Kitabı oku: «Honigsuche», sayfa 2

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Ein langes Wintergespräch

Kai war ein Suchender. Sein Leben lang. Suchende sind Menschen, die mit den allgemeinen Antworten auf das Leben nichts anfangen können. Suchende sind getrieben von einer Intuition, dass es da mehr gibt, als das, was wir in der Werbung sehen. Suchende finden und haben noch nicht gefunden. Suchende sind ungeduldig. Suchende sind Pioniere. Suchende sind Evolutionäre.

Es war an einem Samstag. Kai und Mia hatten bereits gefrühstückt und den Morgenspaziergang gemacht. Die Sonne stand klar und wolkenlos am Himmel. Kai kam in der Mittagszeit aus seinem Arbeitszimmer. Er selbst nannte es Sonnenaufgangszimmer. Kai kam in die Küche. Mia war zuvor aus ihrem Atelier gekommen. Kai erzählte Mia von einer Idee, die ihn beschäftigte.

Kai hat einen Begriff gefunden, den er für nachdenkenswert hielt: „Honigsuche“.

Mia war interessiert: „Was meinst du mit Honigsuche?“ Sie war bereits dabei das Mittagessen zuzubereiten. Sie betrachtete ihren Blumenkohl, der auf dem Herd langsam köchelte. „Dies ist ein Begriff für meine Suche nach dem reinen Land“, erwiderte Kai etwas ironisch. „Nein wirklich. Es kam mir einfach so, eigentlich erst auf Englisch: honeysearch. Doch ein deutscher Begriff schien mir dann passender.“ Mia schob den Deckel auf dem Topf zurecht und machte eine dieser genialen Bemerkungen, die einer angesprochenen Thematik sofort eine andere Richtung gab. „Klingt nach Ausbeutung.“ Kai schnappte innerlich nach Luft. Früher gab es an solchen Stellen eigentlich immer Streit. Vollkommen ungewollt von beiden Parteien. Doch Streit war immer das Ergebnis. Jeder fühlte sich durch die Bemerkungen des anderen herabgesetzt oder angegriffen. Jeder musste dann „seine Wahrheit“ verteidigen.

Seit 12 Jahren sind sie nun verheiratet, und diese Narben sind natürlich präsent. Es hat lange gedauert, die eingefleischten Rituale der gegenseitigen Zerstörung in den Griff zu bekommen.

„Nenn es doch Nektarsuche“, sagte Mia. „Du hast Recht“, erwiderte Kai.

Wie leicht ging Kai diese Bemerkung heute von den Lippen. Früher wäre das undenkbar gewesen. Aber noch unwahrscheinlicher war es, dass Mia ihm einmal Recht geben würde. „So etwas hätte man rot im Kalender anstreichen können“, hätte Kai dann gesagt. Doch durch zahlreiche gemeinsame Erfahrungen war es heute viel leichter in die Perspektive und damit in den Kontext des anderen zu schlüpfen und möglichst wertfrei – und auf keinen Fall reflexartig – das Gesagte des Partners – schon gar nicht einfach abfällig – zu kommentieren.

Kai fuhr fort: „Nur denke ich nicht, dass ich Anderen etwas wegnehmen möchte. Mit Ausbeutung hat das also nichts zu tun. Mir gefällt der Begriff Honigsuche einfach. Es ist eben nur ein Begriff. Ich denke dabei an meine Suche. Endlich das Land, in dem Milch und Honig fließen, zu finden.“

Mia erwiderte trocken: „Die ewige Story? Die Jagd nach dem goldenen Irgendetwas?“ Mia wusste schon, wie Kai es gemeint hat. Dennoch konnte sie gar nicht anders, als hier tiefer zu gehen. Täglich quatsche ihr Mann sie voll mit Erkenntnissen und Gelesenem. Nicht, dass diese Gespräche trivial wären oder sie daraus keinen Nutzen zog. Doch sie hatte einfach einen anderen Zugang zu den Dingen. Sie würde niemals so viel lesen oder im Internet recherchieren. Das war einfach nicht ihr Ding. Wenn sie etwas brennend interessierte, klar. Aber lieber ging Mia schweigend im Wald spazieren. Oder sie malte ein Energiebild – so nannte sie ihre Kunst, die viele andere Menschen inspiriert. „Erneut gebe ich dir ein Ja“, antwortete Kai.

Er nutzte gerne ihre Sicht auf die Dinge. Das hat ihm so oft geholfen. Schon als sie sich kennenlernten, prallten ihre Welten aufeinander. Das war vor 17 Jahren. Er ein Intellektueller, ein „Öko“ mit wissenschaftlichen Anstrich. Mia war eine promovierte Ökonomin und sehr fleißige Geschäftsfrau. Kai war im Westen geboren und in den verschiedensten Regionen von Niedersachsen, Nordrhein-Westfahlen und Hessen aufgewachsen. Mia kam aus dem Osten. Sie war in der DDR, in einer Kleinstadt geboren und aufgewachsen und schon ewig – seit ihrem Studium – in Berlin zuhause. Mia tat ihm mehr als gut und er profitierte von ihrer Perspektive. Es wurde immer deutlich, dass sie eine gemeinsame Sicht auf das Leben teilten. Doch diese gemeinsame Sicht war eher etwas prozesshaftes. Außenstehende konnten dies nicht wirklich nachvollziehen. Und dies führte dazu, dass sie sich Geborgenheit gaben in dieser Welt. Und sie zollten sich gegenseitigen Respekt für die gemeinsamen, wie die eigenen Erfahrungen.

Mia und Kai haben dazu einen Leitsatz aus einem Gedicht von Erich Fried: „Es ist was es ist, sagt die Liebe“Kai ergänzte: „Ich habe lange darüber nachgedacht, wie mein Leben verlaufen ist und wie ich zu welchen Erkenntnissen gelangt bin. Du weißt, dass mich die spirituelle Anatomie des Seins schon immer interessiert hat. Wir haben gemeinsam und einzeln unglaubliche Erfahrungen gemacht und können dadurch über so viele unbekannte Zusammenhänge im Universum philosophieren. Doch ist das alles?“ Mia und Kai sind beide 49 Jahre alt. Es ist Winter. Wir schreiben das Jahr 2012. Die Endzeit. Die Mutter aller prophezeiten Jahre. Sie leben in einem gemeinsamen Haus. Es ist ein Plusenergiehaus (darauf bestand Kai ausdrücklich). Es steht am Waldrand nahe dem See. Aber dennoch in der Metropole. Das Haus war so was von unbezahlt, dass ernsthaft dunkle Wolken am Horizont standen und sie tagtäglich existenzielle materielle Fragen beutelten. Dennoch haben es beide, wie durch ein Wunder, bis hierher geschafft. Irgendwann hatte Kai für sich „erarbeitet“, dass das Leben so oder so immer weitergeht. Und Mia kannte diesen wunderschönen Bonmot vom Dalai Lama: Hast du ein Problem und du kennst die Lösung, waren die Sorgen umsonst. Kennst du die Lösung nicht, sind sie auch umsonst.“Philosophieren ist nicht Leben“, unterbrach Mia ihren Mann. „Deck mal den Tisch. Die Suppe ist bald fertig.“ Sie nahm den Topf vom Herd und begann mit wenigen Handgriffen eine Suppe zu improvisieren. Kai nahm die Teller aus dem Schrank und führte seinen Gedanken fort: „Ich meine natürlich unsere Erfahrungen, unsere unglaublichen Reisen, insbesondere die nach Ägypten, die uns in all diese Tempel führte, wo wir auch die „Blume des Lebens“ entdeckten. Unser Aufenthalt in der Königskammer in der großen Pyramide. Und nicht zu vergessen unsere Aufstiegs-Seminare in Österreich.“

„Aufstieg“ war ein heiliges Wort für einen Suchenden. Aufstieg verhieß aufzusteigen. Was es bedeutet? Wer wusste es? Jesus ist aufgestiegen. Dafür musste er sterben. Das wollte niemand. Heute würde Kai eine eigene Definition geben: der Suchende wird mehrdimensional. Mia ergänzte: „Und die vielen einzigartigen Belehrungen von unserem Lama, das Phowa, also alle unseren gemeinsamen Bewusstseinsprägungen.“

Es war wirklich eine Fülle von Orten und Begegnungen. Mit weisen wie herzlichen Menschen. Jede Erfahrung für sich war geprägt durch eine nachhaltige Erkenntnis. Die Bestätigung, dass es mehr gab als das, was die materielle Welt an sich zu bieten hat. Von Beginn an teilten sie die unglaublichsten spirituellen Abenteuer, was schließlich auch zu ihrer Hochzeit führte.

Wenn man Kai fragen würde, was er dabei übersinnliches erlebt hat, würde er wohl vier Dinge nennen: der Kronleuchter, der in dem Schloss in Salzburg bei der atlantischen Hochzeitszeremonie von sich aus zu schwingen begann; seine „Begegnung“ mit Jesus während eines unglaublichen Rituals, die in einem türkisfarbenen Mosaik-Licht geflutet war; die tiefe unaussprechliche, nicht-duale Erfahrung der Einheit in ebendiesem Ritual; und vielleicht auch den Blitz, den es über der großen Pyramide gab, nachdem er mit seiner Frau und einer Gruppe ein Ritual in der Königskammer, die sie dafür exklusiv gemietet hatten, durchführen durfte.

Natürlich gab es weitaus mehr Berichtenswertes. Es wäre spannend und erhellend zugleich. Doch sind dies allesamt so persönliche Erfahrungen, die schlichtweg nicht so einfach zu teilen sind. Kai erzählte sie nur wenigen Menschen. Bei Mia war das noch viel restriktiver. „Meine Dinge sind meine Dinge“, pflegte sie zu sagen.

Kai stellte die Teller auf den Tisch. Mia war weiterhin mit der Suppe beschäftigt. Sie schmunzelte. Sie musste unweigerlich an viele dieser genannten gemeinsamen Momente denken. „Also Honigsuche?“ brachte sie nun selbst Kai wieder in die Richtung, die er eingeschlagen hatte.

Kai fuhr also fort: „Honigsuche schien mir für all das ein toller Begriff zu sein. Das Land hinter dem Regenbogen, quasi. Ist es nicht das, was wir uns von dem Jahr 2012 erhofft haben?

Wie gesagt, dachte ich darüber nach, mal etwas aufzuschreiben und meine Gedankenbücher durchzugehen. Es sind ja ein paar geworden in all dieser Zeit. Und da ich nun wirklich keinen Zugang habe zu übernatürlichem Wissen und mir keiner etwas ins Ohr flüstert oder durch mich sprechen will, war ich bisher eher gehemmt irgendetwas von all dem Zeugs, wie du und ich die Welt sehen, für die Allgemeinheit festzuhalten. Woher weiß ich, dass es richtig ist?“

„Du meinst Channeling?“ „Ja, wie bei Marie, die immer mit der Geisteswelt kommunizierte und mich fast wahnsinnig machte, da wir ja nicht prüfen konnten, wo das nun wieder her kam und wie sich diese Welt außerhalb unserer Welt gestaltet. Natürlich, das sage ich immer, war viel Herz dabei und ich fühlte mich sicher mit dieser Art Information. Doch heute, ein paar Jahre später, frage ich eben danach, was ist geblieben? Wir haben 2012, wir sind nicht aufgestiegen oder erleuchtet, wir haben materielle Probleme, wir haben weiterhin Gefühle, Ideen, Hoffnungen. Ich…“

„Glaube, Liebe, Hoffnung“ unterbrach Mia den Redefluss von Kai und stellte den Topf auf ein Brett, das Kai auf den Tisch gelegt hatte. Glaube, Liebe, Hoffnung war ihr Leitspruch bei ihrer Eheschließung. Und es war wieder so eine Gelegenheit, die Dinge einfach auszudrücken. Und damit, so meinte jedenfalls Kai, vom Thema abzulenken.

„Soll ich Brot schneiden?“, fragte Kai und setzte sich, als klar war, dass es kein Brot geben sollte. „Sieht lecker aus.“ Mia füllte die beiden Teller und Kai redete weiter: „Mir ist halt deutlich geworden, dass wir weiterhin Suchende sind und wir, also ich – was ich mir hier eingestehen muss, dass ich noch immer nicht das gefunden habe, was ich dachte zu finden. Auf der anderen Seite habe ich inzwischen eine Art Wissen angehäuft, das mir überhaupt erst ermöglicht, die Welt, wie sie mir heute erscheint zu verstehen und zu lieben.“ Mia dröhnte der Kopf: „Das erinnert mich daran, dass ich wieder unglaublich schlecht geschlafen habe. Ich hatte so etwas wie Wachträume ohne Zusammenhang und ich konnte nicht einmal meditieren, geschweige denn ruhen.“ Kai schwieg. „Ich habe deswegen beschlossen, dass ich mich von Allem nicht mehr aufregen lasse. Ich lasse das jetzt einfach nicht mehr an mich ran.“

Mia meinte natürlich auch den materiellen Druck, der derzeit auf der ganzen Situation lastete. Aber sie hat natürlich auch verstanden, was ihren Mann so sehr bewegte.

Mia fuhr fort: „Die Zeit der Dramen ist vorbei. Das habe ich schon seit einiger Zeit gewusst und auch danach gehandelt. Doch der Mut, dies immer und jederzeit umzusetzen, ist halt schwer. Doch ich weiß ja, dass im Chaos auch eine gewisse Ordnung ist.“

„Genau davon rede ich ja“, sagte Kai. „Wir haben unsere Erfahrungen und Einsichten in das Leben. Und dies ist in jahrelanger Suche herangereift. Also haben wir auch etwas gefunden. Und für mich entspricht dies meiner jetzigen Wahrheit. Es ist keine Ideologie oder esoterisches Krimskrams, wie dass die Erde auf dem Rücken einer Schildkröte verweilt. Es sind Erkenntnisse die du und ich haben und die uns geholfen haben und helfen. Und deshalb: all diese Erfahrungen und mein Wissen würde ich auch jederzeit mit Menschen teilen. Und so kam ich auf diesen Begriff Honigsuche. Er ist nur eine Vokabel, ein Kontext, ein Begriff, der meinen Weg durch dies Chaos zeigt, beziehungsweise benennt. Denn eins ist gewiss, insbesondere wenn man im Außen auf die sogenannten Verantwortlichen schaut. Die haben keine Ahnung von dem, was derzeit geschieht. Gerade im Finanzbereich und …“ „Wir ja wohl auch nicht“, unterbrach Mia mit einem Schmunzeln. „Ja, aber das ist wohl eher anders zu sehen.“ Kai wurde sehr ernst: „Mia, ist es nicht so, dass wir all diese Herausforderungen erleben, damit wir die Gefühle erfahren können, die wir im Umgang mit dieser Situation erleben?“

Mia schaute Kai an und sagte spontan: „Du meinst, wir leben in einem ewigen Workshop?“

Kai hielt inne. Kai erinnert sich. Kai wusste, dass er das schon einmal gehört hatte. Es war ein Satz, den er vor ein paar Jahren prägte. Er erinnerte sich an den Zusammenhang. Im früheren Ägypten lebten die Adepten in den Tempeln am Nil. Sie lebten in einem Tempel mehrere Jahre. Dann zogen sie weiter zum nächsten Tempel. Den Nil hinauf. Die Tempel standen für Energie-Chakren. In jedem Tempel wurde von dem Adepten ein grundlegendes Lebensgefühl gelernt. Praktisch ein Mehrjahres-Workshop. Er wusste, dass sie heute wahrscheinlich mehr grundlegende Lebensgefühle an einem Tag erleben, als die Adepten in vielen Jahren.

Kai sagte: „Wir haben doch gelernt, nicht nach dem Warum zu fragen, sondern ein Wozu vor die Frage zu stellen.“

Die Frage „Wozu“ erwartet als Antwort ein Argument. Eine Begründung. Eine Kernaussage. Einen Hinweis, auf das, was ist. Klarheit. Hinter den Emotionen suchend. Emotionen enttarnend. Zeitlos und nüchtern. Es zeigt die Zeitqualität, würde Kai sagen. Mia wusste das. „Du meinst, dass deine Honigsuche dir und mir hilft, mit dieser Zeitqualität besser umzugehen?“

„Ja, du merkst es doch selbst. Dieses finale Denken führt mich automatisch dazu, zu erkennen, dass da noch einige unschöne Dinge verweilen, die in mir oder in dir geklärt werden wollen. Auch das ist Honigsuche für mich. Es ist die Beschreibung eines Prozesses, besser eines Weges, der uns durch diese Zeit bringt.“ „Der Weg ist das Ziel?“ „Ja und Honigsuche soll mich daran erinnern. Sonst bleibe ich mitten auf der Strecke liegen und verzweifle. Die Tatsache ist doch, dass ich das gelobte Land noch nicht erreicht habe. Und der Fakt, dass wir jetzt schon in 2012 weilen, lässt mich angesichts der Gesamtsituation zweifeln, ob ich je am Horizont habe etwas aufblitzen sehen.“

Mia nahm die Hand ihres Mannes. Mia antwortete: „Das erinnert mich irgendwie an einen Marathonlauf. Das geht doch auch nur in Etappen. Es kommen sicher bessere Zeiten. Ich weiß das. Wir können nicht falsch liegen mit Allem.“ „Nein, sicher nicht“, antwortete Kai. „Wir lernen im Vorwärtsgehen. Es ist ein Prozess, aber dieser Widerspruch, dass die Zeit so dermaßen schnell rennt und dennoch wirklich alle Themen sich so zäh anfühlen, lässt mich fast verzweifeln. Ich will das nicht einfach erdulden. Deswegen bin ich hier quasi als spiritueller Unternehmer aktiv.“ „Jetzt bin ich gespannt.“ „Als Unternehmerin weißt du ja, dass es darauf ankommt, das jeweilige Vorhaben immer wieder so zu definieren, dass das Projekt in einem realistischen und erfolgreichen Kontext mit guten Wachstums-Chancen erscheinen kann.“ „Spirituelle Schönfärberei?“ „Nein. Es ist die realistische Darstellung eines Prozesses – meines Weges – in meiner Bewusstseinsentwicklung, oder besser: auf dem Stand meiner Bewusstseinsentwicklung, Vor zwei Jahren hätten wir dieses Gespräch so nicht führen können. Honigsuche trägt dieser Tatsache Rechnung und zeigt, dass ich ein Suchender bin – nach spiritueller Nahrung, dass es ein individueller Weg ist und dass es auch ein Ziel gibt.“ „Ich verstehe. Es ist praktisch auch eine Bestandsaufnahme?“ „Genau. Ohne Bestandsaufnahme keine Weiterentwicklung und keine wirkliche Lösung. Wie im richtigen Leben. Aber vor allem mit Aussicht auf Lösungen!“

Sie hatten die Suppe komplett aufgegessen, sehr zum vermeintlichen Nachteil ihrer Hündin „Cara“. Sie hätte gerne etwas abbekommen. Cara kam kurz nach ihrer Hochzeit zu ihnen. Cara war für Mia und Kai ein fast gleichwertiges Geschöpf. Cara war voller Liebe und Persönlichkeit. Natürlich war sie mehr Mia zugetan, aber wenn Kai einmal außer Haus war, wartete sie genauso lange und ausdauernd an der Tür auf die Rückkehr von Kai, wie bei Mia, wenn sie Besorgungen machte.

Sie räumten gemeinsam den Tisch ab. Kai spülte die Teller und stellte sie in die Spülmaschine. „Lass uns doch einfach heute einen ausgedehnten Spaziergang machen. Der See ist zugefroren und ich würde gerne die eine oder andere Flussinsel umwandern. Dies könnten wir mit einer Bestandsaufnahme verbinden. Wie geht das Leben weiter heute, 2013 und im Universum.“

Mia war sofort einverstanden. Sie holte die Leine und den roten Mantel für die Hündin. „Warum auch etwas Geringeres versuchen, als die Welt zu erklären“, sagte sie beim Schuhe anziehen. Sie verließen das Haus.

Fragen zum Sein oder Nicht-Sein

Sie hatten bereits den Wald betreten. Sie wohnten nah am Waldrand. Mia reflektierte das Tisch-Gespräch: „Wenn ich so über deine Honigsuche nachdenke, fällt mir auf, dass Männer immer alles beschreiben und wissen müssen, während Frauen eher beobachten.“

Mia war eingemummelt mit Schal, Handschuhen, einer schwarzen Bogner-Jacke. Sie trug ihre ultraleichten wie trittfesten Wanderstiefel. Natürlich passte alles wie immer genial zusammen. Auch bei dieser Kälte hat sie ein Outfit, das ihre ansehnliche Figur betonte. „Madonna könnte sich da auch warm anziehen“, dachte Kai und freute sich diebisch über sein Wortspiel. Er ging damit manch einem Mitmenschen auf die Nerven. Besonders Mia. Aber es gab auch schon gute Brüller. Letztendlich war diese scharfe Ironie auch ein Grund, warum Mia ihn so mochte. Irgendwie wirkten seine Vergleiche direkt auf die Durchdringung der sogenannten Wirklichkeit. Kai enttarnte dadurch so manche Situation auf eine witzige Art als vergänglich.

Kai ging auf das Argument ein: „Ich muss alles beschreiben, um es in einen Kontext zu setzen. Du weißt genau, dass ich auch sehr gut beobachten kann.“

Kai betrachtete die hohen Bäume. Er wollte schon lange einmal nachschauen, ob diese Bäume hier nur so hoch wirkten oder ob sie wirklich größer gewachsen sind, als vergleichbare Bäume in anderen Gegenden.

Mia konterte: „Ja, beobachten ist das eine, aber der Zwang, alles zu kommentieren ist das andere.“ Das konnte Kai nicht auf sich ruhen lassen. „Hast du wirklich nicht eine innere Stimme die gnadenlos alles in Schubladen rückt, was dir ins Blickfeld kommt? Ehrlich gesagt möchte ich dir nicht als einfache Frau in der Modeboutique begegnen, dein Urteil könnte vernichtend persönlich ausfallen.“

Mia ärgerte sich sofort über diesen Angriff. Kai tat es sofort leid, denn er wollte gar keinen Angriff starten. Er versuchte vermittelnd sein Thema voranzubringen. „Lass uns doch einfach von dieser Honigsuche reden. So wie ich dies definiere kommen zwar Bewertungen gegenüber Menschen und Ereignissen im Leben vor, aber es geht doch darum zwischen dem Ereignis und der eigenen Nase einen Abstand zu wahren. Ich würde hier gerne mein Lieblingswort nennen – „absichtslos“ –, Kai markierte mit seinen lederbehandschuhten Fingern Anführungsstriche. „Und ich denke, dass wir mit jedem Schritt, den wir bewusst bewerten, uns immer mehr diesen Abstand verdeutlichen und ihn zum Schluss kultiviert haben.“ „Schlechte Gewohnheiten gegen gute Gewohnheiten austauschen“, komplementierte Mia verständnisvoll.

Dies war ein Satz von „ihrem“ Lama. Sie traf ihn vor vielen Jahren. Über Kai. Kai war bereits sein Schüler. Lama Ole brachte den Diamantweg-Buddhismus in den Westen. Mia nahm damals mit Kai an einem Phowa teil. Es war ein unglaubliches wie urschönes, Jahrhunderte altes buddhistisches Ritual. Es hilft einem Menschen „das Sterben zu lernen“. Mia musste damals ziemlich genau überlegen, ob sie das überhaupt wollte. Doch Neugierde und Abenteuerlust und die Liebe zu Kai brachten sie dann doch zu dem Ort, wo hunderte Menschen sich gemeinsam in einem Meditationszelt versammelten. Die Meditationen waren wunderschön. Begleitet von einem Gesang der die Engel rührte. Zwischendrin gab es eine geleitete Meditation. Den eigenen Geist zu sammeln und in das „reine Land“ zu schicken. Dies ist ein Heiligtum der Karma Kagyü Linie, die Lama Ole vertritt. Mia las im Internet, dass die Karma Kagyü Linie zu einer der vier großen buddhistischen Schulen Tibets gehört. Als Linie der direkten mündlichen Überlieferung legt sie besonderen Wert auf Meditation und die unmittelbare Verwirklichung der Natur des Geistes durch die Anleitung des Lehrers. Das klang für Mia vertrauenserweckend. Und auch das Phowa setzte in ihr, wie auch bei Kai, starke Energien frei. Letztendlich wurde dieses Ritual, „und dies ist jetzt nicht gelogen“ würde Kai sagen, erst beendet, wenn man bei jedem Teilnehmer ein Loch im Kopf gefunden hat. Also der physische Beweis, dass der Geist die Materie durchdrungen hat. Für Kai zählten jedoch nur diese unvergesslichen, zeitlosen Ausgenblicke, in denen er im reinen Land weilen und gleichzeitig in die Ferne hören konnte.

Kai riss Mia aus ihren Gedanken: „Also, ich habe mit Wolfgang telefoniert und wir haben zusammen ein paar Fragen aufgeworfen. Es geht um die Erfassung der Zeitqualität. Ich halte diese Fragen für die Honigsuche ziemlich brauchbar. Eigentlich sind es fast schon Antworten.“

Zeitqualität war auch so ein Lieblingswort von Kai. Kontext, Zeitqualität, absichtslos, evolutionär, Flow, spirituelle Anatomie – sein Vokabular war unermesslich an solchen Wortschöpfungen. Wolfgang war Kais Freund. Seit seinem achtzehnten Geburtstag.

Wolfgang ist Künstler. Mia dagegen will keine Künstlerin sein. Obwohl sie diese berührenden Energiebilder malt. Man mag sie entweder total oder man nimmt sie einfach nicht wahr. Kai mochte ihre Bilder.

Kai und Wolfgang leben in verschiedenen Welten. Wolfgang lebt in Frankfurt/Main. Kai lebt in Berlin. Wolfgang ist Single. Kai ist verheiratet. Beide haben eine gemeinsame Sozialisierung. Beide verstehen sich. Wie man so schön bildlich ausdrückt: blind. Doch „diese Blindheit muss sich immer wieder gemeinsam erarbeitet werden“. Wieder so ein Kai-Wortspiel. Und genau das ist für Kai auch Honigsuche. Kai konnte sich mit Wolfgang in seiner Weltfindung, die er jetzt Honigsuche nennt, orientieren. Kai würde sagen: kontextualisieren. Schon lange ist für Kai deutlich geworden, dass es gar nicht weiterhilft, einen Standpunkt zu haben. „Da kann man nur umfallen“. Flexibel, Flow oder besser evolutionär durchs Leben finden. Das sollte der Weg sein. Da war er sich mit Wolfgang einig. Wolfgang ist auch ein Suchender.“Wolfgangs und meine Einstiegsfrage war der Ausdruck unserer Sehnsucht: Was integriert Lebendigkeit in dein Leben?“ Kai machte eine Pause und schaute auf Mia, um eine Reaktion zu erhalten. Es kam keine. „Lebendigkeit dient uns als der evolutionäre Faktor – also als gestaltendes Lebensqualitätsmoment! Aber, wie fühle ich mich dabei? Was verschafft mir mehr Klarheit?“

Mia verstummte weiterhin. Hier konnte sie nur etwas Falsches sagen. Sie genoss dagegen die klare Luft. Sie lauschte vor allem den Spechten. Diese haben – viel zu früh – mit ihren unüberhörbaren Revierbegrenzungen durch lautes, monotones baumpicken, begonnen.

„Darauf aufbauend die nächste Frage: Wie kannst du deiner inneren Stimme Wahrhaftigkeit verleihen? Und dann dieser Hammer von Wolfgang: Wie schaffe ich eine Veräußerung von Inhalt?“

Jetzt schwiegen beide. Kai hörte das Knirschen des Schnees unter sein Schuhen. Er genoss die Sonne, die klar diesen wunderschönen Tag erhellte. Er freute sich. Kai machte sogleich ein inneres Dankbarkeitsritual. Er wusste, dass die Weitsicht heute unvergleichbar sein wird. „Was für ein Zeichen“, dachte er. Und quasi zur Bestätigung flogen zwei Bussarde hoch über ihnen ihre Kreise in der beginnenden Thermik.

„Sprich ruhig weiter, ich lasse es nur auf mich wirken“, ermunterte Mia ihren Mann. „Okay, wie schaffe ich eine Veräußerung von Inhalt? Also wie kann ich das, was ich in mir spüre, möglichst authentisch nach außen bringen?“ Kai machte eine Pause. Er freute sich über diesen vermeintlichen Widerspruch, den er jetzt konstruierte: „Um das wahrhaftig hinzubekommen, muss man sich dieser Frage stellen: Wie funktioniert das Verlernen von alten Mustern insbesondere implantierter gesellschaftlicher Muster, wie persönliche Ansprüche an einen selbst?“

„Kenne ich, langweilt mich, ist wohl trotzdem angesagt“, antwortete Mia.

Natürlich akzeptierte sie diese Frage. Inhaltlich gehörte sie zu Kai, wie Kai zu ihrem Leben. Davon sprach Kai. Seitdem sie ihn kannte. Damals nachts um zwei Uhr. Vor dem verhüllten Reichstag. Ein unfassbares Spektakel, in das sie beide so reingeschliddert sind. Und an jedem weiteren Tag von da an gemeinsam genossen. Christo und Jeanne-Claude, sie hatten nie zuvor von diesen Künstlern gehört, hatten dieses riesige Gebäude, den Reichstag, einfach mit Stoff eingehüllt. Die Menschen kamen aus der ganzen Welt. Es wurde an allen Ecken geschaut und gefeiert. Selbst um zwei Uhr nachts. Es gab improvisierte Picknicks. Mit eigenen Tischen und weißen Tischdecken. Kai war außer sich vor Begeisterung.

Damals erzählte Kai auch von seiner persönlichen Begegnung mit dem Zukunftsforscher Ervin Laszlo. Dieser vermittelte ihm eine wichtige These: „Wie verlernen wir erfolgreiche Instrumente?“ Was und ob das damals etwas für sie bedeutete, weiß sie nicht mehr. Heute schon. Kai trommelte weiter seine Fragen, als würde er Geld dafür bekommen: „Wie können wir die Egoschleimspur transzendieren und dabei trotz alledem zu den eigenen Schwächen stehen?“ Damit riss Kai Mia unvermittelt aus ihren Gedanken. „Was?“ „Wie können wir die Egoschleimspur transzendieren und dabei trotz alledem zu den eigenen Schwächen stehen?“ betonte Kai jetzt sehr langsam wiederholend. „Was?“ „Auch egal. Jedenfalls stand nach Beantwortung dieser Fragen für uns fest, dass es im Außen dazu keine Antworten mehr gibt! Es gibt keinen Zug, auf den du aufspringen kannst. Es fehlt uns einfach die Wahrheit im Außen!“

Mia schwieg. Mia dachte nach. Das war beängstigend. Nichts zum Festhalten. Keine Orientierung. Keine heile Welt?! Sie verwarf diese Gedanken. Dann sagte sie: „Also meine Wahrheit im Außen ist es, dass es hier phantastisch schön ist, mein Hund mit mir einen wunderschöne Zeit genießt und ich geblendet bin, nicht nur von Sonne und Schnee, sondern von allem, was ich hier gerade sehe.“ Auch Mia hatte gerade ein kleines Dankbarkeitsritual vollzogen. Das tat sie inzwischen mehrmals am Tag. Sie hatte verstanden, dass es nur den Augenblick gibt. Und keine Vergangenheit oder Sorgen auf die Zukunft. „Nur das integriere mal“, würde Kai das kommentieren. Und diese Rituale helfen, sich selbst von Augenblick zu Augenblick der eigenen Dankbarkeit an Allem das was ist, zu vergegenwärtigen. Und genau das schien doch auch die Antwort zu sein auf Kais Fragen, dachte Mia.

„Weißt du Kai, du erinnerst dich doch an das Pendeluhrbeispiel. Wenn du kräftig schwingst, schwingt dein Umfeld mit. Im Ergebnis kommt dann Hilfe „auf eigenen Impuls“. Dankbarkeitsrituale helfen.“

Mia freute sich über diesen Impuls. Diese Eingabe. Natur ist mächtig. Deswegen sind sie auch hierher gezogen. Stundenlange Spaziergänge und das in einer Millionen-Metropole. „Jeder Tag hier ist ein eigenes Kunstwerk“, pflegte sie zu sagen.

Cara tollte herum. Ihr ging es hervorragend. Inzwischen hatten sie das Ufer erreicht. Sie gingen auf dem Uferweg, um eine gute Einstiegsstelle zu finden.

Sie wollten nicht durch das Schilf gehen und dabei vielleicht Tiere erschrecken.“Lass mich das trotzdem noch zu Ende führen“, sagte Kai. „Uns ist eigentlich klar, und so viel zur Zeitqualität, du kannst keine Verantwortung mehr im Außen abgeben an einen Pfad, wie eine Lehre oder ein anderes Wirklichkeits-Konstrukt. Du kannst nur noch Stimmigkeit zulassen, erforschen, suchen, kreieren.“ Kai machte eine Pause. Er ging zum Eisrand und betrachtete das Eis. Es war locker 30 Zentimeter tief gefroren, so seine fachmännische Meinung. „Hier geht's jetzt rauf.“

Cara peste los. Mia öffnete die Arme. Es sah so aus, als empfing sie die Eislandschaft, die nun vor ihnen lag. Kai spann seinen Faden weiter: „Je authentischer du diese Zeitqualität lebst, desto mehr tust du anscheinend für dich und damit für die ganze Welt. Weißt du noch unser Tolle-Hörbuch? Ich glaube, Eckhart Tolle nennt genau diese Menschen „Frequenzhalter einer neuen Erde“. Und anscheinend sind wir spätestens jetzt und heute dazu aufgerufen, ebenso zu handeln. Das ist also die einfache Antwort, auf diese anspruchsvollen Fragen. Lebe authentisch!“

Mia verstand, was Kai meinte: „Nicht umsonst nennt man Jesus auch den Wahrhaftigen!“

Cara hat wedelnd einen Stock auf dem Eis ergattert. Cara forderte Mia auf, sich am Stockspiel zu beteiligen.

Kai schrieb am Abend in sein Gedankenbuch die folgenden Sätze:Der Weg des Leidens ist relativiert. Das Außen ist wichtig zur Erhöhung der inneren Schwingung. Sollte Dunkles aus dem Innern kommen, schaue dich um, und sieh, wie schön alles ist. Sei dankbar. Tagtäglich und tief aus dir heraus. Liebe alles was ist – ohne Wenn und Aber. Sage Ja zum Leben und freue dich über die Existenz. Mehr kannst du nicht tun und wisse, dass dies schon eine mächtige Herausforderung ist. Das Außen bleibt auch als Indikator für deine innere Schwingung bestehen. Bestenfalls führt uns das in Kohärenz mit dem Leben selbst. In einem kohärenten System geht praktisch keine Energie verloren, weil alle Bestandteile harmonisch zusammenarbeiten. Pendeluhren in einem Raum schwingen nach einer gewissen Zeit immer im Gleichklang. Dieses Phänomen ist in der Natur überall zu finden. Für Eckhart Tolle sind Blumen die erleuchtete Form der Pflanzenwelt. Ihre Schönheit erinnert uns an unsere Formlosigkeit, an unsere eigene Erleuchtung. Buddhas stille Meditation – er hielt einfach eine Blume hoch – bestätigt diese Sicht.

Frage nicht, wie du dein Universum so aufladen kannst, dass deine Umgebung in Resonanz geht. Schwinge dich ein in dein Universum im Kontext der Evolution.

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