Kitabı oku: «Philosophisches Taschenwörterbuch», sayfa 3
ANTHROPOPHAGES – Menschenfresser
Wir haben von der Liebe gesprochen. Es ist schwierig, einen Übergang zu finden von Leuten, die einander küssen, zu solchen, die einander auffressen. Aber es ist nur allzu wahr, dass es Menschenfresser gab; wir haben welche in Amerika vorgefunden, und vielleicht gibt es sie immer noch; und die Kyklopen* waren in der Antike nicht die Einzigen, die sich manchmal von Menschenfleisch ernährten. Juvenal berichtet, dass bei den alten Ägyptern, diesem doch so weisen und für seine Gesetzgebung bekannten Volk, diesem so frommen Volk, das Krokodile und Zwiebeln verehrte, die Tintiriten* einen ihrer Feinde aufaßen, der ihnen in die Hände gefallen war; sein Bericht beruht nicht auf bloßem Hörensagen, dieses Verbrechen geschah nahezu vor seinen Augen, denn er war damals in Ägypten, in der Nähe der Stadt Tentyra. Er erwähnt in diesem Zusammenhang die Gaskogner* und die Sagunter*, die sich früher einmal vom Fleisch ihrer Landsleute ernährten.
1725 brachte man vier Wilde vom Mississippi nach Fontainebleau, ich hatte die Ehre, mich mit ihnen unterhalten zu dürfen. Unter ihnen befand sich eine Dame aus diesem Land, die ich fragte, ob sie Menschenfleisch gegessen habe, und sie antwortete mir in aller Unschuld, dass sie davon gegessen habe. Ich muss etwas schockiert gewirkt haben, woraufhin sie sich damit entschuldigte, dass sie sagte, es sei doch wohl besser, seinen toten Feind aufzuessen, als ihn den Tieren zum Fraß zu überlassen, und dass den Siegern dieses Vorrecht gebühre. Wir töten in einer offenen Schlacht oder in Scharmützeln die Bewohner unserer Nachbarländer und arbeiten für die schäbigste Belohnung daran, die Speisekammer der Raben und Würmer zu füllen. Das ist das Grauenerregende, das ist das wahre Verbrechen. Was macht es schon, wenn man getötet wurde, ob man von einem Soldaten oder einem Raben und einem Hund verspeist wird?
Wir haben mehr Achtung vor den Toten als vor den Lebenden. Doch hätten wir die einen wie die anderen achten sollen. Die Völker, die man zivilisiert nennt, taten recht daran, ihre besiegten Feinde nicht am Spieß zu braten; denn wenn es erlaubt wäre, die Bewohner der Nachbarländer zu essen, so äße man bald auch seine Landsleute, was sehr nachteilige Folgen für die gesellschaftlichen Tugenden hätte. Doch die zivilisierten Völker waren dies nicht schon immer. Alle waren sie lange Zeit Wilde, und während der unendlich vielen Umwälzungen, die diese Erde erlitten hat, war die menschliche Gattung bald zahlreich, bald recht spärlich vertreten. Den Menschen widerfuhr das, was heute mit den Elefanten, Löwen und Tigern geschieht, Tierarten, deren Zahl stark abgenommen hat. In den Zeiten, wo nur wenige Menschen einen Landstrich bevölkerten, kannten sie nicht so viele Techniken, sie waren Jäger. Die Gewohnheit, sich von dem zu ernähren, was sie getötet hatten, führte dann leicht dazu, dass sie ihre Feinde wie ihre Hirsche und ihre Wildschweine behandelten. Aus Aberglauben brachten sie Menschenopfer dar, aus Notwendigkeit aßen sie andere Menschen.
Was ist wohl das größere Verbrechen: sich andächtig zu versammeln, um einem mit Haarbändern geschmückten Mädchen zu Ehren Gottes ein Messer in das Herz zu stoßen, oder einen üblen Kerl aufzuessen, den man notgedrungen getötet hat?
Wir haben jedoch viel mehr Beispiele von geopferten Mädchen und Jungen als von verspeisten Mädchen und Jungen. Fast alle bekannten Völkerschaften haben Jungen und Mädchen geopfert. Die Juden brachten sie zum Opfer dar. Das nannte man Weihegeschenk, es war ein regelrechtes Opfer, und es wird im 27. Kapitel, Vers 29, des Levitikus verfügt, keine Lebewesen, die geweiht waren, zu verschonen; doch nirgends wird den Juden vorgeschrieben, Menschenfleisch zu essen, es wird ihnen nur angedroht. Mose sagt, wie wir gesehen haben,* zu den Juden, dass sie, sollten sie seine Zeremonien nicht einhalten, nicht nur die Krätze bekommen werden, sondern dass die Mütter ihre Kinder essen werden. Es ist wahr, dass zur Zeit Ezechiels die Juden die Gewohnheit gehabt haben müssen, Menschenfleisch zu essen, denn er sagt ihnen im 39. Kapitel voraus, dass Gott ihnen nicht nur die Pferde ihrer Feinde zu essen geben werde, sondern auch die Reiter und die anderen Krieger. Das steht fest.* Und in der Tat, warum sollten die Juden keine Menschenfresser gewesen sein? Es wäre das Einzige gewesen, was dem Volk Gottes noch gefehlt hätte, um das abscheulichste aller Völker der Erde zu sein.
Ich habe in den Anekdoten aus der Geschichte Englands zur Zeit Cromwells gelesen, dass eine Kerzenzieherin in Dublin ausgezeichnete, mit dem Fett von Engländern hergestellte Kerzen verkauft habe. Einige Zeit später beklagte sich ein Stammkunde bei ihr darüber, dass ihre Kerzen nicht mehr so gut seien. »Leider«, sagte sie, »das kommt daher, dass es uns diesen Monat an Engländern fehlte.« Ich frage, wer hat mehr Schuld auf sich geladen, diejenigen, die den Engländern die Kehle durchschnitten, oder die Frau, die aus ihrem Fett Kerzen herstellte?
APIS
Verehrte man in Memphis den Stier Apis* als Gott, als Symbol oder als Stier? Es ist anzunehmen, dass die Fanatiker in ihm einen Gott sahen, die Weisen ein schlichtes Symbol, und dass das törichte Volk den Stier verehrte. Tat Kambyses* gut daran, diesen Stier nach der Eroberung Ägyptens eigenhändig zu töten? Warum nicht? Er machte den Einfältigen klar, dass man ihren Gott am Spieß braten konnte, ohne dass die Natur sich erhob, um solchen Gottesfrevel zu rächen. Man hat die Ägypter hoch gerühmt. Ich kenne jedoch kaum ein erbärmlicheres Volk; in ihrem Charakter und in ihrem Herrschaftssystem muss es schon immer ein Grundübel gegeben haben, das zu allen Zeiten ein Volk elender Sklaven aus ihnen machte. Ich räume ein, dass sie in fast unbekannten Zeiten die Welt erobert haben, aber in geschichtlicher Zeit wurden sie von allen unterworfen, die sich die Mühe machen wollten, von den Assyrern, von den Persern, von den Griechen, von den Römern, von den Arabern, von den Mamelucken, von den Türken, schließlich von aller Welt, unsere Kreuzfahrer ausgenommen, und zwar weil deren Unbedachtsamkeit die Feigheit der Ägypter noch übertraf. Es war die Mameluckenmiliz*, die die Franzosen besiegte. Es gibt bei dieser Nation vielleicht nur zwei annehmbare Dinge: Das eine ist, dass diejenigen, die einen Stier anbeteten, niemals jene, die einen Affen anbeteten, zwingen wollten, eine andere Religion anzunehmen; das zweite ist, dass sie immer Küken in Öfen ausschlüpfen ließen.
Man lobt ihre Pyramiden, aber das sind Denkmäler eines versklavten Volkes. Es war wohl notwendig, die ganze Nation daran arbeiten zu lassen, anders hätte man es nicht fertiggebracht, diese elenden Steinhaufen zu errichten. Wozu dienten sie? Dazu, in einer kleinen Grabkammer die Mumie irgendeines Fürsten, irgendeines Gouverneurs, irgendeines Verwalters aufzubewahren, die ihre Seele nach tausend Jahren wiederbeleben sollte. Aber wenn sie auf die Wiederauferstehung der Körper hofften, warum wurde ihnen dann vor der Einbalsamierung das Gehirn entfernt? Sollten die Ägypter ohne Gehirn wiederauferstehen?
APOCALYPSE – Apokalypse
Der Märtyrer Justinus, der um das Jahr 170 unserer Zeitrechnung schrieb, ist der erste, der die Apokalypse erwähnte; in seinem Dialog mit dem Juden Tryphon ordnet er sie dem Apostel Johannes, dem Evangelisten, zu. Dieser Jude fragt ihn nun, ob er nicht glaube, dass Jerusalem eines Tages wiedererrichtet werde? Justinus antwortet ihm, dass er dies genauso glaube wie alle Christen, die logisch denken. Es gab, sagt er, bei uns eine gewisse Person namens Johannes, einer der zwölf Apostel von Jesus, der vorhersagte, dass die Gläubigen tausend Jahre in Jerusalem verbringen werden.
Bei den Christen war dieses »Tausendjährige Reich« lange Zeit eine weitverbreitete Lehre. Dieser Zeitraum genoss auch bei den Heiden großes Ansehen. Die Seelen der Ägypter schlüpften nach tausend Jahren wieder in ihre Körper; bei Vergil wurden die Seelen, die sich im Fegefeuer befanden, während des gleichen Zeitraumes geläutert, et mille per annos*. Das neue, tausendjährige Jerusalem sollte in Erinnerung an die zwölf Apostel zwölf Tore haben; seine Form sollte quadratisch sein; seine Länge, seine Breite und seine Höhe sollten je zwölftausend Stadien betragen, das heißt, fünfhundert Meilen, so dass die Häuser auch fünfhundert Meilen hoch sein sollten. Es wäre reichlich unangenehm gewesen, im letzten Stock zu wohnen; aber schließlich ist es das, was im Kapitel 21 der Apokalypse steht.
Auch wenn Justinus der Erste ist, der die Apokalypse dem heiligen Johannes zuordnet, so haben einige Personen sein Zeugnis verworfen, weil er in demselben Dialog mit dem Juden Triphon sagt, nach dem Bericht der Apostel habe Jesus Christus, als er in den Jordan stieg, das Wasser dieses Flusses zum Kochen gebracht und es in Flammen gesetzt, was jedoch in keiner Schrift der Apostel zu finden ist.
Derselbe heilige Justinus zitiert voller Vertrauen das Orakel der Sibyllen*; und mehr noch, er behauptet sogar, die Reste der kleinen Häuser gesehen zu haben, in denen die zweiundsiebzig Übersetzer der Bibel* zur Zeit des Herodes beim Leuchtturm von Alexandria vor Ägypten eingeschlossen waren. Das Zeugnis eines Menschen, der das Unglück hatte, diese Häuschen zu sehen, scheint darauf hinzudeuten, dass der Autor selbst dort eingesperrt war.
Der heilige Irenäus, der nach ihm lebte und ebenfalls an das tausendjährige Reich des neuen Jerusalem glaubte, sagt, er habe von einem Greis erfahren, dass der heilige Johannes die Apokalypse verfasst habe. Doch hat man dem heiligen Irenäus vorgeworfen, er habe geschrieben, dass es nicht mehr als vier Evangelien geben dürfe, weil es nicht mehr als vier Erdteile gebe, und vier Hauptwinde, und weil Ezechiel nicht mehr als vier Tiere gesehen habe.* Er nennt diese Überlegungen einen Beweis. Man muss zugeben, dass die Art, in der Irenäus etwas beweist, genauso viel wert ist wie die von Justinus, in der er behauptete, etwas gesehen zu haben.
Clemens von Alexandria spricht in seinen Electa* nur von einer Apokalypse des heiligen Petrus, von der man damals viel Aufhebens machte. Tertullian, ein großer Befürworter des tausendjährigen Reiches, versichert nicht nur, dass der heilige Johannes die Wiedererrichtung von Jerusalem und dieses tausendjährige Reich vorhergesagt habe, sondern er behauptet sogar, dass dieses Jerusalem schon beginne, sich in der Luft zu formen und dass alle Christen in Palästina und selbst die Heiden es während vierzig aufeinanderfolgenden Tagen am Ende der Nacht gesehen hätten. Doch unglücklicherweise verschwand die Stadt, sobald es hell wurde.
Origenes zitiert in seinem Vorwort zum Johannesevangelium und in seinen Homilien* die Weissagungen der Apokalypse, aber er zitiert gleichfalls die Orakel der Sibyllen. Der heilige Dionysius, Bischof von Alexandria, der um die Mitte des 3. Jahrhunderts schrieb, sagt hingegen in einem seiner von Eusebios überlieferten Fragmente, dass fast alle Gelehrten die Apokalypse als ein Buch ablehnten, das sich von der Vernunft verabschiedet habe; dass dieses Buch nicht vom heiligen Johannes verfasst worden sei, sondern von einem gewissen Kerinthos, der sich eines großen Namens bedient habe, um seinen Träumereien mehr Gewicht zu verleihen.
Das Konzil von Laodikeia, das um 360 abgehalten wurde, zählte die Apokalypse nicht zu den kanonischen Schriften. Es war recht seltsam, dass Laodikeia, wo es eine Gemeinde gab, an die sich die Apokalypse richtete,* einen solchen ihr zugedachten Schatz zurückwies; und dass der Bischof von Ephesus, der bei dem Konzil anwesend war, dieses Buch des Johannes, der doch in Ephesus begraben liegt, ebenfalls ablehnte.
Für alle Augen war sichtbar, dass Johannes sich noch immer in seinem Grab bewegte, wodurch sich die Erde beständig hob und senkte. Jedoch waren sich die gleichen Leute, die meinten, dass der heilige Johannes nicht wirklich tot sei, genauso sicher, dass er die Apokalypse nicht verfasst hatte. Doch diejenigen, die an dem zukünftigen tausendjährigen Reich festhielten, waren in ihrer Auffassung unerschütterlich. Sulpicius Severus bezeichnet in seiner Heiligen Geschichte Buch 9* diejenigen, die die Apokalypse nicht anerkannten, als Wahnsinnige und Gottlose. Schließlich hat sich nach vielen Zweifeln, Einwänden und Gegenreden von Konzil zu Konzil die Auffassung von Sulpicius Severus durchgesetzt. Nachdem die Sache geklärt war, entschied die Kirche, dass die Apokalypse unbestreitbar vom heiligen Johannes stamme, womit es dagegen keinen Einspruch mehr geben kann.
Jede christliche Gemeinschaft nimmt die in diesem Buch enthaltenen Prophezeiungen für sich in Anspruch; die Engländer haben darin die Revolutionen in Großbritannien gefunden; die Lutheraner die Wirren in Deutschland; die Reformierten in Frankreich die Regierung Karls IX. und die Regentschaft der Katharina von Medici: sie haben alle gleichermaßen recht. Bossuet und Newton haben alle beide die Apokalypse kommentiert; aber im Großen und Ganzen haben die eloquenten Ausführungen des einen und die bewundernswerten Entdeckungen des anderen ihnen mehr Ehre eingebracht als ihre Kommentare.
ATHÉE, ATHÉISME – Atheist, Atheismus
Früher lief ein jeder, der auf irgendeinem Fachgebiet über ein geheimes Wissen verfügte, Gefahr, als Hexer angesehen zu werden. So wurde auch jede neue Sekte bezichtigt, bei ihren Ritualen Kinder zu schlachten, und jeder Philosoph, der von der Begrifflichkeit seiner Schule abwich, wurde von den Fanatikern und den Schurken des Atheismus bezichtigt und von den Dummköpfen verurteilt.
Wagt Anaxagoras etwa zu behaupten, dass die Sonne nicht von dem auf einem von vier Pferden gezogenen Wagen stehenden Apollon gelenkt wird, so nennt man ihn einen Atheisten, und er ist gezwungen zu fliehen.
Aristoteles wird von einem Priester des Atheismus bezichtigt, und da er die Bestrafung seines Anklägers nicht erreichen kann, zieht er sich nach Chalkis zurück. Doch der Tod des Sokrates ist wohl das Schändlichste, was in der Geschichte Griechenlands je vorgekommen ist.
Aristophanes*, dieser Mann, den die Kommentatoren so bewundern, weil er ein Grieche war, wobei sie nicht bedenken, dass auch Sokrates ein Grieche war, dieser Aristophanes also war der Erste, der die Athener auf den Gedanken brachte, Sokrates als Atheisten zu betrachten.
Diesem Komödiendichter also, der weder komisch noch ein Dichter ist, würden wir heute noch nicht einmal erlauben, seine Farcen auf dem Jahrmarkt von Saint-Laurent aufzuführen. Er scheint mir noch viel gemeiner und verachtenswerter, als Plutarch ihn darstellt. Hier folgt nun, was der weise Plutarch über diesen Spaßvogel sagte: »Der Sprache des Aristophanes merkt man den armseligen Scharlatan an, der er war; seine Pointen sind äußerst gemein und abstoßend; nicht einmal dem Volk gefallen seine Stücke, und für Leute mit Urteilsvermögen und Ehrgefühl sind sie unerträglich, seine Arroganz ist nicht auszuhalten, und anständige Menschen verabscheuen seine Bosheit.«*
Das ist, nebenbei gesagt, der Tabarin*, den Madame Dacier, die Verehrerin von Sokrates, zu bewundern wagt: Er ist der Mann, der aus sicherer Entfernung vom Geschehen das Gift zubereitete, mit dem dann niederträchtige Richter den tugendhaftesten Mann Griechenlands in den Tod schickten.
Die Gerber, die Schuster und die Schneiderinnen von Athen applaudierten einer Farce, in der Sokrates in einem Korb in der Luft schwebt, aus dem er verkündet, dass es keinen Gott gibt, und sich dann rühmt, jemandem seinen Mantel gestohlen zu haben, als er ihn in Philosophie unterrichtete. Ein ganzes Volk, dessen schlechte Regierung einen derartigen Sittenverfall zuließ, verdiente sehr wohl, was ihm danach zustieß, nämlich zu den Sklaven Roms gemacht zu werden und heute die der Türken zu sein.
Überspringen wir nun den gesamten zeitlichen Abstand, der zwischen der Römischen Republik und uns liegt. Die Römer, bedeutend klüger als die Griechen, haben keinen einzigen Philosophen wegen seiner Ansichten verfolgt. Bei den unkultivierten Völkern, die auf das Römische Reich folgten, ist es nicht so. Sowie Kaiser Friedrich II. Streit mit dem Papst hat, bezichtigt man ihn, Atheist zu sein und gemeinsam mit seinem Kanzler Petrus de Vinea das Buch von den drei Betrügern verfasst zu haben.*
Unser großer Kanzler Michel de L’Hôpital braucht nur zu erklären, dass er gegen die Hugenottenverfolgung ist, und sofort bezichtigt man ihn des Atheismus. Homo doctus, sed verus atheos.* Ein Jesuit, der ebenso weit unter dem Niveau des Aristophanes steht wie Aristophanes unter dem Homers, ein Bedauernswerter also, dessen Name selbst bei den Fanatikern zum Inbegriff der Lächerlichkeit wurde, kurz, der Jesuit Garasse, entdeckt überall Atheisten. So nennt er einfach all jene, gegen die er wettert. Er bezeichnet sogar Théodore de Bèze als einen Atheisten, und er ist es auch, der die Öffentlichkeit über Vanini* in die Irre führte.
Vaninis unglückliches Ende erfüllt uns nicht in gleicher Weise wie das von Sokrates mit Empörung und Mitleid, weil ja Vanini bloß ein ausländischer Besserwisser ohne besondere Verdienste war. Doch schlussendlich war Vanini keineswegs ein Atheist, wie behauptet wurde; er war gerade das genaue Gegenteil.
Er war ein armer neapolitanischer Priester, Prediger und Theologe von Beruf, einer, der bis zum Exzess über die Wesenheiten und die Universalien* stritt; et utrum chimera bombinans in vacuo possit comedere secundas intentiones.* Aber darüber hinaus gab es bei ihm nicht die geringste Neigung zum Atheismus. Sein Gottesbegriff entspricht der herrschenden Lehrmeinung und wird in der Theologie allseits akzeptiert. »Gott ist Anfang und Ende, er ist Vater des Einen und des Anderen, er ist von beidem unabhängig, er ist ewig, ohne in der Zeit zu sein, allgegenwärtig, ohne an einem bestimmten Ort zu sein. Für ihn gibt es weder Vergangenheit noch Zukunft, er ist überall und außerhalb von allem; er regiert alles und hat alles geschaffen; er ist unbewegt, unendlich und ungeteilt; seine Macht ist sein Wille etc.«*
Vanini rechnete es sich zur Ehre an, diese schöne Auffassung Platons zu erneuern, die später von Averroës übernommen wurde, dass Gott eine Kette von Wesen geschaffen hat, vom kleinsten Lebewesen bis hin zum größten, deren letztes Glied mit seinem ewigen Thron verbunden ist; ein Gedanke, der allerdings eher erhaben als wahr ist, aber genauso weit vom Atheismus entfernt wie das Sein vom Nichts.
Er reiste, um reich zu werden und zu disputieren, aber leider ist der Weg des Disputs dem des Reichtums genau entgegengesetzt, man schafft sich dadurch ebenso viele unversöhnliche Feinde, wie man Gelehrte oder Besserwisser findet, gegen die man argumentiert. Es gab gar keinen anderen Grund für das Unglück Vaninis. Sein Eifer und seine Grobheit im Disput brachten ihm den Hass einiger Theologen ein, und nachdem er eine Auseinandersetzung mit einem gewissen Francon oder Franconi hatte, versäumte es dieser Franconi, ein Freund seiner Feinde, nicht, ihn zu beschuldigen, ein Atheist zu sein und den Atheismus zu lehren.
Dieser Francon oder Franconi war, unterstützt von einigen Zeugen, bei der Gegenüberstellung grausam genug, das aufrechtzuerhalten, was er bereits vorgebracht hatte. Vanini, der auf der Anklagebank saß, antwortete, als er gefragt wurde, was er über die Existenz Gottes denke, dass er ebenso wie die Kirche einen dreifaltigen Gott verehre. Er hob einen Strohhalm vom Boden auf. »Dieser Halm genügt«, sagte er, »um zu beweisen, dass es einen Schöpfer gibt.« Dann hielt er eine sehr schöne Rede über das Wachstum der Pflanzen und die Bewegung und die Notwendigkeit eines höchsten Wesens, ohne das es weder Pflanzen noch Wachstum gäbe.*
Der Gerichtspräsident Grammont, der zu jener Zeit in Toulouse war, gibt diese Rede in seiner Geschichte Frankreichs wieder, die heute völlig vergessen ist, und derselbe Grammont behauptet aufgrund einer unbegreiflichen Voreingenommenheit, dass Vanini dies alles eher aus Eitelkeit oder Angst vorgebracht habe als aus einer inneren Überzeugung.
Worauf kann sich diese verwegene und abscheuliche Einschätzung des Präsidenten Grammont stützen? Es ist doch offensichtlich, dass Vanini auf seine Antwort hin von der Anschuldigung des Atheismus hätte freigesprochen werden müssen. Was aber geschah? Dieser vom Pech verfolgte ausländische Priester beschäftigte sich auch noch mit der Medizin. Man fand bei ihm eine dicke lebende Kröte, die er in einem Aquarium hielt, und unweigerlich klagte man ihn daraufhin der Hexerei an. Man behauptete, diese Kröte sei der Gott, den er verehrte, und legte, was sehr bequem und allgemein üblich ist, in mehrere Passagen seiner Bücher einen gottlosen Sinn hinein, indem man Einwände als Antworten interpretierte, irgendwelche unklaren Sätze böswillig umdeutete und irgendeinen unschuldigen Ausdruck verdrehte. Schließlich rang die Partei, die ihn verfolgte, den Richtern den Urteilsspruch ab, der diesen Unglücklichen zum Tode verurteilte.
Um seine Hinrichtung zu rechtfertigen, musste man diesen Bedauernswerten des abscheulichsten Verbrechens anklagen, das es überhaupt gab. Der sehr minderwertige Minderbruder Mersenne hat den Wahnsinn so weit getrieben, drucken zu lassen, dass Vanini Neapel mit zwölf seiner Jünger verlassen habe, um alle Völker zum Atheismus zu bekehren. Wie erbärmlich! Wovon hätte denn ein armer Priester zwölf Männern ihren Lohn zahlen sollen? Wie hätte er zwölf Neapolitaner dazu überreden sollen, mit hohem Kostenaufwand umherzureisen, um überall diese abscheuliche und empörende Lehre unter Einsatz ihres Lebens zu verbreiten? Wäre denn ein König mächtig genug, um zwölf Prediger des Atheismus zu bezahlen? Vor Pater Mersenne hatte niemand solch einen haarsträubenden Unsinn geäußert. Aber danach hat man es ihm nachgebetet, die Zeitungen und die historischen Lexika damit verpestet; und die Welt, die nichts so sehr liebt wie das Ungewöhnliche, hat dieses Ammenmärchen ungeprüft geglaubt.
Bayle höchstselbst spricht in seinen Pensées diverses von Vanini als einem Atheisten: Er bedient sich dieses Beispiels, um sein Paradoxon zu beweisen, dass eine Gesellschaft von Atheisten lebensfähig ist; er versichert, dass Vanini ein Mann von großer Sittenstrenge war und zum Märtyrer für seine philosophische Ansicht wurde. Er irrt in beiden Punkten gleichermaßen. Der Priester Vanini lässt uns in seinen Dialogen, die er nach dem Vorbild des Erasmus schrieb, wissen, dass er eine Geliebte namens Isabelle hatte. Er war in seinen Schriften wie in seinem Lebenswandel ein Freigeist, aber er war kein Atheist.
Ein Jahrhundert nach seinem Tod wollten der Gelehrte La Croze und jener, der sich Philalethes nannte, seine Unschuld beweisen; doch da niemand sich für das Gedenken an einen unglückseligen Neapolitaner interessiert, ein sehr schlechter Schriftsteller zudem, liest fast niemand diese Verteidigungsschriften.
Der Jesuit Hardouin, der gelehrter als Garasse, doch nicht weniger vermessen war, beschuldigt in seinem Buch Athei detecti* Descartes, Arnauld, Pascal, Nicole, Malebranche allesamt des Atheismus; zum Glück erging es ihnen nicht wie Vanini.
Von all diesen Fakten gehe ich nun zu der moralischen Frage über, die Bayle aufgeworfen hatte, nämlich ob eine Gesellschaft von Atheisten überhaupt lebensfähig wäre. Stellen wir zunächst einmal anlässlich dieses Artikels fest, wie sehr sich Menschen im Disput widersprechen können; haben doch diejenigen, die sich mit größter Erbitterung gegen die Ansicht Bayles gewandt haben, diejenigen, die ihm die Möglichkeit einer Gesellschaft von Atheisten mit den heftigsten Verunglimpfungen bestritten haben, seither mit der gleichen Kühnheit behauptet, dass der Atheismus in China Staatsreligion ist.
Sie haben sich mit Sicherheit gewaltig geirrt, was die chinesische Regierung betrifft; sie brauchten dazu nur die Erlasse der Kaiser dieses ungeheuer großen Landes zu lesen, und sie hätten festgestellt, dass diese Erlasse Predigten sind und dass darin überall vom höchsten Wesen die Rede ist, das über alles herrscht, alles rächt, alles belohnt.
Aber zugleich haben sie sich nicht weniger hinsichtlich der Unmöglichkeit einer Gesellschaft von Atheisten geirrt, und ich verstehe nicht, wie Bayle ein schlagendes Beispiel vergessen konnte, das seiner Sache zum Sieg hätte verhelfen können.
Weshalb erscheint eine Gesellschaft von Atheisten unmöglich? Weil man der Auffassung ist, dass Menschen, denen man keine Zügel anlegt, niemals zusammenleben könnten, dass Gesetze allein nichts gegen heimliche Verbrechen vermögen, dass es einen rächenden Gott geben muss, der auf dieser Welt oder im Jenseits die Bösen bestraft, die der menschlichen Justiz entgangen sind.
Zwar trifft es zu, dass Moses Gesetze nichts über ein künftiges Leben lehrten, nicht mit Strafen nach dem Tode drohten und die ersten Juden keineswegs die Unsterblichkeit der Seele lehrten, aber die Juden, weit davon entfernt, Atheisten zu sein oder zu glauben, sie könnten sich der göttlichen Vergeltung entziehen, waren die religiösesten aller Menschen. Sie glaubten nicht nur an die Existenz eines ewigen Gottes, sondern sie glaubten auch, dass er ständig unter ihnen sei; sie zitterten davor, dass sie selbst, ihre Frauen, ihre Kinder, ja ihre gesamte Nachkommenschaft bis in die vierte Generation bestraft würden, und diese Zügel waren sehr wirksam.
Doch bei den Heiden kannten mehrere Philosophenschulen überhaupt keine Zügel. Die Skeptiker zweifelten an allem, die Schüler Platons enthielten sich jeglichen Urteils über alles, die Epikuräer waren davon überzeugt, dass die Gottheit sich nicht in die Angelegenheiten der Menschen einmischen könne, und im Grunde akzeptierten sie überhaupt keine Gottheit. Sie waren davon überzeugt, dass die Seele keine Substanz ist, sondern eine Fähigkeit, die mit dem Körper geboren wird und stirbt, folglich trugen sie kein Joch außer Moral und Ehre. Die römischen Senatoren und Ritter waren echte Atheisten, denn die Götter existierten nicht für Menschen, die von ihnen weder etwas befürchteten noch erhofften. Der römische Senat war also zur Zeit Cäsars und Ciceros tatsächlich eine Versammlung von Atheisten.
Dieser große Redner sagte in seiner Verteidigungsrede für Cluentius vor dem ganzen versammelten Senat: Welchen Schaden fügt ihm der Tod zu? Wir lehnen all die albernen Märchen über die Unterwelt ab, was hat ihm also der Tod genommen? Nur die Fähigkeit, Schmerzen zu empfinden.
Hält Cäsar, der mit Catilina befreundet war und das Leben seines Freundes vor eben diesem Cicero retten wollte, ihm nicht entgegen, dass es für einen Kriminellen gar keine Strafe ist, wenn man ihn tötet, sondern dass der Tod gar nichts ist außer dem Ende all unserer Übel und eher ein glücklicher Augenblick als ein unheilvoller? Lassen sich Cicero und der ganze Senat nicht von diesen Gründen überzeugen? Die Sieger und die Gesetzgeber der damals bekannten Welt bildeten also offenbar eine Gesellschaft von Menschen, die nichts von den Göttern fürchteten und echte Atheisten waren?
Bayle untersucht als Nächstes, ob der Götzendienst nicht gefährlicher ist als der Atheismus, ob es ein größeres Verbrechen ist, überhaupt nicht an die Gottheit zu glauben, als von ihr unwürdige Vorstellungen zu haben; er teilt, was das anbelangt, die Auffassung von Plutarch, der meint, es sei besser, gar keine Meinung zu haben als eine schlechte. Aber ob es nun Plutarch gefällt oder nicht, es ist offensichtlich, dass es für die Griechen unendlich viel besser war, Ceres, Neptun und Jupiter zu fürchten, als überhaupt nichts zu fürchten. Es ist klar, dass die Heiligkeit des Eides notwendig ist und dass man denjenigen mehr vertrauen muss, die meinen, dass ein Meineid bestraft wird, als denjenigen, die meinen, sie könnten ungestraft einen Meineid schwören. Es ist unbezweifelbar, dass es in einer zivilisierten Stadt unendlich viel nützlicher ist, eine Religion (selbst eine schlechte) zu haben als gar keine.
Es hat den Anschein, als sollte Bayle eher untersuchen, was gefährlicher ist, der Fanatismus oder der Atheismus. Der Fanatismus ist gewiss tausendmal unheilvoller als der Atheismus, denn der weckt keine blutrünstigen Leidenschaften, während der Fanatismus das sehr wohl tut: Der Atheismus hindert zwar niemand daran, ein Verbrechen zu begehen, doch der Fanatismus veranlasst dazu. Nehmen wir mit dem Autor des Commentarium rerum Gallicarum* einmal an, dass der Kanzler de L’Hôpital Atheist war, so hat er doch ausschließlich weise Gesetze gemacht und zu Mäßigung und Einigung geraten. Die Fanatiker begingen die Massaker in der Sankt-Bartholomäusnacht*. Hobbes galt als ein Atheist, er führte ein ruhiges und unschuldiges Leben. Die Fanatiker seiner Zeit jedoch überschwemmten England, Schottland und Irland mit Blut. Spinoza war nicht nur Atheist, sondern lehrte sogar den Atheismus, jedoch war er mit Sicherheit nicht an dem Justizmord an Barneveldt beteiligt, und nicht er war es, der die beiden Brüder de Witt in Stücke reißen ließ und sie dann gegrillt verspeiste.
Die Atheisten sind zumeist kühne und auf Abwege geratene Gelehrte, die nicht die richtigen Schlüsse ziehen und, da sie die Schöpfung, den Ursprung des Bösen und anderer Probleme nicht verstehen können, Zuflucht zur Hypothese von der Ewigkeit der Dinge und der Notwendigkeit nehmen*.
Ehrgeizige und wollüstige Menschen haben kaum die Zeit zum Nachdenken und sich einer schlechten Weltanschauung zu widmen, denn sie haben anderes zu tun, als Lukrez mit Sokrates zu vergleichen. So laufen doch die Dinge heute bei uns.
Das war im römischen Senat nicht so, er bestand fast nur aus Männern, die in Theorie und Praxis Atheisten waren, das heißt also, weder an die Vorsehung noch an ein Leben nach dem Tode glaubten. Dieser Senat war eine Versammlung von Philosophen, Wollüstigen und Ehrgeizigen, die alle sehr gefährlich waren und die den Untergang der Republik herbeiführten.