Kitabı oku: «Mut zum Rollentausch», sayfa 2

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DIE RECHNUNG GEHT AUF

Der Erfolgsfaktor an den Schalthebeln der Macht: wenn Frauen und Männer zusammenarbeiten. Zahlen und viele Belege zeigen, dass Unternehmen mit gemischten Teams erfolgreicher sind. Menschenfreundliche Arbeitsplätze gesucht: Zufriedene Mitarbeiter*innen sparen Unternehmen immense Kosten. Und: Die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern zeigt, wie viel Geld der Volkswirtschaft fehlt und dass die Rechnung auch für die Frauen nicht aufgeht, Stichwort: Altersarmut. Was es braucht, damit mehr Frauen an gute Jobs und in Führungspositionen kommen und Männer in Väterkarenz gehen können. Fazit: Die Rechnung geht für alle auf, wenn Frauen und Männer in der Wirtschaft und zu Hause die gleichen Chancen haben.

ERFOLGSFAKTOR FRAUEN IN GEMISCHTEN TEAMS

Warum kommen nicht mehr Frauen in Führungsetagen und warum achten Unternehmen nicht mehr darauf, dass sie hochqualifizierte Frauen einstellen, menschenfreundliche Arbeitsplätze anbieten, die ihnen weniger Fluktuation bescheren – alles Faktoren, die Geld bringen bzw. einsparen?

In der Wirtschaft haben Zahlen, Daten, Fakten die größte Bedeutung. Das ist auch gut so. Schwierig wird es, wenn sogenannten weichen Faktoren wie zum Beispiel Diversity, also gemischten Teams, immer noch wenig Stellenwert beigemessen wird, obwohl seit vielen Jahren von namhaften Institutionen vorgerechnet wird, dass sie ein entscheidender Erfolgsfaktor in der Wirtschaft sind.

Da wird tagein, tagaus in der Controlling-Abteilung, im Einkauf, im Marketing, kurz: in allen möglichen Bereichen eines Unternehmens, gerechnet, wie Einsparungen getätigt und Verkaufszahlen erhöht werden können, um den Erfolg desselben zu steigern.

Dass mehr Frauen in Führungspositionen ein wesentlicher Erfolgsfaktor sind, lässt sich zahlenmäßig belegen, wird aber in vielen Unternehmen nach wie vor nicht wahrgenommen, so dass nicht einmal der Versuch unternommen wird, diese Situation zum Besseren zu verändern – absichtlich?

AUSGANGSLAGE: DIE ZAHLEN

Der 2006 in Deutschland gegründete Verein FidAR (www.fidar.de) setzt sich dafür ein, dass mehr Frauen in Aufsichtsräte kommen. Es wird eine Quote von mindestens dreißig Prozent gefordert. Die Gründerinnen stellen fest, dass das „eines der zentralen Zukunftsthemen der Wirtschaft und Gesellschaft“ sei. Es werde damit erreicht, „überholte Muster und Strukturen aufzubrechen, hochqualifizierten Frauen den Weg in verantwortungsvolle Positionen zu ebnen und die Leistungs- und Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu erhöhen“. Das heißt, es geht hier nicht nur um den wichtigsten Wert, nämlich Gerechtigkeit, und um das Menschenrecht der Gleichbehandlung von Frauen und Männern, sondern es geht auch ganz einfach um messbaren Erfolg. Und der stellt sich nachweislich ein, wenn Frauen und Männer gemeinsam in Teams und an den Schalthebeln der Macht agieren.

Die Zahlen der Studienabgänger*innen in Österreich belegen, dass mittlerweile mehr als die Hälfte der Abschlüsse in allen außer den technischen Fächern von Frauen gemacht werden (mehr dazu im Kapitel „Mach deine Sache gut und rede davon! Leistung zeigen.“). Aber schon beim Uni-Personal zeigt sich das Missverhältnis von Lehrenden und Studierenden, und das ist in Deutschland ähnlich: Nur rund zwanzig Prozent der Professor*innen sind weiblich.

In Österreich – und auch sonst überall – sind die Führungsetagen in der Wirtschaft nach wie vor in Männerhand: Der Anteil der Geschäftsführerinnen in den Top-200-Unternehmen lag 2017 bei nur 8,4 Prozent. Der Anteil der Frauen in den Aufsichtsräten der Top-200-Unternehmen lag bei 18 Prozent, hier greift die gesetzlich vorgeschriebene Quotenregelung von dreißig Prozent (unter bestimmten Bedingungen).1 In der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) gibt es unter den CEOs nur drei Prozent Frauen. International sieht es nicht besser aus, hier sind es 2016 3,6 Prozent.2 Dabei sind in vielen Branchen mehrheitlich Frauen angestellt, vor allem im Dienstleistungsbereich. Das heißt, dass die Realität der arbeitenden Bevölkerung in den Entscheidungsgremien nicht abgebildet ist. Ein gutes Beispiel dafür ist die Interessenvertretung der Wirtschaft, die Wirtschaftskammer, die alle Unternehmerinnen und Unternehmer mit Gewerbeschein, davon die Hälfte Frauen, obligatorisch vertritt: Ihre Führungsgremien bestehen zu achtzig Prozent aus Männern und nur zu zwanzig Prozent aus Frauen.

Quellen: Frauen.Management.Report.2018 der AK Wien, Statistik Austria

In politischen Ämtern ist der Anteil von Frauen im Bürgermeisteramt am geringsten: nur 7,6 Prozent der Gemeinden in Österreich haben eine Bürgermeisterin. In Deutschland ist es nur unwesentlich besser: Hier bekleideten 2017 8,2 Prozent Frauen das Amt, dabei waren es zehn Jahre zuvor noch mehr.4 Auf Bundesebene in Österreich ist der Anteil von Frauen etwas besser, im österreichischen Nationalrat sitzen 31 Prozent Frauen.5

Wenn es um den Vergleich des Gender-Gap mit anderen Ländern geht, liegt Österreich knapp im Durchschnitt, ist manchmal im letzten Drittel oder bei den letzten fünf zu finden.6 Im „Global Gender Gap Report“ des Weltwirtschaftsforums liegt Österreich an 57. Stelle von 144 untersuchten Ländern. Hier schneidet das Land besonders schlecht bei der Partizipation von Frauen in Führungspositionen in der Wirtschaft und in der Politik ab. Ein Armutszeugnis für eine hochentwickelte westliche Industrienation mitten in Europa. Der einzige Wert, bei dem Österreich im internationalen Vergleich gut dasteht, ist der hohe Anteil von Frauen in der universitären Ausbildung.7

Traurig: Wenn die Entwicklung in Österreich so langsam voranschreitet wie bisher, werden nicht einmal unsere Urenkelinnen die Gleichberechtigung erleben.

GEMISCHTE TEAMS VON FRAUEN UND MÄNNERN SIND ERFOLGREICHER ALS HOMOGENE TEAMS. DAS IST MESSBAR

Das ist die wirtschaftliche Seite des Gender-Gap: Das Weltwirtschaftsforum untersucht seit 2006 den globalen Gender-Gap unter 144 Ländern auf der Welt. Es trifft eine klare Aussage:

“The World Economic Forum has found a clear correlation between a country’s gender gap and their competitiveness.”8

Das Weltwirtschaftsforum hat vorgerechnet, dass Länder, die in den Bereichen Gesundheit, Ausbildung, Wirtschaft und Politik Parität zwischen Frauen und Männern herstellen, Steigerungen ihres Bruttoinlandsprodukts erzielen. Für Österreich wären das umgerechnet bis zu 27 Milliarden Euro.

Eines der bekanntesten Beispiele in Österreich für ein erfolgreiches gemischtes Team sind Brigitte Ederer und Alois Mock, die 1994 die EU-Beitrittsverhandlungen für Österreich führten. Ederer war damals Staatssekretärin im Bundeskanzleramt, Mock Außenminister (1987–1995). Ederer erinnert sich und beschreibt, wie es aufgenommen wurde, dass ihr diese schwierige Aufgabe anvertraut wurde, und was die Kombination mit Mock ausmachte:

„Zu Beginn meiner Staatsekretariatszeit hatte ich oft eine sehr kritische Beurteilung und viele waren der Meinung: ‚Die wird das nie schaffen!‘ Es herrschte auch ein gewisses Unverständnis, warum der damalige Bundeskanzler Vranitzky eine so wichtige Position in die Hände einer in der Außenpolitik unerfahrenen Person legte. Diese negative Beurteilung schlug sich auch in einer schlechten Presse nieder und meine Mutter rief mich einmal weinend an, als sie las, dass ich ja nicht einmal wüsste, welches Besteck man bei Empfängen wann und wie verwendet. Letztlich war es aber, glaube ich, eine gute Entscheidung. Auf der einen Seite war da der erfahrene Außenpolitiker Alois Mock und auf der anderen Seite ich, die die Ängste und Sorgen der Bevölkerung rasch gut kannte. Die Kombination jüngere ‚rote‘ Frau und älterer ‚schwarzer‘ Mann, der Diplomat war, waren sicher eine gute Voraussetzung für den Erfolg.“

Eine erste unmittelbare Folge von gemischten Teams, das haben mir praktisch alle meine Interviewpartner*innen erklärt, ist das bessere Arbeitsklima.

Es geht aber nicht nur um den Erfolg in der Wirtschaft, der schnell vorbei sein kann, wenn die globalen Herausforderungen des Klimawandels und der Ungleichheit nicht ernst genommen werden: Dem Planeten Erde ist es egal, ob Menschen auf ihm leben oder nicht, schon jetzt bräuchte es drei Planeten Erde, um unseren Bedarf an Ressourcen zu decken. Angesichts der Umweltgefährdungen stellen sich der Menschheit existenzielle Fragen. Wollen wir noch länger hier leben, müssen wir schleunigst umdenken und Lösungen für die neuen Herausforderungen finden.

Das geht am besten, wenn gemischte Teams zusammenarbeiten, Frauen und Männer, Erfahrene und Junge und Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen. Die analytische Herangehensweise und Zielorientiertheit von vielen Männern, kombiniert mit der emotionalen und sozialen Intelligenz und dem Panoramablick vieler Frauen ist die beste Kombination, um diese Aufgaben zu bewältigen.

Und auch das ist schon bewiesen: Eine Studie zeigt, dass in der Wirtschaft die Erreichung der Sustainable Development Goals (SDGs), der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, die sich die Vereinten Nationen (UN) bis 2030 vorgenommen hat, schneller vonstattengeht, wenn Frauen in den Führungsgremien der Unternehmen sind.9

Die Unternehmensberatung McKinsey untersucht seit 2007, wie Frauen führen und wie sich das auf den unternehmerischen Erfolg auswirkt. Die Ergebnisse sind eindeutig: Diese und viele andere Studien zeigen: Je mehr Frauen in den Führungsetagen vertreten sind, desto erfolgreicher sind die Unternehmen.

Es wurden neun Hauptkriterien untersucht: Führung, Richtung, Umfeld und Werte, Verantwortlichkeit, Fähigkeiten, Koordination und Kontrolle, Motivation, Innovation sowie Außenorientierung. In allen Bereichen waren die Unternehmen mit den meisten Frauen in der Führungsriege erfolgreicher als die Mitbewerber im jeweiligen Sektor.

In der Studie „Women Matter 1“ aus 2007 wird vorgerechnet: „Im Durchschnitt übertreffen sie [die Unternehmen] ihren jeweiligen Sektorindex in Bezug auf Kapitalrendite (11,4 % vs. 10,3 %), Betriebsergebnis (EBIT: 11,1 % vs. 5,8 %) und Aktienkursanstieg (zwischen 2005 und 2007 64 % vs. 47 %).“10

McKinsey hat seitdem jedes Jahr eine Studie in dieser Reihe herausgegeben. Interessant ist, dass nach der anfänglichen Feststellung der Ungleichheit und der Vorteile, die deren Beseitigung mit sich bringt, nun immer mehr auf den Kern des Problems hingewiesen wird. Denn daran, dass Frauen in Führungspositionen nach wie vor unterrepräsentiert sind, hat sich nicht viel geändert. Die Studie von 2016 befasst sich mit der Problematik, dass Frauen weniger lang arbeiten und immer noch den Hauptteil an (wertvoller) unbezahlter Arbeit im Haushalt leisten. Das heißt, Frauen sind immer noch in der traditionellen Rolle unterwegs. Wann wird sich das endlich ändern? McKinsey empfiehlt: „Ganzheitliche Veränderungsprozesse müssen die klassischen Führungsstile adressieren und Lösungen für flexiblere Arbeitsmodelle entwickeln.“

Auffallend ist, dass das Fehlen von Frauen in den oberen Etagen mittlerweile offensichtlich den meisten Menschen in den Unternehmen eher negativ auffällt: So gaben in der genannten Studie 88 Prozent der Mitarbeiter*innen an, sie fänden, das Unternehmen tue „nicht das Richtige“, um die Ungleichheit in Führungspositionen zu ändern. Das heißt, sie tun zu wenig.

Hier ein Beispiel dafür, wie eine Frau die Performance eines bis dahin reinen Männerteams verbessert: Die junge Betriebswirtin, nennen wir sie Katharina C.11, ist seit drei Jahren bei einer Beratungsfirma in der Investmentbranche verantwortlich für das Dealmanagement, d. h. alle Geschäftsfälle gehen über ihren Tisch und sie organisiert die Abläufe der einzelnen Kauf- und Verkaufsprozesse von ganzen Unternehmen. Sie sagt von sich selbst, dass sie ein analytischer Mensch sei und sich angewöhnt habe, schnell zu agieren, da das in der Branche oberstes Gebot sei. Die Deals bewegen sich in der Höhe von zig Millionen Euro. Deshalb lässt sie wichtige E-Mails für ein paar Stunden, wie sie sagt, „abreifen“, bevor sie sie abschickt. Ihre Kollegen: Männer. Die Kunden: Männer. So wie die gesamte Branche noch eine echte Männerbastion ist. Sie erzählt:

„Die Männer kommen rein und sagen mir: ‚Ich hätte gerne einen Kaffee schwarz, vielen Dank.‘ Und dann schauen sie mich groß an.“

Im Unternehmen wird eine ihrer Fähigkeiten sehr geschätzt und mittlerweile bewusst eingesetzt. Sie erklärt, worum genau es dabei geht:

„Ich glaube, dass andererseits die Männer sehr viel von uns lernen können. Die Analyse der Beziehungen untereinander. Das unterschätzen viele Männer ganz extrem. Deswegen ist einer meiner größten USPs: Ich komme in den Raum und sehe sehr schnell, welche Person in welchem Kontext zu welcher Person wie steht. Das machen viele Männer zu wenig. Deshalb ist ein wichtiger Punkt meiner Arbeit, was ich mache, wenn ich neue Kunden bekomme: Wer steht wie zu wem. Das ist manchmal so komplex. Und wir hatten es schon ein paarmal, dass sich die Anwälte der Vertragspartner nicht verstanden haben. Und das hat die ganze Transaktion unheimlich belastet. Die Fehde zwischen denen hat drei, vier Monate gekostet. Männer sagen ja immer: ‘Who has the bigger balls.’ Nur darum ging es.

Meine Fähigkeit wird so geschätzt, dass bei neuen Kunden die erste Frage meiner Chefs an mich ist: ‚Was ist dein Gefühl? Glaubst du, das funktioniert?‘ Ich sage dann: Ja, weil, oder Nein, weil. Zum Beispiel, der Finanzvorstand kann nicht mit dem CEO, das wird schwierig. Zu 99 Prozent habe ich immer Recht behalten. Das wird sehr wahrgenommen. Das kann man sich nicht antrainieren, das ist so ein typisches Frauenmerkmal, wo wir einfach stärker sind.“ (Katharina C.)

Die Arbeit der Frau führt im Unternehmen und bei ihren Kunden zu effektiveren Prozessen, weil sie die Soft Skills einsetzt, die vor allem den Frauen zugeschrieben werden: soziale und emotionale Kompetenz, Einfühlungsvermögen, Intuition. Mehr dazu in den nächsten Kapiteln.

MENSCHENFREUNDLICHE ARBEITSPLÄTZE GESUCHT!

Die Wirtschaft ruft nach qualifizierten Fachkräften, aber sie achtet nicht auf die Menschen, die Familie und Arbeit vereinbaren müssen.

Und so kommen ihr viele der Besten abhanden.

Eine Juristin schildert das so:

„Ich habe meinen Job verloren, das habe ich erwartet. Es war mir egal, wir wollten Kinder.“ (Ute C.)

Auch ihr Mann hat ein Problem mit den Kindern im Beruf:

„Als ich vor einiger Zeit auf Jobsuche war, haben mir Personalvermittler gesagt, ich soll nicht unbedingt sagen, dass ich zwei Kinder habe.

Für den eigenen Vorteil würden sie empfehlen, das nicht zu sagen.“ (Sebastian C.)

Qualifizierte Mitarbeiter*innen werden dringend gebraucht, auch das hat Auswirkungen auf die Performance eines Unternehmens und auf ganze Volkswirtschaften. Der Fachkräftemangel führt zur Jagd nach Talenten in der Wirtschaft. Frauen stellen seit einigen Jahren schon die Mehrzahl der Absolvent*innen an den Unis „Und dann verlieren wir sie“, wie mir eine Vorständin sagte. Den Hauptgrund sieht sie in den noch immer nicht überall vorhandenen Kinderbetreuungsplätzen.

Auf den Punkt gebracht: Jede Frau, die bestens ausgebildet ist und aufgrund von Vorurteilen und traditionellen und überkommenen Rollenbildern und wegen unzureichender Betreuungsangebote für ihre Kinder keinen Job annehmen kann oder will, bedeutet einen Braindrain, ist ein Verlust für die Volkswirtschaft. Sie hat eine oft aus Steuern finanzierte, teure Ausbildung gemacht und kann sie nicht einsetzen.

Und: Es ist ungerecht, dass Eltern mit Kindern Nachteile haben, finanziell, bei der Betreuung, durch unterbrochene Erwerbsbiografien, die im Alter eine geringere Pension zur Folge haben. Einer Volkswirtschaft sollte es sehr viel mehr wert sein, dass es Menschen gibt, die die beglückende, aber anstrengende, herausfordernde und kostenintensive Aufgabe auf sich nehmen, Kinder zu guten Staatsbürger*innen und Steuerzahler*innen aufzuziehen.

ZUFRIEDENE MITARBEITER*INNEN SPAREN UNTERNEHMEN IMMENSE KOSTEN

Ein weiterer Beleg für nachweisbaren Erfolg und messbar weniger Kosten sind die wesentlich geringeren Fluktuationsraten von Mitarbeiter*innen in Unternehmen, die menschenfreundliche und flexiblere Arbeitsbedingungen anbieten.

Jede Mitarbeiterin, die nach kurzer Zeit geht, weil sie die Arbeit nicht mit der Familie vereinbaren kann, jeder Mitarbeiter, der geht, weil er kein Verständnis für Väterkarenz findet, kostet dem Unternehmen effektiv Geld: Es geht Wissen verloren, die Rekrutierungskosten und die Einarbeitungszeit neuer Mitarbeiter*innen schlagen in der Bilanz des Unternehmens zu Buche. Eine Interviewpartnerin hat mir vorgerechnet, dass das bis zu einem Jahresgehalt ausmachen kann. Ich finde es erstaunlich, wie viele Unternehmen sich das leisten.

Mitarbeiter*innen, die nach der Geburt eines Kindes flexible Arbeitszeiten und eine verständnisvolle Arbeitsatmosphäre vorfinden, bleiben dem Unternehmen verbunden und sind loyal. Sie bringen die gewünschten Resultate eher und sind motiviert, weil ihnen die Arbeitsatmosphäre wichtig ist. Das ist ein hoher Wert für Unternehmen, vor allem, wenn es sich um qualifizierte Fachkräfte handelt. Das bestätigen mir weibliche und männliche Führungskräfte in den Interviews aus ihrer Sicht als Angestellte wie auch als Arbeitgeber*innen. Mehr dazu im Kapitel „Der Wille zur Unabhängigkeit und Selbstbestimmung“.

Moderne und zukunftsfähige Unternehmen wollen Menschen, die ihre Stärken und Talente einbringen, denn dann sind sie am besten. Moderne Chefs sind Motivator*innen, Moderator*innen und Ermöglicher*innen, nicht Befehlsausgeber*innen. Sie achten darauf, dass diese Menschen ihr Potenzial entfalten können und dass sie Arbeitsbedingungen vorfinden, die sie nicht daran hindern, ihre persönliche Lebensqualität, Familie und Beruf zu vereinbaren. Auf der Jagd nach Talenten können es sich Unternehmen nicht mehr leisten, dass qualifizierte Mitarbeiter*innen – Frauen wie Männer – weggehen, weil sie diese Bedingungen nicht vorfinden. Es gibt immer mehr Unternehmen, die das erkannt haben. Auf der anderen Seite braucht es Menschen, die diese Chance für sich nutzen – das ist die Chance für Frauen, die selbstbestimmt leben und arbeiten wollen.

DER GENDER-GAP ZEIGT AUCH, WIE VIEL GELD DER VOLKSWIRTSCHAFT FEHLT

Kommen wir zum Gesamtbild, das sich ergibt, wenn Frauen weniger Einkommen haben: Der Gender-Gap, die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen, wirkt sich auf die Wirtschaftsleistung einer Volkswirtschaft aus: Frauen machen die Hälfte der arbeitenden Bevölkerung aus, aber sie generieren nur 37 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung, mit starken Schwankungen nach unten in manchen Ländern.

Abgesehen davon, dass es unfair ist, dass Frauen nach wie vor weniger als Männer verdienen: Es gibt einen wesentlichen Aspekt beim Einkommen von Frauen und Männern, der sich auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) auswirkt: Wenn Frauen mehr verdienen, können sie mehr Geld ausgeben, was ihnen und letztlich auch der Wirtschaft zugutekommt. Der Gender-Pay-Gap, also die geschlechtsspezifische Einkommensschere zwischen Frauen und Männern, hat Auswirkungen auf die Kaufkraft der Hälfte der Bevölkerung. Das ist zwar eine konventionelle Wirtschaftsauffassung (mit mehr Konsum in der Form, wie wir ihn derzeit tätigen, wird dieser Planet irgendwann unbewohnbar), wir wissen aber auch, dass Kinder aus Familien mit nur einem verdienenden Elternteil eher in Armut aufwachsen. Das zeigt eine große Studie der Bertelsmann Stiftung von 2017.12

Andersrum betrachtet: Oft wird vorgerechnet, dass es Familien zu teuer komme, wenn der Vater bei den Kindern bliebe. Leider ist das noch oft der Fall, die große Einkommensschere zwischen Frauen und Männern zeigt es. Trotzdem: Warum wird eigentlich nicht ausgerechnet, was der Familie an Einkommen entgeht, wenn die Mutter bei den Kindern bleibt? Diese Frage wirft der Leiter der wirtschaftsliberalen Denkfabrik Agenda Austria, Franz Schellhorn, auf:

„Wer das so sieht, sollte mal den Taschenrechner anwerfen und ausrechnen, wie stark das Familienbudget durch zwanzig Monate Mütterkarenz sinkt.“ 13

Das Familienbudget, aber nur das Einkommen der Frau, leidet noch viel länger darunter, wie ich im Kapitel „Frauen und Geld“ zeige.

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22 aralık 2023
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9783854396536
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