Kitabı oku: «Honigsuche», sayfa 3
Gibt es ein Außen?
Das Eis war wunderbar. Es gab eine dünne Schneeschicht. Dies verhinderte ein Ausrutschen. Gleichzeitig wurde die Szenerie in Lautlosigkeit getaucht. Dies flößte Kai schlagartig Ehrfurcht ein: „Wir betreten einen Naturdom.“
Kai ging in dieser Lautlosigkeit auf. Er wurde eins mit Allem. Er merkte, wie laut sein Leben ist; trotz aller Bemühungen, in die Stille zu gelangen.
Mia hielt ebenfalls inne. Sie erblickte zwei Menschen weit hinten auf dem Eis. Sie schienen Schlittschuh zu laufen. Die Sonne knallte förmlich ihr Licht in die betrachtete Landschaft. Weite wurde fühlbar. Beide meditierten im Gehen.
„Das Prinzip ist einfach zusammengefasst“, setze Kai seine Ausführungen nach einer Pause leise und behutsam fort. „Das Außen ist nicht wirklich existent. Es geht im Ergebnis also nur noch um dich, deine Person, deine Gefühle und deine Wahrnehmung über die Welt. Es ist sozusagen ein Denkinstrument, ein Denkmodell zu dem ich hier einlade.“ „Ein sehr bekanntes Denkmodell. Die einen oder anderen Buddhisten würden da wohl zustimmen.“ „Sicher, doch ich finde es schon spannend, wie Wolfgang und ich das hergeleitet haben. Und es ist doch sinnvoll, immer wieder die Sicht auf die Dinge zu hinterfragen. Wolfgang ist da sowieso unschlagbar. Ich habe erst kürzlich von ihm eine Mail wiederentdeckt, wo er die Entstehung von Gedanken thematisiert…“
„Wie die Dinge sind“, zitiert Mia einen Buchtitel von Lama Ole und unterbrach Kai in seinem Redefluss, der ihre Ruhe beeinträchtigte. Wie oft hatte sie dieses Buch gelesen und auch verschenkt. Manche Wahrheiten sind wahrlich zeitlos.
Nach einer Weile brach Mia das Schweigen: „Gehe ich den Waldweg entlang, oder wandele hier auf dem Eis, so empfinde ich mich eins mit den Bäumen und dem Himmel oder“, und Mia machte im Vorwärtsgehen eine Halbkreisbewegung in Richtung Kai und öffnete ihre Handflächen, „ich denke daran, wie ich meinen Nachbarn neidisch machen kann. So sind beides praktisch die Wege des Lebens, entweder das Leben zu verschwenden oder es bejahen und zu lieben.“
Sie waren bereits mitten auf dem Eis. Ein paar hundert Meter vom Ufer entfernt. Es waren so gut wie keine anderen Menschen zu sehen. Über ihren Köpfen vernahmen sie ein bekanntes Geräusch. Ein Kranichvogelzug näherte sich. Beide schauten in Richtung Ufer. Über dem Waldhorizont zeichnete sich eine Vogellinie ab. Cara verweilte schauend bei Mia. Es wurden immer mehr Vögel. Kai fing automatisch an zu zählen. Da machte er bereits eine zweite Vogellinie aus. „Unglaublich“, murmelte er. „Das werden viele Vögel sein.“ „Wollen sie landen?“ „Nein, aber sie ziehen wirklich schon zu den Brutplätzen. Doch wo wollen die Nahrung finden?“ Inzwischen waren drei weitere Vogellinien sichtbar. Und parallel flogen dann auch noch zwei Linien. Jetzt waren es insgesamt sieben. Kai verlor den Überblick beim Zählen. Er hatte noch nie so viele Zugvögel auf einmal erlebt. „Das waren sicher 1.000 Stück“, sagte er mit anerkennender Stimmlage. „Möge ihre Reise sicher sein.“
Sie lauschten noch eine Weile. Sie lauschten den vielfältigen Schreien der Kraniche hinterher. Die Sonne schien wärmend. Cara begann mit einem Eisstück zu spielen. Es war klar, dass sie weiter gehen mussten, denn für einen Hund ist es zu kalt, wenn man zu lange rumsteht.
„Eine schöne Synchronizität“, fasste Kai das Ereignis zusammen, während er sich in Bewegung setzte und Mia an die Hand nahm.
„Die Vögel fliegen zum Horizont und weiter. Mir geht es genau um dieses unentdeckte Land, das alle Menschen und die Menschheit seit ewigen Zeiten suchen. Ebendiese Suche wird in allen Kulturen gepriesen und kulturell mit herzbewegenden, bewusstseinserweiternden, individuellen wie gemeinschaftlichen Ritualen unterstützt.“
Kai fühlte die Freude. Dann fühlte Kai das Leid.
Er fuhr fort: „Durch das finstere Mittelalter und den unfassbaren wie wahnsinnigen Ereignissen im letzten Jahrhundert sind die Menschen jedoch gerade im deutschsprachigen Raum dieser Traditionen beraubt worden. Individuell wie gesellschaftlich gibt es so gut wie keine zyklische Zeiterfahrung mehr, keine wirklichen Rituale des In-die-Welt-Gehens, keine Übergangs-Traditionen zwischen den einzelnen Bewusstseinsentwicklungen – nur kommerzialisierte und religiös okkupierte Scheinfeiern von Ostern und Weihnachten – Echo-Reste der Mond- und Sonnenwenden, der Naturzyklen.“
Kai merkte, wie er sich ereiferte. So war er nun einmal. Er begeisterte sich für die Dinge, die ihn beschäftigten. Und es berührte ihn, wenn er Unrecht oder Seelenschmerz spürte. Kai liebte inzwischen die Jahreszyklen. Er beobachtete den Lauf der Sonne. Er freute sich, wenn die Tage wieder heller wurden. Er kannte ein heiliges Ritual. Das zelebrierte er immer zu den Sonnenwenden: das Agnihotra-Feuer. Dafür hatte er eine Stumpfpyramide aus Kupfer. „Um die kosmischen Kräfte zu akkumulieren“. Für das Ritual brauchte man getrockneten Kuhdung, ausgelassene Butter (Ghee) und möglichst unpolierten oder braunen Vollkornreis.*) Das Ghee wird auf den Kuhdung gestrichen. Es wird in die Pyramide gelegt.
Die Pyramide wird eingenordet aufgestellt. Zum genauen Zeitpunkt des am Ort stattfindenden Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang wird es entzündet. Mit einem Mantra wird rituell der Reis in das Feuer geschmissen. Zuvor kann man die Engel, die Elementarwesen und weitere Bewohner der formlosen Welt in einer Anrufung herbei bitten. Kai machte das Ritual immer zum Sonnenuntergang. Zur Sonnenwende. Am 21. Juni und am 21. Dezember. Das Mantra, das dann gesungen wird, lautet: AGNAYE SWAHA, AGNAYE IDAM NA MAMA, PRAJAPATAJE SWAHA, PRAJAPATAJE IDAM NA MAMA. (Als Übersetzung: O Gott, alles ist dein, nicht mein.) Der ganze Ablauf klingt so verrückt. Es machte Kai immer eine riesige Freude. Denn während des Rituals und auch danach war am Ort spürbar eine andere Energie. Die Asche verteilte Kai bei den Pflanzen, mit denen er und Mia lebten.
*) Anmerkung: Materialien für das Agnihotra erhaltet Ihr bei: Homa-Hof Heiligenberg, Oberhaslach 6, 88633 Heiligenberg Telefon: 07552-938754, Telefax: 07552-938756E-Mail: shop@homa-hof-heiligenberg.de
Kai sprach weiter über die Zeitzyklen: „Du weißt, das Leben und das Universum ist voll von Zyklen der Zeit und individuell erfahrbaren Neu-Anfängen und den entsprechenden persönlich erfahrbaren Zeit-Enden – wobei alles eigentlich nur ein ständiges Kommen und Gehen, Werden und Sein ist. Ich brauchte bis heute, gefangen in meinen eigenen Traumata und blockiert von schmerzhaften Seelenrissen, um das tief in mir zu erkennen, was wir alle schon immer wissen. Dass wir im Grunde unseres Seins vertrauen können auf die unendliche Weisheit des Lebens.“
Mia verstand genau, was Kai meinte. Sie hatte da sowieso einen eigenen Zugang. Dieser ließ sie schon immer genau so Denken und Handeln. Ihre Bilder waren Zeugnis dieses Vertrauens.
Cara schlich ihr durch die Beine. Ihr Spieltrieb hatte zugenommen. „Hier ist eine sehr schöne Energie“, stellt Mia fest. „Schau wie Cara spielt.“ Sie hielten inne und spürten in die Umgebung hinein. Etwas Warmes kroch in ihre Nervenbahnen. Die Anwesenheit freundlicher Wesen machte sich bemerkbar. Es gab dafür keinen anderen Ausdruck. Kai war sehr aufmerksam nach innen gerichtet. Es dauerte lange, bis er sich wieder in Bewegung setzte.
Kai richtete das Wort an Mia: „Die Menschheit ist heute in der glücklichen Lage durch die Erfindungen der letzten Jahrzehnte, das vorhandene Wissen über alles fast stündlich zu verdoppeln. Durch diese Vielfalt kann man schon mal die Übersicht verlieren. Doch mir war mit meinen ersten nachvollziehbaren Ideen und Erkenntnissen deutlich, dass es eine Art Struktur geben muss, die hinter allem existiert. Leider war die Suche danach „nur“ eine starke Intuition und wie in jeder Heldensage, weiß der Held am Anfang nicht, welche Gefahr während der Reise lauert und vor allem: wohin der Weg führt.“
Kai fühlte sich nicht als Held. Kai fühlte sich als Pionier. Suchende sind Pioniere. Er sagte: „Ich fühle mich nicht als Held, sondern ich sehe in allen Menschen, die ihren Weg gehen, egal was am Ende der Reise auf sie wartet, das Heldentum, das wir zurecht preisen.“
Sie hatten die Inselmitte erreicht. Sie waren ca. 100 Meter vom Inselufer entfernt. Es war wie auf einem anderen Planeten. Nichts war bekannt. Und doch war alles so vertraut.
Vor vielen Jahren las Kai ein Buch. Gleich mehrmals. Es war von Ken Wilber. Der deutsche Titel lautete „Halbzeit der Evolution“. Ohne zu wissen, wer Ken Wilber war und was er sich für eine Aufgabe gestellt hat, begann Kai damit einer Spur zu folgen. Heute ist dies als „Ewige Philosophie“ oder auch „Integrale Philosophie“ bekannt. Das Schöne. Das Wahre. Das Gute. Die „Philosophia Perennis“. Heute wusste Kai ein bisschen über die Geschichte dieser Philosophie. Er ist auf seiner Lesereise auf zahlreiche Autoren gestoßen. Inzwischen zählt er diese zu den interessantesten Individuen auf diesem Planeten. Darunter war auf jeden Fall Aldous Huxley. Für Kai ein Mensch, der in vielen Dingen ein Pionier war. Und auch andere Pioniere erkannte. Vor allem erkannte Huxley nach Meinung von Kai, wie die Menschheit sich individuell und gemeinschaftlich in einem unsichtbaren Gefängnis der Nicht-Erkenntnis freiwillig aufzuhalten schien. Bereits 1945 schrieb er sein Buch „Philosophia Perennis“. Darin brachte er sein Wissen darüber zum Ausdruck, dass es eine gemeinsame, sich evolutionär entwickelnde Weisheit hinter allen Kulturen und Religionen gibt.
Und natürlich hielt Kai auch den integralen Philosoph Ken Wilber für einen der bedeutendsten Menschen auf diesem Planeten.“Du weißt, es war immer mein Weg die „Weisheit des Lebens“ anzunehmen, zu entdecken und auszusprechen. Ich weiß nicht, ob es hier je eine Ende, oder ein Ziel geben kann. Doch genau diese permanente, ganzheitliche Lebensanalyse nenne ich Honigsuche. Dabei ist auf jeden Fall zu betonen, dass dies kein stringenter Bergaufstieg ohne Pausen und Rückschläge ist. Im Gegenteil tun sich Klippen und Felsvorsprünge auf, die gemeistert werden müssen. Insbesondere meine sehr tiefen Seelen-Spalten galt es zu erkunden. Auch wenn ich hier darüber so einfach rede, bedeutet dies nicht, dass ich darin besonders gut bin oder war. Und darum geht es auch gar nicht. Ich habe schon früh begriffen: Es geht darum, da lang zu gehen, wo die Angst ist. Und nicht zurück zu schauen.“
Seine wohl wichtigsten persönlichen Erfahrungen machte Kai bei seinen unzähligen Atemsitzungen. Und in den vielen Wochenenden. Diese verbrachte er in sogenannten psychologisch geleiteten Selbsthilfegruppen. Mitte der 80er Jahre. „Homo sum, humani nil a me alienum puto – Ich bin ein Mensch. Ich meine, nichts Menschliches ist mir fremd“. Das war seitdem sein Lieblingsspruch. In seiner Eitelkeit hat er früher gerne darüber gesprochen, dass er Altgriechisch und Latein und auch ein wenig Hebräisch gelernt hat.
„Honigsuche steht für meine Gewissheit, dass über allen Gipfeln die Sonne scheint.“ Kai grinste und schaute in die Sonne, die über den Gipfeln stand. Er musste sich dafür etwas umdrehen. Mia vollzog diese Drehung ebenso. Mia antwortete: „Ja, es ist wirklich außerordentlich schön hier. Was für ein Geschenk.“ Sie gingen weiter am Ufer entlang. Kai blieb bei seinem Thema: „Viele Menschen haben sich in der heutigen Zeit diesen Weg der Erkenntnis verbaut, da sie sich aus der fehlerhaften Analyse immer noch gültiger kultureller Über-Begriffe unreflektiert bei ihrer Honigsuche in Warteschleifen ziehen lassen. Und noch etwas: Wer von all diesen Dingen redet, kommt nicht daran vorbei, auch die Mega-Vokabel GOTT anzusprechen.“ Mia wusste, dass das Gespräch mal wieder elementar wurde.
Gott. Was für ein Wort. Du sollst dir kein Gleichnis machen. Natürlich. Sonst verpasst du Gott. Wer Gott sucht, muss Gotten fallen lassen.
Mia sagt: „Vielleicht ist diese Vokabel nur ein Synonym für Honigsuche?“ Kai sagt: „Könnte sein. Wer weiß, wohin uns diese Gedanken führen?“
Sie gingen den Weg am Ufer entlang. Auf dem Eis. Die Insel lag rechts neben ihnen. Sie schauten auf die Insel. Sie wollten irgendetwas Spannendes erkennen. Doch bis auf ein paar schöne alte Bäume, die sich majestätisch in der Sonne rekelten, gab es nichts Aufregendes zu vermelden.
„Dass Gott in jedem von uns lebt, dass jeder Fleck Erde uns Heimat sei, jeder Mensch uns verwandt und Bruder ist, dass das Wissen um diese göttliche Einheit alle Trennung in Rassen, Völker, in Reich und Arm, in Bekenntnisse und Parteien als Spuk und Täuschung entlarvt – das ist der Punkt, auf den wir zurückkehren, wenn furchtbare Not oder zarte Rührung unser Ohr geöffnet und unser Herz wieder liebefähig gemacht hat.“Herrmann Hesse (von Mia für diesen Abschnitt ausgesucht)
Individuum
Kai schlenderte beschwingt über das Eis. Kai setzte die Analyse fort. Kai fand einen Dreh- und Angelpunkt. Einen Nabel. „Wer ist der Beobachter?“, fragte sich Kai.
Kai: „Ich habe einen weiteren Punkt in meiner Analyse. Meine Frage war: Wer ist der Beobachter? Meine Antwort ist: das Individuum. Individuum heißt eigentlich übersetzt etwas Unteilbares, also eine einzelne Person. Nun wissen wir ja inzwischen, dass es nichts Unteilbares gibt und alles letztendlich in reiner Energie endet, doch was für ein schönes Bild, dass die Menschheit aus unteilbaren Geschöpfen besteht. Und wenn ich daran denke, dass Jesus sich als Menschensohn bezeichnete, bekommt dieser Gedanke für mich eine noch tiefere Wahrheit.“
Man sah ihm förmlich an, wie er mit seinem Gedanken etwas zu fliegen begann. „Ich glaub, ich bin da einer Sache auf der Spur. Das da mit dem In-di-vi-du-um“, er zog die Silben bedeutungsvoll auseinander, „scheint mir wirklich eine geschickte Schöpfungssache zu sein. So hat Gott doch die Wahrheit über sich in jedem einzelnen Menschen versteckt.“
„Ja, diese schöne Weise hat mir schon vor Jahren sehr gefallen. Gott ist in mir, wie wunderschön.“ „Das stimmt. Und ich erinnere dich an das Thomasevangelium wo unser lieber Menschensohn mit Thomas zur Seite geht und er ihm die drei Wörter sagt, so wie bei dir.“
Mia durchzog ein Freudenstich. Das tat es eigentlich immer, wenn sie sich an diese Situation erinnerte. Der Alltag schüttet wirklich alles zu. Selbst eine Wiedergeburt. Und das war es für sie. Zu Beginn der Beziehung mit Kai. In einem Workshop. Es ging um Energien und Heilung. Clearing nannten sie das damals. Wie Kai erlebte sie Szenen aus „früheren Leben“. Bei Kai war es sogar ein wirklich authentisch nacherlebtes Harakiri. Er flog dabei praktisch durch den Raum. Eine der anwesenden Begleitpersonen zog ihm intuitiv ein virtuelles Harakiri-Messer aus seinem Bauch. Man hörte ein Geräusch. Abermals ging Kais Körper mit. Es war wie in einem Film.
Und während dieser Sitzungen, als Mia mal ertrank und sich mal an einem Ufer fand, schaute sie auf einmal in die Augen von Jesus. Und Jesus sprach mit ihr. Jesus sagte die drei Worte. Jesus sagte: Ich bin Du!
„Mir musst du das nicht erzählen“, sagte sie freundlich zu Kai. Mia war dankbar. An diesem wundervollen Tag. An diesem wundervollen Ort. An diese wundervolle Begegnung erinnert zu werden. Kai merkte, dass der Augenblick heilig wurde. Er sagte ein buddhistisches Mantra: „Om mani peme hung.“
Kai konnte einfach nicht anders. Er musste wieder frotzeln: „Ich hatte es glatt vergessen, mit welch ausgesuchter Person ich verheiratet bin.“ Mia knuffte ihn. „Sei nicht immer so ironisch. Du kannst auch sehr ergriffen sein.“
Sie ließen den Augenblick auf sich wirken. Die Sonne schien sie förmlich mit ihrer Helligkeit zu durchdringen. Kai machte eine Übung. Er lud seine Zirbeldrüse auf. Schon vor Jahren hatten sie eine Technik gelernt, mittels einer Atemübung dies zu tun. Das war anstrengend. Und aufregend zugleich. Lichtkreisarbeit wurde das damals genannt. Dann ist das total eingeschlafen. Doch irgendwie kam er vor ein paar Wochen an eine Musik. Eine CD. Die die Zirbeldrüse aktivierte. „Aufstiegsmusik“. Kai erinnerte sich an die vielen Informationen die er zur stattfindenden Entwicklung der Sonnenaktivitäten für das Jahr 2012 gesammelt hatte. In Gesprächen mit seiner Frau wurde beiden deutlich, dass wahrscheinlich wirklich vermehrt „Aufstiegsenergie“ über die Sonne auf die Erde geleitet wird. Kai wollte diese Energie nutzen. Kai wollte diese Energie einfangen.“Ich lade übrigens meine Zirbeldrüse auf. Bin schon ganz benommen.“ „Sehr witzig.“ Beide schwiegen.
Dann fiel Kai etwas ein: „Ach ja, ich wollte dir unbedingt noch was erzählen. Ich habe von uralten Sonnentempeln in Ostdeutschland gehört. Man kann sie nur aus der Luft wahrnehmen, da sie komplett eingeebnet sind. Sie sind 7.000 Jahre alt, älter als Stonehenge oder die Pyramiden. Und das in Ostdeutschland. Es ist der Kreisgrabenkult. Man findet sie an der Elbe und an der Donau zu Dutzenden. Teilweise echt riesige Flächen. Die Anlagen waren genau auf die Wintersonnenwende ausgerichtet. Man kann beweisen, dass es astronomische Beobachtungszentren und möglicherweise eben Sonnentempel waren.“ „Dann ist dein Sonnenkult ja gar nicht so falsch.“ „Ich weiß, dass er nicht falsch ist. Das einzige das falsch ist, ist unsere Art, die Zyklen in den Gestirnen zu ignorieren. Mit dem Gregorianischen Kalender wurde unser Ur-Wissen über die gleichmäßigen Zeitzyklen begraben. Seitdem geht die Zeit nicht mehr nach dem Mond. Im Gegenteil wurde dies ein Ausdruck für Hinterwäldlertum.“
Kai schwieg. Mia fühlte die Gegend. „Hier ist es übrigens wieder wie an unserem Uferstück. Ich merke eine Leichtigkeit. Es ist wie diese eine Wanderin, der wir dort letztens begegnet sind, sagte: ein Jungbrunnen.“ Kai spürte. In der Tat wuchs er um fast zwei Zentimeter. Er richtete seinen Körper auf. Er sagte: „Wirklich irre, wie manche Orte wirken können.“ Sie fühlten sich verbunden. Sie meditierten. Sie gingen einen gemeinsamen Weg.
Mia hielt Ausschau nach Cara. Mia begann Cara anzuspielen. Mia ging in die Hocke. Cara kam wedelnd herbei gelaufen. Cara umrundete beide.
Kai erinnerte sich an seinen Gesprächsfaden. „Eigentlich wollte ich dir doch von meinen Ideen zum Individuum erzählen.“ „Du schaust zu viel Voyager“, antworte Mia.
„Könnte sein. Aber zuvor mal was ganz anderes, aber zum Thema: Vor kurzem habe ich erneut die Information erhalten, dass jede Schneeflocke auf diesem Planeten einzigartig ist, und dass es länger dauern würde, als das Universum alt sei, bis überhaupt die Wahrscheinlichkeit besteht, dass eine Schneeflocke einmal so aussieht wie eine andere. Das hat der Physiker John Hallet bereits um die vorletzte Jahrhundertwende herum ausgerechnet.“ Mia schaute ihn von unten nach oben in die Augen. „Hat er wohl alle nachgezählt?“ „Nein, aber ein paar Tausend soll er in der Tat untersucht haben.“
Kai fuhr fort: „Machen wir uns bewusst, dass wirklich jeder Mensch eine eigene Persönlichkeit hat. Und wir wissen auch, dass jeder Mensch eigene ihm zugehörige Fingerabdrücke hat. Dann die DNA und wer weiß was es da noch eigenes, individuelles gibt?“ „Ich habe gehört, dass jeder Mensch einen völlig ihm zugehörigen Herzton hat“, ergänzte Mia. „Und es gibt eine komplett individuelle Sexualität. Sexualität ist eigentlich vollkommen individuell also „ungenormt“ wie du es ausdrückst. Erinnerst du dich an Film Kinsey – die Wahrheit über Sex.
Dieser Typ hatte das schon in den 60ern bewiesen.“ „Wow, weißt du was das bedeutet. Nicht nur, dass wir ein tolles Team sind und uns ergänzen. Alle Gleichmach-Utopien ob Gesellschaft oder Religion sind zum Scheitern verurteilt.“
Kai hüpfte ein wenig, als er das aussprach. Mia ergänzte: „Ja und es gibt die Nutzung von Augen und Stimme in der Sicherheitstechnik, also ist auch das komplett individuell.“ Kai blieb stehen und schaute Mia bedeutungsvoll an. „Wenn Jesus so sehr darauf bestand ein Menschensohn zu sein, dann sollte man sich doch mal ehrlich mit dem Menschsein beschäftigen. Erst gestern hatte ich wieder so ein Gespräch, wo ein älterer Mann einen Abgesang auf die Menschheit veranstaltete. Ist das nicht schade. Menschsein ist anscheinend das Beste, dass dir in diesem Universum passieren konnte. Selbst Jesus wollte dazugehören. Ein Unteilbares im Ganzen. Bringen nicht wir Menschen den Himmel auf die Erde – gerade auch energetisch gesehen?“ Mia antwortetet spontan: „Ja, und das ist eine ganze Menge Arbeit. Die Herausforderung ist nur, dass dies kaum ein Mensch weiß!“
Kai verstand Mia nicht wirklich, doch das Gesagte war für seine Argumentation stimmig. Kai fuhr fort: „Es heißt doch nicht umsonst, dass wir Sternenkinder sind. Kosmische Wesen, die menschliche Erfahrungen machen wollen. Oder, wie ich jetzt gehört habe, kosmische Wesen, die sich über die Nahtstelle Mensch selbst erfahren.“
„Wenn ich dich richtig verstehe, sind wir alles absolute Einzelwesen, praktisch jeder ein eigenes Universum?“, fragte Mia.
„Jetzt sind wir da, wo ich hinwollte. Das ist die Mutter der Honigsuche. Viele Universen formen ein gemeinsames Universum im Universum. Und jedes Universum hat ein Grundrecht auf seine eigene Wahrheit und wenn es – also das jeweilige Individuum – diese Wahrheit authentisch mitteilen will, so soll dies geschehen. Ich rede hier nicht über Ego-Universen sondern wirklich über das, was in jedem Menschen tief an Wahrheit verborgen ist und sich als Persönlichkeit entfalten will. Hier muss natürlich auch die menschliche Sprache versagen, denn ich will wirklich nicht die Person oder das Ego in den Vordergrund spielen. Ich sehe den evolutionären Kontext. Honigsuche ist somit die Freilegung unseres individuellen evolutionären Auftrags.“
Kai betonte den letzten Satz besonders. Kai sprach ihn heilig. Den Satz. Sich selbst. Diese Erkenntnis. Diesen Augenblick. Kai spürte, dass etwas in ihm diesen Satz formuliert hat. Er kannte diesen Satz nicht. In diesem Gefühlt sprach Kai weiter:
„Ich glaube, dass wir alle Diamanten sind und jeder seine Leuchtkraft für alle Menschen gemeinsam entwickeln darf, kann und auch muss. Nur so kann die Evolution, vor allem die Evolution des Bewusstseins stattfinden.“
Mia steuerte das Ufer der Insel an. Dort lag ein fünf Meter langer Baumstamm. Er lag im rechten Winkel zum Ufer. Er ragte aus dem Eis. In der Sonne. „Zeit für eine Pause.“
Cara sprang über den Ast. Sie setzten sich. Kai fasste das Gespräch zusammen: „Ich glaube, dass wirklich jeder Mensch einzigartig ist und dass wirklich jeder Mensch zur Evolution beitragen kann und wird. Jeder Mensch hat eine völlig eigene Antizipation der sogenannten Wirklichkeit. Damit ist jeder Mensch ein komplett eigenes Universum. Ist das nicht phantastisch?“ „Ich bin begeistert!“ „Warte ab, denn jetzt kommt mein Lieblingsthema: Selbstliebe!“
Mia stöhnte. Das konnte sie nicht verhindern. Sie erschreckte sich sogar ein wenig darüber. Aber beim Thema Selbstliebe wurden einfach ihre Punkte gedrückt. Kai konnte es nicht lassen. Immer wieder betonte er, wie wichtig es ist, sich komplett so wie man ist, anzunehmen. Er trug sogar mal ein T-Shirt mit dem Aufdruck: „Ich liebe mich“. Mia hätte schreiend weglaufen können. Kai reagierte ganz nüchtern. Kai erklärte. Dass der Mensch aus 80% Wasser besteht. Dass der Wissenschaftler Masaru Emoto nachgewiesen hat, wie Gedankenkraft und Worte Wasser bzw. gefrorene Wasser-Kristalle in der jeweiligen Form beeinflussten. Masaru Emoto fotografierte diese Wasserkristalle. Tatsächlich haben Mia und Kai dann auch eine Foto-Ausstellung besucht. Sie haben die Fotos von den wunderschönen harmonischen Formen gesehen. Die entstehen, wenn das Wasser zuvor in einer Flasche war. Mit einem Etikett, auf dem die Vokabel „Liebe“ stand.“Honigsuche ist Selbstliebe. Wie könnte es anders sein?“, grinste Kai, der wusste, dass er ein Reizthema ansprach. „Nun kannst auch du die Selbstliebe lieben!“ Kai freute sich sehr über diese triumphale Zusammenfassung.
„Mia, wenn wir unteilbare Lichtwesen und Sternenkinder mit absolut eigenen Mustern bzw. Eigenschwingung sind, dann können wir gar nicht anders. Wir müssen uns selbst lieben um damit „All das, was ist“ lieben zu können.“
Diesem Gesprächsabschnitt möchte ich diesen Text aus Kais Gedankenbuch hinzufügen: Es ist aber so, dass auch jeder Mensch anscheinend komplett ein Individuum ist. Das bedeutet, dass wir eben nicht eine genormte Daseinsform haben, die vorgeschriebene Wege geht wie männlich, weiblich, Heiraten und Kind, Haus, gesellschaftliches Dasein je nach Kultur, etc. Wenn wir es zulassen könnten, sind wir wahrscheinlich Milliarden von einzelnen Universen, die gemeinsam auf diesem Planeten entstehen und existieren. Diese Vorstellung ist so unvorstellbar, dass wir im Grunde genommen nur mit (außer-)sinnlichen Experimenten – wie sie in allen Kulturen beheimatet sind, hier eine Antwort erlangen könnten und zwar – wie sollte es anders sein – eine individuelle! Der Physiker Nassim Haramein schreibt zu diesem Thema: „Ihr seid wie eine Sonde der Raumzeit, die auf sich selbst von der Außenseite zurückblickt und die Informationen über ihre eigene Existenz sammelt.“ Mögen alle Kulturen zusammenfinden und ihr jahrtausendaltes Wissen freigeben. Mögen wir es alle erfahren. Mögen wir einzeln und gemeinsam Bestandteil dieser evolutionären Erfahrung sein.