Kitabı oku: «Mut zum Rollentausch», sayfa 5

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WENN VÄTER IN KARENZ GEHEN: DER SCHLÜSSEL ZUR GLEICHSTELLUNG VON FRAUEN UND MÄNNERN – IM GUTEN WIE IM SCHLECHTEN

Männer, die den Fokus auf Familie legen, Väterkarenz in Anspruch nehmen und dann in Teilzeit arbeiten, haben mit den gleichen Konsequenzen zu leben wie Frauen: unterbrochene Erwerbsbiografien und weniger Einkommen. Dann gilt der Satz, den eine Vorständin geprägt hat: „Gleichberechtigung ist dann, wenn alle dieselben Nachteile haben.“

Es gibt das Sprichwort „Es gehören zu allem zwei dazu“. Oder, wie es viele berufstätige Frauen ausdrücken: Die wichtigste Entscheidung im Leben einer Frau, die beruflich erfolgreich sein und Kinder haben will, ist die Wahl des Mannes.

Wenn eine Frau beruflich weiterkommen und Kinder haben will, sollte in einem zeitgemäßen Verständnis der Vater der Kinder auch aktiv die Betreuung übernehmen. Und das tun Männer auch zunehmend.

Väterkarenz hat Langzeitwirkung: Interessant ist, dass in den Ländern, in denen bis zu achtzig Prozent der Väter in Karenz gehen, die Hausarbeit fairer aufgeteilt wird. Das konnte ich auch bei meinen Interviewpartnern beobachten.

Zwar haben immer mehr Männer nun auch die Doppelbelastung und „Frauenbiografien“, wie einer selbst sagte, unterbrochene Erwerbsbiografien. Das ist ein hoher Preis für Menschen, die Beruf und Kinder unter einen Hut bringen wollen.

Bei den Männern führt der Trend einer Hinwendung zur Familie nun zu Belastungen, die Generationen von Männern vor ihnen nicht kannten. So schildert Christine Bauer-Jelinek aus ihrer Coachingpraxis:

„Die jüngeren Männer, plus/minus vierzig, der bildungsnahen Mittelschicht kümmern sich heute freiwillig um die Kinder. Sie sind keine Sonntagsväter mehr und nehmen oft Mehrfachbelastungen auf sich. Diese führen sie oft bis an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit, weil sie zum Teil immer noch Haupterhalter der Familien sind, aber zugleich halbe-halbe machen sollen bzw. wollen. Da ist ein Ungleichgewicht entstanden. Der Druck auf die jungen Väter ist enorm: Sie gehen einkaufen, sie kochen, gehen zum Kinderarzt, unterstützen die Frau, machen mit den Kindern Förderprogramme und Sport – und sind zugleich berufstätig mit dem Anspruch, Karriere zu machen. Haben wir früher die Mehrfachbelastung von Frauen angeprangert, so haben diese jetzt auch Männer.“

Ein Vater brachte es auf den Punkt, was passiert, wenn man sich bei dieser sehr persönlichen Entscheidung von seinem Umfeld beeinflussen lässt:

„Du kannst die anderen nicht dafür verantwortlich machen, dass du dich nicht getraut hast, es anders zu machen als sie.“ (Ulrich H.)

Wenn neben mehr weiblichen Führungskräften immer mehr männliche Führungskräfte in Karenz gehen, kann das eine immense Wirkung in den Unternehmen haben, denn diese Menschen wissen, wie sich der Alltag mit Kindern gestaltet. Sie sind dann auch diejenigen, die an ihrem Arbeitsplatz anders, nämlich viel verständnisvoller und lösungsorientiert, mit Vätern und Müttern umgehen, die Beruf und Kinder gut vereinbaren wollen und müssen. Dies floss in den Interviews immer mit ein.

Die Arbeiterkammer in Österreich beobachtet den Wiedereinstieg von Frauen, die in Karenz gegangen sind, und zeigt klar auf, dass der Wiedereinstieg wesentlich besser und schneller gelingt, wenn auch der Vater in Karenz geht.1

Zwei meiner Interviewpartnerinnen, die absolute Spitzenpositionen in Österreich bekleideten, erzählten mir, dass sie letztendlich wegen ihrer Karriere auf Kinder verzichtet hatten. Und ich hatte das Gefühl, dass sie darunter leiden, jetzt, da ihre Freundinnen schon Enkel haben … Das wirft für sie einen Schatten auf ihren beruflichen Erfolg. Eine dieser Frauen legte großen Wert auf die Feststellung, dies bedeute nicht, dass eine Frau in einer Spitzenposition keine Kinder haben könne.

Männer in Führungspositionen müssen sich die Frage „Kinder oder nicht?“ nie stellen, hier wird die traditionelle Rollenaufteilung vorausgesetzt, um die sie sich daher nicht kümmern müssen. Ihre eigenen Kinder beeinflussen auch in keiner Weise ihre Karriere, wie sie es bei einer Frau meistens tun, das zeigen alle Statistiken über die Einkommen von Frauen und Männern, die Kinder haben.

ES BRAUCHT MÄNNER, DIE STARKE FRAUEN AUSHALTEN

Es ist eine gute Nachricht, die mir meine Interviewpartnerinnen mitgeteilt haben: Die Männer ab den Achtzigerjahrgängen, also jene, die jetzt vierzig Jahre alt oder jünger sind, sind anders als die Männer der älteren Generationen. Sie wollen nicht, dass ihre Partnerin durch die Kinder im Beruf zu viele Nachteile hat, und haben kein Problem damit, dass ihre Lebensgefährtin unter Umständen beruflich erfolgreicher ist als sie. Alle Frauen in Führungspositionen, die ich interviewte, ließen Männer in Väterkarenz gehen.

Eine Vorständin beschrieb mir das so:

„Bei den jüngeren Männern ist das überhaupt kein Thema mehr. Da wird’s auch Trottel geben, keine Frage, aber im Großen und Ganzen ist die Wahrnehmung von Frauen eine ganz andere. Und die können auch neidlos stolz sein auf den Erfolg ihrer Partnerinnen, ohne dass sie sich da irgendwie abgewertet fühlen.“ (Ute S.)

Sie meint, das sei „eine Frage des gesellschaftlichen Bewusstseins“:

„Meine Generation ist sicher noch sehr geprägt von diesem klassischen Rollenbild. Eine Karrierefrau, die sich dann nicht um die Kinder kümmert, und der arme Mann kriegt nichts zu essen zu Hause. In der jüngeren Generation ist das ganz anders. Ich habe gestern ein Bewerbungsgespräch gehabt mit einer jungen Frau, die gesagt hat, sie hat zwei kleine Kinder, beim ersten Kind ist sie zu Hause geblieben, beim zweiten ist jetzt der Mann zu Hause geblieben, weil sie eine zweite Karriere machen und keine Unterbrechung haben will. Das war ganz selbstverständlich. Sie hat das auch nicht besonders hervorgehoben, sondern das war ganz logisch, einmal sie und dann er. Da ist, glaube ich, in dieser Generation schon ein anderer Zugang. Da ist das ganz normal. Ich kenne in der Generation auch mehr Beispiele, wo Männer in Karenz gehen, und das ist ganz selbstverständlich. In meiner Generation, von vierzig aufwärts, die sind noch in dieser Macho-Geschichte drinnen.“ (Ute S.)

Bei den Interviews und den Gesprächen, die ich mit Vätern in Karenz und Frauen in Führungspositionen führte, bot sich mir das Bild, dass es für manche Männer nicht einfach ist, sich einzugestehen, dass die Partnerin beruflich erfolgreicher ist und mehr verdient als sie. Dazu sagte mir einer der Männer, dessen Frau eine erfolgreiche Unternehmerin ist, aber einfach: „Wenn das für einen Mann ein Problem ist, dann hat der ein Problem mit seinem Ego.“

Ein anderer Mann drückte es ähnlich aus: „Ein Kollege hat Minderwertigkeitskomplexe, weil seine Frau mehr verdient als er. Mit der längeren Karenz wird es dann offensichtlich, dass er weniger verdient. Dabei ist das das Problem des Mannes, nicht das der Kollegen.“

Manchmal geht es gar nicht ohne den Vater oder eine andere Person im Umfeld: Eine Frau, die Unternehmerin ist und ein Kind erwartet, müsste ihr Unternehmen schließen, würde nicht zumindest während des Mutterschutzes jemand für sie einspringen oder das Kind übernehmen. Bei Politikerinnen gibt es bis jetzt keine Karenzregeln. Eine Spitzenpolitikerin, die ich interviewte, bekam ihr Kind während der Amtszeit. Hätte ihr Mann nicht das Kind übernommen, hätte sie womöglich zurücktreten und auf das Amt verzichten müssen. So war er der erste Vater in Karenz in einem großen Industriebetrieb und arbeitete dann in Teilzeit weiter. Prominente Beispiele wie die neuseeländische Premierministerin und eine Ministerin in Österreich zeigen, dass es für eine Frau möglich ist, in einem hohen politischen Amt Kinder zu bekommen – wenn der Vater in Karenz geht.

Männer für Interviews zu ihrer Väterkarenz zu finden war nicht so einfach. Es sind wenige und sie sind nicht so sichtbar wie Frauen in Top-Führungspositionen. Ich hatte den Eindruck, dass diese Väter etwas verlegen waren und nicht gerne über ihre Karenz sprachen.

Und wenn, dann wurde es als „Outing“ bezeichnet. Ebenso wie die meisten Frauen wollten auch die Männer namentlich nicht genannt werden, weshalb ich ihre Aussagen hier anonym wiedergebe.

Dabei waren die Frauen sehr stolz auf ihre Männer und erzählten mir, wie gut sie das gemacht hätten und wie gut die Beziehung zu ihren Kinder nun sei. Schließlich verdanken diese Frauen ihre hochbezahlten Toppositionen zu einem guten Teil ihren Partnern, die ihnen bei den Kindern den Rücken freigehalten haben.

ES BRAUCHT FRAUEN, DIE MÄNNER BEI DEN KINDERN AUSHALTEN

Genauso braucht es das familiäre Umfeld, vor allem die Mutter der Kinder, die es akzeptiert, dass der Vater als Bezugsperson für die Kinder mindestens genauso wichtig ist wie sie. Das ist nicht selbstverständlich.

Schon sie kann Zweifel haben, dass der Partner das alles schafft, und zögert eventuell, ihre Rolle abzugeben. Das ist bei den traditionellen Rollenbildern in Österreich ja auch nicht so einfach. Dazu sagte mir eine der Frauen, die ich interviewte, sie ist Unternehmerin:

„Es ist wichtig, dass du das deinem Partner auch zutraust! Weil, warum soll der das nicht genauso gut können wie du?“

Dann kommt die Familie und das private Umfeld: Da braucht es eine „Ich-scheiß-drauf-Mentalität“, meinte ein Vater zu mir, vor allem in ländlichen Gegenden, wo ein Mann, der am Vormittag mit dem Kind unterwegs ist, die Frage gestellt bekommt, wie lange er denn noch zu Hause bliebe und wie das mit der Arbeit sei.

Das empfiehlt auch die Erziehungswissenschaftlerin Margrit Stamm in ihrem Buch „Neue Väter brauchen neue Mütter: Warum Familie nur gemeinsam gelingt“. Sie mahnt Frauen, sich zurückzunehmen, wenn der Mann bei den Kindern ist. Der gleichen Meinung ist der Prof. Harald Werneck, der die Väterforschung im deutschsprachigen Raum mitbegründet hat.

Eine Vorständin meint ganz grundsätzlich zur Kinderbetreuung durch die Väter:

„Die Männer können das genauso, stillen können sie nicht, aber den Rest schon. Vieles können sie besser, weil sie es entspannter angehen. Zum Beispiel der Arzttermin: Sowas Entspanntes wie einen Mann beim Arzttermin habe ich überhaupt noch nicht gesehen! Sie sind viel gelassener.“ (Beate L.)

Mit dem Rollentausch betreten Frauen und Männer neues Terrain, das sie aber selbst neu gestalten und neu verhandeln können – und müssen. Das ist aber auch das Spannende daran: Wenn die Arbeit mit den Kindern nicht vom Geschlecht abhängt, darf abseits aller beruflichen Zwänge auch gefragt werden: Wer von uns möchte gerne beim Kind bleiben? Wer von uns möchte lieber beruflich weiterkommen? Und: Wer von uns kann das eher mit der Arbeit, mit seinen oder ihren Projekten vereinbaren? Wechseln wir uns ab bei der Karenz? Wenn ja, wann? Da braucht es ständiges und bewusstes Reflektieren über das eigene Handeln. Mehr dazu im Kapitel „Vereinbarkeit von Beruf und Familie geht alle an – nicht nur die Mütter“.

Einige der Väter gingen nach der Karenz in Teilzeit, entweder weil sie mit der Partnerin die Familie besser organisieren konnten oder weil die Partnerin den besser bezahlten Job hat. Aber vor allem taten manche Väter es deshalb, weil sie es nicht aushielten, bei Arbeit in Vollzeit ihre Kinder kaum mehr zu sehen. Einer von ihnen beschrieb mir das so:

„Die Monate nach der Karenz, als ich Vollzeit gearbeitet habe, waren nicht zufriedenstellend für mich, weil ich so wenig vom Sohn mitbekommen habe. In der Früh war ich weg, untertags nie da, wenn ich heimkam, die letzte Stunde vorm Schlafengehen ist keine schöne Stunde … Das wollte ich nicht.“ (Norbert W.)

Er ging dann in Teilzeit zu siebzig Prozent, das sind drei Tage je neun Stunden, und er sagte dazu: „Das ist es mir wert, das kostet viel Geld, die Zeit, die man hat, ich musste auf vieles verzichten.“

VÄTER IN KARENZ: MÄNNER ZWISCHEN WUNSCH UND WIRKLICHKEIT

Aus den Gesprächen mit den Männern gewann ich den Eindruck, dass es eine hohe Dunkelziffer von Männern geben muss, die sehr gerne bei den Kindern bleiben wollen. Manchen von ihnen wird das nicht einmal bewusst sein, zu sehr sind sie in der traditionellen Rolle des Mannes „gefangen“. Viele Männer, denen ich von diesem Buch erzählte, schilderten mir, dass sie gerne in Karenz gegangen wären, aber die Arbeitgeber*innen – meistens Männer – ließen es nicht zu.

Einer meiner Interviewpartner, ein Abteilungsleiter in einem großen Dienstleistungsunternehmen, erzählte mir, wie das aufgenommen wurde, als er als Erster in seinem Unternehmensbereich in Karenz ging:

„Einige haben reagiert nach dem Motto: ‚Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich das auch gemacht!‘“

Diese Reaktion der Kollegen zeigt auch, wie wichtig es ist, dass einer der Männer anfängt und die Pionierrolle übernimmt. Umso besser ist es, wenn die Vorgesetzten ein Signal geben, dass es in Ordnung ist, wenn ein Mann in Väterkarenz geht.

BERUFLICHE UND FINANZIELLE HERAUSFORDERUNGEN FÜR VÄTER IN KARENZ

Mehr als die Hälfte der Männer, die ich interviewte, berichteten mir von beruflichen Konsequenzen, zum Beispiel, dass sie nicht weiter befördert oder sogar gekündigt wurden. Sie erzählten mir, wie sie damit umgingen und warum sie das in Kauf nahmen:

Ein Musiker, der als Bundesbediensteter angestellt war und die Väterkarenz beantragte, bekam zu hören: „Das kann ihre berufliche Laufbahn um Jahre zurückwerfen!“ Das ist etwa zehn Jahre her; zu dieser Zeit sollte es im öffentlichen Sektor eigentlich schon selbstverständlich gewesen sein, dass ein Mann in Väterkarenz geht. Er wusste aber damals schon, dass er nicht bleiben würde. Da er schon vorher weniger verdient hatte als seine Partnerin, die Geschäftsführerin in einem großen Konzern war, organisierte er seine Arbeit neu und flexibler, um der Betreuung des gemeinsamen Kindes besser nachgehen zu können.

Die beruflichen Konsequenzen waren manchmal gravierend. So erzählte mir einer von ihnen, wie sehr er sich darüber ärgerte, dass seine Firma ihn gekündigt hatte:

„Nach meiner Karenz lag die Kündigung auf dem Tisch. Das war ein deutsches IT-Unternehmen, die empfanden das als Majestätsbeleidigung. Das habe ich aber genau gewusst! Das sind solche Machos, diese ITler! Nicht einen Funken Einsehen.“ (Roland S.)

Er nutzte dann die Zeit und machte sich selbstständig. Jetzt führt Roland zusammen mit einem Partner mehrere Unternehmen. Er erklärte mir, dass ihm das die Flexibilität und die nötige Freiheit verschaffe für seine Kinder: „Da würde ich bei meinem Job nicht zufrieden sein, wenn ich nicht zur Schulaufführung gehen könnte.“

Ein Vater erklärte mir auf meine Frage, was für ihn Erfolg bedeute:

„Das hat mit Geld nichts zu tun. Vor Jahren ja, aber das hat sich mit den Kindern sehr gewandelt. Die Beziehungen in der Familie sind mir das Wichtigste, wenn die Kinder an mir hochspringen, wenn ich nach Haus komme.“ (Ulrich H.)

Es gibt wenige Männer, die alleinerziehend sind. Unter meinen Interviewpartnern gab es einige. Sie zeigen einmal mehr, dass Männer natürlich und selbstverständlich und notfalls auch allein Kinder aufziehen können – und dabei dann logischerweise auch dieselben Erfahrungen machen wie Frauen in der Situation als Alleinerziehende. Auf den Punkt gebracht hat das einer von ihnen, dessen Partnerin ihn verließ und der sich mit drei kleinen Söhnen neu organisieren musste. Auch er machte sich selbstständig, in dieser Situation blieb ihm nichts anderes übrig, wie er mir erzählte. Die ersten Jahre waren hart, sowohl beruflich als auch, was das Leben mit den Kindern betraf: Er habe erkannt, dass „die Toilette zu putzen genauso wichtig ist, wie eine Rechnung zu stellen“.

Menschen, die kleine, betreuungspflichtige Kinder haben und deshalb das Problem, einen Job zu finden, machen sich selbstständig: Im Kapitel „Unternehmerin sein“ habe ich die These aufgestellt und begründet, dass sich viele Frauen deshalb selbstständig machen, weil sie Kinder haben. Am Beispiel der zwei Väter ist zu sehen, dass es Männern in dieser Situation genauso geht: Sie entscheiden sich für das Unternehmertum, weil sie dann durch die höhere Flexibilität Erwerbstätigkeit und Familie am besten vereinbaren können.

DAS PARADOX DER VÄTERKARENZ

Der Trend, dass Männer bei den Kindern zu Hause bleiben oder in Teilzeit gehen wollen, hat sich in Österreich noch nicht in vielen Unternehmen herumgesprochen. Wenn hier ein Mann in Karenz gehen will, ist er auf den guten Willen seines Arbeitgebers angewiesen. Väterkarenz ist Verhandlungssache zwischen dem Mitarbeiter und der Arbeitgeberin. Bei der Väterkarenz in Österreich spielen die Unternehmen eine Schlüsselrolle.

Warum glauben Chefs (und Chefinnen!) selbst in sehr großen Firmen immer noch, der Betrieb bricht zusammen, wenn ein Mitarbeiter in Karenz geht (oft nicht länger als zwei Monate)?

Ein Vater beobachtet, wie in seinem Unternehmen mit der Tatsache umgegangen wird, dass Männer in Väterkarenz gehen wollen:

„Es hängt aber immer davon ab, wie der Vorgesetzte dazu steht, sonst hat man ein Karriereproblem. Allein die Tatsache, dass man sagt, man wolle in Karenz oder Teilzeit gehen, nimmt einem Chancen. Auch nachher, wenn man zurückkommt, obwohl jeder weiß, dass man Kind oder Kinder hat, wenn man dann mal sagt, ‚ich möchte am Abend nicht unnötig in einem Meeting sitzen, sondern mal pünktlich heim‘, das sind Dinge, die man besser nicht sagt.“ (Sebastian C.)

Männer, die sich überlegen, in Väterkarenz zu gehen, finden eine paradoxe Situation vor:

Die Interessenvertretung der Arbeiter und Angestellten, die Arbeiterkammer und Personalvermittler warnen Männer, diesen Wunsch beim Einstellungsgespräch auch nur zu erwähnen, wie mir von Männern berichtet wurde, die ich interviewte.

International ausgerichtete Konzerne haben die Entwicklung aber erkannt und werben damit, dass bei ihnen die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie auch für Männer möglich ist. Bei der Suche nach Talenten wird dieses Argument von Unternehmen gezielt eingesetzt. Das heißt, sie dürfen den sogenannten „Papamonat“2 nach der Geburt des Kindes in Anspruch nehmen und in Väterkarenz gehen – auf beides haben sie einen Rechtsanspruch –, danach vielleicht sogar in Teilzeit arbeiten, ohne Konsequenzen für ihren Job befürchten zu müssen.

Einer der Väter sagte dazu: „Es darf keine Portion Mut brauchen, um den Schritt zu gehen. Der Boden muss vonseiten der Organisation aufbereitet sein. Da darf es keine Nachteile geben, dann entscheidet man leichter.“

In Klein- und Mittelbetrieben sieht das wieder anders aus, das zeigen die Zahlen der Arbeiterkammer.3 Aber auch die KMUs werden umdenken müssen: Mehrere Vorständinnen, die ich interviewte, bestätigten mir: Männer ab den Achtzigerjahrgängen stimmen sich mit dem zukünftigen Arbeitgeber bereits im Bewerbungsgespräch ab, ja fordern ein, in Karenz gehen zu können, wenn Kinder kommen. Meine Interviewpartnerinnen sagten mir auch, dass, wenn sie das nicht anböten, sie die qualifizierten Mitarbeiter nicht bekämen.

WIE CHEFS UND CHEFINNEN DIE VÄTERKARENZ FÖRDERN

Frauen in Führungspositionen, die ich interviewt habe, sind Ermöglicherinnen auch für Männer, die in Väterkarenz gehen wollen. Es ist aber noch nicht sehr lange so, wie mir eine Vorstandsvorsitzende im Handel mit deutscher Konzernmutter, erklärt:

„Wir haben eine Betriebsvereinbarung, der Konzern hat sich freiwillig verpflichtet, dass das jedem zusteht. Wenn er will. Bei uns wird dieses Thema gelebt und angeboten. Wenn das allerdings vor zehn Jahren einer gesagt hätte, hätte man gesagt: Der ist ja nicht ganz dicht! Jetzt ist das schon ein Stück weit Normalität. Wenn jetzt jemand kommt und sagt, ich möchte drei Monate in Väterkarenz gehen, würde niemand sagen ‚Waschlappen‘ oder ‚dann kann er gleich zu Hause bleiben!‘. Ehrlicherweise war das vor zehn Jahren noch so.“ (Lena M.)

Eine Vorständin in einer österreichischen Bank sagte in ihrer Antrittsrede vor einigen Jahren: „Ich erwarte, dass Männer in Väterkarenz gehen.“ Sie sieht hier in ihrer Position eine gesellschaftspolitische Aufgabe zur Gleichberechtigung und fördert dadurch Vorbilder für die anderen, wie sie mir erklärt, weil sie der Meinung ist: „… dass jedes gesellschaftlich akzeptierte Verhalten Role Models braucht“. Wenn ein Mann gern in Väterkarenz gehen würde, aber der Erste in der Firma sei, der das tun möchte, laufe er Gefahr, dass er Schwierigkeiten bei der Akzeptanz habe, meint sie. „Ganz anders läuft das, wenn die Argumentation umgekehrt ist, wenn das als normal angesehen wird, und darum habe ich es gesagt.“ Indem sie Männer ermutige, in Väterkarenz zu gehen, trauten sich auch die anderen Männer, in Väterkarenz zu gehen:

„Wenn das normal ist, dann braucht niemand ein schlechtes Gewissen haben, und wenn er es nicht will, dann fragen ihn alle, warum nicht? Wenn zu Hause dann auch noch gefragt wird, machst du es? Dann ist das ein ganz anderes Setting.“ (Teresa I.)

Auf meine Frage, warum sie hier echte Gesellschaftspolitik betreibe, erklärte sie mir:

„Ich glaube, dass das wichtig ist! Der (Vater, Anm.) ist jetzt in Karenz, hat alles übergeben und es geht. Die nächsten Väter lernen aus dem wieder und die nächsten Familien. Früher gab es Talkshows, wo besprochen wurde, wenn einer sich geoutet hat. Stillende Mütter im Parlament, Schwangere durften nicht im Fernsehen sein! Aber so geht es Schritt für Schritt. Ich bin davon überzeugt, wenn es in den Firmen viele Interventionen gibt, wird es gehen. Aber es braucht immer eine Person, die sich dafür einsetzt, und die sollte hoch oben sein!“ (Teresa I.)

Diese Vorständin sieht das mit der Väterkarenz im Vergleich zu Frauen:

„Ein Mann von uns im Unternehmen ist seit zwei Tagen im Papamonat, und der ist in einem ganz wichtigen Projekt. Und natürlich waren da Stimmen: Warum muss der genau jetzt gehen, kann der nicht nächstes Jahr gehen? Sicher nicht! Natürlich könnte ich sagen, das geht jetzt nicht. Aber wie ist das bei einer Frau? Wenn die in Karenz geht, kann ich auch nicht sagen: Du, verschieben wir das bitte?“ (Teresa I.)

Und zu Vätern in Karenz sagt sie:

„Bei uns geht der Dritte gerade in Väterkarenz und alle nehmen das wahr. Und ab dem Ersten ist das ganz normal. Auch Männer haben da ein Bedürfnis, nur sehen sie es nicht als greifbare Chance. Sie leben dann mit ihrer Familie im Alltag, sie kriegen eine bessere Beziehung zu ihren Kindern und sie brauchen sich nicht zu erklären. Besser zwei Monate als gar nicht!“ (Teresa I.)

Eine andere Vorständin im Bereich Handel, die ich interviewte, vermittelte mir zwei ihrer Mitarbeiter für das Interview, die in Väterkarenz gegangen waren. Ich fragte die: „Was wäre, wenn die Chefin euch bei der Väterkarenz nicht so unterstützen würde?“ Die Antwort von einem der Väter kam prompt: „Dann würde ich es trotzdem machen. Ich hätte sogar eine Kündigung akzeptiert, was hier aber nicht der Fall gewesen wäre.“

Ein Vater erklärte mir, warum er in seinem Unternehmen Väter unterstützt, die in Karenz gehen wollen. Weil sie dadurch einen neuen Weg gehen, den zuvor noch wenige versucht haben, und dadurch wichtige Erfahrungen machen: „Sich zu trauen, auszubrechen, heißt, dass man ein bisschen in anderen Bahnen denken kann. Das ist für unsere Gesellschaft wertvoll.“ Er meinte dann allerdings auch: „Aber der Mut fehlt generell.“

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22 aralık 2023
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9783854396536
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