Kitabı oku: «Beurteilungsgespräche in der Schule», sayfa 29

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7.4 Zusammenfassung

In den Beurteilungsgesprächen lassen sich die folgenden Funktionen der animierten Rede ausmachen: Szenarios leisten in den meisten Fällen eine Fremdpositionierung und in wenigen Fällen – und dort meist in Form von Gegenentwürfen – eine Selbstpositionierung. Mit der Positionierungsleistung geht in der Regel eine bewertende Funktion einher, welche aber beispielsweise durch das Delegieren an eine andere Figur im fiktiven Raum implizit bleiben kann. Die Imaginierungen beziehen sich auf Einstellungen, Verhaltensweisen, Handlungen, Äusserungen oder Gedanken in Gegenwart oder Zukunft. Dabei handelt es sich bei den gegenwartsbezogenen Szenarios um Vermutungen zu vorhandenen Eigenschaften der dargestellten Person (bzw. bei Negation um nicht passende Eigenschaften im Sinne eines Gegenentwurfs). Bei den zukunftsgerichteten Szenarios werden erwünschte Zustände imaginiert, was im Extremfall die Form einer indirekten Handlungsanweisung haben kann.

In der Regel sind es die Erwachsenen, welche durch die animierte Rede Positionierungen des Kindes oder der/des Jugendlichen vornehmen und positive sowie negative Identitätsentwürfe zur Reflexion darbieten. Durch vielschichtiges Demonstrieren von möglichen Einstellungen, Handlungen und entsprechenden Auswirkungen wird den Kindern und Jugendlichen vorgeführt, wie sie Situationen bewältigen können, welche Erwartungen an sie gestellt werden und welche Konsequenzen ihr Handeln hat. Die Erwachsenen leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Sozialisation der Lernenden und gerade für diesen Zweck steckt in den Gesprächen mit anwesenden SchülerInnen ein grosses Potenzial.1 Wenn auch die Gespräche in Bezug auf die Beteiligungsstruktur problematisch sein können und zusätzliche kommunikative Herausforderungen an die Gesprächsteilnehmenden stellen, so zeigen sich aber insbesondere mit Blick auf die diskutierten Sequenzen mit imaginierten und animierten Anteilen auch vielfältige Handlungsspielräume mit potenziellem Nutzen für die Beteiligten. Dieses Potenzial muss aber von den Beteiligten aktiv erkannt und ausgeschöpft werden.

8 Fremdbeurteilung versus Selbstbeurteilung

„°h do hesch di EEner e chli (---) !UN!terschätzt?“

(Lehrer an Philipp, SJ8_L8A_LMVS, 01:50)

Die Beurteilung von SchülerInnen ist konstitutiv für die betrachteten Gespräche. Wie bei der Analyse der sozialen Rollen herausgearbeitet wurde, positionieren sich Lehrpersonen sowie Eltern als Beurteilende und schreiben sich damit Eigenschaften oder typische Aktivitäten von Lehrpersonen zu (vgl. Kap. 5.1.1). Durch die Fremdbeurteilungskompetenz zeigen sich die Lehrpersonen als Professionelle und Eltern präsentieren sich entsprechend als Ko-Lehrpersonen. Nun werden auch SchülerInnen immer wieder dazu angehalten, sich selbst zu beurteilen. Für Vögeli-Mantovani (2011: 254) ist diese Praxis massgebend für gelingende „partnerschaftliche Beurteilungsgespräche“ (vgl. Kap. 2.4.4). Solche Selbsteinschätzungen können ad hoc im Gespräch eingefordert werden, wie dies ausgeprägt in den beiden Beispielen # 32 und # 33 der Fall ist (vgl. Kap. 6.1.1). Oder die SchülerInnen können im Gespräch aufgefordert werden, sich mit Bezug auf ihre zuvor schriftlich abgefassten Selbsteinschätzungen zu beurteilen, was in den folgenden Analysen genauer betrachtet wird.

Ein Blick in pädagogische und didaktische Publikationen sowie Handreichungen zeigt, dass es sich bei dem Konzept der Selbstbeurteilung durch Lernende um einen Trend in der schulischen Praxis handelt, der zwar bereits in den 1960er Jahren begonnen hat, aber erst ab den 1990er Jahren und in den letzten Jahren eine breitere Akzeptanz und Anwendung findet (vgl. Vögeli-Mantovani 2011: 252; vgl. auch Projekte und Umsetzungshilfen, z.B. AVS 2005; Nüesch, Bodenmann & Birri 2009). Winter (2004: 20f.) versteht die Selbstbeurteilung sowie weitere Formen der schülerseitigen Leistungsbewertung als Teile einer überfälligen Demokratisierung innerhalb des Unterrichts. Es geht also bei dieser Forderung nicht nur um die Selbstbeurteilung, sondern auch um weitere Möglichkeiten der Partizipation im Unterricht und bei der Organisation des eigenen Lernens. Während in den Beurteilungsgesprächen mündliche und schriftliche Selbstbeurteilungen im Beisein der Lehrpersonen und Eltern verhandelt werden, können Selbstbeurteilungen grundsätzlich auch im Rahmen eines Einzelgesprächs zwischen der Lehrperson und der/dem Lernenden stattfinden oder auch als Gespräch unter Lernenden organisiert werden. Auch ist die schriftliche Form nicht beschränkt auf Selbsteinschätzungsbögen, wie sie in den vorliegenden Daten diskutiert werden, sondern kann beispielsweise auch Lerntagebücher, Portfolio oder das Arbeiten mit Symbolen umfassen (vgl. z.B. Nüesch, Bodenmann & Birri 2009: 45; Vögeli-Mantovani 2011: 254).

Im Folgenden betrachten wir nun schriftliche Selbstbeurteilungen und deren Bearbeitung im Gespräch. Wenn schriftliche Dokumente vor einem Gesprächsereignis ausgefüllt werden, stehen den Gesprächsteilnehmenden unterschiedliche Möglichkeiten offen, wie diese Dokumente in das Gespräch einbezogen werden können. Gezeigt werden im Folgenden zuerst Gesprächssequenzen, die anzeigen, welchen Stellenwert die Selbstbeurteilungen im Gespräch einnehmen (Kap. 8.1). Dann wird gezeigt, wie schriftliche Selbstbeurteilungen die Funktion der gesprächsorganisatorischen Steuerung übernehmen können (Kap. 8.2). Und schliesslich wird an Daten gezeigt, welche Aufgaben die Beteiligten bei der Aushandlung der (teilweise divergierenden) Selbst- und Fremdbeurteilung bewältigen müssen (Kap. 8.3). Es interessiert dort insbesondere die Frage, in welchem Spannungsverhältnis dabei die Fremdbeurteilungen der Lehrpersonen (und der Eltern) und die Selbstbeurteilungen der Lernenden stehen.

8.1 Stellenwert der schriftlichen Selbstbeurteilung im Beurteilungsgespräch

Die Bedeutung und Funktion der Selbstbeurteilungen variiert in den Gesprächen sehr stark und ist abhängig von Lehrpersonen und auch Schulhauskulturen. Denn ob überhaupt schriftliche Selbstbeurteilungen von den SchülerInnen ausgefüllt werden und wann welche Art von Beurteilungsgespräch stattfindet, hängt weitgehend von Entscheidungen der Schulleitungen ab.

In den Gesprächen werden die schriftlichen Selbstbeurteilungen entweder als zentrale Gesprächsinhalte behandelt (Kap. 8.1.1) oder aber als Nebensächlichkeit abgetan (Kap. 8.1.2). Die folgenden Ausschnitte zeigen, welchen Stellenwert die Lehrpersonen den bereits ausgefüllten Selbstbeurteilungsbögen im Gespräch jeweils beimessen.

8.1.1 Selbstbeurteilung als zentraler Bestandteil des Gesprächs

Einige Lehrpersonen zeigen entweder durch metakommunikative Aussagen oder durch eine entsprechende Strukturierung, dass die Selbstbeurteilung als zentrale Grundlage des Gesprächs verstanden wird. Das nächste Beispiel zeigt einen solchen Kontext. Es stammt aus der Eröffnungsphase des Gesprächs mit Timo:

# 85 Selbstbeurteilungsbogen

(Timo, SJ5_L7C_LMVS, 00:01–00:18)


001LAUso tImo damit du weisch was uf dI ZUEchunnt,also Timo damit du weisst was auf dich zukommt
002zErsch mach mer zÄme e chline IIstig,zuerst machen wir zusammen einen kleinen Einstieg
003L(--) nÄcher düe mer mitNANG (.) dr sÄlbschtbeurteiligsbogen AAluege,nachher tun wie miteinander den Selbstbeurteilungsbogen anschauen
004wo dr (.) irgend (.) noch de WIEHnachtsferie Usgfüut [heit,wo/den ihr irgend nach den Weihnachtsferien ausgefüllt habt
005M[mh,mh
006L°h und de chunnt do au s ZÜGnis no chli dri Ine;und dann kommt da auch das Zeugnis noch bisschen hinein
007°h und wies SCHÜSCH im momÄnt ou louft i dr schUel.und wie’s sonst im Moment auch läuft in der Schule

Die Lehrerin nennt die Gesprächsinhalte, welche aus einem Einstieg, dem Anschauen des Selbstbeurteilungsbogens und des Zeugnisses sowie dem Besprechen des allgemeinen Stands in der Schule (hier in Zeile 007 vage angekündigt mit wies SCHÜSCH im momÄnt ou louft i dr schUel.) bestehen. Damit etabliert sie hier eine frühe Fokussierung des Selbstbeurteilungsbogens im Gespräch und geht dann auch Schritt für Schritt durch diese Unterlagen – wie später noch detaillierter gezeigt wird (vgl. Beispiel # 88).1

In anderen Gesprächen wird die Selbstbeurteilung eher nebenbei erwähnt oder in kürzeren Nebensequenzen in das Gespräch einbezogen. Zwei solche Kontexte werden im Folgenden besprochen.

8.1.2 Selbstbeurteilung als Nebensächlichkeit

Die Selbstbeurteilung wird teilweise erst gegen Gesprächsende kurz besprochen. Im Gespräch mit Flavio lenkt die Lehrerin die Aufmerksamkeit abschliessend auf den Selbstbeurteilungsbogen, hier Selbstbestimmung genannt, bevor sie dann das Gesprächsende einleitet:

# 86 Einblicke

(Flavio, SJ6_L6B_LMVS, 22:50–23:17)


001L((schnalzt)) ähm::– ((Rascheln von Unterlagen))ähm
002ich ha jo do no die (-) SÄLBSCHTbestimmig?ich habe ja da/hier noch die Selbstbestimmung
003wo dr FLAvio Usgfüllt het;wo/die der Flavio ausgefüllt hat
004((Rascheln von Unterlagen))
005jetzt wäiss i gar nit ob sii se MITgnoo händ oder nit;jetzt weiss ich gar nicht ob Sie sie mitgenommen haben oder nicht
006die han ich jo allne Eltere no häi gee mit em ELtrebrief,die habe ich ja allen Eltern noch heim gegeben mit dem Elternbrief
007((Rascheln von Unterlagen))
008M[(ah do)(ah da)
009L[mir sin äiglich jetz (.) NIT würkch drzUe cho.wir sind eigentlich jetzt nicht wirklich dazu gekommen
010die hesch du USgfüllt (-) am fUfzäänte nOvämber;die hast du ausgefüllt am fünfzehnten November
011(-) und die chönne sii [jetz gärn mol chli AAluege,und die können Sie jetzt gerne mal bisschen anschauen
012S [ah (jo/lueg) hehe ah (ja/schau) hehe
013L[will s git iinen au en [IIblick–weil es gibt Ihnen auch einen Einblick
014S[(xxx xxx xxx)
015M [mh_hm, mhm
016Lwien är sich sälber IIschätzt?wie er sich selber einschätzt

Durch die Aussage in Zeile 009, dass sie jetzt nicht dazu gekommen seien, zeigt L, dass es sich um einen ergänzenden, optionalen Bereich handelt. Dies zeigt sich dann auch in der Art und Weise, wie die Selbstbeurteilung bearbeitet werden soll: und die chönne sii jetz gärn mol chli AAluege, will s git iinen au en IIblick– wien är sich sälber IIschätzt? (Z. 011, 013, 016). Die Eltern dürfen also selbst die schriftlichen Unterlagen bisschen anschauen, um Einblicke in Flavios Sichtweise zu gewinnen. Dies ist eine grundlegend andere Haltung zur Selbstbeurteilung wie die zuvor vorgestellte in Beispiel # 85, in welchem die Selbstbeurteilung als zentraler Gesprächsinhalt konzeptualisiert wird.

Ebenfalls als Nebensächlichkeit behandelt wird die Selbstbeurteilung im Gespräch mit Philipp. Hier wird der Stellenwert der Selbstbeurteilung jedoch gleich zu Beginn des Gesprächs ausgehandelt. Vor dem gewählten Ausschnitt eröffnet der Lehrer das Gespräch und erklärt kurz, dass die Selbstbeurteilung sowie die schriftliche Fremdbeurteilung der Lehrpersonen vorliegen. Er kommt dann auf die Selbstbeurteilung zu sprechen:

# 87 Nicht lange darauf herumreiten

(Philipp, SJ8_L8A_LMVS, 00:44–01:43)


001L°h du hesch e sÄlbschtiischetzig GSCHRIIbe,du hast eine Selbsteinschätzung geschrieben
002(.) hm (.) worschech nit ganz ÄIfach gsi,hm wahrscheinlich nicht ganz einfach gewesen
003°h will sin wikli AAspruchsvolli pünkt;weil sind wirklich anspruchsvolle Punkte
004°h ich (-) ich ich (-) RIT nit lang uf däm Ume,ich ich ich reite nicht lange auf dem herum
005will mir goots EEner (.) drum äh;weil mit geht’s eher darum äh
006was MACHT dr philipp in zUekunft;was macht der Philipp in Zukunft
007dasch glaub in DIM fall °h (1.17) dänk ich emol;das ist glaub ich in deinem Fall denk ich einmal
008vo !MI!neren IIschetzig här;von meiner Einschätzung her
009relativ KLAR?relativ klar
010(--) au mit äh grüenem LIECHT verbunde,auch mit äh grünem Licht verbunden
011°hh ähm (.) °h und und ich glaub s goot meer au (drum) äh::–ähm und und ich glaube es geht mehr auch (darum) äh
012SAche wo men emol (.) scho lang het wölle sAAge öh–Sachen wo/die man einmal schon lange hat sagen wollen öh
013wo vilicht °hh problemAtisch oder seer gUet oder oder oder WÜNSCH,wo/die vielleicht problematisch oder sehr gut oder oder oder Wünsche
014äh sin zum täil in dene gsprööch au WÜNSCH use cho,äh sind zum Teil in diesen Gesprächen auch Wünsche herausgekommen
015vo ÄINzelne schüeler schÜelerinne;von einzelnen Schülern Schülerinnen
016°h won ich won ich (-) seer GUET find,wo/die ich wo/die ich sehr gut finde
017und au versuech °h äh dene GRÄCHT z wärde;und auch versuche äh denen gerecht zu werden
018aso s s goot mir nit DRUM;also es es geht mir nicht darum
019dass mir jetz äh die pünkt alli äinzeln useNAND näme;dass wir jetzt äh diese Punkte alle einzeln auseinander nehmen
020sondern s goot mir DRUM;sondern es geht mir darum
021dass mer do °hh äfach irgendwie LUEge,dass wir da/hier einfach irgendwie schauen
022dass (es) em PHIlipp;dass (es) dem Philipp
023(.) dass dr philipp möglischscht gUet sini (--) °h FÄhigkäite;=dass der Philipp möglichst gut seine Fähigkeiten
024=wo (.) scho SEER (.) vorhande sin;wo/die schon sehr vorhanden sind
025(.) muess me do SAAge;muss man da sagen
026°h ähm dass er dIe cha USnutze.ähm dass er die ausnutzen kann

Wenn auch der Fokus nun sehr früh auf der Selbstbeurteilung liegt, schwächt L die Bedeutung für das Gespräch insbesondere in Zeile 004 (°h ich (-) ich ich (-) RIT nit lang uf däm Ume,) und in den Zeilen 018f. (aso s s goot mir nit DRUM; dass mir jetz äh die pünkt alli äinzeln useNAND näme;) ab. Es soll also weder viel Zeit damit verbracht, noch sollen alle einzelnen Punkte besprochen werden. Vielmehr gibt L hier Einblicke in seine Zielsetzungen für das Gespräch. So soll es um Philipps Zukunft gehen (Z. 006), um problematische Aspekte oder auch Wünsche von Philipp (Z. 011–017) und darum, dass Philipp seine bereits guten Fähigkeiten optimal weiter ausbauen kann (Z. 020–026). Die Selbstbeurteilung, welche auf dieser Jahrgangsstufe zu den Pflichtübungen gehört, steht dabei für L nicht im Zentrum. Im Anschluss nach Zeile 026 überreicht L den Selbsteinschätzungsbogen zwar den Eltern, es wird aber nur kurz darin geblättert und sehr rasch zu einem ersten Gesprächsthema übergeleitet.

Wir sehen, dass das Instrument der schriftlichen Selbstbeurteilung in den Gesprächen sehr unterschiedlich als Ressource genutzt wird. In einigen Gesprächen dient die Selbstbeurteilung als Gesprächsgrundlage und strukturiert dadurch massgebend die Inhalte des Gesprächs. Andere Lehrpersonen strukturieren das Gespräch nach anderen Gewichtungen und bringen die Selbstbeurteilung eher ergänzend oder als nebensächliche Sichtweise ins Gespräch ein und dies beinahe unkommentiert. Im letzten gezeigten Fall wird die Selbstbeurteilung als Ausgangspunkt genommen, jedoch wird deutlich gemacht, dass sie im weiteren Verlauf nicht mehr detailliert besprochen werden soll.

Wie sehr die schriftliche Selbstbeurteilung metakommunikativ als zentral herausgestellt wird, sagt allerdings noch nichts darüber aus, ob grundsätzlich die Einschätzung von S im Gespräch seinen Platz hat. Einerseits kann jederzeit ad hoc eine Einschätzung von SchülerInnen eingeholt und besprochen werden. Und andererseits zeigt sich erst in der tatsächlichen Aushandlung der (schriftlichen) Selbstbeurteilung, inwiefern die verschiedenen Sichtweisen in die weiteren Überlegungen einbezogen werden. Dies steht im Fokus der folgenden Analysen.

8.2 Gesprächsorganisatorische Steuerungsfunktion der schriftlichen Selbstbeurteilung

In einigen Gesprächen dienen die schriftlichen Selbstbeurteilungen als Ressource für die Gestaltung der Themenübergänge. So wird entweder durch die Fokussierung auf den nächsten Punkt in der Selbstbeurteilung das neue Thema eingeleitet, oder es wird hierfür aus dem Beurteilungsbogen vorgelesen.

Ein solches Beispiel finden wir im folgenden Ausschnitt vor. Die Sequenz beginnt mit der Einführung eines neuen Themas, indem L den Schüler Timo auffordert, seine Selbstbeurteilung zum Fach Mathematik vorzulesen:

# 88 Mathematik oder Sprache

(Timo, SJ5_L7C_LMVS, 01:23–02:32)


001LmathemaTIK?Mathematik
002was hEsch du dir do noTIERT.was hast du dir da notiert
003Sich kann gut BRÜche erkennen–ich kann gut Brüche erkennen
004was ich WEniger gut kann,was ich weniger gut kann
005ist brüche EINschreiben.ist Brüche einschreiben
006L(-) mh_HM?mhm
007°h wie laufts dr SCHÜSCH in mathematIk,wie läuft’s dir sonst in Mathematik
008S(1.28) guet;gut
009L(-) mh_HM,mhm
010was machsch LIEber?was machst du lieber
011mathematIk oder SPROOCH.Mathematik oder Sprache
012S(--) sprooch–Sprache
013LSPROOCH machsch lieber.Sprache machst du lieber
014°h aber in MAthe (.) bisch gloub ou gUet ungerwÄgs;=oder?aber in Mathe(matik) bist du glaub ich auch gut unterwegs oder
015S(---) jo es FÖIfi.ja eine Fünf
016L(-) es FÖIfi.=eine Fünf
017=jo wemmer s ZÜGnis aaluege,ja wenn wir das Zeugnis anschauen
018hesch es FÜfi gha;=genau,hast du eine Fünf gehabt genau
019°hh i ha ds GFÜEL,ich habe das Gefühl
020dr tImo isch in mathematik ou rächt SIcher,der Timo ist in Mathematik auch recht sicher
021°h ämu wenn er,jedenfalls wenn er
022(.) es git au moMÄNte,es gibt auch Momente
023wos vilicht nid grad KLAPpet bim erschte mol,wo’s vielleicht nicht gerade klappt beim ersten Mal
024är nimmt sich OU,er nimmt sich auch
025(.) är nimmt sich ou ZIT [(-) in mathematik.er nimmt sich auch Zeit in Mathematik
026M [mh_hm, mhm
027Lär duet sÄlte JUFle.er tut selten hetzen
028(-) °h und d HUSufgabe grad im üebigshif (.) heft,und die Hausaufgaben gerade im Übungshif heft
029die sii meischtens seer GUET erlediget.die sind meistens sehr gut erledigt
030°h machsch die meischtens alLEIni?machst du die meistens alleine
031oder duesch se Öppe die no öpperem ZEIge.oder tust du sie ab und zu noch jemandem zeigen
032S(--) mh (1.21) °h em RAfi zeigi sii jo ame.mh dem Rafi zeige ich sie ja manchmal
033L(-) mh_HM,mhm
034(1.0) und wie ischs vo dr HÜUF här?und wie ist’s von der Hilfe her
035bruchsch bruchsch ame HÜUF?brauchst brauchst du manchmal Hilfe
036oder eigentlich fasch NIE.oder eigentlich fast nie
037S(--) mh MÄNgisch bruchi hüuf.mh manchmal brauche ich Hilfe
038Lmh_HM,mhm
039(-) und nÄchene KLAPpets aber.und nachher klappt’s aber
040wenn die HÜUF bechUnnsch.wenn du die Hilfe bekommst
041de chasch WIter rächne.dann kannst du weiter rechnen
042S(--) mh_hm,mhm
043L(-) mh_HM,mhm
044(--) GUET?gut
045(.) AUso?also
046i ha OU ds gfüel,ich habe auch das Gefühl
047mathematik isch WÜRKlech,Mathematik ist wirklich
048(--) jo (---) bisch guet bi de LÜT,ja bist gut bei den Leuten
049auso (.) machsch würklech GUET.also machst du wirklich gut

S liest seine Selbstbeurteilung vor, die knapp und auf ein Einzelphänomen fokussiert ist, weshalb L dann auch nachfragt, wie es sonst im Fach Mathematik läuft. Obwohl sie die Frage offen formuliert, antwortet S nur mit guet; (Z. 008). L ratifiziert diese Antwort und fragt nun in Form einer Entscheidungsfrage mit Auswahlantworten, ob S lieber Mathematik oder Sprachen möge. S wählt Sprachen. L fragt dann, anders formuliert als zuvor, noch einmal danach, wie es im Fach Mathematik läuft, was S mit seiner derzeitigen Note beantwortet. In diesen ersten Zeilen erfährt L keine weiteren Details von S und belässt es vorerst dabei, indem sie sich in Zeile 020 mit ihrer Beurteilung an die Eltern wendet und S nun zum Gesprächsobjekt macht. Bei dem Thema der Hausaufgaben wendet sich L erneut mit ein paar Fragen an S, die in einem ‚entweder/oder’-Format gestellt sind (Z. 030–043). Durch die Verwendung von auch in i ha OU ds gfüel, (Z. 046) in der abschliessenden Beurteilung betont L die Übereinstimmung der Selbst- und Fremdeinschätzung.

Auffällig ist in diesem Beispiel, wie die vorgelesene Selbstbeurteilung im Weiteren unbeachtet bleibt und vor allem als Strukturierungshilfe bzw. Themenüberleitung verwendet wird. So präsentiert L ihre Beurteilung an die Eltern ohne Bezug auf die Äusserungen von S zu nehmen. Die mehrheitlich geschlossenen Fragen erwecken beinahe den Eindruck einer (konzeptionell schriftlichen) Beurteilungsskala, die S mit seinen Häkchen versieht. L ratifiziert jeweils die Schülerantworten, geht aber wenig darauf ein und fordert auch keine weiteren Ausführungen ein. So bleibt die Beteiligung von S losgelöst von der Beurteilungssequenz, die meist an die Eltern gerichtet ist.

Insgesamt übernimmt L in dieser Sequenz eine starke Steuerung und wenn auch S das Thema durch seine Selbstbeurteilung einleiten darf, bleiben seine Äusserungen mehrheitlich unbearbeitet. Hier stellt sich also die Frage nach der Rolle des Schülers. Mit dem Vorlesen der Selbstbeurteilung scheint seine Aufgabe vorwiegend die des Stichwortgebers zu sein. Bei den weiteren Fragen bleibt der Informationsgehalt für alle Beteiligten gering, einerseits durch die knappen Antworten von S, aber andererseits durch das unbearbeitete Liegenlassen der Einzelthemen. S wird zwar involviert, jedoch auf eine Art und Weise, die keine bedeutsame Beteiligung ermöglicht. So bleibt der Nutzen dieser Pseudo-Inklusion dahingestellt und im besten Falle ist S durch die Zwischenfragen aktiviert, wenn er denn schon bei der inhaltlichen Steuerung nicht massgebend beteiligt sein kann.

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