Ali Naz. Der Plan sieht die völlige Vernichtung Israels vor. Das ist ein typisch religiös motivierter Plan, wie wir ihn auch in ähnlicher Form von al-Qaida und dem sogenannten Islamischen Staat kennen. Es gibt allerdings überhaupt keine Hinweise, dass der Iran die bekannte atomare Karte jetzt ausspielt.“

„Aber für Israel sind die Erkenntnisse offensichtlich alarmierend genug, um einen grundsätzlichen Richtungswechsel anzugehen“, fuhr David fort, „Israel möchte ein für alle Mal das Inhouse-Terror-Problem aus der Welt schaffen, indem die autonomen Gebiete durch israelisches Militär in einer Blitzaktion besetzt werden. Die betroffenen Palästinenser sollen in Absprache mit Ägypten die Möglichkeit bekommen, mit einem lukrativen Handgeld einen eigenen Staat auf der Sinai-Halbinsel aufzubauen. Israel möchte kein Fleckenteppich mehr sein. Sehen Sie hier die neue geplante Landkarte von Israel.“

Im Lageraum war Stille. Ein einziger Gedanke stand im Raum: unsinnig oder genial.

George hatte seinem Sohn genau zugehört. Sein Vortrag war brillant. Er hatte so vorgetragen, dass sich niemand im Lageraum des Weißen Hauses manipuliert fühlte. Doch er sah David die innere Erregung an. Er überlegte, ob sein Sohn und Berater möglicherweise ohne interne Abstimmung eine Grenze überschritten hatte. Der Stabschef würde das später prüfen. Hier in der Runde ging man zweifellos von einer abgestimmten Stabsarbeit aus.

Der Präsident blickte zu den Teilnehmern und sagte: „Dann bin ich ja einmal gespannt. Feuer frei, meine Damen und Herren.“

Der Außenminister, Martin Mc Lain, äußerte sich als Erster:

„So ganz neu ist der Plan ja nicht, David. Erstens scheiterte das immer an den Rechten der Palästinenser, unterstützt durch die Vereinten Nationen, zweitens an der Einwilligung Ägyptens und drittens an den Israelis selbst, deren Land sich bei der Durchsetzung dieser Annexion von einer demokratischen in eine diktatorische Struktur verwandeln würde. Ich halte diesen Plan für vollkommen unrealistisch und auch mit Blick auf einige Nachbarstaaten, insbesondere Saudi-Arabien, dem Iran und der Türkei, für brandgefährlich.“

„Völlig richtig, Herr Außenminister“, wandte David ein, „aber ist es nicht alles eine Frage der Betrachtungsweise? Stellen wir uns vor, wir wären unmittelbar durch einen Feind mit nuklearem Waffenpotential bedroht, hätten im Land fortlaufend Terroranschläge, die durch Nachbarstaaten massiv unterstützt werden, müssten unsere Bevölkerung in einem permanenten Kriegszustand halten und hätten vor allem nicht mehr die Unterstützung wichtiger Verbündeter. Würde in dieser Lage nicht auch unser Recht zur massiven Selbstverteidigung greifen?“

David spürte in den Gesichtern die offensichtliche Wirkung seiner Worte und fuhr fort:

„In dieser Verteidigungslage befindet sich Israel. Israel muss handeln, selbst, wenn dieses einen erneuten Sechs-Tage-Krieg bedeuten könnte, den ich gar nicht sehe, auch weil Ägypten offensichtlich bereit ist, mit Israel einen Deal zu machen.“

„So etwas darf auf keinen Fall in Erwägung gezogen werden“, konterte der Außenminister erneut, „ohne dass Russland, Europa, China und die Anrainerstaaten des Irans konsultiert werden.“

„Wer die Welt über seine Kampfabsichten vorab informiert, braucht gar nicht erst in die Schlacht zu ziehen“, kommentierte der Verteidigungsminister, Henry Johnson, etwas süffisant, „im Übrigen, so makaber es klingen mag, die Israelis würden auch uns ein permanentes Iran-Problem vom Halse schaffen. Also sollten wir uns auch dankbar zeigen und uns den Plan einmal etwas genauer ansehen.“

Neben den anderen Anwesenden nickte auch die Kongressabgeordnete Anne Brown zustimmend. Die zierliche, nicht gerade attraktive, aber sehr charmante und durchsetzungsfähige Anne Brown, war auch Sprecherin geworden, weil man ihr zutraute, den parteilosen Präsidenten zu überzeugen, wann immer das im vitalen Interesse des Landes geboten war. Nun stand eine derartige Angelegenheit im Raum.

„Unterstellen wir einmal“, sagte sie, „dass Israel mit unserer Unterstützung schnell handelt und der diplomatische Coup mit Ägypten funktioniert. Unterstellen wir einmal, dass der Iran es nicht wagen würde, die Achse Israel-USA anzugreifen, dann sähe ich durchaus Zustimmung in unserem Land.“

Der Präsident hatte aufmerksam zugehört. Es war Zeit sich zu äußern, bevor hier unnötig Pflöcke eingeschlagen wurden. „Sie kennen meine Auffassung, mit der wir bekanntlich bestens fahren. Jedes Land hat das Recht, sein eigenes politisches Schicksal zu gestalten, wenn nötig auch mit militärischen Mitteln. So wie wir uns wehren würden, wenn die USA bedroht würden. Trotzdem stimme ich dem Außenminister zu, dass Israel hier ein Fass aufmachen könnte, von dem wir nicht wissen, was anschließend in der Welt geschehen würde. Wir müssen uns ernsthaft fragen, ob die USA das Risiko einer Unterstützung gleich welcher Art wirklich eingehen wollen. Ich habe noch keine abschließende Meinung aber hätte schon mit Blick auf den Iran, China und Europa die allergrößten Sorgen. Auf keinen Fall werden wir uns instrumentalisieren lassen, schon gar nicht gegen die Interessen unseres Landes. John, ich möchte darüber eine Lagebeurteilung mit allen Vor- und Nachteilen auf dem Tisch haben. Anschließend setzen wir uns wieder zusammen.“

In diesem Augenblick flackerten Bilder eines zerstörten Gebäudes mit einer zerfetzten amerikanischen Flagge, Bilder von Rettungskräften und Militär über drei große Bildschirme und eine Stimme, wie aus dem All und ohne jegliche Gefühlsregung, ertönte aus dem Lautsprecher.

„Mr. President, wir wurden soeben informiert, dass auf die Botschaft der Vereinigten Staaten in Jerusalem ein Raketenanschlag verübt wurde. Der Botschafter, seine Frau und zwei ihrer Kinder und mindestens zehn Botschaftsangehörige wurden getötet oder verwundet.“

Verschiedene Teilnehmer der Runde sprangen hoch. Einige riefen: „Das ist ja furchtbar, um Gottes willen! Das ist Krieg gegen die USA!“

Der Präsident fixierte das Geschehen, und er blieb ruhig. Gerade dafür war er in Krisenzeiten bekannt, wenn um ihn herum ein Sturm ausbrach. Er entschied nie spontan, nie ohne vorhergehende umfassende Analyse. So wie bei den wiederholten Bombenanschlägen und Amokläufen im Land. Diese ruhige Art und Weise hatte sich längst bewährt. Sie schuf Vertrauen in die Kompetenz des mächtigsten Mannes der Welt. Das amerikanische Volk liebte seinen besonnenen Präsidenten, der nie wirklich Präsident hatte werden wollen, aber der das Amt laut jüngsten Umfragen besser ausübte als sein Vorgänger.

„Stellen Sie mich zu Strauss durch!“

Im Lageraum sahen die Teilnehmer jetzt auf dem Schirm einen sichtlich erregten Ministerpräsidenten, der zwar noch keine Urheber des Anschlages benennen konnte, aber dennoch keinen Zweifel daran ließ, dass es einen Sachzusammenhang zwischen den Terrordrohungen und diesem Anschlag gäbe, und dass er endlich Aktionen der USA erwarte, auch zum Schutz Israels. Seine Aufregung war anders als im Telefongespräch deutlich zu spüren.

„Mr. President, ich spreche Ihnen im Namen meines Landes unser tiefstes Beileid und Mitgefühl aus. Das ist ein entsetzlicher Angriff gegen Ihr Land auf meinem Boden!“

„Danke Ehud. Was wissen Sie?“

„Wir haben Gewissheit über vier Raketen. Zwei sind eingeschlagen. Die zwei aus dem Gaza-Streifen konnten wir abfangen, zwei aus dem Südlibanon nicht. Das war eine konzertierte Aktion, George!“

Seine Stimme wurde nun schärfer.

„Eine lokale militärische Antwort gegen die Drahtzieher reicht nicht mehr. Es ist jetzt die Zeit, den Terror in Israel grundsätzlich zu beenden. Das geht nur, wenn wir ein Land ohne diese Autonomiegebiete sind. Wir haben genug mit der Bedrohung von außen zu tun! Sie und ich sitzen im selben Boot. Handeln Sie, Mr. President, bevor noch mehr passiert!“

Jeder im Raum erkannte den Druck dieser Botschaft, die natürlich an die gesamte Gruppe im Lageraum und damit indirekt an das amerikanische Volk adressiert war, das traditionell in Zeiten der Bedrohung auf eine klare Antwort seines Präsidenten wartete.

George war von diesem Anschlag tief betroffen. Tote Amerikaner in einer US-Botschaft. Und dann noch in Israel! Er spürte, dass eine Zeitenwende für seine Politik bevorstehen könnte. Doch er wollte sich jetzt nicht in die Enge treiben lassen. Erst die Fakten!

„Ehud, wir klären erst einmal zusammen, wer hinter diesem furchtbaren Anschlag steht. Unsere Leute werden Ihre Spezialisten vor Ort bei der Aufklärung unterstützen. In der Zwischenzeit unternehmen Sie bitte alles Notwendige zum Schutz der amerikanischen Bürger in Ihrem Land! Danke und auf Wiederhören!“

Die Bilder an der Wand verschwanden.

Der eben noch sehr erregte Verteidigungsminister, Henry Johnson, sprach fast süffisant in die Runde:

„Wir sehen, Mr. President, dass uns die Initiative gerade von unseren Feinden aus der Hand genommen wurde. Erst die Terrorwarnungen von unseren israelischen Freunden, jetzt der Anschlag gegen die USA im Ausland. Sieht so aus, als würde unser Land die Dividende für die jahrelange defensive Strategie zahlen müssen. Der Plan von Ehud Strauss wird mir immer sympathischer. Sie sollten als mächtigster Mann der Welt handeln und als Oberbefehlshaber sowieso! Ich kann nur unterstreichen, was Strauss sagte: Handeln Sie jetzt, Mr. President, bevor es zu spät ist!“

Der Außenminister schüttelte verständnislos mit dem Kopf. Summerhill schaute den Verteidigungsminister, Henry Johnson, eher interessiert über den Rand seiner Brille an. Er wusste natürlich, dass der Verteidigungsminister wie viele im Pentagon und in den Sicherheitsbehörden gegen seine defensive Militärpolitik waren. Aber diese Bemerkung war ein unverschämter Angriff auf seine Amtsführung.

„Ihre interessante Erläuterung, Herr Verteidigungsminister, habe ich zur Kenntnis genommen. Ich habe einen exzellenten Stabschef, den ich hiermit zum Sonderbeauftragten für die Koordination der Aufklärungs- und möglichen Abwehrmaßnahmen in dieser Sache bestelle. Ich danke Ihnen allen, meine Damen und Herren! Die Sitzung ist beendet. Wir werden uns zeitnah wiedersehen!“

Im Hinausgehen wies er seine Pressesprecherin an:

„Sally, bereiten Sie im Oval Office eine Fernsehansprache an das amerikanische Volk vor“, und mit Blick auf die Uhr, „in einer Stunde, danach stehe ich dem Pressecorps für Fragen zur Verfügung.“

George F. Summerhill hatte bisher wenige Ansprachen an das amerikanische Volk gehalten. Entsprechend groß war jetzt das Gedränge zahlreicher Mitarbeiter im Oval Office hinter dem Aufnahmeteam. Der Präsident saß am Resolute Desk zwischen den beiden Fahnen, der Teleprompter war vorbereitet. David war fasziniert von der Aura, die hier geradezu greifbar im Raum entstand, als es plötzlich völlig still wurde. Aufnahmelicht rot.

Er beobachtete seinen Vater, wie der ruhig und sehr authentisch begann:

Meine lieben amerikanischen Mitbürger! Heute ist ein trauriger Tag für unsere gesamte Nation und ein trauriger Tag für die ganze Welt. Unser Botschafter in Jerusalem, seine Familie und mindestens sechzehn weitere Amerikaner fanden bei einem feigen Anschlag den Tod. Viele Menschen wurden verletzt …“

David beobachtete die betroffenen Gesichter der Anwesenden. Einige weinten still, als sein Vater den Vorgang erläuterte, den Angehörigen sein Mitgefühl aussprach und versprach, die Schuldigen mit aller Kraft zu suchen und ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Vaters Ziel war es offensichtlich, die Nation auf Folgeaktionen vorzubereiten und hinter sich zu bringen, als er um Vertrauen und Zuversicht warb und mit großer Strahlkraft endete:

Gott schütze Sie, meine lieben Mitbürger! Gott schütze die Vereinigten Staaten von Amerika!“

David dachte:

Und Gott schütze Israel … die Ereignisse spielen für uns Juden … der Ball rollt … ich kann jetzt das Spielfeld verlassen und von außerhalb zuschauen.

Der Präsident bedankte sich bei dem Aufnahmeteam und bemerkte, wie ihm seine Pressesprecherin dringlich ein Zeichen gab. Er winkte sie zu sich, um zu hören.

„Mr. President, ich möchte von der Pressekonferenz dringend abraten.“

„Warum, Sally? Die Angelegenheit ist so wichtig, dass der Präsident nicht kneifen darf!“

„Grundsätzlich ja, Mr. President. Aber was ist, wenn die Presse von der aktuellen Terrorgefahr bereits Wind bekommen hat? Sie könnten nur ausweichend antworten und der Schuss ginge nach hinten los. Direkt ins Oval Office. Sie würden auf einen Schlag Ihre aufgebaute Glaubwürdigkeit verlieren. Das wollen wir bitte nicht!“

„Gibt es Hinweise auf ein derartiges Wissen?“

„Ja, Sir, ich konnte eben einen Vertreter der Washington Post abwimmeln, noch.“

„Sally“, sagte der Präsident, „da ist etwas dran. Machen Sie diesen Auftritt. Gute Arbeit! Exzellent! Schön, dass wir Sie an Bord haben!“

„Für unser Land, Mr. President. Das ist mein Job.“

Er nickte ihr zu, als sie in Richtung Presseraum verschwand, wo das akkreditierte Pressecorps bereits aufgeregt wartete.

Zu seinem Stabschef gewandt, sagte er: „Wir setzen jetzt Prioritäten, und zwar in dieser Reihenfolge: Wer hat uns angegriffen? Wie reagieren wir? Alles über die Terrorliste und Gefährdung unserer Einrichtungen im Land. Der neue Israel-Plan ist für mich zweitrangig.“

„Verstanden, Mr. President!“

„Was denken Sie, John, spricht die veränderte Sicherheitslage gegen die Schiffsreise meiner Familie?“

„Nein, Mr. President, im Gegenteil, ich kann mir keinen sichereren Ort vorstellen als dieses Schiff auf dem Atlantik mit unseren Leuten an Bord.“

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