Kitabı oku: «12 Jesse Trevellian FBI Thriller August 2021: Krimi Paket», sayfa 4
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Der Wagen stand in einem Hinterhof, etwa zehn Minuten reine Fahrzeit vom Police Headquarter entfernt.
Überall standen Einsatzfahrzeuge des Buffalo Police Department. Wir fuhren im Dienstwagen von Captain Josephson mit, da es nach seine Angaben völlig sinnlos gewesen wäre, in der Umgebung jetzt noch einen freien Parkplatz zu suchen. In dieser Hinsicht war die Lage in Buffalo zurzeit wohl besonders angespannt.
Also ließen wir den Sportwagen in der Tiefgarage des Headquarter stehen und fuhren mit Captain Josephson zum Ort des Geschehens. Milo und ich saßen auf der Rückbank. Den Beifahrersitz nahm Detective Sergeant Serena Morgan ein, eine Frau von Ende zwanzig mit braunem, gelocktem Haar, das sie zu einem Zopf zusammengefasst trug.
Josephson gab ihr die Anweisung, den Profiler zu verständigen.
„Dr. Martin ist auf dem Weg“, stellte Serena Morgan wenig später fest.
„Das ist gut“, murmelte Josephson.
Ihm war anzumerken, wie sehr ihn die Meldung von dem Leichenfund mitgenommen hatte. Die äußeren Umstände ähnelten wohl einfach zu sehr jenen des Falles von Selma Monteleone.
Wir stiegen aus. In Josephs Gefolge ließen die uniformierten Kollegen uns sofort bis zum eigentlichen Fundort durch.
Der Hinterhof gehörte zum ehemaligen Gelände einer Speditionsfirma, die vor einiger Zeit in Konkurs gegangen war. Der Hof wurde von drei Seiten von Lagerhäusern umgeben. Mehrere Lastwagen standen dort, die jetzt vor sich hin rosteten. Die Reifen hatte man abmontiert, bei einem von ihnen fehlte sogar die Frontscheibe. Die Gebäude standen schon längere Zeit leer, wie am äußeren Zustand unschwer zu sehen war.
„Nicht gerade die schönste Ecke von Buffalo“, meinte ich.
Josephson reagierte darauf nicht. Er ging stieren Blicks auf den Toyota zu, der von Kollegen umringt wurde, die zum Teil zu den uniformierten Kollegen des Police Department gehörten, zu einem anderen Teil dem Erkennungsdienst angehörten.
Detective Morgan antwortete mir stattdessen.
„Nach dem Konkurs der Firma, die hier ansässig war, wollte ein Investor ein Kaufhaus errichten, aber das Projekt kommt nicht so richtig voran.“
„Jedenfalls dürfte hier selten jemand herkommen“, stellte ich fest.
Wir erreichten den Toyota.
Die Tote saß auf dem Beifahrersitz. Der Gerichtsmediziner beugte sich gerade von der Seite über sie, um die Erstuntersuchung durchzuführen. Am Fahrersitz machte sich bereits ein Kollege des Erkennungsdienstes zu schaffen.
Der Gerichtsmediziner war schließlich fürs Erste fertig. Er zog seine Latexhandschuhe aus und wandte sich an Josephson.
„Es gibt ziemlich eindeutige Spuren eines Elektro-Schocker-Einsatzes“, erklärte er. „Was ich Ihnen jetzt sage, ist natürlich ein vorläufiger Befund. Genaueres kann ich Ihnen erst nach der Obduktion sagen.“
„Natürlich“, sagte Josephson ungeduldig.
„Meiner Ansicht nach ist das Opfer betäubt worden und anschließend ließ man die Frau ausbluten. Letzteres ist dann auch die Todesursache.“
„Gibt es Spuren eines Kampfes?“, fragte ich.
Der Gerichtsmediziner sah mich an und hob die Augenbrauen. „Nein, dafür liegen keine Anzeichen vor.“
Josephson stellte uns kurz und knapp gegenseitig vor. Der Arzt hieß Edgar Simpson und arbeitete für ein gerichtsmedizinisches Institut, das im Auftrag des Coroners tätig wurde, wenn dies von der Justiz angefordert wurde.
Detective Sergeant Serena Morgan hatte inzwischen mit einem der uniformierten Kollegen gesprochen und kehrte jetzt zu uns zurück. „Der Wagen ist auf den Namen Roxanne Brady zugelassen“, stellte sie fest.
„Das bedeutet, dass sie sehr wahrscheinlich nicht hier starb“, schloss ich.
Simpson schien meiner Meinung zu sein. „Sie sitzt sehr schief auf dem Beifahrersitz. So als wäre sie dort hingesetzt worden, nachdem sie schon bewusstlos war.“
Ich ging zum Wagen und sah den Kollegen vom Erkennungsdienst des Buffalo Police Department bei der Arbeit zu. Es war sehr viel Blut ausgetreten, aber kaum etwas davon hatte den Fahrersitz besudelt.
„Der Täter könnte den Wagen hier her gefahren haben, nachdem das Opfer betäubt war“, meinte Milo. „Wahrscheinlich wollte er ungestört das Verbrechen begehen können und hat gehofft, dass man den Wagen mit der Leiche möglichst lange nicht findet.“
„Warum hat er sie nicht in ein Säurefass gelegt – wie Norma Jennings?“, fragte ich.
Milo zuckte mit den Schultern. „Vielleicht, weil er im Moment keinen Zugang zu solchen Fässern hat. Vergiss nicht, dass die Fässer, die wir auf der JAMAICA BAY gefunden haben, ja schließlich von irgendwoher abtransportiert worden sind...“
„Vielleicht war es dem Täter auch einfach zu risikoreich, mit einer Leiche im Wagen durch die halbe Stadt zu fahren...“
Ich erkundigte mich bei einem der Uniformierten, wer die Tote eigentlich gefunden hätte.
„Ein paar Jugendliche aus der Gegend, die sich hier ab und zu treffen“, bekam ich zur Auskunft. „Die stehen jetzt unter Schock.“
Ich ließ den Blick durch den Hinterhof schweifen. Diese leerstehenden, vor sich hin rottenden Lagerhäuser waren eigentlich ein typisches Objekt, wie es von Strohmännern der Müll-Mafia häufig angekauft wurde. Dann füllte man die Gebäude mit Müll und irgendwann war der Besitzer dann auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Ermittlungen verliefen häufig im Sand, weil die Täter falsche Identitäten benutzen und zudem das Ganze in der Regel erst dann entdeckt wurde, wenn es zu irgendeinem gravierenden Vorfall kam. Geruchsbelästigungen, Brände, Vergiftungen – irgendetwas in der Art. Je nachdem, wie gut der Giftmüll verpackt war, konnte das allerdings mitunter Jahre dauern. Die Täter hatten bis dahin längst sämtliche Spuren verwischt und wenn wir dann doch einmal Glück hatten, an einen von ihnen heranzukommen, dann erwischten wir in der Regel nur die Strohmänner auf den unteren Sprossen der Hierarchieleiter innerhalb dieses Zweiges der organisierten Kriminalität.
Ich sagte Captain Josephson, dass ich unbedingt eine Durchsuchung der Lagerhäuser wollte.
Josephson nickte. „Den entsprechenden Durchsuchungsbefehl bekommen wir.“
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Josephson forderte Verstärkung an und wenig später wurde eines der rostigen Hallentore aufgebrochen. Im Inneren schlug uns ein unangenehmer Geruch entgegen. Aber die Lagerräume, die wir betraten, waren vollkommen leer. Lediglich einige kleinere Haufen mit Plastikabfällen waren zu finden.
Aber auf dem staubigen Boden waren Schleifspuren und Abdrücke sehen. Abdrücke, die von Fässern stammen konnten. Hier und da waren auch undefinierbare Substanzen in den Beton eingezogen und hatten Verfärbungen auf dem Boden hinterlassen. „Hier muss der Erkennungsdienst ran“, sagte ich. „Es müsste doch noch festzustellen sein, was hier mal gelagert worden ist!“
„Jedenfalls wurde hier vor nicht sehr langer Zeit etwas abgeholt...“, stellte Milo fest. „Wenn die Jugendlichen, die die Tote gefunden haben, sich öfter auf diesem Gelände aufhalten, haben sie vielleicht etwas davon bemerkt.“
Über Funk meldete sich einer der Erkennungsdienstler bei Captain Josephson.
„Die haben da offenbar etwas Interessantes gefunden“, erklärte uns der Leiter der Homicide Squad.
Wir kehrten zu dem Toyota zurück, in dem Roxanne Bradys Leiche gefunden worden war. Inzwischen war dort auch Dr. Franklin Martin eingetroffen.
Josephson stellte ihn uns kurz vor. „Na, wenn das FBI sich an der Ermittlungsarbeit beteiligt, können wir ja sicher bald mit einer Aufklärung rechnen“, sagte er mit einem ironischen Unterton.
„Wir werden tun, was wir können“, erwiderte ich.
Franklin Martin war Mitte fünfzig, hager und hatte eingefallene Wangen. Ich fragte mich, welche Animositäten er wohl gegen das FBI haben mochte. Aber das erschien mir im Moment zweitrangig.
Einer der Spurensicherer hatte in der Kleidung der Toten eine Packung mit Streichhölzern gefunden, die das Logo von Mac’s Bar trug.
„Die Bar kenne ich“, sagte Josephson. „Liegt hier ganz in der Nähe. Ich war allerdings nur einmal dort.“
„Dienstlich?“, fragte ich.
„Wir haben den Geburtstag unseres Vorgesetzten dort gefeiert. Das können Sie getrost unter dienstliche Pflichten einordnen, denn ich glaube, dass er ziemlich sauer reagiert hätte, wenn ich dort nicht erschienen wäre.“ Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ist aber schon lange her.“ Er nahm die Streichholzpackung in die Hand, die von dem Kollegen des Erkennungsdienstes inzwischen sorgfältig eingetütet worden war. „Seltsam, ich hätte nicht gedacht, dass so etwas noch als Aufmerksamkeit für die Kunden vergeben wird...“
„Sie meinen wegen den Anti-Raucher-Gesetzen?“, hakte Milo nach.
„Natürlich. Bei euch in New York City ist man da ja wohl besonders fanatisch.“
„Könnte sich vielleicht lohnen, in dieser Bar mal nachzufragen“, fand ich.
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Als wir Mac’s Bar aufsuchten, hatte der Betrieb dort gerade begonnen. Wir legten unsere Ausweise auf den Tresen. Der Barkeeper warf einen kurzen Blick darauf.
„Womit kann ich dienen? Ich denke nicht, dass Sie einen Drink nehmen wollen...“
„Wie heißen Sie?“, fragte ich.
„Roy Anselmo, ich bin hier als Barkeeper angestellt. Wenn Sie den Besitzer der Bar sprechen wollen, dann müssen Sie sich noch etwas gedulden. Mister MacConroy hat seit zwei Tagen den Fuß in Gips. Er ist zu Hause in seiner Wohnung.“
„Dann gebe Sie uns bitte seine Adresse“, forderte ich.
„Gary MacConroy, 45 Maxwell Road – das ist hier gleich um die Ecke, keine fünf Minuten zu Fuß.“
Ich schrieb mir die Adresse auf.
Im Handschuhfach des Toyota war von den Spurensicherern ein Führerschein sichergestellt worden, in dem die Tote auf einem einigermaßen aktuellen Foto zu sehen war. Captain Josephson legte diesen Führerschein auf den Tresen. „Diese Frau wurde heute tot aufgefunden. Sie besaß Streichhölzer mit dem Logo dieser Bar.“
Etwa einen Meter von mir entfernt befand sich ein Teller mit derartigen Streichholzpackungen. „Mister MacConroy hat vor Jahren etwas zu viele davon günstig in Auftrag gegeben. Inzwischen ist das Rauchen hier ja nicht mehr erlaubt, aber es ist nicht untersagt, Streichhölzer zu verschenken...“ Anselmo wirkte etwas verlegen. Mir fiel auf, dass er sich das Bild nur ganz kurz angesehen hatte. „Roxanne...“, murmelte er dann.
„Sie kannten sie näher?“, fragte ich.
„Wenn Sie den Leuten zuhören, dann lernen Sie sie schnell kennen.“
Einer der Gäste mischte sich ein. „Die Rothaarige von gestern?“, fragte er.
Ich nahm den Führerschein und zeigte ihn auch dem Gast, einem Mann im dreiteiligen kobaltblauen Anzug und schätzungsweise zwanzig Kilo Übergewicht. Ein Geschäftsmann oder Banker, so nahm ich an. Er sah sich das Bild genau an. „Das ist sie. Sie war doch gestern hier als es das Theater mit diesem schmierigen Typen gab. Anselmo, erzählen Sie das doch! Sie waren doch dabei und haben der Frau sogar noch geholfen.“
Anselmo atmete tief durch. Er schluckte. Seine Gedanken schienen für einen Moment ganz weit weg zu sein. Vielleicht war er auch einfach nur tief schockiert über die Nachricht, die wir ihm gerade überbracht hatten.
„Das stimmt“, gab er zu. „Sie hat einen Drink genommen und dann kam dieser eigenartige Typ.“
„Können Sie ihn beschreiben?“
„Ende dreißig, groß und vor allem hatte er ein goldenes Kreuz auf der Brust. Es hing an einem Goldkettchen. Er heißt Larry, das weiß ich. Und er kann ziemlich aufdringlich sein.“
„Was geschah, als er Roxanne Brady ansprach?“ hakte ich nach.
„Nun, er wollte ihr einen Vortrag über seine seltsamen Ansichten halten.“
„Was für Ansichten?“
„Dass der Satan die Welt beherrscht und so weiter. Deswegen trägt auch ein Kreuz, das verkehrt herum an der Kette hängt. Außerdem wusste er wohl sehr genau über Roxanne Brady Bescheid, was sie natürlich sehr erschrocken hat.“
„Glauben Sie, dass er sie ausspioniert hatte?“
Anselmo schüttelte den Kopf. „Nein, er kommt einfach regelmäßig hier her und hat den Leuten zu gehört. Und Roxanne Brady kam fast immer nach dem Job noch auf einen Drink hier her. Manchmal auch mit Arbeitskollegen, Freundinnen und so weiter. Sie hat aber nie Notiz von ihm genommen, weil sie immer in Gesellschaft war.“
„Dann sah er gestern seine Chance gekommen!“, stellte ich fest.
Anselmo nickte. „Ja, so muss es wohl gewesen sein. Sie war auch irgendwie niedergeschlagen und hatte ohnehin schlechte Laune.“ Der zuckte mit den Schultern und lächelte etwas verlegen. „Das hört sich fast so an, als hätte ich sie besser gekannt...“
„Haben Sie?“
„Nein. Aber als Barkeeper kriegt man wirklich eine Menge mit. Normalerweise geht das beim einen Ohr rein und beim anderen wieder raus. Lediglich die Vorlieben für die Drinks merke ich mir. Aber wenn es dann plötzlich heißt, dass eine Frau, die fast täglich ungefähr da gesessen hat, wo Sie sich jetzt befinden, plötzlich tot ist...“ Er stockte und sprach dann in gedämpftem Tonfall weiter. „Roxanne war ziemlich gereizt. Sie hat Larry klargemacht, dass sie keine Lust auf sein Gequatsche hat und ist zur Tür raus. Er wollte hinterher, aber ich habe ihn aufgehalten. Er hatte nämlich seinen Drink nicht bezahlt, das gab mir die Möglichkeit, ihr einen Vorsprung zu verschaffen. Ein Service für gute Gäste, verstehen Sie?“
„Und dieser Typ – Larry – ist ihr dann gefolgt“, schloss Josephson.
„Richtig.“ Anselmo blickte auf die Uhr. „Wie gesagt, er kommt fast jeden Tag hierher, aber es noch nicht ganz seine Zeit. Warten Sie eine halbe Stunde, dann könnten Sie Glück haben und ihn treffen...“
„Dann hoffe ich, dass Sie auch etwas Nichtalkoholisches zu trinken haben“, erwiderte Josephson.
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Wir warteten auf den Mann, der Larry genannt worden war. Anselmo versprach, uns ein Zeichen zu geben, wenn er auftauchte.
Dazu postierten wir uns an strategisch günstigen Stellen. Josephson setzte sich in eine Ecke neben der Tür. Milo auf einem Platz, von dem aus man die Tür gut beobachten konnte und ich blieb am Tresen stehen.
„Was ist denn mit Roxanne Brady genau passiert?“, fragte Roy Anselmo plötzlich.
„Sie wurde ermordet“, sagte ich. „Mehr möchte ich im Moment dazu nicht sagen.“ Ich gab ihm meine Karte. „Unter der Handynummer bin ich jederzeit erreichbar. Vielleicht fällt Ihnen ja später noch etwas ein, was uns weiterbringt.“
„Glauben Sie nicht, dass es dieser Typ war? Larry?“
„Das werden wir sehen.“
„Wenn Sie wüssten, was ich mir für Vorwürfe mache. Ich hätte ihn länger aufhalten sollen. Aber...“
„Sie haben sich nichts vorzuwerfen“, meinte ich.
Der Gast im Dreiteiler mischte sich ein. „Sie sind ihm doch sogar noch nachgelaufen und haben ihm draußen nachgeschaut, Anselmo! Mehr kann man wirklich nicht erwarten. Wer hätte denn auch damit rechnen können, dass dieser Spinner ein verrückter Mörder ist.“
„Stimmt das?“, wandte ich mich an Anselmo.
Anselmo nickte. „Ja, aber ich habe keinen der beiden noch gesehen...“
„Verstehe...“
Ich schrieb mir noch die Adresse des Anzugträgers auf. Er hieß Logan Menzinger und arbeitete in der Kreditabteilung eine Bank, zwei Blocks weiter.
Schließlich wandte ich mich wieder an Anselmo. „Bis dieser Larry hier auftaucht könnten Sie mir vielleicht noch etwas von dem erzählen, was Sie über Roxanne so aufgeschnappt haben.“
„Viel ist das im Grunde nicht. Sie arbeitete bei einer Versicherung und hatte dort viel Stress. Es gab da offenbar Pläne, einen Teil der Mitarbeiter zu entlassen. In so fern kann ich gut verstehen, dass Roxanne Brady gestern ziemlich reizbar war.“
„Und dieser Larry? Hat der irgendwann mal über seine persönlichen Dinge gesprochen? Zum Beispiel, welchen Job er hat?“
Anselmo schüttelte den Kopf. „Tut mir leid.“
„Wissen Sie, ob er einen Elektro-Schocker besaß?“
Anselmo war wie vom Donner gerührt.
„Spielt das in dem Fall etwa eine wichtige Rolle?“
„Es war einfach nur eine Frage, Mister Anselmo“, erwiderte ich.
Er nickte schwer. „Da sagen Sie was! Er hatte tatsächlich einen Elektro-Schocker. Und ich glaube, er trug auch eine Waffe.“
„Sie glauben das?“, echote ich.
„Sein Jackett beulte sich unter der Achsel immer ein bisschen aus. Den Schocker trug er in der linken Jacketttasche. Er hat ihn mir mal gezeigt, als er schon ziemlich betrunken war. Larry war vielleicht ein Spinner, der glaubte, dass die Welt von furchtbaren Mächten beherrscht wird. Aber damit verbunden waren auch ungeheure Ängste. Er glaubte immer in Gefahr zu sein, von Kriminellen überfallen zu werden. Jedes Mal, wenn in den Medien ein Überfall gemeldet wurde, sah er das als Bestätigung seiner Theorie über den Satan an. Sie verstehen, was ich meine...“
„Ich denke schon.“
Anselmo blickte an mir vorbei zur Tür. Seine Augen schienen dabei plötzlich ganz starr zu werden. Ich drehte mich um. Ein Mann im hellen Anzug stand dort. Um den Hals hing etwas, das im Licht metallisch aufblitzte.
„Das ist er“, sagte Anselmo.
Larry trat zwei Schritte in die Bar, blieb dann plötzlich stehen.
Mit einer ruckartigen Bewegung drehte er den Kopf.
Der Mann schien so etwas wie einen sechsten Sinn dafür zu haben, um zu bemerken, wenn er verfolgt wurde. Josephson hatte sich inzwischen von seinem Platz erhoben. Milos Hand wanderte unter das Jackett.
„Larry?“, fragte Josephson. Er zog seinen Ausweis hervor. „Police Department. Wir müssen mit Ihnen reden...“
Larrys Augen traten hervor.
Wie angewurzelt stand er da.
Ein Gast betrat die Bar.
Larry packte ihn, riss ihn vor sich, während wir unsere Dienstwaffen zogen. „Ich habe doch alles getan!“, rief er. „Alles, was ihr wolltet! Ich bin doch einer von euch!“
Bei dem Gast handelte es sich um einen völlig verdutzten Banker im Dreiteiler.
Larry setzte ihm den Elektro-Schocker an den Hals.
„Keine Bewegung!“, rief er. „Bleibt, wo ihr seid, oder es wird etwas Schlimmes geschehen!“
„Larry, bleiben Sie ganz ruhig!“, rief ich. „Wir wollen doch nur mit Ihnen sprechen!“
„Ihr sprecht die ganze Zeit zu mir! So laut, dass ich es kaum aushalte. Jetzt lasst mich in Ruhe!“
„Larry!“
Er schleuderte uns den Mann im Dreiteiler entgegen. Dieser taumelte in unsere Richtung.
Gleichzeitig schnellte Larry aus der Tür.
Er wusste genau, dass wir unmöglich schießen konnten, ohne einen Unbeteiligten extrem zu gefährden. Die Tür fiel ins Schloss. Der Mann im Dreiteiler fiel Josephson vor die Füße.
Ich setzte dem flüchtigen Mann nach.
In Anbetracht der Umstände war er höchst verdächtig. Und sein Verhalten untermauerte diesen Eindruck noch. Ich schnellte mit meiner Dienstwaffe in der Faust auf die Tür zu und riss sie auf. Milo war mir auf den Fersen.
Sekundenbruchteile später stand ich auf dem Bürgersteig.
Larry hatte zum Spurt angesetzt.
Was Roy Anselmo über seine Bewaffnung gemutmaßt hatte, traf leider zu. Larry griff unter sein Jackett und griff nach einer Automatik.
Schüsse peitschten in unsere Richtung. Auf Passanten nahm er dabei keine Rücksicht. Eine Mutter mit Kinderwagen und ein älterer Herr flohen in eine Türnische. Die Fensterscheiben eines Geschäfts für Computerzubehör gingen zu Bruch. Ein Querschläger kratzte am Lack eines parkenden Fahrzeugs entlang und hinterließ einen Striemen.
Larry rannte vorwärts.
Unser Glück war, dass ihn offenbar nie jemand im schießen richtig ausgebildet hatte, sodass seine Schüsse mehr oder weniger ungezielt waren.
Milo ging an einer Hausnische in Deckung, ich duckte mich hinter den Kotflügel eines blauen Ford, während Larry unablässig Schuss um Schuss abgab. Captain Josephson, der jetzt erst aus Mac’s Bar heraustrat, wurde von einem dieser Schüsse knapp verfehlt. Die Kugel grub sich in das Mauerwerk direkt neben ihm und sprengte ein daumengroßes Loch in den Stein.
Dann erreichte Larry eine Nebenstraße und bog ein.
Wir rannten hinterher.
Josephson folgte uns und rief über Funk Verstärkung. Außerdem gab er Larry in die Fahndung ein.
Ich tastete mich vorsichtig um die Ecke jener Nebenstraße, in die er eingebogen war.
Eine schmale Einbahnstraße, wenig belebt dafür aber fast völlig zugeparkt.
Die Dienstwaffe vom Typ SIG Sauer P226 hielt ich in beiden Händen. Milo folgte mir und sicherte mich ab.
„Der Mann ist verrückt, wir sollten besser nicht damit rechnen, dass er vernünftig handelt“, raunte Milo mir zu.
Captain Josephson überquerte die Straße und bezog auf der anderen Seite Stellung.
„Das Gute ist, der Kerl kann hier nicht einfach in einen Wagen steigen, ohne, dass wir das merken!“, meinte Josephson. „Dies ist nämlich eine Sackgasse.“
Wir sahen die Reihen der parkenden Fahrzeuge entlang. Bei den meisten handelte sich um Pkw. Nur hin und wieder versperrte ein Van oder ein Transporter die Sicht.
Wir arbeiteten uns vorsichtig voran. Vielleicht war Larry auch in einem der Hauseingänge verschwunden. Auf jeden Fall war er gefährlich und nahm bei seinen Handlungen weder auf sich selbst noch auf andere irgendeine Form von Rücksicht.
Ich erreichte die Einfahrt zu einem Hinterhof. Ich tastete mich vor, blickte dann mit der Waffe in der Hand in die Einfahrt und stellte fest, dass dort niemand war. Ein gusseisernes Tor, etwa zwei Meter fünfzig hoch, versperrte den Zugang zum Hinterhof. In der Mitte war ein Schild angebracht, auf dem Stand: Zulieferer für Mac’s Bar.
Darunter war noch ein Hinweis darauf, dass in der Einfahrt parkende Fahrzeuge kostenpflichtig abgeschleppt würden.
Offenbar gehörte der Hinterhof zur Bar und man wollte vermeiden, dass er als Parkplatz genutzt und zugestellt wurde.
„Dahin kann er nicht verschwunden sein!“, stellte Milo fest.
Mir fiel ein buntes Stück Papier auf dem Boden auf. Nur für eine Sekunde erregte es meine Aufmerksamkeit. Die Worte LAKE ERIE ASSURANCE fesselten mich. Ich zog sofort die Verbindung zu Roxanne Brady, die dort schließlich gearbeitet hatte. Es war offenbar eine Visitenkarte und sie war in keinem guten Zustand. Den einen oder anderen Fußtritt eines Passanten hatte sie schon mitbekommen.
NIEMAND VERSICHERT SIE SO GÜNSTIG!, stand auf der Karte. Ich drehte sie um. In der Ecke waren dienstlicher Telefon- Fax- und Internetanschluss sowie die Zimmernummer von Roxanne Brady zu finden.
„Sieh an!“, murmelte ich.
„Vielleicht hatte sie ihren Wagen hier abgestellt und hat die Karte verloren, als sie in ihrer Handtasche nach dem Wagenschlüssel suchte“, glaubte Milo.
Im Moment blieb jedoch keine Zeit, um weiter darüber nachzudenken.
Ein Motor heulte auf. Im nächsten Moment scherte ein viertüriger Chevrolet aus der Reihe der parkenden Fahrzeuge aus. Der Fahrer gab Vollgas und ließ den Motor aufheulen. In einem wahnsinnigen Tempo raste er in dem engen Korridor zwischen den Fahrzeugreihen her...
Ich war mir sicher, dass Larry am Steuer saß, auch wenn ich das von meiner Position aus nicht zweifelsfrei zu erkennen vermochte.
In diesem Moment bog ein Lieferwagen mit der Reklameaufschrift eines Getränkeherstellers in die Sackgasse ein. Der Fahrer trat in die Eisen. Quietschend kam der Lieferwagen zum stehen, aber für Larry bestand keine Chance, auf der Fahrbahn an ihm vorbeizukommen.
So riss er das Steuer des Chevrolets herum und steuerte durch die Lücke zwischen den parkenden Fahrzeugen, die vor der Einfahrt zum Hinterhof von Mac’s Bar gelassen worden war.
Der Wagen raste auf uns zu. Milo machte einen Satz zur Seite, und rollte sich auf dem Bodden ab. Mir blieb nichts anderes übrig, als ebenfalls zu springen.
Allerdings hatte ich keinerlei Möglichkeit, der Wucht des Wagens noch seitwärts zu entkommen.
Ich sprang auf die Kühlerhaube, während Larry den Chevy mit nur unwesentlich gedrosselter Geschwindigkeit über den Bürgersteig brettern ließ.
Milo rappelte sich inzwischen auf und feuerte auf die Hinterreifen. Beide platzten im Abstand von etwa einer Sekunde. Der Wagen brach nach rechts und anschließend nach links aus. Die Kotflügel krachten einmal gegen das Blech der parkenden Fahrzeuge und dann gegen den Stein der Hauswände. Funken sprühten dort. Der Geruch von verbranntem Gummi stach mir in die Nase. Dann verkantete sich der Wagen so, dass er stehen blieb.
Durch den Ruck wurde ich von der Kühlerhaube geschleudert.
Hart fiel ich auf den Boden, rollte mich aber über die Schulter auf dem Asphalt ab. Ein Schuss krachte. Larry hatte seine Waffe hervor gerissen und in meine Richtung gehalten. Der Schuss ging durch die Windschutzscheibe hindurch, verfehlte mich aber und zertrümmerte stattdessen eine Straßenlaterne in zwanzig Meter Entfernung.
Ich war innerhalb eines Sekundenbruchteils wieder auf den Beinen und riss die Waffe empor.
Breitbeinig und in halb geduckter Haltung stand ich vor der Kühlerhaube des Chevy und richtete die schussbereite Pistole auf Larry, der einen Moment lang völlig konsterniert war.
Allerdings wohl weniger wegen meines Einsatzes als auf Grund der Tatsache, dass ein Schwall von Glassplittern ihm entgegengeregnet war, nachdem er die Frontscheibe mit seinem Schuss zertrümmert hatte.
„Waffe weg!“, rief ich. „Sofort!“
Er saß wie erstarrt da. Sein Waffenarm hing herab. Um mich zu erschießen, hätte er die Waffe noch einmal hochreißen müssen. Ich konnte die Anspannung in seinem Gesicht förmlich sehen.
„Über das, was Ihnen jetzt gerade durch den Kopf geht, sollten Sie nicht einmal nachdenken!“, riet ich ihm.
Er schluckte. Gleichzeitig bemerkte ich, wie sich die Muskulatur auf der Seite des Waffenarms bei ihm anspannte.
Vielleicht war es ihm gleichgültig, was passierte. Oder er war verrückt genug, um die Polizei als Instrument zur Inszenierung des eigenen Selbstmordes einfach mit einzukalkulieren.
Inzwischen hatten sich auch Milo und Captain Josephson an den Chevy herangearbeitet.
Als er Milo aus irgendeinem Grund bemerkte und sich halb herumdrehte, blickte er schon in den Lauf seiner Dienstwaffe.
„Es hat keinen Sinn. Es sei denn, Sie sind lebensmüde...“
„Ich wusste, dass ihr so reagieren würdet“, sagte er. „Es stand von Anfang an fest, ihr seid nicht zu täuschen.“
Er ließ sich von Milo widerstandslos die Waffe abnehmen und redete die ganze Zeit über weiter. Auch noch, als die Handschellen klickten und ihm die Rechte vorgelesen wurden. In seinem Fall hatte ich das Gefühl, dass er davon wohl kaum ein Wort mitbekam.
„Jetzt bin ich in eurer Hand“, sagte er. „In der Hand des Bösen...“
„Wir haben keine Ahnung, wovon Sie sprechen, Larry“, stellte ich fest, nachdem ich wieder einigermaßen zu Atem gekommen war.
„Ihr seid doch die Diener des Satans!“, rief er.
„Sind Sie nicht auch einer?“, fragte ich etwas irritiert. „Sie tragen doch das Kreuz falsch herum um den Hals... Soweit ich weiß, ist das das Symbol des Satanismus.“
Seine Augen begannen jetzt fiebrig zu leuchten.
„Nein...“ rief er plötzlich wie irre. „Und ich habe gedacht, ihr hättet mich erkannt! Und dabei hattet ihr keine Ahnung...“
„Bringen wir ihn erstmal in Gewahrsam“, schlug Captain Josephson vor. „Und ich denke, dass als erstes eine psychologische Begutachtung angesagt ist.“
Auch wenn Captain Josephson offenbar die Ansicht vertrat, dass im Augenblick nichts als wertloses Gestammel aus Larry herauskam, sprach ich ihn noch mal an.
„Sie erinnern sich an Roxanne, oder? An ihre roten Haare. Sie sind ihr gestern in Mac’s Bar begegnet.“
Sein Blick veränderte sich.
„Ich erinnere mich.“
„Sie sind ihr gefolgt.“
„Ihr seid allmächtig. Ihr seid allwissend und allsehend. Ihr seid die Diener des Satans. Die Beherrscher der Welt. Warum fragt ihr?“
„Was war mit Roxanne?“, fragte ich. „War sie auch eine Dienerin des Satans?“
„Ich weiß nicht...“, murmelte er und senkte dabei den Blick.
„Ist es hier geschehen?“, hakte ich nach. „Sie sind ihr gefolgt, sie stieg in den Wagen. Sie haben Ihren Elektro-Schocker genommen und...“
„Braucht man!“, fuhr er dazwischen. „Braucht man so eine Waffe! Sonst ist man schutzlos. Aber es nützt nichts. Ihr seid überall.“
Milo schüttelte den Kopf. „Vergiss es Jesse, du wirst hier und jetzt wohl kein vernünftiges Wort mehr aus ihm herausbekommen.“
Ich atmete tief durch. Wahrscheinlich hatte Milo Recht.