Kitabı oku: «Arbeitsstrafrecht», sayfa 21

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4. Arbeitnehmerüberlassung

24

Nicht Arbeitgeber i.S.d. Norm ist im Falle der zulässigen Arbeitnehmerüberlassung der Entleiher:[49] Er haftet lediglich gem. § 28e Abs. 2 S. 1 SGB IV wie ein selbstschuldnerischer Bürge; (strafrechtlich) verantwortlich für die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge bleibt aber der Verleiher.[50] Erfolgt die Arbeitnehmerüberlassung in illegaler Weise (vgl. § 9 AÜG), so wird die Arbeitgeberstellung des Entleihers allerdings gem. § 10 Abs. 1 S. 1 AÜG fingiert, so dass er Täter i.S.d. § 266a StGB sein kann.[51] Nach § 10 Abs. 3 S. 2 AÜG gilt daneben auch der Verleiher als Arbeitgeber, wenn und soweit er die Entlohnung der Leiharbeitnehmer vornimmt.[52]

5. § 266a Abs. 5 StGB: dem Arbeitgeber gleichgestellte Personen

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Bestimmte Personen, die eine arbeitgeberähnliche Stellung einnehmen, werden durch die Regelung des § 266a Abs. 5 StGB dem Arbeitgeber gleichgestellt: der Auftraggeber eines Heimarbeiters, eines Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die diesen i.S.d. Heimarbeitsgesetzes (vom 14.3.1951)[53] gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister.

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Der Begriff des Auftraggebers entspricht dem des Arbeitgebers des Hausgewerbetreibenden in § 12 Abs. 3 SGB IV.[54] Der Begriff des Heimarbeiters und der ihm gleichgestellten Personen ist §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 u. 2 Heimarbeitsgesetz (HAG) zu entnehmen. Zwischenmeister schließlich ist gem. §§ 12 Abs. 4 SGB IV, 2 Abs. 3 HAG derjenige, der, ohne Arbeitnehmer zu sein, die ihm vom Gewerbetreibenden übertragene Arbeit an Heimarbeiter oder Hausgewerbetreibende weitergibt.[55]

Anmerkungen

[1]

Die Anmeldung nach § 28a SGB IV erfolgt im Rahmen des DEÜV-Meldeverfahrens, also nach der Datenerfassungs- und Übermittlungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.1.2006 (BGBl. I 2006, S. 152), die zuletzt durch Art. 12 des Gesetzes v. 22.11.2019 (BGBl. I 2019, S. 1746) geändert worden ist. Zu beachten ist insbesondere die seit dem 1.1.2009 für einzelne Wirtschaftsbereiche geltende Pflicht zur Sofortmeldung spätestens bei Beschäftigungsaufnahme (vgl. § 28a Abs. 4 SGB IV i.V.m. § 7 DEÜV); vertiefend zur Inpflichtnahme der Arbeitgeber Knospe WzS 2015, 267.

[2]

Volk/Beukelmann/Petri § 28 Rn. 170.

[3]

Brenner S. 104; Fischer § 266a Rn. 3; Wegner wistra 1998, 283, 284; Momsen/Grützner/Meyer 10. Kap. Rn. 87.

[4]

Böttger/Verjans Kap. 4 Rn. 186; Graf/Jäger/Wittig/Wiedner § 266a Rn. 19; ausführlich zur Strafbarkeit der Beihilfe gem. §§ 266a Abs. 1, 27 StGB: Wittig ZIS 2016, 700.

[5]

So Bach/Hugo JR 2020, 225, 231 f.

[6]

Zum Arbeitgeberbegriff vgl. 1. Kap. Rn. 33 ff.

[7]

Bürger wistra 2016, 169; Krumm NZWiSt 2015, 102; Borchardt StRR 2007, 84; Schulz NJW 2006, 183, 184; Lanzinner S. 42.

[8]

AnwK-StGB/Esser § 266a Rn. 14 ff. m.w.N.; SK-StGB/Hoyer § 266a Rn. 19 ff. Für Matt/Renzikowski § 266a Rn. 16e sowie Fn. 80, ist jedenfalls Mindestvoraussetzung für die Annahme der Arbeitgebereigenschaft im Rahmen von § 266a, dass eine vertragliche Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinn besteht.

[9]

BVerfG NJW 2003, 961.

[10]

Schönke/Schröder/Perron § 266a Rn. 11; Ignor/Mosbacher/Pananis § 6 Rn. 10; Schulz NJW 2006, 183, 184; Bollacher S. 83; Greeve NStZ 2013, 588; OLG Celle wistra 2014, 109 f.

[11]

Ignor/Mosbacher/Pananis § 6 Rn. 10.

[12]

BGH NJW 2014, 1975, 1976; insgesamt st. Rspr., vgl. zuletzt BGH Urt. v. 18.7.2019 – 5 StR 649/18, juris; NStZ 2017, 354 m. Anm. Floeth EWiR 2017, 609; wistra 2016, 153 m. Bspr. Floeth NZS 2016, 771; NStZ 2015, 648 m. Anm. Trüg; siehe auch BGH NStZ-RR 2019, 151 f. m. Anm. Brand GmbHR 2019, 278 und Lange ZWH 2019, 155; wistra 2014, 23, 24 m. Bspr. Floeth NZS 2014, 207; BeckRS 2014, 11497; NStZ 2013, 587 m. Bspr. Gercke/Leimenstoll WiJ 2014, 1 f. und krit. Anm. Greeve NStZ 2013, 588; vgl. auch wistra 2012, 28; wistra 2010, 29.

[13]

Vgl. BSGE 34, 113.

[14]

BVerfG NJW 2003, 961.

[15]

Krekeler/Werner Rn. 908; AnwK-StGB/Esser § 266a Rn. 17.

[16]

BGH NStZ 2020, 163, 165.

[17]

Vgl. nur BGH NJW 2014, 1975, 1976.

[18]

BGH wistra 2010, 29; wistra 2012, 28; BGHR StGB § 266a Arbeitgeber 2; Schönke/Schröder/Perron § 266a Rn. 11; zur Scheinselbstständigkeit vertiefend Lanzinner.

[19]

Mansdörfer jM 2020, 123, 124, verweist auf die über 3.500 Einträge zu § 266a StGB und § 7 Abs. 1 StGB in der Rechtsprechungsdatenbank dejure.org.

[20]

Mansdörfer jM 2020, 123, 124.

[21]

BGH NStZ-RR 2019, 151.

[22]

Mit Verweis auf Kudlich ZIS 2011, 482, 488; vgl. auch Schulz NJW 2006, 183, 184.

[23]

Mit diesem Rundschreiben zur „Statusfeststellung von Erwerbstätigen“ handelt es sich um eine aktualisierte Fassung, die das bisherige gemeinsame Rundschreiben vom 5.7.2005 mit dem Titel: „Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit; Versicherungs-, Beitrags- und Melderecht unter Berücksichtigung der Änderungen aufgrund des 4. ModDienstG“ mit Wirkung vom 1.6.2010 ablöste.

[24]

Vgl. 1. Kap. Rn. 76. Hinweise zur anwaltlichen Beratungspraxis bei Matt/Renzikowski § 266a Rn. 16g.

[25]

Vgl. hierzu auch die Ausführungen unter 1. Kap. Rn. 144 ff.

[26]

Vgl. zur Täterschaft eines Beauftragten BGH NJW 2013, 3303; an die Beauftragung sind strenge Anforderungen zu stellen, vgl. BGH StV 2017, 76 und BGHSt 58, 10.

[27]

Ignor/Mosbacher/Pananis § 6 Rn. 11; Wegner wistra 1998, 283, 284.

[28]

Gold Die strafrechtliche Verantwortung des vorläufigen Insolvenzverwalters, 2004, S. 45, vertritt insoweit die Auffassung, auch der vorläufige Insolvenzverwalter sei gesetzlicher Vertreter i.S.d. Vorschrift, sofern er mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ausgestattet sei. Zustimmend Lackner/Kühl § 14 Rn. 2; a.A. mit der Begründung, die Befugnisse des vorläufigen Insolvenzverwalters seien von der Anordnung des Insolvenzgerichts abhängig: OLG Zweibrücken wistra 1995, 319, 320; Schönke/Schröder/Perron/Eisele § 14 Rn. 26; Schäferhoff/Gerster ZIP 2001, 905, 907; NK-StGB/Böse § 14 Rn. 35.

[29]

BGH NJW 2002, 1122.

[30]

BGH ZIP 1993, 430.

[31]

Vgl. BayObLG DB 1992, 1923; OLG Düsseldorf GmbHR 2001, 14: danach ist die Erklärung der Amtsniederlegung durch den alleinigen Geschäftsführer und einzigen Gesellschafter einer GmbH, der nicht zugleich einen neuen Gesellschafter bestellt, in der Regel rechtsmissbräuchlich und daher unwirksam; kritisch hierzu Müller EWiR 1992, 1201 f.

[32]

Vgl. BGH wistra 2017, 64; OLG Celle ZInsO 2017, 1547; OLG Rostock BB 1998, 54; Ignor/Mosbacher/Pananis § 6 Rn. 12.

[33]

Vgl. hierzu – unter besonderer Beachtung möglicher Exkulpationsmöglichkeiten – die Ausführungen unter 1. Kap. Rn. 182.

[34]

OLG Hamm NStZ-RR 2001, 173, 174; AG Bremen Urt. v. 17.3.2011 – 23 C 182/10, juris; NK-StGB/Tag § 266a Rn. 30 m.w.N.; einschr. Lackner/Kühl/Heger § 266a Rn. 4.

[35]

BGH wistra 2017, 64 m. abl. Anm. Ceffinato und m. zust. Anm. Heuking BB 2016, 3089 und von Hesberg jurisPR-Compl 1/2017 Anm. 5; so auch OLG Celle ZInsO 2017, 1547 m. Anm. Ambrosy jurisPR-StrafR 14/2017 Anm. 3; zust. Haase BB 2017, 2002.

[36]

So zutreffend MK-StGB/Radtke § 266a Rn. 36.

[37]

Vgl. hierzu auch 1. Kap. Rn. 176 ff.

[38]

Vgl. KG NJW-RR 1997, 1126; Wegner wistra 1998, 283, 284.

[39]

MK-StGB/Radtke § 266a Rn. 36; Satzger/Schluckebier/Widmaier/Saliger § 266a Rn. 11.

[40]

Vgl. KG NJW-RR 1997, 1126; MK-StGB/Radtke § 266a Rn. 36; Ignor/Mosbacher/Pananis § 6 Rn. 12.

[41]

So im Ergebnis auch KG NJW-RR 1997, 1126; MK-StGB/Radtke § 266a Rn. 36; Ignor/Mosbacher/Pananis § 6 Rn. 12; Wegner wistra 1998, 283, 284.

[42]

Vgl. BGH NStZ 2002, 548, 549; Fischer § 266a Rn. 5; Bollacher S. 121 ff.

[43]

Vgl. BGH NStZ 2002, 548, 549; NJW 2007, 1370, 1372; NJW 2013, 3303, 3305.

[44]

Ignor/Mosbacher/Pananis § 6 Rn. 14; Wegner wistra 1998, 284.

[45]

BGH NStZ 1997, 125 ff.; FG Rheinland-Pfalz GmbHR 2014, 442 ff.; Bittmann/Weiß § 21 Rn. 27.

[46]

Vgl. LG Bonn NZS 2013, 704 ff.

[47]

BGH NStZ 2002, 547, 549; GmbHR 2001, 236; OLG Celle wistra 2014, 109; OLG Köln ZInsO 2013, 1031; OLG Düsseldorf GmbHR 2015, 708; LG Bonn NZS 2013, 704 ff.; Fischer § 266a Rn. 5; Muschalle/Schultze S. 203; zum Ganzen auch 1. Kap. Rn. 154 ff.

[48]

OLG Celle wistra 2014, 109; LG Hamburg Urt. v. 28.8.2012 – 303 O 226/11, juris.

[49]

Zur Arbeitgeberstellung bei Arbeitnehmerüberlassung vertiefend Lanzinner S. 50 ff.

[50]

MK-StGB/Radtke § 266a Rn. 17; Schönke/Schröder/Perron § 266a Rn. 11; Graf/Jäger/Wittig/Wiedner § 266a Rn. 13.

[51]

Ausführlich hierzu Martina RdA 2018, 167.

[52]

BGH NStZ 2001, 599; BGHR StGB § 266a Arbeitgeber 1; BGHR StGB § 266a Sozialabgaben 1.

[53]

BGBl. I 1951, S. 191; zuletzt geändert durch Art. 112 des Gesetzes v. 20.11.2019 (BGBl. I 2019, S. 1626).

[54]

Fischer § 266a Rn. 7; Satzger/Schluckebier/Widmaier/Saliger § 266a Rn. 12.

[55]

NK-StGB/Tag § 266a Rn. 38.

2. Kapitel Materielles Arbeitsstrafrecht › A. Beitragsvorenthaltung nach § 266a StGB › IV. Die einzelnen Tathandlungen

IV. Die einzelnen Tathandlungen

1. Vorenthalten von Arbeitnehmeranteilen (§ 266a Abs. 1 StGB)

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Gemäß § 266a Abs. 1 StGB wird bestraft, wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung (einschließlich der Arbeitsförderung) vorenthält; dies gilt – seit dem 1.8.2002 schon nach dem Gesetzeswortlaut – unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt tatsächlich gezahlt wird oder nicht.[1] § 266a Abs. 1 StGB weist damit eine untreueähnliche Tatbestandsstruktur[2] auf, da der Arbeitgeber durch das Vorenthalten der Beiträge eine „treueähnliche Pflicht“ gegenüber dem Sozialversicherungsträger verletzt.[3]

a) Materielles (deutsches) Sozialversicherungsverhältnis

28

Voraussetzung des § 266a Abs. 1 StGB ist zunächst das Vorliegen eines materiellen Sozialversicherungsverhältnisses. Dieses entsteht durch die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV (nichtselbstständige Arbeit).[4] Ein Sozialversicherungsverhältnis kommt kraft Gesetzes mit der Aufnahme einer entsprechenden Tätigkeit zustande (vgl. §§ 22 SGB IV, 186 Abs. 1 SGB V).[5] Es kommt mithin nicht darauf an, ob der Arbeitgeber der zuständigen Einzugsstelle die Aufnahme der Beschäftigung gemeldet hat,[6] oder ob ein wirksamer Arbeitsvertrag vorliegt.[7] Maßgeblich sind allein die tatsächlichen Gegebenheiten; liegt danach ein Arbeitsverhältnis vor, so können die Vertragsparteien die sich hieraus ergebenden Beitragspflichten nicht durch eine abweichende vertragliche Gestaltung beseitigen.[8] Dabei sind sämtliche bei einem Arbeitgeber vorgenommenen Tätigkeiten als ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis anzusehen. Das bedeutet, dass eine neben einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeübte geringfügige Beschäftigung nur dann versicherungsfrei ist, wenn sie nicht bei demselben Arbeitgeber ausgeübt wird.[9] Die Sozialversicherungspflicht endet grundsätzlich erst mit Ende des Beschäftigungsverhältnisses; auch im Fall der (einvernehmlichen) Freistellung von der Arbeitsleistung besteht daher – über den letzten tatsächlichen Arbeitstag hinaus – eine Sozialversicherungspflicht bis zur (formalen) Beendigung des Arbeitsvertrages.[10]

29

Die Beitragspflicht zur Sozialversicherung muss zudem in der Bundesrepublik Deutschland bestehen;[11] dieses Erfordernis hat der 1. Strafsenat des BGH angesichts zunehmender grenzüberschreitender Tätigkeit von Unternehmen in seiner Entscheidung vom 24.10.2006 deutlich hervorgehoben.[12] Die entsprechenden Regelungen finden sich in §§ 4 ff SGB IV. Wenn ein ausländischer Sozialversicherungsträger eine sog. „A1–Bescheinigung“ (früher: E 101–Bescheinigung)[13] ausgestellt hat, so ist nach § 5 Abs. 1 SGB IV das deutsche Sozialversicherungsrecht unanwendbar (sog. Einstrahlung).[14] Eine solche von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erteilte Entsendebescheinigung bindet die deutschen Organe der Strafrechtspflege.[15] Die Durchführung eines Strafverfahrens wegen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen ist damit gehindert (ebenso die Strafverfolgung in Zusammenhang mit Erklärungen gegenüber den Behörden des Entsendestaates zur Erlangung der A 1 (bzw. E 101)-Bescheinigung); dies gilt selbst dann, wenn die Bescheinigung erschlichen wurde,[16] und jedenfalls solange die erteilte Bescheinigung nicht zurückgenommen ist.[17] Entsprechend gilt für die zeitlich begrenzte Entsendung inländischer Beschäftigter ins Ausland gem. § 4 SGB IV eine inländische Sozialversicherungspflicht (sog. Ausstrahlung).[18]

30

Hinweis

Der 1. Strafsenat des BGH hat die Frage der Bindungswirkung von Entsendebescheinigungen auf der Basis bilateraler Abkommen, auf die das Gemeinschaftsrecht keine Anwendung findet, zunächst lange offengelassen.[19] Er hat diese Rechtsfrage mittlerweile dahingehend entschieden, dass einer solchen Bescheinigung keine derart weite Bindungswirkung zukommt wie der A 1 (bzw. E-101)-Bescheinigung, ließ in dieser Entscheidung allerdings die Frage dahinstehen, inwieweit einer solchen Bescheinigung eine beschränkte Bindungswirkung zukommt.[20]

31

Wird dagegen ein Entsendetatbestand nach EU-Recht nur vorgetäuscht und eine ausländische Gesellschaft ausschließlich zu dem Zweck gegründet, ausländische Arbeitnehmer einzustellen und durch Vortäuschung eines Entsendefalles die deutschen Sozialversicherungsbeiträge zu ersparen und dadurch Wettbewerbsvorteile zu erlangen, und werden alle maßgeblichen, das Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmer betreffenden Vorgänge durch den Geschäftsführer des deutschen Auftraggebers dieser Scheinfirmen in Deutschland abgewickelt, sind die Beschäftigungsverhältnisse tatsächlich dem deutschen Auftraggeber zuzuordnen, weshalb die ausländischen Arbeitnehmer der deutschen Sozialversicherungspflicht unterliegen.[21] Denn liegt weder tatsächlich noch formal – in Form einer Entsendebescheinigung, die aufgrund multilateraler oder bilateraler Abkommen eine kollisionsrechtliche Bindungswirkung entfaltet – ein Entsendetatbestand i.S.d. § 5 SGB IV vor, so ist nach dem Grundsatz des § 9 SGB IV maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Sozialversicherungspflicht der Ort, an dem die Beschäftigung de facto ausgeübt wird.[22]

b) Beitragspflicht

32

Die Beitragspflicht des Arbeitgebers richtet sich nach den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften. Geschützt wird der Gesamtsozialversicherungsbeitrag gem. § 28d SGB IV, der sich grundsätzlich aus den Beiträgen zur Kranken- und Pflege-, Renten- und Unfallversicherung sowie zur Arbeitsförderung zusammensetzt.[23] Von § 266a Abs. 1 StGB werden allein die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung erfasst, die Teil des Bruttolohns sind, und die vom Arbeitgeber gem. § 28e Abs. 1 SGB IV einzubehalten und alleinverantwortlich abzuführen sind.[24] Nicht erfasst sind hingegen die Arbeitgeberanteile (für sie gilt Abs. 2) sowie freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung und Beiträge zu einer freiwilligen Krankenversicherung (für sie gilt Abs. 3).[25]

33

Keine Sozialversicherungspflicht besteht im Falle der selbstständigen Beschäftigung, eines geringfügig entlohnten Ausbildungsverhältnisses sowie eines freiwilligen sozialen Jahres (vgl. § 20 Abs. 3 SGB IV).[26] Auch für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse nach § 8 SGB IV ist eine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung gegeben.[27] Aufgrund der „Minijob-Reform“[28] wurde jedoch die bisherige Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Möglichkeit der vollen Versicherungspflicht für geringfügig entlohnte Beschäftigte zum 1.1.2013 in eine Rentenversicherungspflicht mit Befreiungsmöglichkeit umgewandelt, also ein Wechsel von Opt-in zu Opt-out vollzogen.[29] Daraus folgt, dass für Beschäftigungszeiten bis 31.12.2012 im Regelfall nur eine Strafbarkeit nach § 266a Abs. 2 StGB in Betracht kommt, weil an die Minijob-Zentrale lediglich ein Pauschalbeitrag des Arbeitgebers gezahlt werden musste (vgl. § 172 Abs. 3 SGB VI), jedoch keine Arbeitnehmerbeiträge abzuführen waren.[30] Hatte der geringfügig Beschäftigte allerdings gem. § 5 Abs. 2 S. 2 SGB VI durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber auf die Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung verzichtet, so handelte es sich bei dem daraufhin abzuführenden Aufstockungsbeitrag um einen Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung i.S.d. § 266a Abs. 1 StGB.[31] Von dieser Möglichkeit haben allerdings lediglich 5 % der Beschäftigten Gebrauch gemacht.[32] Im Hinblick auf die Einführung einer grundsätzlichen Rentenversicherungspflicht ab dem 1.1.2013 könnte § 266a Abs. 1 StGB nunmehr auch im Rahmen der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse praktische Bedeutung erlangen, wenn die Beschäftigten nicht überwiegend gegenüber dem Arbeitgeber die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung beantragen (vgl. § 6 Abs. 1b SGB VI).[33] Damit ist nun grundsätzlich auch bei geringfügigen Beschäftigungen in Privathaushalten i.S.v. § 8a i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV eine Strafbarkeit nach § 266 Abs. 1 StGB möglich.[34] Zu beachten ist, dass für Beschäftigungsverhältnisse, die bereits vor dem 1.1.2013 bestanden haben, verschiedene Bestandsschutz- und Übergangsregelungen geschaffen wurden.[35]

34

Hinweis

Übt ein „Mini-Jobber“ mehrere geringfügige Beschäftigungen[36] aus, so sind diese zusammenzurechnen; liegt der monatliche Gesamtlohn über der Geringfügigkeitsgrenze, so besteht Sozialversicherungspflicht (§ 8 Abs. 2 S. 1 u. 2 SGB IV). Die Versicherungspflicht tritt allerdings nicht automatisch mit Überschreiten der Grenze ein, sondern erst mit Festsetzung durch einen Bescheid des Sozialversicherungsträgers (§ 8 Abs. 2 S. 3 SGB IV).

35

Seit dem 1.1.2009 sind Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, sich bei ihren geringfügig Beschäftigten nach anderen Beschäftigungsverhältnissen zu erkundigen (§ 8 Abs. 2 S. 4 SGB IV). Allerdings regelt das Gesetz nicht, in welcher Art und in welchen Abständen diese Nachfragen zu erfolgen haben. Für die Praxis verbleibt insoweit eine gewisse Unsicherheit, welche erst durch obergerichtliche Urteile zur neuen Gesetzeslage beseitigt werden dürfte. Eine jährliche Überprüfung ist aber aus Gründen der Vorsicht anzuraten.

36

Nach der neuen Rechtslage ist im Fall der vorsätzlichen sowie der grob fahrlässigen Nichtaufklärung des Sachverhalts für die versicherungsrechtliche Beurteilung der Beschäftigung eine rückwirkende Festsetzung von Sozialversicherungsbeiträgen möglich.[37] Darüber hinaus kann im Fall des vorsätzlichen Unterlassens § 266a StGB zum Tragen kommen. Bei Fahrlässigkeit kommt ein Verstoß gegen Bußgeldtatbestände in Betracht, wie beispielsweise § 111 Abs. 1 Nr. 2, 2a SGB IV.

37

Die Höhe der geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge bestimmt sich nach dem materiellen Sozialversicherungsrecht, also den einschlägigen Normen der Sozialgesetzbücher in Verbindung mit den Beitragssätzen der jeweiligen Krankenkasse, die bei einem längeren Tatzeitraum schwanken können.[38] Maßgebliche Bezugsgröße für die Beitragshöhe ist grundsätzlich das vereinbarte Bruttoentgelt,[39] das auf der Grundlage des § 14 SGB IV zu berechnen ist.[40] Ausgehend von Sinn und Zweck des § 14 Abs. 1 SGB IV soll es grundsätzlich[41] nicht zur Disposition der Parteien des Arbeitsverhältnisses stehen, welcher Teil der Zahlungen des Arbeitgebers der Beitragspflicht unterliegt.[42]

38

Im Falle einer – rechtlich zulässigen – Nettolohnabrede ist das gem. § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IV aus dem ausgezahlten Nettobetrag hochzurechnende Bruttogehalt als Beitragsbemessungsgrundlage heranzuziehen.[43] Diese Grundsätze galten bisher aufgrund der Nettolohn-Fiktion des § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV[44], die sich auf illegale Beschäftigungsverhältnisse bezieht, auch im Fall der Schwarzlohnabrede, durch welche im Übrigen das Entstehen eines materiellen Sozialversicherungsverhältnisses nicht gehindert wird (vgl. §§ 7, 22 SGB IV).[45] Dies gilt bzw. galt auch in Fällen (nur) teilweiser Schwarzlohnzahlungen.[46] Ob es auch in Zukunft bei einer Anwendung des § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV auf Fälle klassischer Schwarzarbeit bleiben wird, ist noch nicht abzusehen, da das SchwarzArbG in seiner neuen Fassung[47] zwischen Schwarzarbeit (§ 1 Abs. 2 SchwarzArbG) und illegaler Beschäftigung (§ 1 Abs. 3 SchwarzArbG) unterscheidet.[48]

Im Lohnsteuerrecht findet § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV wegen des dort geltenden Zuflussprinzips hingegen keine Anwendung.[49] In Fällen illegaler geringfügiger Beschäftigung berechnen sich die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge nach § 249b S. 1 SGB V.[50] Wenn Mitarbeiter zusätzlich bei anderen Firmen als geringfügig Beschäftigte geführt werden, um Sozialversicherungsbeiträge und Steuern einzusparen (gesplittete Mitarbeiterbezahlung bzw. sog. „Lohnsplitting“), so liegen für diese einzelnen Lohnteile nach § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV Nettolöhne vor, die auf Bruttolöhne hochzurechnen sind.[51] Im Falle des sog. Lohndumpings, d.h. einer rechtlich unzulässigen Entgeltabrede über einen untertariflichen Lohn, bemisst sich die Beitragshöhe nach dem geschuldeten Mindest- bzw. Tariflohn.[52]

39

Ist trotz sorgfältiger und umfassender Ausermittlung des Sachverhalts eine tatsachenfundierte Berechnung der Höhe ausgezahlter Löhne – und der somit vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge – nicht möglich, so kann das Gericht auf Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen eine Schätzung vornehmen.[53] Insoweit gelten die Grundsätze, welche die Rechtsprechung bei Taten nach § 370 AO für die Darlegung der Berechnung der verkürzten Steuern entwickelt hat,[54] entsprechend.[55] Dabei muss regelmäßig nicht nur die Summe der jeweils verkürzten Steuern, sondern für jede Steuerart und jeden Steuerabschnitt gesondert die Berechnung der verkürzten Steuern angegeben werden.[56] Bei Schätzungen im Zusammenhang mit § 266a StGB reicht es entsprechend nicht, die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge lediglich der Höhe nach anzugeben; vielmehr müssen die Urteilsgründe die Berechnungsgrundlagen und Berechnungen im Einzelnen wiedergeben. Eine solche Berechnung hat regelmäßig auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Beitragssätzen der jeweiligen Krankenkassen sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zu erfolgen.[57]

Bei Teil-Schwarzlohnzahlungen ist darüber hinaus darauf zu achten, dass bei der Berechnung der Lohnsumme nur diejenigen Lohnanteile nach § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV hochgerechnet werden, die tatsächlich schwarz ausgezahlt wurden, und nicht erst auf der Schadensebene die tatsächlich gezahlten Sozialversicherungsbeiträge von einer pauschal hochgerechneten Gesamtlohnsumme abgezogen werden.[58]

40

Als Grundlage einer solchen Schätzung kann etwa die in einer Branche übliche Lohnkostenquote (Relation der ausgezahlten Lohnsummen zum Gesamtnettoumsatz) dienen.[59] So hat der 1. Strafsenat bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen im Bereich der lohnintensiven Baubranche z.B. eine Schätzung der Netto-Lohnsumme in Höhe von 60 % oder zwei Dritteln des Nettoumsatzes nicht beanstandet und auch die Berechnung des Bruttoarbeitsentgelts auf der Grundlage der Lohnsteuerklasse VI zugelassen.[60] Entgegen der Rechtsprechung des BGH dürfte allerdings regelmäßig davon auszugehen sein, dass der tatsächlich ausgezahlte Nettoschwarzlohn deutlich unter der – (nur) als Bezugsgröße dienenden – üblichen Quote liegen dürfte, da andernfalls aus Sicht des betreffenden Arbeitgebers die getroffene Schwarzlohnabrede schlicht sinnlos erscheinen würde.[61] Zu beachten ist zudem, dass in Fällen, in welchen der Arbeitgeber neben seinen Arbeitskräften auch eigene Materialien eingesetzt hat, deren Wert zunächst vom Gesamtnettoumsatz abzuziehen ist.[62]

41

Hinweis

Die Ermittlungsbehörden verlassen sich in der Praxis bei der Bestimmung der Höhe des (vermeintlichen) Schadens regelmäßig auf die Angaben der Sozialversicherungsträger zu den bestehenden Rückständen. Diese Berechnungen sind vom Verteidiger – auch mit Blick auf die persönliche Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB, § 266a StGB – kritisch dahingehend zu überprüfen, ob fehlerhaft vorzeitig beendete Arbeitsverhältnisse einbezogen wurden, ob vereinbarte Stundungsabreden beachtet wurden, ob zu Unrecht Zeiträume nach der Stellung eines (Eigen-)Insolvenzantrags einbezogen wurden etc.[63]

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