Kitabı oku: «Perry Rhodan Neo Paket 3: Das galaktische Rätsel», sayfa 4

Yazı tipi:

Eine Böe riss die Gasschwade mit sich, verschaffte Rhodan freien Blick. Nach einigen Sekunden fand er die Gestalt wieder. Sie war zu seiner Linken. Sie hatte angehalten. Die Gestalt beugte sich nach vorne, als wäre der Träger des Kampfanzugs dabei, sich zu übergeben.

»Chaktor!«

Rhodan setzte zu einem Sprint an. Noch zwanzig Meter trennten ihn von der Gestalt, dann zehn. Es war Chaktor! Der Kampfanzug, der mit seiner tonnenförmigen Brust seinem Träger die Silhouette eines American-Football-Spielers verlieh, war unverkennbar.

Noch fünf Meter – und plötzlich erfasste ein Lichtblitz die Landschaft, erfasste Rhodan, drang durch den Schutzschirm, die Filter seines Helms, durch seine geschlossenen Lider und …

Perry Rhodan fiel.

Das gleißende Licht schwächte sich ab, wurde zu bleichem Weiß, das Weiß zu Grau, das Grau zu Schwarz. Im Schwarz funkelten Lichtpunkte. Sterne.

Er war im All. Allein.

Rhodan sah an sich hinunter. Seine Hände waren bloß. Er trug einen Overall, wie in seinen NASA-Jahren während der endlos scheinenden Trainingseinheiten am Boden. Erschrocken riss er die Hände hoch, wollte sie auf den Helm legen, doch seine Finger tasteten die Haut seines Schädels und der Haare.

Im Vakuum. Ohne Raumanzug. Perry Rhodan war so gut wie tot.

Doch er lebte.

Perry Rhodan schnappte nach Luft. Er fand keine vor – und er benötigte keine, erkannte er. Eine ungekannte Leichtigkeit erfasste ihn. Er war frei, kein gewöhnlicher Mensch mehr. Ein Gedanke kam ihm: Ernst Ellert. Der Deutsche, dessen Körper in einem Keller in Terrania lag, während sein Geist durch Zeit und Raum reiste.

Er war wie Ellert.

Ein Planet schälte sich aus der Schwärze. Rhodan spürte, wie etwas an ihm zog. Es musste die Schwerkraft dieser Welt sein. Sie holte ihn zu sich.

Es war eine Welt wie die Erde, mit ausgedehnten Meeren und großen Kontinenten. Und es war nicht die Erde. Diese Welt besaß ihre eigene Sonne. Sie stand unmittelbar über dieser Welt, als handele es sich um eine gigantische Lampe.

Was er sah, war unmöglich. Doch Rhodan zweifelte nicht an seinen Sinnen. Er passierte die merkwürdige Sonne in nächster Nähe, fühlte ihre Wärme.

Sie war verlockend.

»Komm!«, flüsterte eine Stimme. »Komm, Perry Rhodan! Ich brauche dich!«

»Wer bist du?,« fragte Rhodan.

»Komm zu mir!«, flüsterte die Stimme. »Du wirst es sehen!«

Die merkwürdige Sonne blieb hinter Rhodan zurück. Er stürzte weiter, geführt vom Zug der unsichtbaren Schwerkraft. Unter sich auf dem Boden sah er lange Schatten. Gleich würde er das Licht dieser Sonne hinter sich lassen, gleich, vermutete er, würde ihn das Licht einer zweiten Sonne wie diese begrüßen.

Das Licht kam.

Es schien auf eine Landschaft, die unmöglich war. Es war, als hätte ein unvorstellbar großes Messer diese Welt in der Mitte durchtrennt. Und auf der glatten Fläche, die an der Schnittkante entstanden war, erstreckten sich Wälder und Steppen, Seen und Wüsten. Breite Ströme wanden sich über die Fläche. Sie fächerten sich in Deltas auf, wurden zu Seen, die am Rand der Fläche von einer unsichtbaren Barriere aufgestaut wurden.

Rhodans Blick folgte einem der Ströme flussaufwärts. Er entsprang in der Mitte der runden Fläche. Dort war ein Hochplateau, seine Kanten bestanden aus senkrechten Klippen. Eine Stadt thronte auf dem Plateau, und in ihrer Mitte schoss ein gewaltiger Strahl aus Wasser hoch in den Himmel dieser unmöglichen Welt. Regenbogen glitzerten in den Tropfen. Das Wasser fiel herab, sammelte sich in Bächen, die zu Flüssen wurden, die schließlich in Wasserfällen über die Kanten des Plateaus dem viele Hunderte oder sogar Tausende Meter tiefer liegenden Grund entgegenstürzten.

»Ich erwarte dich, Perry Rhodan!,« flüsterte die Stimme.

Perry Rhodan fiel der Stadt entgegen. Er spürte, wie die dichter werdende Atmosphäre dieser halben Welt über ihn strich. Sie rieb sich an ihm. Ihm wurde heiß, Schweiß brach ihm aus. Rhodan schrie auf. Aus dem Schwarz des Weltalls wurde Grau, aus dem Grau bleiches Weiß, aus dem Weiß ein blendendes Gleißen …

… und da war eine neue Stimme. Sie war leise, als käme sie aus weiter Ferne. Sie war ihm vertraut und doch fremd.

»… du mich? Perry? Jetzt krieg schon die Klappe auf!«

Rhodan öffnete die Augen und blickte aus nächster Nähe in eine Landschaft aus von Furchen durchzogener Haut, roten Bartstoppeln und glänzendem Schweiß, aus der sich zwei bleiche Narben wie die Rücken von Gebirgen erhoben.

»Perry!«

Es war Reginald Bull. Der Freund hatte die Helmscheibe gegen die Rhodans gedrückt. Der Schall wurde durch den Kontakt des Materials übertragen, verzerrte seine Stimme.

»R… Reg? Was … was machst du hier?« Aus dem Augenwinkel registrierte Rhodan, dass er sich – wieder? – auf der Oberfläche Gols befand.

»Dich retten, was sonst?« Bull grinste grimmig. »Alles Weitere später, ja? Eine Sturmfront rast auf uns zu. Wir müssen zurück auf das Schiff.« Bull schob eine Hand unter Rhodans Achsel. »Kannst du aufstehen?«

»Ich kann es versuchen.« Ihm war übel. Als müsste er sich übergeben. Er dachte an die Gestalt des Ferronen. »Chaktor? Was ist mit ihm?«

Bull zog ihn mit einem Ruck hoch. Rhodan sah eine Gestalt neben dem Freund. Nicht Chaktor. Eine Echse, aber kein Topsider.

»Keine Sorge. Das ist kein Geist«, sagte Reg. »Und auch nicht Godzillas kleiner Bruder, sondern ein topsidischer Roboter. Ich habe ihn in einem Depot des Schiffs gefunden. Er ist immerhin eingeschränkt funktionsfähig. Und das Beste ist: Er horcht auf mein Kommando!«

Der Roboter hatte die Arme ausgestreckt. Auf ihnen lag Chaktor.

»Bewusstlos«, kommentierte Bull trocken. »Wir sehen später nach ihm. Los jetzt!«

Sie marschierten los, gegen den Wind. Rhodan beugte sich weit vor, stemmte sich ihm mit dem ganzen Gewicht entgegen und setzte einen Fuß vor den anderen. Schweiß brach aus und rann ihm in die Augen. Es brannte. Rhodans Puls hämmerte, aber er nahm den Schmerz und die Anstrengung nur am Rand wahr. Das Bild der halbierten Welt beherrschte seine Gedanken. Und diese Stimme: »Komm, Perry Rhodan!«, hatte sie geflüstert. »Ich brauche dich!«

Ohne Zwischenfälle erreichten sie die Schleuse und eilten in die Zentrale. Der Roboter legte Chaktor behutsam auf dem Boden ab. Rhodan beugte sich über den Ferronen. Er schien unverletzt. »Sein Zustand ist stabil«, meldete sich die Anzugpositronik unaufgefordert zu Wort.

Rhodan sah auf. Die Zentrale hatte sich verändert. Überall glommen Lichter, waren Holos entstanden. Bull war wieder vor dem Terminal des Kommandanten in die Knie gegangen.

Rhodan ging zu dem Freund. »Was ist hier los?«

»Ach, nichts weiter.« Bull fummelte das Datenkabel aus seiner Halterung, schob es in den geöffneten Terminal. Es fand Kontakt, und Bull stand auf. »Denkst du etwa, ich bin hier gesessen und habe Däumchen gedreht, während du da draußen den Ferronenretter spielst?« Er zwinkerte Rhodan zu. »Ich habe mich weiter mit den Rechnern hier beschäftigt und herausgefunden, dass uns mit etwas Glück auch das hier reicht.« Er klopfte sich auf den Brustpanzer des Anzugs. »Eines muss man diesen Arkoniden lassen. Mit Rechnern haben sie ein Händchen …«

»Du meinst, du willst mit der Hilfe der Anzugpositronik …«

»… diesen Kahn hier in den freien Raum bringen. Genau! Will und muss.« Er deutete auf ein Holo, auf dem ein Wirbel zu sehen war. »Die Sturmfront ist in wenigen Minuten heran – und ich würde keine zehn Cent, die im Zeitalter des Solar sowieso nichts wert sind, darauf wetten, dass unsere tapfere ›Funkelnder Stern‹ ihm widersteht. Also, halt dich fest!«

Rhodan stellte sicher, dass der topsidische Roboter Chaktor geschützt verwahrte, dann klappte er eine der Konturliegen herunter und legte sich hinein.

Die Aggregate liefen an. Ein Brummen erfüllte die Zentrale, über das sich ein hohes, in den Ohren schmerzendes Kreischen legte. Es brach abrupt ab. »Okay, dann eben ohne Triebwerk elf«, murmelte Bull.

Die NESBITT-BRECK hob ab. Unmerklich langsam, als handele es sich bei ihr um eine primitive irdische Trägerrakete, wie sie die STARDUST in den Raum getragen hatte. Dann gab Bull Schub. Mit einem Satz warf sich das Topsiderschiff dem Himmel entgegen, ließ die ausgediente PANERC zurück. Eine unsichtbare Faust drückte Rhodan gegen die Liege, und um ein Haar durch die Öffnung, die für einen Echsenschwanz vorgesehen war. Auf den Holos verfolgte Rhodan ihren Kurs. Die Sturmfront war bis auf wenige Kilometer heran, schien ihre Ausläufer nach ihnen wie Tentakel auszustrecken.

Die NESBITT-BRECK bäumte sich auf – und machte sich frei.

Gol blieb hinter ihnen zurück. Das Dröhnen der Aggregate flachte ab, die Schwerkraft reduzierte sich auf ein übliches Maß.

»Sorry für den Andruck«, sagte Bull laut. »Wir hatten nicht genug Energie für Andruckabsorber, Schirmfeld und Triebwerke. Irgendwo musste ich Abstriche machen.«

»Kein Problem …«

»Dein ›kein Problem‹ klingt reichlich gequält, wenn du mich fragst.« Bull setzte sich auf, sah zu Rhodan. »Was ist mit dir? Verträgst du keinen Andruck mehr, alter Astronaut? Du bist so bleich, als wärst du da draußen den Geistern von Gol begegnet!«

»Nicht den Geistern …« Rhodan gab sich einen Ruck. Es gab keinen Menschen, dem er mehr vertraute als Bull. Wieso sollte er ihm verschweigen, was er erlebt hatte. »Ich hatte … ich weiß nicht, wie ich es nennen soll … eine Art Vision.«

»Wovon?«

»Ich war woanders, im freien Raum. Und unter mir schwebte ein Planet. Ein halber Planet, wie mit einem unvorstellbar großen Messer in der Mitte durchgeschnitten.«

Bull schwieg, rollte mit den Augen. Dann sagte er: »Bei aller Freundschaft, Perry. Glaubst du nicht, dass dir diese Geisterwelt zugesetzt hat? Ein halber Planet. Das ist unmöglich. Du musst es dir eingebildet …«

»Nein!«, rief eine Stimme.

Rhodan und Bull warfen den Kopf herum. Die Stimme gehörte Chaktor. Der Ferrone hatte den Oberkörper aufgerichtet.

»Es war keine Einbildung«, sagte Chaktor mit fester Stimme. »Ich habe den halben Planeten auch gesehen!«

6.

Crest da Zoltral

Vor den Azoren

»Ich warne vor einem Eingriff in meine Außenhülle! Die strukturelle Stabilität meines Rumpfs wäre gefährdet!«

Die Stimme war wohlmoduliert und erinnerte an die eines hochgestellten Arkoniden, der die besten Schulen des Imperiums durchlaufen hatte. Doch ihr fehlte das schwer greifbare Quäntchen der Emotionalität. Es verriet die Stimme als die einer Maschine.

»Deine Befürchtungen sind überzogen«, widersprach Crest der Positronik der unterseeischen Kuppel. »Wir befinden uns über hundert Meter unter dem Meeresgrund. Jenseits der Außenwand ist massiver Fels.«

»Wenn das so ist, welchen Zweck hat dann deine Absicht?« Der Rechner blieb hartnäckig. »Ich warne erneut. Die Konsequenzen sind unabsehbar!«

Es hatte keinen Sinn, mit der Positronik zu diskutieren. Crest wandte sich an die junge Frau, die neben ihm stand. »Miss Colas, Ihre Meinung?«

»Ich bin mir absolut sicher. Die Spur führt durch diese Wand. Ich rieche es!«

Konnte er ihr vertrauen? Ariane Colas war jung und unerfahren. Ihr Werdegang war zweifelhaft, ebenso wie ihr Charakter, vertraute man dem Hörensagen. Der Arkonide musterte das Mädchen forschend. Die aufdringlichen LED-Wimpern wechselten in hektischem Rhythmus die Farbe. Was bedeutete schon Hörensagen?

»Zweifelhaft«, hatten Crests Gegner ihn oft genannt – und das war noch die höflichste ihrer zahllosen Anschuldigungen und Beleidigungen gewesen.

»Flatterhaft« und »oberflächlich«, hieß es von der jungen Mutantin. Jetzt stand Crest ihr das erste Mal gegenüber, und die traumwandlerische Sicherheit, die von Ariane Colas ausging, beeindruckte ihn.

»Mister Sengu?«, wandte er sich an den zweiten Menschen, der ihn begleitete.

»Ariane hat recht«, antwortete der kleine, untersetzte Mann. »Hinter dieser Wand verbirgt sich etwas.«

Crest hatte Wuriu Sengu als stillen, nachdenklichen Menschen kennen gelernt. Ein Gemüt, das sich mit dem der quirligen Ariane Colas hätte beißen sollen. Doch offenbar tat es das nicht. Hatte er sich geirrt? Vielleicht wiesen die Stacheln, zu denen er seine Haare mit Gel formte, auf eine Facette seines Charakters hin, die nicht einmal dem Japaner selbst bewusst war?

»Was sehen Sie hinter dieser Wand?«

»Ich sehe Gestein«, antwortete Sengu. »Aber über den mentalen Block, den Ariane und ich gebildet haben, war meine Wahrnehmung erweitert. Ich habe einen unbekannten Arkoniden gerochen. Seine Spur führt zu dieser Wand – und hindurch!«

Crest strich sich nachdenklich über die Wangen. Zwei Menschen mit unerklärlichen Gaben und diffusen, unerklärlichen Wahrnehmungen. Auf Arkon hätte man sie verlacht. Aber Arkon war weit weg, und er, Crest da Zoltral, war auf einer Suche, für die man ihn verrückt erklärt hätte. Was war passender, als verrückten Gefühlen zu folgen?

Der alte Arkonide drehte sich zu dem Wartungsroboter, den sie mitgebracht hatten. Er bestand aus einer knapp zwei Meter hohen, wuchtigen Säule, aus der sechs Arme wuchsen. Die Arme endeten in Schweißgeräten. »Roboter, schaffe eine Öffnung in der Wand!« Crest zeigte auf die Stelle an der Wand, an der den Mutanten zufolge die Geruchsspur mündete.

Die Maschine schwebte lautlos an die Wand und machte sich an die Arbeit. Der Roboter breitete die Arme aus. Gleich darauf schossen glühende Strahlen aus den Mündungen der Schweißgeräte und bohrten sich in den Arkonstahl der Wand.

Erhitzte Luft strich wie eine Sturmböe über Crests Gesicht, dann entfaltete sich der Helm seines Kampfanzugs und schloss ihn von der Außenwelt ab. Der Vorgang lief so schnell ab, dass das menschliche – oder das arkonidische – Auge ihm nicht folgen konnte. Dem Beobachter wäre es erschienen, als wäre der Helm aus dem Nichts entstanden.

Ein Flimmern legte sich um Crest. Die Positronik des Kampfanzugs hatte den Schutzschirm aktiviert.

Der Anzug stellte in diesem Augenblick eine perfekte, in sich geschlossene Welt dar. Crest musste an Arkon denken. Seit Jahrhunderten hielt sich dort hartnäckig eine Subkultur, die Autarkisten. Deren Anhänger verbrachten ihr gesamtes Leben in der hermetisch geschlossenen, künstlichen Welt von Kampfanzügen. Es war eine Existenz, die jegliches Risiko ausschloss: Unfälle, selbst Mordanschläge waren so gut wie unmöglich, die Ansteckung mit fremden Krankheitserregern ausgeschlossen. In ihren Kokons wurden die Autarkisten uralt. Manche gingen sogar so weit, dass sie sich von ihrem Lebensstil die Unsterblichkeit versprachen.

Crest bezweifelte, dass man die Biologie der Arkoniden auf so plumpe Weise austricksen konnte. Und selbst wenn es wider Erwarten gelingen sollte, blieb für ihn eine Frage unbeantwortet: wozu?

Wozu ewig leben, wenn dieses ewige Leben darin bestand, sich hermetisch vom Leben abzuschließen?

Der Roboter arbeitete eine mannshohe, elliptische Öffnung in der Wand heraus. Er kam nur langsam voran, trotz der sechs Arme, mit denen er gleichzeitig arbeitete. Der Schmelzpunkt des Arkonstahls lag weit über dem aller Materialien, die die Menschen der Erde bislang verarbeiteten.

Erregung erfasste Crest, während er dem Roboter zusah. Ein Kribbeln erfasste seine Finger. Er war etwas Großem auf der Spur. Er spürte es. Wie damals, als er auf Arkon das verschollene Archiv Epetrans aufgespürt hatte.

Dann war es geschafft. Die glühenden Zungen der Schweißgeräte erstarben. Der Roboter fuhr an den Enden der Arme Saugnäpfe aus. Schmatzend machten sie sich an der Wand fest. Mit einem Ruck riss die Maschine den Stahl aus der verbliebenen, brüchigen Verankerung. Der Roboter schwenkte herum und legte das elliptische Stück vorsichtig auf dem Boden ab. Der Stahl war etwa unterarmdick.

Der Wassereinbruch, vor dem die Positronik gewarnt hatte, blieb aus. Es war keine Überraschung für Crest. Hätte hinter der Außenwand der Station das Meer gewartet, hätte das längst heftige Dampfentwicklungen ausgelöst.

Crest schwebte, getragen von den Antigravneutralisatoren seines Kampfanzugs, zu der Öffnung in der Wand. Ihre Ränder glühten noch und spendeten Licht.

Da war Fels.

Und im Fels eine Öffnung.

Der Scheinwerfer des Anzugs flammte auf. Der Lichtkegel drang in die Öffnung, enthüllte einen Tunnel, der schräg nach unten führte. In einer Entfernung, die Crest auf etwa einhundert Meter schätzte, knickte der Tunnel steil nach unten ab.

»Ein Tunnel!«, rief Wuriu Sengu. »Ich konnte ihn nicht erspähen!« Er schwebte jetzt neben Crest. Der Arkonide glaubte, unterdrückte Empörung aus Sengus Stimme herauszuhören. Der Späher-Mutant war es nicht gewohnt, dass sich die Dinge seinen Parasinnen entzogen.

»Die Instrumente registrieren ihn nicht!«, sagte Ariane Colas.

Crest rief die Anzeigen der Orter auf, stellte fest, dass die junge Frau recht hatte. »Ja. Aber ehrlich gesagt, hätte mich alles andere überrascht.«

»Aber ich rieche die Spur!«, rief die Mutantin da. »Der Arkonide ist durch diesen Tunnel gegangen!«

Der alte Arkonide wandte sich an die Positronik der Station, gab ihr einen Befehl. Kurz darauf rollte einer der autonomen Transportwagen heran, von denen sie mehrere Dutzend in der Kuppel gefunden hatten. Auf seiner Ladefläche ruhte eine Kabeltrommel. Crest nahm das Ende des Kabels und drückte es dem Wartungsroboter in eine seiner sechs Gliedmaßen.

»Du stößt in diesen Tunnel vor!«, befahl er der Maschine. »Lass dieses Kabel unter keinen Umständen los.«

»Verstanden.«

Der Roboter wollte sich in Bewegung setzen, aber Crest hielt ihn zurück. »Dieses Kabel dient uns zur Kommunikation.«

»Das ist nicht nötig«, entgegnete die Maschine. »Ich verfüge über Funk.«

»Nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass er ausfallen sollte. Folge dem Tunnel, so weit du kannst. Dann gib uns ein Zeichen. Zwei schnelle Züge am Kabel stehen für ›alles in Ordnung‹, vier Züge für ›Gefahr! Nicht folgen!‹. Verstanden?«

»Deine Anweisungen sind klar und logisch.«

Der Roboter schwebte in den Tunnel. Im Schritttempo glitt er den Gang entlang, verschwand schließlich an dem Knick aus der Sicht.

Aus der Ortung der Kampfanzüge verlor sich seine Spur fast augenblicklich. Sengu versuchte, Funkkontakt mit der Maschine herzustellen. Es gelang nicht.

Das Kabel rollte sich gleichmäßig von der Trommel.

»Clever«, lobte Ariane Colas. »Alte arkonidische Weisheit?«

»Sie hätte uns gut angestanden«, antwortete Crest. Er hatte die linke Hand um das Kabel geschlossen, um eine Nachricht des Roboters zu spüren. »Aber ich muss ehrlicherweise eingestehen, dass es sich um eine frühmenschliche Weisheit handelt. Ich habe mich vom Faden der Ariadne inspirieren lassen.«

»Was ist das?«

»Eine alte Legende. Ariadne war eine minoische Prinzessin. Sie schenkte dem Helden Theseus einen goldenen Faden. Theseus rollte ihn ab, als er in das Labyrinth eindrang, in dem das Ungeheuer Minotaurus hauste. Er bezwang den Minotaurus, und dank des Fadens gelang ihm die Rückkehr aus dem Labyrinth.« Er versicherte sich mit einem Seitenblick, dass die Kabeltrommel gleichmäßig abrollte, dann sah er zu der Mutantin auf. »Ihr Name rührt übrigens von der legendären Ariadne her. ›Ariane‹ ist seine französische Form. Beide Formen bedeuten aber dasselbe: ›die Liebliche‹.«

»Das …« Die junge Frau lief rot an, ihre LED-Wimpern erloschen. »Davon habe ich noch nie gehört. Sie als Arkonide kennen sich besser in der Geschichte meiner Welt aus als ich. Ich … ich weiß noch nicht einmal, was mein eigener Name bedeutet. Ich sollte mich schämen.« Sie drehte den Kopf, um seinem Blick auszuweichen.

»Dazu besteht kein Grund. Niemand kann alles wissen. Und vergessen Sie nicht: Ich bin ein alter, gebrechlicher Mann. Nur meine Neugier ist jung geblieben. Also bleibt mir oft nur, in Gedanken zu reisen. Ich lese viel.«

Crest konzentrierte sich wieder auf das Kabel, das sich weiter gleichmäßig abrollte. Der Strang, er diente den Menschen zur Herstellung von störungsfreien, nicht abhörbaren Kommunikationskanälen, war mit Längenangaben bedruckt.

Bald waren zweihundert Meter abgerollt, dann fünfhundert. Kurz bevor die Achthundert-Meter-Markierung durch Crests Finger glitt, stoppte die Bewegung. Einige Sekunden lang geschah nichts, dann spürte der Arkonide, wie sich das Kabel zweimal ruckartig spannte.

Das Alles-in-Ordnung-Zeichen!

»Der Roboter hat das Ende des Tunnels erreicht.« Crest ließ das Kabel los. »Ich werde ihm folgen. Es steht Ihnen beiden frei, hier zurückzubleiben. Ich kann die Gefahren nicht abschätzen, die auf uns lauern mögen.«

Ariane Colas schüttelte den Kopf. »Wie kommen Sie darauf? Ich bin jung, ich bin neugierig!« Sie zwinkerte Crest zu, und ihre LED-Wimpern unterstrichen ihre Geste mit einem neckischen Aufflackern. Die Mutantin war wie ein Kind: schnell bedrückt, aber ebenso schnell wieder himmelhoch jauchzend.

»Ich begleite Sie«, sagte Wuriu Sengu nur. Die Miene des Japaners war nicht zu deuten. Alles, was Crest festzustellen vermochte, war, dass Sengu die Länge seiner Stacheln wohl sorgfältig gewählt hatte: Ein Fingerbreit Abstand trennte sie von der Innenseite seines Helms.

Der Arkonide und die beiden Menschen schwebten in den Tunnel. Wuriu Sengu wollte sich an die Spitze setzen, aber Crest kam ihm mithilfe eines Schubstoßes seines Pulsatortriebwerks zuvor. Der Platz an der Spitze war der riskanteste, aber der Arkonide hielt es für angemessen, dass er ihn einnahm. Dieser Vorstoß geschah auf seine Initiative. Zu führen hieß, mit gutem Beispiel voranzugehen.

Crest lachte leise auf, als er erkannte, von wem er diesen Gedanken übernommen hatte: Perry Rhodan.

»Crest, alles in Ordnung?«, erkundigte sich Ariane Colas besorgt.

»Ja. Mir ist nur eben klar geworden, dass ich ein lausiger Arkonide bin.«

Die beiden Menschen fragten nicht nach, was ihn daran so belustigte. Die hell erleuchtete Ellipse blieb immer weiter hinter ihnen zurück, verschwand schließlich, als der Tunnel übergangslos steiler wurde. Crest musterte die Wände. Er war mithilfe von Thermostrahlern und Desintegratoren geschaffen worden. Die Schmelzkanäle und glatten Kanten sprachen eine klare Sprache. Doch die Ausführung war unsauber. Dieser Tunnel war nicht von Maschinen geschaffen worden, sondern von organischen Wesen.

Arkoniden?

Es schien wahrscheinlich. Aber die eigentliche Frage lautete: wozu? Die unterseeische Kuppel war eine Zuflucht, ein Versteck. Wozu ein Versteck im Versteck? Hatte der Kommandant der Kolonie, der in der Kuppel geradezu omnipräsent und gleichzeitig nicht zu fassen war, eine Meuterei unter seinen eigenen Leuten befürchtet? Oder hatten seine Schützlinge ihn hintergangen? Es fiel Crest schwer, sich das vorzustellen. Die Kriege gegen die Methans hatten die Arkoniden bis an den Rand des Untergangs gebracht. War es nicht nur folgerichtig, dass in einer solchen Zeit Konventionen und Wahrheiten fielen? Waren …

Ein Gleißen erfasste Crest. Es blendete Crest, obwohl der Helm sich automatisch verfärbte, um seine Augen zu schützen. Der Arkonide riss die Arme hoch, hielt sie in einer zum Scheitern verurteilten Geste schützend vor die Augen. Hinter sich hörte er die beiden Menschen aufschreien.

»Angriff mit Thermostrahlern«, meldete die Anzugpositronik mit unpassend anmutender Ruhe.

Lichtblitze hüllten Crest ein, als der Schutzschirm die auftreffenden Energien absorbierte.

»Worauf wartest du?«, herrschte der Arkonide die Positronik an. »Ausweichmanöver!«

»Unmöglich«, kam die Antwort. »Fesselfelder halten uns fest. Ich leite alle verfügbaren Energien auf den Schirm.«

»Aber wir müssen weg!«, brüllte Crest. Der Helm hatte sich weiter verdunkelt, dämpfte das Gleißen auf ein für das Auge erträgliches Maß.

»Schirmauslastung neunundachtzig Prozent«, sagte die Anzugpositronik. »Belastung steigt weiter.«

Dem Arkoniden gelang es irgendwie, sich umzudrehen. Die beiden Menschen waren unmittelbar hinter ihm. Sengu stand einfach da, als ginge ihn das Geschehen nichts an. Ariane Colas hatte beide Arme hochgerissen, hielt sie vor das Gesicht. Sie brüllte schrill und unverständlich.

»Vierundneunzig Prozent«, sagte die Positronik.

Schweiß brach Crest aus allen Poren. Angst? Oder kroch bereits Hitze durch den strapazierten Schirm und heizte den Anzug auf?

»Siebenundneunzig Prozent.«

Der Schirmgenerator heulte auf, übertönte die schrillen Angstschreie der jungen Frau.

»Neunundneunzig Prozent«, sagte die Positronik.

Er würde sterben, erkannte Crest. Es gab kein Entkommen. Der alte Arkonide stellte es mit einer inneren Ruhe fest, die ihn selbst verblüffte.

»99,6 Prozent.«

Altersweisheit? Oder hatte er sich nach den Anschlägen, die er auf Arkon überlebt hatte, an den Tod gewöhnt? Oder war es einfach nur Resignation? Gab er auf?

»Einhundert Prozent.«

Das Heulen des Schirmgenerators wurde zu einem Jaulen, das in den Ohren schmerzte. Der Anzug war an seiner Belastungsgrenze angelangt. Ein technisches Gerät, schoss es Crest durch den Kopf, das uralt war, zehntausend irdische Jahre.

»Belastung konstant«, sagte die Positronik.

Zehntausend Jahre. So alt wie diese Anlage. Um ein Vielfaches älter als er selbst, der das ewige Leben suchte – und nun den Tod in einem Tunnel unter dem Ozean einer abgelegenen Primitivwelt fand. Er …

Das Gleißen brach ab. Das Jaulen des Schirmgenerators steigerte sich auf eine neue Höhe, als könne das Aggregat nicht fassen, was geschehen war. Dann brach es abrupt ab.

Stille.

Ungläubige Stille.

»W… was war das?«, fragte Wuriu Sengu.

»Eine Sicherung gegen Unbefugte, vermute ich«, antwortete Crest. Unvermittelt hatte Gewissheit die Todesangst abgelöst. Seine rechte Hand fuhr an den Oberschenkel, ballte sich zur Faust und schlug zu. Er spürte den Schlag – nicht schmerzhaft, dafür sorgte der Anzug –, aber er spürte ihn. Er lebte.

»W… wir leben«, stellte der Japaner in diesem Moment fest. »Wieso? Wir sind nicht befugt. Der Schirm meines Anzugs war zu einhundert Prozent ausgelastet. Ein paar Watt mehr, und …«

»… und wir wären Toast gewesen, wie man auf der Erde zu sagen pflegt«, brachte Crest den Satz zu Ende. Ein Gedanke kam ihm. Ihre Anzüge waren zehntausend Jahre alt. Ebenso wie diese Anlage. Ihre Anzüge kamen aus der TOSOMA, ebenso wie der oder die Erbauer. Also …

»Das war ein Test!«, erkannte Crest. »Eine Zugangskontrolle.«

»Und … und wir haben bestanden?«, meldete sich Ariane Colas zu Wort.

»Offenbar.« Crest holte tief Luft. Ein Hochgefühl ergriff ihn. Sie hatten bestanden! »Weiter?«, fragte der Arkonide.

»Weiter«, antworteten die beiden Menschen gleichzeitig.

Sie setzten ihren Vormarsch fort. Das Kabel, das sie zu ihrem Ausgangspunkt zurückführen sollte, war verglüht. Crest sorgte es nicht. Das hier war kein Labyrinth, wie es der legendäre Theseus vorgefunden hatte. Die Prüfungen, die es hier zu bestehen gab, waren anderer Natur.

Ohne einen weiteren Zwischenfall erreichten sie den Roboter. Er war unversehrt und hatte vor einem Schott aus Arkonstahl Halt gemacht. Er glitt zur Seite, um dem Arkoniden und den beiden Menschen den Durchgang zu gewähren.

»Sengu, wären Sie so freundlich …?«

Der Japaner verstand augenblicklich. Er nahm die Hand von Ariane Colas, um mit ihr einen mentalen Block zu bilden. Dann schloss er die Augen, konzentrierte sich auf seine Spähergabe.

Was mochte sich hinter diesem Schott befinden? Eine geheime, zweite Steuerzentrale? Die eigentliche Station? War die Kuppel nur dazu gedacht, Feinde darüber hinwegzutäuschen, dass die wahre Zuflucht tief unter dem Meeresboden versteckt war. Oder – was für ein verrückter Gedanke! – erwartete sie hinter diesem Schott vielleicht der Kommandant? Der Mann, der unsterblich sein mochte?

Crest hörte hinter sich ein Surren. Der Roboter sagte: »Tritt zur Seite, Crest!«

Der Arkonide wandte sich um. Die Maschine war in die Tunnelmitte geglitten und hatte die Arme ausgefahren. Die Mündungen der Schweißgeräte glimmten rötlich. Der Roboter wollte offenbar das Schott aufschweißen.

»Noch nicht, Roboter«, sagte Crest. »Wir werden erst versuchen, dieses Schott ohne Gewalt zu öffnen.«

»Du missverstehst mich.« Die Maschine rührte sich nicht. »Es geht um die beiden Menschen. Sie sind nicht befugt. Tritt zur Seite, damit ich sie eliminieren kann.«

Einen Moment lang traute Crest seinem Gehör nicht. Was fiel der Maschine ein? Dann traf ihn das Verstehen wie ein Schlag. Der Roboter gehörte zur Kuppel, zu dieser Anlage – ebenso wie dieser verborgene Tunnel!

»Nein!«, sagte er bestimmt, gegen besseres Wissen. »Ich verbiete es! Es sind meine Gefährten.«

»Du hast dich als befugt erwiesen, Crest da Zoltral, aber du besitzt keine Befehlsgewalt. Tritt zur Seite, oder ich muss auch dich eliminieren!« Als wollte der Roboter seine Worte unterstreichen, flammte die Glut in den Mündungen der Schweißgeräte kurz auf.

Crest drehte den Kopf, sah zu den beiden Menschen. Sengu und Colas bemerkten nichts von der Drohung der Maschine. Die Mutanten waren tief in Konzentration versunken.

Sie waren so gut wie tot. Crest hatte der Maschine nichts entgegenzusetzen. Und wieso sollte er auch? Er musste nur einen Schritt zur Seite machen, um zu leben. Der Tod von Sengu und Colas würde sich den Menschen gegenüber als bedauerlicher Unfall erklären lassen.

Vor wenigen Wochen noch hätte der Arkonide allenfalls kurz gezögert. Nicht ohne ein leises Bedauern über den Tod der Menschen, doch er hätte es als notwendiges Übel akzeptiert, in der Abwägung einer klaren Entscheidung.

Doch der Crest da Zoltral, der einmal gewesen war, existierte nicht mehr. Seine Arroganz war in den Wochen des Siechtums auf dem Mond dahingeschwunden. Auf der Erde, unter den primitiven Barbaren, war sie gestorben. Menschen, nicht Arkoniden, hatten ihm das Leben gerettet. Er stand in ihrer Schuld.

Der alte Arkonide wandte sich wieder dem Roboter zu. Er stemmte beide Hände in die Hüften und sagte: »Nein! Ich werde das nicht zulassen. Die beiden Menschen sind meine Freunde. Wenn du sie eliminieren willst, musst du auch mich eliminieren!«

Tränen traten in Crests Augen, verschleierten seine Sicht. Die Arme des Roboters fuhren ganz aus – und zurück in die Halterungen am Körper. Die Glut in den Mündungen der Schweißgeräte erlosch.

»Du hast Reife und Mut bewiesen, Crest da Zoltral«, sagte der Roboter. »Der Eintritt ist dir und deinen Begleitern gewährt.«

Ein Knirschen ließ Crest herumfahren. Sengu und Colas stießen Rufe der Überraschung aus.

Das Schott fuhr zur Seite und gab den Blick frei.

Sengu gab Colas ein Zeichen. Die beiden Menschen traten zur Seite. Der Japaner bedeutete dem Arkoniden vorzutreten.

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
18+
Litres'teki yayın tarihi:
11 kasım 2024
Hacim:
1535 s. 10 illüstrasyon
ISBN:
9783845333854
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi: