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IV. Geschäft für den, den es angeht

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Der Offenkundigkeitsgrundsatz dient dem Interesse des Geschäftspartners. Nun gibt es aber Fälle, wo es dem Geschäftspartner vollkommen gleichgültig ist, wer eigentlich sein Vertragspartner sein soll. Bei den sog. „Bargeschäften des täglichen Lebens“ besteht keinerlei Interesse an der konkreten Identität des Vertragspartners, da die wechselseitigen Primäransprüche sofort erfüllt werden. Hinzu kommt, dass bei derartigen Geschäften auch im Falle von Sekundäransprüchen in der Regel die Vorlage eines entsprechenden Kaufbeleges ausreicht, um sich als Inhaber des Anspruchs zu legitimieren. Diesem tatsächlichen Verzicht auf eine Identifizierung des Vertragspartners beim Vertragsschluss trägt unsere Rechtsordnung Rechnung, indem der Grundsatz der Offenkundigkeit entsprechend eingeschränkt wird. Man spricht hier vom sog. „Geschäft für den, den es angeht“.[10] Die im Rahmen eines solchen Geschäftes abgegebene Erklärung berechtigt unmittelbar denjenigen, der nach dem Willen des unerkannt aufgetretenen Vertreters berechtigt werden soll.[11]

Beispiel[12]

A wohnt mit seiner Freundin B zusammen in einer gemeinsamen Wohnung. A und B wollen für das Wohnzimmer einen Teppich anschaffen und beauftragen den C, einen Teppich für sie zu erwerben. Da sie bereits einen bestimmten Teppich im Auge haben, nennen sie dem C das Modell und das Geschäft, wo er ihn erwerben kann. Die B händigt dem C die für die Bezahlung des Teppichs erforderlichen Barmittel in Höhe von 300 € aus. C erwirbt den Teppich beim Teppichhändler H ohne darauf aufmerksam zu machen, dass er das Geschäft für A und B tätigen will. C erwirbt den Teppich und händigt ihn absprachegemäß A und B aus. Ein Jahr später kommt es zum Streit zwischen A und B. A zieht in der Folge aus und nimmt den Teppich mit. B verlangt sodann von A die Herausgabe des Teppichs. Mit Recht?


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Ein Herausgabeanspruch der B gegen den A könnte sich aus § 985 ergeben. Dieser Anspruch setzt zunächst voraus, dass die B Alleineigentümerin des Teppichs ist.[13] B könnte das alleinige Eigentum am Teppich von H gemäß §§ 929, 930 erworben haben. Dies erfordert zunächst eine Einigung zwischen B und H über den Übergang des alleinigen Eigentums auf B. B hat unmittelbar mit dem H keinerlei Kontakt gehabt. Vielmehr hat C sich mit H zum Zwecke des Vollzugs des Kaufvertrages über die Übertragung des Eigentums geeinigt. Allerdings ergibt sich aus dem Sachverhalt nicht, dass C die B ausdrücklich als neue Eigentümerin angegeben und damit zu erkennen gegeben hat, dass er selbst nur als Vertreter handeln wolle. Sein Verhalten lässt daher nur den Schluss zu, dass er selbst Eigentümer werden wollte. Möglicherweise kommt eine unmittelbare Berechtigung der B aber dennoch in Betracht. Das ist dann der Fall, wenn die Erklärung des H nur so verstanden werden konnte, dass das Geschäft denjenigen berechtigen und verpflichten soll, den es angeht. Die Parteien hätten dann auf eine exakte Individualisierung des Vertragspartners verzichtet. Ob ein solcher Verzicht auf die Identität des Vertragspartners anzunehmen ist, ergibt sich aus den Umständen des Einzelfalls. Der H selbst hatte im vorliegenden Fall keinerlei Interesse an der Identität seines Vertragspartners, da die Bezahlung des Teppichs sofort erfolgte und mit besonderen Auseinandersetzungen über Gewährleistungsansprüche bei einem Verkauf eines Teppichs zumindest in diesem Preissegment nicht zu rechnen ist. Es handelt sich vielmehr um ein Bargeschäft, wie es alltäglich vorkommen kann. Aus diesem Grunde kommt es entscheidend darauf an, wen das Geschäft angehen sollte. Das ist alleine nach dem Willen des Vertreters zu entscheiden.[14] Da der Wille des C nicht dahin ging, nur die B zu berechtigen, sondern A und B, scheidet der Erwerb von alleinigem Eigentum der B aus. Ein Anspruch aus § 985 auf Herausgabe des Teppichs zu Alleinbesitz ist daher nicht gegeben.

2. Teil Die Stellvertretung › B. Offenkundigkeitsprinzip › V. Übungsfall Nr. 1

V. Übungsfall Nr. 1

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„Nutzernamen“[15]

Thomas Vogel (V) ist Nutzer der Internetplattform von eBay. Die Plattform nutzt er unter dem ihm zugewiesenen Teilnehmernamen „Tommy“. Da er aufgrund gehäufter Lieferverzögerungen als Verkäufer inzwischen ein schlechtes Feedback der anderen eBay-Teilnehmer bekommen hat, beschließt er, das nächste Mal den gut beleumundeten Nutzernamen seiner Freundin (F) zu verwenden. Er wusste, wo diese ihre Zugangsdaten verwahrt hatte. Unter dem Benutzernamen „Susi77“ der F meldet sich V sodann auf der eBay-Plattform an und stellt unter diesem Namen einen Porsche zu einem günstigen „Sofort-Kaufpreis“ von 74 000 € ein. Klaus Kerpener (K) sendet unter seinem Nutzernamen „Schumi666“ eine Annahmeerklärung. Nachdem ihm die Identität der F offengelegt wurde, zahlt er den Kaufpreis auf das Konto der F.

F wusste wegen einer längeren Dienstreise von dem Vorgang zunächst nichts und sagt dem K, sie wolle mit diesem Geschäft nichts zu tun haben. K fordert die F schließlich schriftlich zur Übereignung und Übergabe des Pkw auf. Kann K von F die Übereignung und Übergabe des Pkw verlangen?

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Lösung

Ein solcher Anspruch könnte sich aus einem zwischen K und F geschlossenen Kaufvertrag gemäß § 433 Abs. 1 ergeben.

1. Zustandekommen eines Kaufvertrages zwischen K und F
a) Angebot

F selber hat keine auf Abschluss eines solchen Vertrages gerichtete Willenserklärung abgegeben. Möglicherweise ist aber durch das Verhalten des V ein Kaufvertrag zwischen K und F zustande gekommen.

V hat unter dem Benutzernamen der F ein Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages über einen Porsche zu einem Preis von 74 000 € abgegeben. Fraglich ist aber, wer nach diesem Angebot auf Verkäuferseite Vertragspartner sein sollte. V handelte unter dem Benutzernamen der F und hat seine wahre Identität nicht offen gelegt. Ob nun F oder V tatsächlich Vertragspartner werden sollten, ist im Wege der Auslegung gemäß §§ 133, 157 aus der Sicht eines redlichen Empfängers in der Position des K zu bestimmen. Im Rahmen einer eBay-Auktion weist der Nutzername ausschließlich auf die Person hin, die von eBay nach Auktionsende als Inhaber dieses registrierten Namens auch namentlich identifiziert wird. Ein anonymer Dritter, der unter einem fremden Nutzernamen auftritt, ist als Vertragspartner später überhaupt nicht identifizierbar. Die Tatsache, ob ein anonymer Dritter das Höchstgebot tatsächlich abgegeben hat, kann der Verkäufer nicht mehr verifizieren. Außerdem ist aufgrund des bei eBay geführten Bewertungssystems davon auszugehen, dass die bietenden Teilnehmer auf einen Vertragsschluss mit dem wahren Inhaber des Benutzernamens Wert legen. Andernfalls würden fremde Personen vom „guten Ruf“ des wahren Trägers des Benutzernamens profitieren können. Aus diesem Grunde ergibt sich aus dem Angebot des V, dass der wahre Träger des Nutzernamens „Susi77“, also die F, als Verkäuferin aus dem Vertrag berechtigt und verpflichtet werden sollte.

Wird bei der Nutzung eines fremden Namens beim Geschäftspartner der Anschein erweckt, der Vertrag komme mit dem Namensträger zustande, finden die Regeln über die Stellvertretung entsprechende Anwendung, obwohl dem Handelnden ein Vertretungswille fehlte. Ob V berechtigt war, mit seinem Handeln einen Vertrag zwischen K und F herbeizuführen, ist analog § 177 Abs. 1 keine Frage der Einigung, sondern der Wirksamkeit des Vertrages. Die Berechtigung des V ist daher sogleich im Anschluss an die Prüfung des Vertragsschlusses zu untersuchen.

b) Annahme

Das von V unter dem Nutzernamen des F abgegebene Angebot hat der K auch inhaltsgleich und fristgerecht angenommen, so dass nach der Einigung ein Kaufvertrag zwischen K und F zustande kommen soll.

2. Wirksamkeit des Vertrages, §§ 164, 177 Abs. 1 (analog)

Ob der von V unter dem Namen der F mit K geschlossene Vertrag wirksam ist, entscheidet sich wegen der hier vergleichbaren Situation zur offenkundigen Stellvertretung analog §§ 164, 177 danach, ob V bei Abgabe des Angebots kraft einer ihm zustehenden Vertretungsmacht für die F handeln durfte oder ob F dem Geschäft wenigstens nachträglich zugestimmt hat.

a) Vollmacht

Eine Vollmacht hat F dem V nicht erteilt. Es käme also allenfalls eine Vertretungsmacht nach den Grundsätzen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht in Betracht.

b) Duldungsvollmacht

Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es willentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt, und der Geschäftspartner dieses Dulden nach Treu und Glauben darin versteht und auch verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde zu den vorgenommenen Erklärungen bevollmächtigt ist. Im vorliegenden Fall des Handelns unter fremden Namen ist dabei auf das Dulden des Namensträgers abzustellen.[16]

Einen solchen Duldungstatbestand hat die F jedoch nicht begründet, da sie dem V ihre Zugangsdaten nicht zur Verfügung gestellt hatte und von seinem Vorgehen auch keine Kenntnis hatte. V hatte sich vielmehr die Zugangsdaten der F während deren Abwesenheit verschafft.

Eine Duldungsvollmacht scheidet damit aus.

c) Anscheinsvollmacht

Eine Anscheinsvollmacht ist gegeben, wenn der Vertretene das Handeln des scheinbaren Vertreters zwar nicht kennt, er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, und wenn der Geschäftspartner annehmen durfte, der Vertretene kenne und billige das Handeln des Vertreters.

Ob die F die Verwendung ihrer Zugangsdaten durch V hätte erkennen und verhindern können, ist bereits fraglich. Dies kann aber dahingestellt bleiben, weil es jedenfalls an einer anderen Voraussetzung fehlt. Damit der Geschäftspartner annehmen darf, der Vertretene bzw. der Namensträger kenne und billige das Handeln des Vertreters, ist ein Verhalten von einer gewissen Dauer und Häufigkeit notwendig. Anderenfalls fehlt es am erforderlichen Vertrauenstatbestand. Im vorliegenden Fall der Identitätstäuschung aufgrund Handelns unter fremden Namen ist dabei auf das Verhalten des Namensträgers abzustellen.[17] Hier trat V jedoch zum ersten Mal unter dem Namen der F auf. Ein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand hatte sich so noch gar nicht bilden können.

d) Genehmigung

Der Vertrag war damit analog § 177 zunächst schwebend unwirksam. Da F den Vertragsschluss nicht genehmigt, sondern die Genehmigung verweigert hat, ist der Kaufvertrag endgültig unwirksam.

3. Ergebnis

Ein Anspruch des K gegen F gem. § 433 Abs. 1 ist mangels wirksamen Kaufvertrages nicht entstanden.

Anmerkungen

[1]

Palandt-Ellenberger § 164 Rn. 4.

[2]

BGH Urteil vom 1.3.2013 (Az: V ZR 92/12) unter Tz. 7 ff. = NJW 2013, 1946 ff. (Gebrauchtwagenkauf vom angeblichen Eigentümer) und Urteil vom 11.5.2011 (Az: VIII ZR 289/09) unter Tz. 10 = BGHZ 189, 346 ff. = NJW 2011, 2421 ff. (Verkauf über „eBay“ unter fremden Nutzerkonto, beide Entscheidungen unbedingt nachlesen – Klausurfälle!); Palandt-Ellenberger § 164 Rn. 10.

[3]

BGH Urteil vom 1.3.2013 (Az: V ZR 92/12) unter Tz. 7 ff. = NJW 2013, 1946 ff. (Gebrauchtwagenkauf vom angeblichen Eigentümer) und Urteil vom 11.5.2011 (Az: VIII ZR 289/09) unter Tz. 10 = BGHZ 189, 346 ff. = NJW 2011, 2421 ff. (Verkauf über „eBay“ unter fremden Nutzerkonto, beide Entscheidungen unbedingt nachlesen – Klausurfälle!); Palandt-Ellenberger § 164 Rn. 10.

[4]

BGH Urteil vom 1.3.2013 (Az: V ZR 92/12) unter Tz. 9.

[5]

St. Rspr., z.B. BGH Urteil vom 11.5.2011 (Az: VIII ZR 289/09) unter Tz. 12 = BGHZ 189, 346 ff. = NJW 2011, 2421 ff. (Verkauf über „eBay“ unter fremden Nutzerkonto); Palandt-Ellenberger § 164 Rn. 11; Medicus/Petersen Allgemeiner Teil des BGB Rn. 908.

[6]

Die Vertretungsmacht kann sich auch hier nicht nur aus Gesetz oder Vollmacht, sondern auch aus den Grundsätzen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht ergeben.

[7]

BGH a.a.O.; Medicus/Petersen a.a.O.

[8]

St. Rspr. des BGH, z.B. NJW 1998, 2897; Palandt-Ellenberger § 164 Rn. 2; Brox/Walker Allgemeiner Teil des BGB Rn. 562a.

[9]

Wie zuvor.

[10]

Medicus/Petersen Allgemeiner Teil des BGB Rn. 920.

[11]

Palandt-Ellenberger § 164 Rn. 8.

[12]

Nach OLG Düsseldorf NJW 1992, 1707, 1708.

[13]

Wäre B nur Miteigentümerin zusammen mit A, könnte sie nicht die Herausgabe alleinigen Besitzes, sondern nur die Einräumung von Mitbesitz verlangen.

[14]

OLG Düsseldorf NJW 1992, 1707, 1708; Palandt-Ellenberger § 164 Rn. 8.

[15]

Nach BGH Urteil vom 11.5.2011 (Az: VIII ZR 289/09) = BGHZ 189, 346 ff. = NJW 2011, 2421 ff.

[16]

BGH a.a.O. unter Tz. 15.

[17]

BGH a.a.O. unter Tz. 16.

2. Teil Die Stellvertretung › C. Vertretungsmacht

C. Vertretungsmacht

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Wir haben festgestellt, dass nach dem hier vorgeschlagenen Aufbau die Vertretungsmacht als Wirksamkeitserfordernis eines Rechtsgeschäfts zu prüfen ist. [1] Wir untergliedern diesen Prüfungspunkt gedanklich in zwei Schritte. § 164 Abs. 1 macht diese Untergliederung sprachlich deutlich, indem er davon spricht dass jemand „innerhalb der ihm zustehenden“ Vertretungsmacht gehandelt hat. Sie prüfen also zuerst, ob jemand bei Vornahme des Rechtsgeschäfts überhaupt Vertretungsmacht hatte und dann, ob das konkret zustande gekommene Rechtsgeschäft von dieser Vertretungsmacht gedeckt ist, also „innerhalb“ der Vertretungsmacht liegt.

Die Vertretungsmacht kann sich aus dem Gesetz ergeben, durch Rechtsgeschäft begründet werden[2] oder sich als Folge eines Rechtsscheinstatbestandes ergeben.


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2. Teil Die Stellvertretung › C. Vertretungsmacht › I. Gesetzliche Vertretungsmacht/Organstellung des Vertreters

I. Gesetzliche Vertretungsmacht/Organstellung des Vertreters

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Gesetzliche Vertretungsmacht /Vertretungsmacht des Organs

[Anknüpfungspunkt im Gutachten: entweder direkt bei Willenserklärung des Vertreters oder – bei Verträgen - gesondert nach Prüfung des Vertragsschlusses durch Vertreter]

I.Bestehen einer gesetzlichen Vertretungsmacht/Organstellung

z.B. §§ 714, 1626, 1629; § 125 Abs. 1 HGB; § 35 GmbHG

II.(Kein) Erlöschen vor Zustandekommen des Rechtsgeschäfts

III.(Kein) Ausschluss in Bezug auf konkretes Rechtsgeschäft

1.Ausschluss der Vertretungsmacht nach § 181

Analoge Anwendung des § 181Rn. 74 ff.

Vertretungsverbot bei VerfügungsgeschäftenRn. 80 f.

Teleologische Reduktion des § 181Rn. 82

2.Ausschluss aufgrund besonderer Tatbestände

z.B. §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 1

IV.(Kein) Missbrauch der Vertretungsmacht

(Kein) Vorsatzerfordernis beim VertreterRn. 87 ff.

1. Funktion der gesetzlich angeordneten Stellvertretung

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Wenn ein Rechtsträger selbst gar nicht handeln kann (juristische Person, rechtsfähige Personenvereinigung) oder kraft Gesetzes keine bzw. nur bestimmte Rechtsgeschäfte vornehmen darf (nicht voll geschäftsfähige Menschen), braucht er einen Vertreter, der seine volle Handlungsfähigkeit herstellt und damit die gleichberechtigte Teilnahme am privatautonomen Rechtsverkehr eröffnet.

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Das Gesetz stellt dem Minderjährigen „automatisch“ Stellvertreter zur Verfügung. Der Automatismus ist notwendig, damit jeder Mensch gleich zu Beginn seiner Rechtsfähigkeit ab Vollendung der Geburt (§ 1) mit einem Vertreter „versorgt“ ist. Dies sind entweder die bei Geburt verheirateten Eltern gemeinschaftlich nach §§ 1626 Abs. 1, 1629 Abs. 1, die unverheirateten Eltern gemeinschaftlich nach §§ 1626a Abs. 1, 1629, die unverheiratete Mutter alleine nach § 1626a Abs. 3 oder im Übrigen die Mutter oder der Vater wegen Übertragung der Alleinsorge nach den §§ 1671 ff.[3]

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Im Übrigen überlässt das Gesetz die Auswahl der zur Vertretung berufenen Personen anderen. Es ordnet in diesen Fällen aber an, welche Voraussetzungen die Vertreter mitbringen müssen, wer die Auswahl des Vertreters treffen darf, wann die Auswahl verbindlich wird und dass den ausgewählten Personen eine klar definierte Vertretungsmacht zusteht. Die gesetzlichen Vertreter zeichnen sich dadurch aus, dass die Vertretungsmacht kraft Gesetzes in dem dort definierten Umfang auch dann besteht, wenn sie im Einzelfall von den Beteiligten nicht gewollt ist.[4]

Beispiel

Ein nicht durch seine Eltern vertretener Minderjähriger erhält einen Vormund durch Anordnung des Familiengerichts, §§ 1773, 1774. Erst dadurch wird er „bevormundet“. Die an einen Vormund gestellten Voraussetzungen finden sich in §§ 1780 ff. Das Auswahlrecht steht in erster Linie den Eltern, ansonsten dem (nach dem Gesetz zuständigen) Richter am Familiengericht zu, §§ 1776 ff. Der Umfang der Vertretungsmacht ist dann im Einzelnen in den §§ 1793 ff. geregelt. Ob der Vormund mit den dort enthaltenen Beschränkungen einverstanden ist, spielt keine Rolle.

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Wenn das Gesetz die Vertretungsmacht in Einzelfällen einschränkt (z.B. durch §§ 181, 1629 Abs. 2, 1795), muss es schließlich auch anordnen, welcher Vertreter diese Lücke schließt. Im Ergebnis schafft das Gesetz ein lückenloses Stellvertretungssystem. Nur so kann sichergestellt werden, dass jedem Rechtsträger zumindest über andere Personen volle privatautonome Handlungsfreiheit zukommt.

2. Gesetzliche Vertretung nicht voll geschäftsfähiger Personen

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Mit den gesetzlich vorgesehenen Vertretern der nicht voll geschäftsfähigen Personen haben wir uns im ersten Band unter Rn. 305 ff. ausführlich beschäftigt. Deshalb fassen wir an dieser Stelle nur ganz kurz zusammen: Es handeln für die Minderjährigen entweder die Eltern gemeinschaftlich, ein Elternteil alleine, ein Vormund oder ein Ergänzungspfleger (§ 1909). Volljährige ohne volle Geschäftsfähigkeit werden durch einen Betreuer (§§ 1896 ff.) vertreten.

3. Organe

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Aus dem Gesetz ergibt sich auch, wer die juristischen Personen oder rechtsfähigen Personenvereinigungen vertritt.[5]

Beispiel

Der Vorstand eines Vereins ist nach § 26 Abs. 2 S. 1 kraft Gesetzes mit Vertretungsmacht ausgestattet. Die Personen des Vorstandes werden aber nicht kraft Gesetzes bestimmt, sondern müssen erst noch durch Beschluss der Mitgliederversammlung bestellt werden, § 27 Abs. 1.

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Das Gesetz nennt diese Vertreter „Organe“, vgl. § 31. Es sind gesetzliche Vertreter, das Gesetz nennt sie aber nicht so, weil sie sich von den gesetzlichen Vertretern der nicht voll geschäftsfähigen Menschen in einem wichtigen Punkt unterscheiden.

Hinweis

Der Gesetzgeber macht in § 26 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 beim Vereinsvorstand bereits sprachlich auf eine Besonderheit der Organe aufmerksam. Dort heißt es: „(…); er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters“. Der Vorstand als Organ des Vereins ist also nicht normaler gesetzlicher Vertreter, sondern hat nur dessen Stellung. Es handelt sich hier keineswegs um unsinnige Sprachspielchen, wie man auf den ersten Blick vielleicht glauben mag.

Der Unterschied zum „normalen“ gesetzlichen Vertreter besteht nämlich im Folgenden:

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Der gesetzliche Vertreter vertritt einen nicht voll geschäftsfähigen Menschen, also jemanden, der als solcher alleine zwar nicht rechtsgeschäftlich, aber selbst im realen Leben handeln kann. Dazu sind die durch Organe vertretenen juristischen Personen bzw. rechtsfähigen Personenvereinigungen als „leblose juristische Kunstgeschöpfe“ nicht in der Lage.


Organe sind diejenigen Personen, durch die eine juristische Person oder rechtsfähige Personenvereinigung erst im Außenverhältnis handeln kann.

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Durch Organe wird die reale Handlungsfähigkeit der juristischen Personen bzw. rechtsfähigen Personenvereinigungen in der Lebenswirklichkeit erst hergestellt. Diese Rechtsträger handeln durch ihre Organe. Organhandeln ist Eigenhandeln des jeweiligen Rechtsträgers, dem das Organ angehört.[6]


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Demzufolge ordnet § 31 auch an, dass der Verein automatisch für die „zum Schadensersatz verpflichtenden Handlungen“ seiner Vorstandsmitglieder haften muss. Er begeht diese Handlung durch sein Organ sozusagen selbst. Die Regel des § 31 wird außerhalb des Vereinsrechts auf jedes Organhandeln angewendet.[7]

Hinweis

Aus § 31 folgt übrigens nicht, dass die Organe selbst keiner persönlichen Haftung unterworfen sind, wenn sie eine zum Schadensersatz verpflichtende Handlung begehen. Die in § 31 angeordnete Haftung begründet vielmehr eine zusätzliche Haftung!

Mit den „gesetzlichen Vertretern“ i.S.d. § 278 S. 1 Var. 1 sind nicht die Organe, sondern die gesetzlichen Vertreter der nicht voll geschäftsfähigen Menschen gemeint.[8] Warum? Im Sprachgebrauch des BGB sind Organe ja nicht „gesetzliche Vertreter“, sondern haben (nur) „die Stellung eines gesetzlichen Vertreters“.

Schlagen Sie jetzt die im Beispiel genannten Vorschriften nach und achten Sie genau auf den Wortlaut.

Beispiele

Vorstand eines Vereins (§§ 26 ff.), einer Aktiengesellschaft (§§ 76 ff. AktG) und einer Genossenschaft (§ 24 ff. GenG); der Geschäftsführer einer GmbH (§§ 35 ff. GmbHG); die Gesellschafter einer OHG (§§ 125 ff. HGB); die Komplementäre einer KG (nicht die Kommanditisten, vgl. §§ 125 ff., 161 Abs. 2, 170 HGB); die Partner einer Partnerschaftsgesellschaft (§ 7 Abs. 3 PartGG i.V.m. § 125 HGB).

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Die Organe können nicht alles selbst machen. Der Vorstand einer Bank AG steht nicht am Schalter, der Geschäftsführer einer Einzelhandels GmbH sitzt nicht an der Kasse. Die Organe können ihrerseits im Namen der juristischen Person bzw. im Namen der rechtsfähigen Personengesellschaft Vollmachten erteilen und damit Dritten durch Rechtsgeschäft Vertretungsmacht verleihen. Diese Dritten sind dann aber keine Organe mehr, da die rechtsgeschäftliche Handlungsfähigkeit durch die Organe bereits hergestellt ist. Eben durch ihre Organe kann die juristische Person bzw. Personengesellschaft Vollmachten erteilen.

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Die Vertretungsmacht der Organe ist nach dem Gesetz grundsätzlich umfassend ausgestaltet, um eine volle Handlungsfähigkeit der durch sie handelnden Rechtsträger zu erreichen. Sie vertreten den Rechtsträger gerichtlich und außergerichtlich. Beschränkungen können sich aus dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung ergeben, insbesondere der Ausschluss von Alleinvertretungsmacht.

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Wie dies geschieht und wer dafür dann zuständig ist, ist Gegenstand des Gesellschaftsrechts und soll dort vertieft werden.[9]

Beispiel

Derartige Beschränkungsmöglichkeiten finden Sie zum Beispiel in § 125 Abs. 2, 3 HGB, § 78 Abs. 2, 3 AktG, § 35 Abs. 2 GmbHG.

2. Teil Die Stellvertretung › C. Vertretungsmacht › II. Vertretungsmacht durch Vollmacht

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