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DIE KAROLINGISCHE ABTEI PRÜM – EIN KAISER WIRD ZUM MÖNCH

Nach dieser Verteilung und Regelung der Regierungsaufgaben nahm er Abschied von den Seinen, verließ die Welt und zog nach dem Kloster Prüm. Dort ließ er sich sein Haupthaar abnehmen, legte das Kleid des heiligen Wandels an und beschloss sein Leben am 29.September (855) in dem Bekenntnis seines Glaubens.

(Regino von Prüm über Kaiser Lothar I.)*

Das Ortsbild der ehemaligen Kreisstadt Prüm in der Eifel wird dominiert von den mächtigen barocken Bauten der früheren Benediktiner-Abtei, der Kirche mit ihrer Doppelturmfassade und die um zwei Höfe an der Nordseite gruppierten Klosterbauten. Das Kloster wurde begründet im Jahre 721 durch die Edelfrau Bertrada und ihren Sohn Charibert, die der Sage nach auf der südwestlich von Prüm gelegenen Burg Mürlenbach lebten. Besiedelt wurde das Kloster zunächst durch Mönche aus Echternach, dort war Willibrord Abt. 755 erneuerte König Pippin der Kleine, der mit einer Enkelin Bertradas gleichen Namens verheiratet war, die Klostergründung, brachte Mönche aus Frankreich hierher und versah das Kloster mit großen Schenkungen, die dauerhaft die Einkünfte sicherten. Pippin und Bertrada die Jüngere waren die Eltern Karls des Großen. Über das Aussehen des Klosters in karolingischer Zeit ist wenig bekannt. Die Weihe der neuen Klosterkirche ist für das Jahr 761 überliefert. Eine der Hauptaufgaben der Mönche bestand zunächst im Gebetsauftrag zur Memoria Pippins und Bertradas, die damit Sorge für ihr Seelenheil trugen. Zur Aufwertung des Klosters trug unter anderem auch eine wertvolle Reliquie, die Sandalen Jesu, bei, die Pippin bald nach der Weihe der Klosterkirche geschenkt hatte.

Prüm entwickelte sich zum Familienkloster der Karolinger und zum Missionszentrum der Eifel. Das Kloster wurde wirtschaftlicher, geistiger und kultureller Mittelpunkt der Region. Durch ihre enge Beziehung zum Herrscherhaus kam den Äbten eine besondere Rolle zu: Sie hielten sich häufig in unmittelbarer Nähe des Kaisers auf und waren Begleiter auf Reisen. Im ersten Jahrhundert nach der Neugründung führten drei außergewöhnliche Äbte das Kloster mit sehr langen Amtszeiten. So stand Marquard 25 Jahre dem Kloster als Abt vor und geleitete es sicher durch die Reichskrise dieser Zeit. Er war als Vermittler in Familienstreitigkeiten, vor allem bei Erbauseinandersetzungen, gefragt. In schwierigen Situationen diente das Kloster sogar als Gefängnis für Angehörige des Kaiserhauses. Pippin der Bucklige, Sohn Karls des Großen, wagte mit Unterstützung einiger Adliger den Aufstand gegen seinen Vater, da sein Erbanspruch aufgehoben wurde. Der Aufstand scheiterte, seine Mitverschworenen wurden hingerichtet, Pippin zur Klosterhaft begnadigt und nach Prüm überstellt. Dort starb er nach fast zwanzigjähriger „Haft“. Eine Generation später betraute König Lothar I. das Kloster mit der heiklen Aufgabe, seinen damals erst zehnjährigen Halbbruder Karl in Klosterhaft zu nehmen; er wurde allerdings bereits nach acht Monaten wieder frei gelassen. Die karolingischen Herrscher nutzten Prüm auf ihren Reisen von und nach Aachen, hielten sich aber auch gerne zur Jagd in den Ardennen dort auf.

Neben reichspolitischen Aufgaben hatte das Kloster einen großen Besitz zu verwalten. Der Fernbesitz reichte bis zum Rhein, zur Mosel und zur Maas, in die Bretagne, in die Niederlande, die Pfalz, sogar bis an die Rhône. Für viele Orte ist die Nennung im Prümer Urbar, dem Besitzverzeichnis des Klosters, sowie im goldenen Buch die erste urkundliche Erwähnung. Im Kloster Prüm lebten bis zu 300 Mönche. In der Schreibstube entstanden kostbare Handschriften mit prächtigen Buchmalereien. Eine der bedeutenden Persönlichkeiten war der aus Altrip stammende Abt Regino (892–899), der Werke zur Musik, zum Kirchenrecht und eine Chronik verfasste, die von Christi Geburt bis 906 reichte. Ihr verdanken wir das Wissen um viele Ereignisse aus der Frühzeit des Klosters. Auch eine Vita des hl. Goar und ein Kalender entstanden im 9. Jh. in Prüm, Werke des Mönches Wandalbert.


Prüm, Basilika, Grabtumba Kaiser Lothars I. in der Gestaltung von 1874

Die Nachfahren Karls des Großen vermochten es nicht, dessen Reich zu erhalten. Bereits unter seinem Sohn Ludwig kam es zu Teilungen. Lothar I. musste dann im Vertrag von Verdun 843 die Dreiteilung des Reiches seines Großvaters hinnehmen. 855 dankte Kaiser Lothar ab, nachdem er in der sog. Prümer Teilung den ihm verbliebenen Reichsteil an seine Söhne weitergegeben hatte. Er trat in das Kloster Prüm ein, wo er wenige Tage später starb. Sein Grab fand er vor dem Hauptaltar der Klosterkirche. Hrabanus Maurus, der große Gelehrte und Abt von Fulda, verfasste eine Grabinschrift, die den großen Herrscher preist, der am Ende seines Lebens ein einfacher Mönch wurde.

Im Laufe des 13. Jhs. büßte Kloster Prüm seine besondere Stellung unter den deutschen Klöstern in Verbindung mit großen Gebietsverlusten an die Vögte ein. Hinzu kamen ständige Konflikte mit dem Erzbistum Trier, die darin gipfelten, dass Prüm im 16. Jh. dem Erzbistum unterstellt wurde und der Erzbischof von nun an auch Abt von Prüm war.

1721, genau 1.000 Jahre nach der Klostergründung, begann der barocke Neubau der Kirche unter dem Trierer Erzbischof Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg, wobei lediglich ein Turm des Vorgängerbaus in das Konzept miteinbezogen wurde. Die neue Kirche entstand auch nicht genau über dem karolingisch-mittelalterlichen Bau, sondern weiter nördlich. Aus diesem Grunde mussten die Gebeine Kaiser Lothars erhoben und neu bestattet werden. Die heutige Gestaltung des Kaisergrabes an der Südseite des Chores erfolgte 1874 mit Unterstützung Kaiser Wilhelms I. Auf dem Friedhof südlich der Klosterkirche steht ein einfaches Steinkreuz, das der Überlieferung zufolge den Platz des ursprünglichen Hochaltars markiert.

Kloster Prüm erinnert an die große Bedeutung der Klöster in der Zeit der Karolinger. Heute kann dieser Teil der Klostergeschichte an den Gebäuden nicht mehr festgemacht werden, zumal sich auch der Standort verschoben hat. Das von König Pippin gestiftete Sandalenreliquiar und das Grab Kaiser Lothars I. in der Umgestaltung des 19. Jhs. sind die einzigen konkreten Bezugspunkte. Ansonsten vermittelt die Anlage das Bild einer prächtigen, unter dem Einfluss der Trierer Erzbischöfe entstandenen, Barockabtei mit zum Teil großartiger Architektur.

www.pruem.de

Literatur

Franz Josef Faas, Prüm in der Eifel, Neuss 1976.

Bernd Isphording, Prüm – Studien zur Geschichte der Abtei (721–855), Mainz 2005.

* zit. nach: Regino von Prüm, Reginonis chronica, in: Quellen zur karolingischen Reichs­- geschichte III, bearbeitet von Reinhold Rau, Darmstadt 1982, S. 189.

DIE PFALZ KARLS DES GROSSEN – IMPERIALE PRACHT IN INGELHEIM

Aber er begann auch zahlreiche Bauwerke, die dem Königreich zur Zierde und zum Nutzen gereichten … Auch begann Karl mit dem Bau von zwei herrlichen Palästen: der eine war nicht weit von Mainz in der Nähe seines Gutes Ingelheim, der andere in Nymwegen …

(Einhard, Vita Caroli Magni, um 830)*

Auf einer Hangterrasse am Rhein liegt der Ort Nieder-Ingelheim. Im Stadtgrund­riss des Ortskerns spiegeln sich noch heute die Grundzüge der karolingischen Kaiserpfalz. Bauliche Reste der Zeit Karls des Großen lassen sich im Ortsbild an mehreren Stellen finden.

In seiner Beschreibung des Lebens Karls des Großen behandelt Einhard in Kapitel 17 auch die wichtigsten Bauten, die auf den karolingischen Kaiser zurückgehen. Neben der Marienkirche in Aachen und der 500 Schritte langen Rheinbrücke in Mainz erwähnt Einhard zwei Paläste in Nymwegen und in Ingelheim. Karl hatte hier in den 770er-Jahren mit dem Bau einer repräsentativen Pfalzanlage an Stelle eines fränkischen Hofguts begonnen. Beherrschendes Bauwerk war die Aula Regia, die königliche Halle (40,5 x 16,5 m), die als Thronsaal, Ort großer Versammlungen und Gerichtsverfahren diente. Der einst 13 m hohe Raum mit einer halbrunden Apsis für den auf einem Podest stehenden Thron war prachtvoll ausgestattet. So war der Boden mit Marmorplatten und Porphyr belegt, dem seit der römischen Kaiserzeit den Herrschern vorbehaltenen purpurroten Stein. Die Wände waren mit Wandmalereien geschmückt, von denen man Fragmente gefunden hat. Ein Lobgedicht des Ermoldus Nigellus aus dem Jahre 826 auf Kaiser Ludwig den Frommen beschreibt unter anderem auch die Inhalte der Ausmalung, biblische Szenen sowie Taten heidnischer und christlicher Herrscher. Innerhalb des Pfalzbezirks stand die Pfalzkapelle mit einem Kleeblattchor, die dem Herrscher und seinem Hof diente. Pfarrfunktion für die Bevölkerung hatte die außerhalb der Pfalz gelegene Remigius-Kirche.


Ingelheim, Kaiserpfalz, staufische Stadtmauer und Apsis der karolingischen Aula Regia

Ein monumentaler Halbrundbau von knapp 90 m Durchmesser schloss den Pfalzbezirk nach Süden ab. Im Scheitel befand sich das sog. Heidesheimer Tor, von dem Teile im staufischen Umbau erhalten sind. Das Halbrund umstanden außen sieben Rundtürme. Im Inneren verlief ein Säulengang, in dem römische Spolien wie Säulenschäfte, Basen und Kapitelle verbaut waren. Der prachtvolle Halbkreisbau hat seine Vorbilder in der römischen Villen- und Palastarchitektur. Die Ingelheimer Kaiserpfalz war wohl um 800 vollendet, dürfte also etwas älter sein als die Pfalz in Aachen. Anlass für diesen in vieler Hinsicht ungewöhnlichen Bau war ein gesteigertes Repräsentationsbedürfnis möglicherweise in Zusammenhang mit der Kaiserkrönung Karls des Großen im Jahre 800 in Rom.

Karl der Große hielt sich mehrfach in Ingelheim auf, gelegentlich auch über den ganzen Winter, feierte hier Weihnachten und Ostern, berief Hoftage ein. Auch weitreichende politische Entscheidungen wurden hier getroffen, wie die Entmachtung des Bayernherzogs Tassilo, verbunden mit der Aufhebung des Herzogtums Bayern.

Karls Sohn und Nachfolger Ludwig der Fromme besuchte Ingelheim ebenfalls recht häufig. Hier empfing er Gesandtschaften ausländischer Herrscher wie des byzantinischen Kaisers Theophilus. Wenn in Ingelheim Reichsversammlungen abgehalten wurden, hatte die Pfalz in dieser Zeit den Rang eines repräsentativen kaiserlichen Wohnsitzes. Schwer erkrankt ließ sich Ludwig auf eine der Pfalz vorgelagerte Insel im Rhein bringen. Dort starb er 840 in Anwesenheit des Mainzer und des Trierer Bischofs. Nach seiner Bestattung in Metz folgte eine Phase des Stillstandes. Seit dem 10. Jh. wurde unter den ottonischen Herrschern wieder gebaut. Eine monumentale Saalkirche mit mächtigem Querhaus entstand, die kleine Pfalzkapelle verlor ihre Bedeutung. Regelmäßig feierte Otto der Große in Ingelheim nun die Osterfeste mit großer Prachtentfaltung. Synoden (Kirchenversammlungen) wurden abgehalten und wichtige Zusammenkünfte arrangiert. Kaiserin Theophanu beriet sich in der Pfalz mit Erzbischof Willigis von Mainz.

Zu einer besonderen Begegnung kam es 1163, als Friedrich I. Barbarossa sich hier mit der Äbtissin Hildegard von Bingen traf (s. Disibodenberg S. 42). Aus Respekt vor Karl dem Großen hatte Friedrich I. die Pfalz erneuern und zu einer befestigten Burg ausbauen lassen. Doch nach ihm erlosch das Interesse endgültig.

Das Pfalzgebiet wurde 1402 zur Bebauung frei gegeben. Die Folge waren Abbrüche, um Baumaterial zu gewinnen, sowie eine ungeordnete Bautätigkeit, welche die Struktur verunklärte. In den folgenden Jahrhunderten wurde Nieder-Ingelheim durch Bauten verschiedenster Art überformt. Die Reste der ehemaligen Kaiserpfalz verschwanden in und unter neuen Häusern. Erst seit dem 19. Jh. und vor allem in den letzten Jahrzehnten haben archäologische Grabungen in Verbindung mit Freilegung und Restaurierung karolingischer Befunde entscheidend zur Anschaulichkeit beigetragen.

Heute ist die Ingelheimer Kaiserpfalz in Verbindung mit Museum und Besucherzentrum ein historischer Ort, an dem man königliche bzw. kaiserliche Repräsentation von der Zeit Karls d. Großen bis zum Ende der Stauferzeit nachvollziehen kann. Aula Regia und Halbkreisbau gehören zu den herausragenden Zeugnissen karolingischer Architektur in Deutschland.

www.kaiserpfalz-ingelheim.de

Literatur

Holger Grewe, Die Ausgrabungen in der Königspfalz zu Ingelheim am Rhein, in: Deutsche Königspfalzen, Hrsg. Lutz Fenske u. a., Göttingen 2001, S. 155ff.

Holger Grewe, Ingelheim in der Pfalz Karls d. Großen, in: Kreuz, Rad, Löwe (Darmstadt 2012), S. 245ff.

Wolfram Letzner, Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten Deutschlands, Mainz 2013, S. 100ff.

* Einhard, Vita Karoli Magni, Kapitel 17, Lateinisch-Deutsche Ausgabe, Stuttgart 1977, S. 39.

ERZBISCHOF HATTO UND DER MÄUSETURM – EIN FEHLURTEIL DER GESCHICHTE

Er war ein Mann von großer Klugheit, der zur Zeit des jugendlichen Ludwig über das Reich der Franken mit brennender Sorge wachte, viele Zerwürfnisse im Reich einer Versöhnung zuführte …

(Widukind von Corvey über Erzbischof Hatto, in Res gestae Saxoniae, 10. Jh.)*

Unweit von Bingen liegt auf einer Felseninsel im Rhein der sog. Mäuseturm, ein im Kern mittelalterlicher, mehrgeschossiger Bau. Die neben der Loreley-Sage bekannteste Sage des Mittelrheins bringt ihn mit dem Mainzer Erzbischof Hatto in Verbindung. So soll Hatto in Zeiten einer großen Hungersnot die Armen in einer Scheune zusammen gerufen haben. Dann befahl er, die Scheune anzuzünden. Als er das Jammergeschrei hörte, bemerkte er: „Hört ihr, wie die Mäuse pfeifen?“ Alsbald verfolgten ihn Mäuse, er floh auf den Turm im Rhein, doch die Mäuse kamen durch das Wasser hinter ihm her und fraßen ihn auf.

Der historische Ausgangspunkt der Sage liegt in karolingischer Zeit. Im 9. Jh. re­gierten in Mainz zwei Bischöfe mit Namen Hatto, Hatto I. (891–913) und Hatto II. (968–970).

Bischof Hatto I. stammte aus dem alemannischem Adel; er wurde um 850 geboren. Über seine frühen Jahre ist wenig bekannt, seit den 880er-Jahren gehörte er zu den Beratern König Karls III. Als Abt des Klosters Reichenau wurde er 888 eingesetzt, wenige Jahre später zum Erzbischof von Mainz ernannt (892), blieb aber gleichzeitig Abt der Reichenau. Dem einflussreichen Bischof kam eine besondere Rolle im Reich zu, in dem in der zweiten Hälfte des 9. Jhs. infolge häufiger Reichsteilungen instabile Verhältnisse herrschten. Er fungierte in der Regierungszeit dreier Könige (Arnulf von Kärnten, Ludwig das Kind und Konrad I.) als „Königsmacher“ und galt als „Primas von Germanien“ (so Abt Regino von Prüm in einer Widmungsanrede).


Bingen, Mäuseturm mit Burg Ehrenfels (hist. Aufnahme)

Auch als Stifter von Kirchenbauten und Kunstwerken ist Hatto bekannt. Es wird berichtet, dass er vor einer Reise nach Italien seine mitgeführten Schätze seinem Freund, Bischof Salomo von Konstanz, übergab „aus Misstrauen gegen seine Mainzer“, mit der Bitte, die Schätze zu seinem Seelenheil zu verschenken, sollte er von seinem Tod hören. Salomo verkündete wahrheitswidrig den Tod Hattos und verteilte die Schätze an die Armen und an die Kathedrale von Konstanz. Hatto beließ es bei seiner wohlbehaltenen Rückkehr aus Italien dabei. In Mainz erbaute er den „Alten Dom“ (wohl die heutige Johanniskirche). Über Hattos Tod im Jahr 913 wurden verschiedene Versionen verbreitet. So soll er durch eine List den Grafen Adalbert von Babenberg an den König (Ludwig das Kind) ausgeliefert und somit dessen Hinrichtung zu verantworten haben. Deshalb sei er eines plötzlichen Todes gestorben, sein Grab ist nicht bekannt. Das fehlende Grab hatte zur Folge, dass im 13. Jh. die Mär aufkam, Hatto sei von Teufeln gepackt und in den glühenden Schlund des Ätna geworfen worden. Ebenfalls im 13. Jh. entstand die Version der Verfolgung durch die Mäuse, die aber vornehmlich Bischof Hatto II. angedichtet wurde. Dieser zweite Hatto hat allerdings nur zwei Jahre regiert; über sein Leben und Wirken sind wenig gesicherte Quellen bekannt. In dieser Zeit ist aus Hatto I. der grausame Bischof geworden, dem man viele Untaten anlastete, obwohl ihn seine Zeitgenossen als mächtigen, klugen, großzügigen und kunstsinnigen Mann beschrieben haben.

Spätestens seit der Erfindung des Buchdrucks findet die Hatto-Sage weite Verbreitung. Während der Reformationszeit wurden die Geschehnisse instrumentalisiert, der Wahrheitsgehalt geht unter im Streit der protestantischen Gegner und der katholischen Verteidiger des Bischofs. Seit dieser Zeit werden beide Bischöfe vertauscht, die Geschichte wird endgültig unübersichtlich. Auch der Turm im Rhein bei Bingen wird im 16. Jh. in die Erzählung mit einbezogen. Abbildungen des Turmes mit Mäusen finden sich u. a. in Sebastian Münsters Cosmographia (1545).

Vermutlich im 14. Jh. ließ der Mainzer Erzbischof auf einer Rheininsel bei Bingen eine Zollstation errichten, an strategisch günstiger Stelle, an der sich das Rheintal verengt. Der Name Mäuseturm ist wohl abgeleitet von Mautturm = Zollturm. Zusammen mit den Burgen Ehrenfels am Steilhang auf der rechten Rheinseite und Burg Klopp auf der linken Seite des Rheinufers bildete er zudem ein Wehrsystem, das das Territorium des Erzbistums Mainz absicherte und zugleich Zeugnis der erzbischöflichen Machtpolitik war. Seit dem 17. Jh. verlor der Turm seine Funktion und war immer mehr dem Verfall preisgegeben. Nach verschiedenen notdürftigen Reparaturen setzte sich in der 2. Hälfte des 19. Jhs. der preußische König Friedrich Wilhelm IV. persönlich für die Wiederherstellung nach Plänen des Kölner Dombaumeisters Zwirner ein.

Orientiert an historischen Abbildungen wurde der Turm, dessen untere Geschosse in ihrer mittelalterlichen Substanz erhalten blieben, im oberen Teil in neugotischen Formen ergänzt. Sein Äußeres mit dem Ecktürmchen und den Zinnenkränzen wurde so zu einem Sinnbild der Rheinromantik. Hinzugefügt wurde ein großes Relief mit dem preußischen Adler, Zeichen des preußischen Hoheitsgebietes. Durch die Rheinromantik hatte die Sage neuen Auftrieb bekommen. Vor allem in englischen Reiseführern war die Erzählung beliebt, bot doch der gespenstisch in den tobenden Wogen des Binger Lochs stehende Turm die ideale Kulisse für eine Schauergeschichte.

Der Mäuseturm und Erzbischof Hatto sind durch eine jahrhundertelange Überlieferung verbunden, obwohl es dafür keinen historischen Anlass gibt. Das Bild des grausamen Erzbischofs entstand im Mittelalter durch bewusst unrichtige Überlieferungen. Es hat sich im Laufe der Zeit so verselbständigt, dass der historische Hatto völlig dahinter verschwunden ist.

www.bingen.de

Literatur

Winfried Wilhelmy (Hrsg.), Glanz der späten Karolinger – Hatto I. Erzbischof von Mainz (891–913) – Von der Reichenau in den Mäuseturm, Mainz 2013.

* zit. nach: Winfried Wilhelmy (Hrsg.), Glanz der späten Karolinger – Hatto I. Erzbischof von Mainz (891–913) – Von der Reichenau in den Mäuseturm, Mainz 2013, S. 43.


Karolingisches Kapitell aus Ingelheim

DAS HOHE MITTELALTER - KÖNIG, KIRCHE UND ADEL

Um 1000 festigten sich die Strukturen. Mit Konrad II. gelangte das Geschlecht der Salier zur Königswürde, dessen Wurzeln im Wormser Gebiet lagen. Ein Jahrhundert bestimmten sie die Geschicke des Reiches, gefolgt von den Staufern. Der rheinland-pfälzische Raum wurde Kernland des Reiches. Entscheidungen von großer Tragweite fielen hier. So konnten die Auseinandersetzungen zwischen Herrscher und Kirche um die Einsetzung von Bischöfen und Äbten erst mit dem Wormser Konkordat (1122) beendet werden, das die Rolle der Herrscher deutlich einschränkte. Die drei großen Erzbistümer Mainz, Trier und Köln festigten ihren Einfluss und erweiterten ihre Territorien. Daneben konnte sich auch die Pfalzgrafschaft bei Rhein im südlichen Landesteil etablieren. Und auch das Bild der Städte änderte sich. Etwa zur gleichen Zeit entstanden die drei Kaiserdome am Rhein: Speyer, Mainz und Worms, Großbaustellen bisher nicht gekannter Dimension. Die Gründung von Stiften und Domschulen diente der Ausbildung von Klerikern, die in den Verwaltungen eingesetzt wurden. Immer häufiger machten die Herrscher auf ihren Reisen durch das Reich in den großen Bischofsstädten Station und waren Gast des Bischofs. Die Klöster blieben geistige Zentren.

An den Verkehrswegen wurden Burgen zum Schutz, wegen der Zolleinnahmen, aber auch um Macht zu demonstrieren, errichtet. Den großen Judengemeinden kam wachsende Bedeutung zu. Sie wurden geschätzt als Garanten wirtschaftlicher Kraft. Zugleich und immer wieder aber waren Verfolgungen und Pogrome zu beobachten, so im Zusammenhang mit den Kreuzzügen.

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22 aralık 2023
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