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Multilateral Convention › Teil III Abkommensmissbrauch
Teil III Abkommensmissbrauch
Inhaltsverzeichnis
Artikel 6 Zweck eines unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommens
Artikel 7 Verhinderung von Abkommensmissbrauch
Artikel 8 Transaktionen zur Übertragung von Dividenden
Artikel 9 Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen oder Rechten an Rechtsträgern, deren Wert hauptsächlich auf unbeweglichem Vermögen beruht
Artikel 10 Vorschrift zur Missbrauchsbekämpfung für in Drittstaaten oder -gebieten gelegene Betriebsstätten
Artikel 11 Anwendung von Steuerabkommen zur Einschränkung des Rechtes einer Vertragspartei dieses Übereinkommens auf Besteuerung der in ihrem Gebiet ansässigen Personen
Multilateral Convention › Teil III Abkommensmissbrauch › Artikel 6 Zweck eines unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommens
Artikel 6 Zweck eines unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommens
(1) Ein unter das Übereinkommen fallendes Steuerabkommen wird dahingehend geändert, dass die Präambel den folgenden Wortlaut enthält:
„in der Absicht, in Bezug auf die unter dieses Abkommen fallenden Steuern eine Doppelbesteuerung zu beseitigen, ohne Möglichkeiten zur Nicht- oder Niedrigbesteuerung durch Steuerverkürzung oder -umgehung (unter anderem durch missbräuchliche Gestaltungen mit dem Ziel des Erhalts von in diesem Abkommen vorgesehenen Erleichterungen zum mittelbaren Nutzen von in Drittstaaten oder -gebieten ansässigen Personen) zu schaffen,“.
(2) Der in Absatz 1 genannte Wortlaut wird in ein unter das Übereinkommen fallendes Steuerabkommen aufgenommen anstelle oder in Ermangelung einer Formulierung in der Präambel des unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommens, die Bezug nimmt auf die Absicht, eine Doppelbesteuerung zu beseitigen, unabhängig davon, ob in dieser Formulierung auch Bezug genommen wird auf die Absicht, keine Möglichkeiten zur Nicht- oder Niedrigbesteuerung zu schaffen.
(3) Eine Vertragspartei dieses Übereinkommens kann sich außerdem entscheiden, bei ihren unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommen, deren Präambel keine Formulierung enthält, die Bezug nimmt auf den Wunsch, wirtschaftliche Beziehungen weiterzuentwickeln oder die Zusammenarbeit in Steuersachen zu vertiefen, folgenden Wortlaut in die Präambel aufzunehmen:
„von dem Wunsch geleitet, ihre wirtschaftlichen Beziehungen weiterzuentwickeln und ihre Zusammenarbeit in Steuersachen zu vertiefen,“.
(4) Eine Vertragspartei dieses Übereinkommens kann sich vorbehalten, dass Absatz 1 nicht für ihre unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommen gilt, deren Präambel bereits eine Formulierung enthält, mit der die Vertragsstaaten ihre Absicht bekunden, eine Doppelbesteuerung zu beseitigen, ohne Möglichkeiten zur Nicht- oder Niedrigbesteuerung zu schaffen, unabhängig davon, ob diese Formulierung auf Fälle von Steuerverkürzung oder -umgehung (unter anderem durch missbräuchliche Gestaltungen mit dem Ziel des Erhalts von in dem Abkommen vorgesehenen Erleichterungen zum mittelbaren Nutzen von in Drittstaaten oder -gebieten ansässigen Personen) beschränkt ist oder einen weiteren Geltungsbereich hat.
(5) Jede Vertragspartei dieses Übereinkommens notifiziert dem Verwahrer, ob die Präambel ihrer unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommen, die nicht unter einen Vorbehalt nach Absatz 4 fallen, jeweils eine Formulierung nach Absatz 2 enthält, und, sofern dies der Fall ist, den Wortlaut des jeweiligen Beweggrunds. Haben alle Vertragsstaaten eine entsprechende Notifikation in Bezug auf diese Formulierung in der Präambel abgegeben, so wird diese Formulierung durch den in Absatz 1 genannten Wortlaut ersetzt. Anderenfalls wird der in Absatz 1 genannte Wortlaut zusätzlich zur bestehenden Formulierung in der Präambel aufgenommen.
(6) Jede Vertragspartei dieses Übereinkommens, die sich für die Anwendung des Absatzes 3 entscheidet, notifiziert dem Verwahrer ihre Entscheidung. Diese Notifikation muss außerdem die Liste ihrer unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommen umfassen, deren Präambel noch keine Formulierung enthält, die Bezug nimmt auf den Wunsch, wirtschaftliche Beziehungen weiterzuentwickeln oder die Zusammenarbeit in Steuersachen zu vertiefen. Der in Absatz 3 genannte Wortlaut wird nur dann in ein unter das Übereinkommen fallendes Steuerabkommen aufgenommen, wenn alle Vertragsstaaten sich für die Anwendung des Absatzes 3 entschieden und in Bezug auf das unter das Übereinkommen fallende Steuerabkommen eine entsprechende Notifikation abgegeben haben.
OECD Draft Contents of the 2017 Update to the OECD Model Tax Convention, 2017; OECD Explanatory Statement to the Multilateral Convention to implement Tax Treaty related Measures to Prevent Base Erosion and Profit Shifting, 2016; OECD Preventing the Granting of Treaty Benefits in Inappropriate Circumstances, Action 6: 2015 Final Report – BEPS Action 6, 2015; OECD Musterkommentar, Musterabkommen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen, 2014; OECD Signatories and Parties to the Multilateral Convention to implement Tax Treaty related Measures to Prevent Base Erosion and Profit Shifting, 2017.
Kommentierung
I.Zweck der Vorschrift1
II.Bezug zum OECD-MA2 – 5
III.Kommentierung6 – 26
1.Neufassung der Präambel (Abs 1)6 – 15
a)Grundsätzliches6, 7
b)Beseitigung einer Doppelbesteuerung ohne Möglichkeiten zur Nicht- oder Niedrigbesteuerung durch Steuerverkürzung oder -umgehung8 – 12
c)Wirkung der Präambel13 – 15
2.Änderung bestehender DBA durch Art 6 (Abs 2)16, 17
3.Optionale zusätzliche Ergänzung der Präambel (Abs 3)18 – 20
4.Möglicher Vorbehalt zur Neufassung der Präambel (Abs 4)21 – 23
5.Notifikation zur Neufassung der Präambel (Abs 5)24, 25
6.Notifikation zur optionalen Ergänzung der Präambel (Abs 6)26
IV.Umsetzung in Deutschland27, 28
Literatur: Arnold/IFBDʼs Tax Treaty Unit The Proposed OECD Multilateral Instrument Amending Tax Treaties, BIT 2016, 683; Lang Die Auslegung des multilateralen Instruments, SWI 2017, 11; Ditz/Schönfeld Deutsche Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen – Eine erste kritische Analyse, DB 2013, 1437; Haase Das sog. Multilaterale Instrument – Zukunft des Abkommensrechts, IWB 1/2017, 16; Lang Die Auslegung des multilateralen Instruments, SWI 2017, 11; Lüdicke Anmerkungen zur deutschen Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen, IStR-Beihefter 10/2013, 27; Schönfeld Abkommenszweck und Verhinderung einer Minder- oder Nichtbesteuerung, FS Wassermeyer Doppelbesteuerung, 2015, S 97.
I. Zweck der Vorschrift
1
Art 6 verfolgt durch die Änderung der Präambel bestehender DBA das Ziel bzw die Absicht der Vertragsstaaten, die diese mit ihren DBA verfolgen, zu kodifizieren. Nach der Präambel des MLI wird es als notwendig angesehen, dass bestehende DBA dahingehend ausgelegt werden, dass sie eine Doppelbesteuerung beseitigen wollen, ohne die Möglichkeit zur Nicht– oder Niedrigbesteuerung durch Steuerverkürzung oder -umgehung zu schaffen. Da die Präambel eines DBA zur Auslegung ihrer einzelnen Bestimmungen heranzuziehen ist, wurde als umzusetzender Mindeststandard in der Präambel von unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommen die Festlegung des Ziels der Vermeidung der Doppelbesteuerung ohne Möglichkeiten zur Nicht- oder Niedrigbesteuerung bestimmt.[1] Die Nicht- oder Niedrigbesteuerung wird grds auf Fälle von Steuerverkürzung oder -umgehung beschränkt, darf aber auch einen weiteren Anwendungsbereich haben.[2] Die Vorschrift ist letztlich Ausfluss des OECD-BEPS-Aktionspunkts 6. Dieser sah einen Arbeitspunkt zur Klarstellung vor, dass DBA nicht dazu bestimmt sind, eine Doppelnichtbesteuerung herbeizuführen.[3]
II. Bezug zum OECD-MA
2
Durch Art 6 werden die Präambeln der unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommen grds um das Ziel ersetzt oder ergänzt, eine Doppelbesteuerung zu beseitigen, ohne Möglichkeiten zur Nicht- oder Niedrigbesteuerung durch Steuerverkürzung oder -umgehung zu schaffen. Das OECD-MA in seiner derzeitigen Fassung sieht eine solche Präambel grds nicht vor. Die Präambel zum Abkommen soll sich nach Fn 3 des aktuellen OECD-MA 2014 lediglich nach den verfassungsrechtlichen Vorschriften der Vertragsstaaten richten.
3
Auch der Titel des aktuellen OECD-MA lautet schlicht „Abkommen zwischen (Staat A) und (Staat B) auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen“. In seinen früheren Fassungen nahm das OECD-MA im Titel noch auf den Zweck der Beseitigung der Doppelbesteuerung Bezug. Vor dem Hintergrund, dass dies nicht der einzige Zweck von DBA sei, wurde die Beseitigung der Doppelbesteuerung allerdings gestrichen bzw der Titel auf seine heutige Fassung reduziert.[4] In Fn 2 des OECD-MA zum Titel wird allerdings ausgeführt, dass Staaten der weitverbreiteten Übung folgen können, entweder auf die Vermeidung der Doppelbesteuerung oder auf die Vermeidung der Doppelbesteuerung und die Vermeidung der Steuerverkürzung hinzuweisen.
4
Um nunmehr klar die Anforderungen aus den Ergebnissen des Aktionspunkts 6 zum Ausdruck zu bringen, sollen nach den Plänen der OECD Titel und Präambel zum MA bei seiner nächsten Revision in folgenden Wortlaut geändert werden:[5] „Convention between (State A) and (State B) for the elimination of double taxation with respect to taxes on income and on capital and the prevention of tax evasion and avoidance“. “PREAMBLE TO THE CONVENTION (State A) and (State B), Desiring to further develop their economic relationship and to enhance their cooperation in tax matters, Intending to conclude a Convention for the elimination of double taxation with respect to taxes on income and on capital without creating opportunities for non-taxation or reduced taxation through tax evasion or avoidance (including through treaty-shopping arrangements aimed at obtaining reliefs provided in this Convention for the indirect benefit of residents of third States) Have agreed as follows:“
5
Die dt Verhandlungsgrundlage für DBA v 17.4.2013 sieht in ihrem Titel und der Präambel folgenden Wortlaut vor „Abkommen (…) zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (…) – von dem Wunsch geleitet, die beiderseitigen wirtschaftlichen Beziehungen weiter zu entwickeln, die Zusammenarbeit auf steuerlichem Gebiet zu vertiefen und eine wirksame und zutreffende Steuererhebung zu gewährleisten, in der Absicht, die jeweiligen Besteuerungsrechte gegenseitig so abzugrenzen, dass sowohl Doppelbesteuerungen wie auch Nichtbesteuerungen vermieden werden.“ Sie enthält also bereits die nach dem MLI in Abs 3 vorgesehene Ergänzung und drückt das Ziel der Vermeidung von Nichtbesteuerungen aus, ohne jedoch auf Steuerverkürzung oder -umgehung Bezug zu nehmen.
III. Kommentierung
1. Neufassung der Präambel (Abs 1)
a) Grundsätzliches
6
Nach Abs 1 soll ein unter das Übereinkommen fallendes Steuerabkommen dahingehend geändert werden, dass die Präambel den folgenden Wortlaut erhält: „Intending to eliminate double taxation with respect to the taxes covered by this agreement without creating opportunities for non-taxation or reduced taxation through tax evasion or avoidance (including through treaty-shopping arrangements aimed at obtaining reliefs provided in this agreement for the indirect benefit of residents of third jurisdictions)“. Auch wenn verbindliche Sprachen des MLI nur Englisch und Französisch sind, wird nach hier vertretener Auffassung die Implementierung der nach MLI zu übernehmenden Wortlaute, wie hier für die Präambel, zumindest aus dt Sicht in die jeweilige Abkommenssprache übertragen werden müssen.[6] Der Begriff „reduced taxation“ wird ua vom BMF mit „Niedrigbesteuerung“ übersetzt. Dies impliziert aus dt Sicht eine Anlehnung an § 8 Abs 3 AStG, der die Besteuerung mit einem zu niedrigen effektiven Steuersatz regelt und eine Hinzurechnungsbesteuerung zur Folge haben kann. Möglicherweise kommt hier wie im Außensteuergesetz ein Missbrauchsgedanke zum Ausdruck. Man hätte auch mit „Minderbesteuerung“ übersetzen können, iS einer eingeschränkten Ausübung eines Besteuerungsrechts eines oder beider Vertragsstaaten, die hinter der möglichen (Voll)Besteuerung zurückbleibt.[7] So enthält die dt Übersetzung von Mitgliedern der Ad-hoc-Arbeitsgruppe der OECD v 16.5.2017 eine Fn 6 zu Art 6 für die Übersetzung seitens der Schweiz und Liechtenstein, in der „Nicht- oder Niedrigbesteuerung“ stattdessen mit „zur Nichtbesteuerung oder reduzierten Besteuerung“ übersetzt wird. Eine derartige Übersetzung hätte offensichtlich den fraudulösen Charakter der unerwünschten Gestaltungen nicht so gut zum Ausdruck gebracht.[8] Trotzdem ist nicht davon auszugehen, dass ein anderes Begriffsverständnis gemeint ist. Da die Präambel letztlich nicht selbst Recht setzt, hat die Übersetzung nur Bedeutung bei der Auslegung der unter das Übereinkommen fallenden Abkommen.[9] Deutschland scheint hier dem anderen Vertragsstaat von vornherein eine eher engere Auslegung der „Minderbesteuerung“ signalisieren zu wollen. Denkbar sind Auslegungsschwierigkeiten auch in Bezug auf die Übersetzung von „tax evasion or avoidance“.[10] Bereits bei der verbindlichen französischen Übersetzung gab es hierzu Ergänzungsbedarf, nämlich dass „tax avoidance“ im Französischen neben „fraude fiscale“ die Übersetzung „évitement fiscal“ haben kann.[11]
7
Die Formulierung „unter dieses Abkommen fallenden Steuern“ wurde anstelle der in DBA üblichen Formulierung bzw auch im Titel des OECD-MK genannten „Steuern vom Einkommen und Vermögen“ aufgenommen, um auch solchen Abkommen gerecht zu werden, die Anwendung auf andere Steuerarten finden oder eine andere Formulierung benutzen.[12]
b) Beseitigung einer Doppelbesteuerung ohne Möglichkeiten zur Nicht- oder Niedrigbesteuerung durch Steuerverkürzung oder -umgehung
8
Die Begriffe der Doppelbesteuerung, der Nicht- oder Niedrigbesteuerung sowie der Steuerverkürzung oder -umgehung sind im MLI, im OECD-MA und auch in deutschen DBA nicht definiert. Daher muss der Anwender sich damit auseinandersetzen, welche Art der Begrifflichkeit jeweils gemeint ist. Der Begriff der Doppelbesteuerung wird sehr unterschiedlich verwendet – letztlich handelt es sich nur um eine Zustandsbeschreibung.[13] Eine juristische Doppelbesteuerung liegt vor bei Identität des Steuersubjekts, des Steuerobjekts und des Besteuerungszeitraums.[14] In der Einleitung zum OECD-MK findet sich demnach folgende Definition: „International juridical double taxation can be generally defined as the imposition of comparable taxes in two (or more) States on the same taxpayer in respect of the same subject matter and for identical periods. “Bislang zielen die meisten Vorschriften des OECD-MA auf eine Vermeidung der juristischen Doppelbesteuerung ab, allerdings kann der Definition im OECD-MK nicht entnommen werden, dass DBA ausschließlich eine juristische Doppelbesteuerung vermeiden wollen. Die Vertragsstaaten sind vielmehr frei, auch Regelungen zur Vermeidung einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung zu treffen.[15] Bei ihr fehlt es im Vergleich zur juristischen Doppelbesteuerung an der Steuersubjektidentität, sie liegt zB vor, wenn Gewinne einer Kapitalgesellschaft bei ihr besteuert werden und ungeachtet dessen bei einer Ausschüttung durch den Anteilseigner nochmals versteuert werden müssen.[16] Im OECD-MA vermeidet zB Art 9 eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung. Vor diesem Hintergrund dürfte vornehmlich adressierte Begrifflichkeit des Art 6 Abs 1 die juristische Doppelbesteuerung sein.
9
Eine Doppelbesteuerung kann ferner effektiv oder virtuell sein.[17] Eine effektive Doppelbesteuerung liegt vor, wenn bei einer Doppelbesteuerung die betreffenden Steuern auch tatsächlich (doppelt und ohne Anspruch auf Erstattung) gezahlt werden. Von einer virtuellen Doppelbesteuerung spricht man im Unterschied dazu dann, wenn eine Doppelbesteuerung nur deshalb nicht eintritt, weil ein Staat nach seinem nationalem Recht trotz Besteuerungsrecht nach DBA keine Besteuerung vornimmt, der andere Staat aber dennoch eine Maßnahme zur Vermeidung der Doppelbesteuerung anwendet und daher den Sachverhalt nicht oder nicht vollständig besteuert.[18] Damit wird im Ergebnis die Steuersouveränität des anderen Vertragsstaates respektiert, anders ausgedrückt: Der bewusste Besteuerungsverzicht eines Vertragsstaates wird nicht zum Anlass genommen, eine an sich unzulässige Besteuerung auszuüben.[19] Nach früherem Verständnis beruhten DBA auf dem Verbot der virtuellen Doppelbesteuerung.[20] Ergebnis kann jedoch eine Minder- oder Nichtbesteuerung sein, im Extremfall eine Doppelnichtbesteuerung. Gerade diese Wirkungen wurden bei internationalen Steuergestaltungen genutzt und rückten verstärkt in den Fokus der nationalen Fisci. So reagierte Deutschland zunehmend mit Einfügung von Rückfallklauseln (Subject-to-Tax oder Switch-over-Clause) in DBA, in Art 22 Abs 1 d und e der dt Verhandlungsgrundlage für DBA bzw unilateral mit § 50d Abs 8 und 9.[21] Letztlich fanden entsprechende Überlegungen Eingang in den BEPS-Maßnahmenkatalog und seine Aktionspunkte.
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Im Ergebnis ist folglich davon auszugehen, dass Art 6 Abs 1 die Vermeidung der virtuellen, vornehmlich als juristischer Doppelbesteuerung verstandenen Doppelbesteuerung umfasst. Dabei sollen keine Möglichkeiten zur Nicht- oder Niedrigbesteuerung durch Steuerverkürzung oder -umgehung geschaffen werden. Das Wort „durch“ weist auf Kausalität und den Missbrauchscharakter von Art 6 Abs 1 hin.[22] Nur solche Nicht- oder Niedrigbesteuerungen, die missbräuchlich herbeigeführt werden, sind betroffen. Da durch das MLI DBA geändert werden sollen, versteht es sich von selbst, dass ferner nur Niedrig- oder Nichtbesteuerungen relevant sein können, die zumindest auch ihre Ursache in der Abkommensanwendung haben. Die bringt bereits der Titel von Teil III des MLI zum Ausdruck. Sofern sich die Vertragsstaaten jeweils bewusst entschließen auf Basis ihrer innerstaatlichen Besteuerungsregime auf die Besteuerung eines Sachverhalts zu verzichten, kann dies nach hier vertretener Auffassung nicht gemeint sein.
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Eine Nichtbesteuerung liegt grds vor, wenn bestimmte Einkünfte nicht besteuert werden. Im Detail sind aber verschiedenste Auslegungsmöglichkeiten denkbar. Fraglich dürfte zB sein, ob eine Nichtbesteuerung tatsächlich vorliegt, wenn Einkünfte in zwei involvierten Vertragsstaaten nicht besteuert werden, aber in einem Drittstaat. Keine Nichtbesteuerung liegt nach hier vertretener Auffassung grds vor, wenn ein bestimmtes Steuerobjekt besteuert wird und zwar unabhängig davon bei welchem Steuersubjekt, in welchem Besteuerungszeitraum und ob die Besteuerung in einem Vertragsstaat oder in einem Drittstaat erfolgt. Spätestens die Auslegung des Begriffs der Niedrigbesteuerung macht aber klar, dass es sowohl für die Nicht- als auch für die Niedrigbesteuerung eines Vergleichsparameters bedarf. Dies kann bei Auslegung eines Abkommens letztlich nur die von den Vertragsstaaten beabsichtigte Wirkweise des Abkommens sein. In diesem Sinne liegt eine Nichtbesteuerung bei internationalen Sachverhalten vor, wenn ein Vertragsstaat, sei es der Quellenstaat, dem eigentlich ein Quellenbesteuerungsrecht zustehen soll, oder der Ansässigkeitsstaat sein Besteuerungsrecht nicht ausübt.[23] Besteuert keiner der Vertragsstaaten liegen „weiße Einkünfte“ vor (Doppelnichtbesteuerung). Eine Niedrigbesteuerung liegt entsprechend vor, wenn die effektive Besteuerung aufgrund eingeschränkter Ausübung eines Besteuerungsrechtes durch die Vertragsstaaten hinter der Besteuerung zurückbleibt, die sich die Vertragsstaaten bei Abschluss des DBA vorgestellt haben.[24] Im Einzelfall dürfte die Bestimmung, ob eine Nicht- oder Niedrigbesteuerung vorliegt schwierig sein; zumindest nach dem durch Abs 1 vorgesehenen Mindeststandard soll die Möglichkeit einer Nicht- oder Niedrigbesteuerung aber nur ausgeschlossen werden, wenn eine Steuerverkürzung oder -umgehung bzw „tax evasion or avoidance“ gegeben ist („durch“).
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Der Begriff Steuerverkürzung oder -umgehung ist eher weit auszulegen. Jedenfalls sollte die nach den nationalen Rechtsvorschriften der beteiligten Vertragsstaaten strafrechtlich relevante Steuerhinterziehung oder -verkürzung erfasst sein.[25] Aber auch andere Tatbestände, die zu einer niedrigeren Steuer führen, als von den Vertragsstaaten vorgesehen, sind erfasst, zB die missbräuchliche Ausnutzung von Abkommensvorteilen durch „Treaty-Shopping“. Da iRd BEPS-Projekts insbesondere die negativen Auswirkungen aufgrund von „Treaty-Shopping” herausgestellt wurden, wurde dieses durch Umschreibung als Bsp für Steuerverkürzung eingefügt.[26] Im Kontext des BEPS-Projekts und seiner Zielrichtung wie auch den dazu ergangenen Abschlussberichten sollten unabhängig von strafrechtlich relevanten Handlungen alle in den Aktionspunkten im BEPS-Maßnahmenpaket als unerwünscht zum Ausdruck gebrachten Gestaltungen gemeint sein, also insbesondere hybride Gestaltungen mit der Folge von Besteuerungsinkongruenzen, doppeltem Betriebsausgabenabzug, Betriebsausgabenabzug ohne korrespondierende Besteuerung im anderen Vertragsstaat, die mehrfache Anrechnung von Quellensteuern oder gewinnverkürzende Gestaltungen mit Zinsen oder finanziellen Aufwendungen.