Kitabı oku: «Der Muskeltest - Was er wirklich kann», sayfa 5

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Kinesiologie live

Auch ein lebendiger Erstkontakt von Mensch zu Mensch ist keine Garantie dafür, dass die Kinesiologie positiv aufgenommen wird. Zwar verblüfft und beeindruckt der Muskeltest allein schon deshalb, weil er funktioniert, aber das wird nicht ernst genommen, wenn diese Erfahrung unter dubiosen Umständen oder zu fragwürdigen Zwecken stattfindet. Mit Recht legen wir sehr viel Wert auf die Vertrauenswürdigkeit derjenigen, die uns etwas anbieten – egal ob Gebrauchtwagen oder den Muskeltest.

Ich selbst hatte Glück mit meinem ersten Eindruck von der Kinesiologie. Die sensationelle Neuigkeit dieser eigenartigen Testmethode brachte mein Mann von einem Chirotherapie-Seminar mit. Der Rahmen der Veranstaltung war seriös genug, um mich aufhorchen zu lassen.

Was ich da hörte und am eigenen Arm erlebte, war für mich „grenzwertig“, aber gerade noch akzeptabel. Ebenso wirkte der Heilpraktiker, durch den mein Mann den Muskeltest kennengelernt hatte, auf mich sehr vernünftig. Er demonstrierte den Muskeltest nüchtern und klar, mit einer einfachen und nachvollziehbaren Struktur, und obwohl er sein Funktionieren nicht umfassend erklären konnte, war es für mich stimmig. Aber nicht jeder Einstieg glückt in dieser Weise …

Zwangsbeglückung mit dem Muskeltest?

Ist Ihnen auch schon einmal auf einer Feier das Rotweinglas aus der Hand genommen worden mit dem Hinweis: „Den Wein hab‘ ich gerade ausgependelt, der ist energetisch nicht gut …“? – In ähnlicher Weise bin ich bei mehr als einer Veranstaltung ungebeten darauf hingewiesen worden, dass meine Halskette mir Energie abziehe oder dass ich an einem belasteten Ort stehe, dass ich die Wiedergeburt eines chinesischen Kaisers sei, dass mir ein Geistwesen auf der Schulter sitze oder dass meine Aura eine bedenkliche Farbe habe …

Egal, ob Pendeln oder Muskeltesten – im Prinzip geht es hier um dasselbe: um sie Seriosität der Anwendung. Da man den Arm sozusagen immer bei sich hat, kommen kinesiologisch fortgebildete „Zwangsbeglücker“ leicht in Versuchung, ihn auch zu drücken. Auch ich habe in der Anfangszeit meiner Gehversuche mit Kinesiologie sicher in meinem Übereifer einige Menschen in die Flucht geschlagen, sodass sie keine Chance hatten, ehrliches Interesse an der Kinesiologie zu entwickeln – heute ist mir das peinlich.

Natürlich ist es verlockend, etwas Faszinierendes oder Verblüffendes wie den Muskeltest vorzuführen und den Showeffekt zu genießen. Doch die Überzeugungskraft ist offensichtlich indirekt proportional zum missionarischen Eifer und zur Effekthascherei, das gilt nicht nur für den Muskeltest.

Ich selbst reagiere sehr reserviert, wenn mich jemand mit Botschaften beglücken will, um die ich nicht gebeten habe, egal, ob es dabei um Ernährungslehren, Auralöcher, frühere Leben, „schädliche Schwingungen“, meine Chakrafunktionen oder um Schutzengel geht – ganz unabhängig davon, ob etwas daran ist oder nicht. Wenn der Muskeltest zur Shownummer wird, ist er für wertvollere Zwecke schnell „verbrannt“.

Umsatzsteigerung dank Muskeltest?

Eine weitere recht verbreitete „Gelegenheit“, den Muskeltest in Misskredit zu bringen, ist sein Einsatz als Verkaufsargument. Harmlose Zwangsbeglücker – wie oben erwähnt – werden in der Regel eher milde belächelt (und mit ihnen die Methode). Was aber, wenn der Test benutzt wird, um jemandem etwas zu verkaufen, an dem er ohne diese Überzeugungshilfe von sich aus gar nicht interessiert wäre?

Ein beliebter Schauplatz dafür sind Gesundheits- und Esoterikmessen. Bei einem Besuch einer solchen Veranstaltung fühlte ich mich an einen orientalischen Basar erinnert: Sobald ich den Schritt verlangsamte, wurden mir Produkte feilgeboten. Das gehört natürlich zu einer Messe und störte mich daher nicht grundsätzlich. Was aber nicht dorthin gehört, ist der schnell mal aus dem Hut gezauberte Muskeltest, der „beweisen“ soll, wie gut das Produkt doch sei. So erging es mir mit Nahrungsergänzungsmitteln, Wasseraufbereitungsanlagen, Elektrosmogabschirmung, mit Matratzen und vor allem mit energetischen Informationsträgern jeglicher Art, die unverzichtbar seien für meine Gesundheit, meinen Energiehaushalt, mein Liebesleben, meine Erleuchtung oder dergleichen mehr.

Allein schon, dass der getestete Arm beim Kontakt mit dem jeweiligen Produkt gehalten werden konnte, galt dort als Beweis für dessen unglaubliche Wirksamkeit! (Dabei sagt ein gehaltener Muskel – ohne sonstige Vorgaben – nichts anderes, als dass das Produkt unschädlich ist.) Eine Kollegin berichtete, dass sie sich bei einer Messe darauf eingelassen habe, ein Produkt testen zu lassen. Als ihr Arm beim Kontakt zu dem Produkt jedoch nachgab, wurden Testfehler, Blockaden und alle möglichen Störungen in ihr vorgeschoben, nur damit man nicht zugeben musste, dass das Produkt für die getestete Messebesucherin höchst überflüssig war.

Während uns niemand zwingt, diesen Lockrufen von Messeausstellern zu folgen, können wir uns solchen Verkaufspraktiken kaum entziehen, wenn sie in einer therapeutischen Praxis eingesetzt werden. Und so sind per Muskeltest in Praxen von Ärzten und Heilpraktikern schon Diätprodukte, selbst vermarktete Nahrungsergänzungsmittel (oder solche, für die es Umsatzbeteiligungen gibt) bis hin zu Entstörungsgeräten und Wasserfiltern verkauft worden – im harmlosesten Fall sinnvolle Ausleitungsmittel aus eigener Herstellung. Dabei müssen keine unlauteren Absichten im Spiel sein und das eine oder andere Produkt kann durchaus nützlich sein. Doch wie neutral kann ein Tester bleiben, wenn das Testergebnis mit über seinen Kontostand entscheidet?

Praxisbegegnungen

Damit kommen wir zu dem Schauplatz oder Rahmen, wo man dem Muskeltest mit am häufigsten begegnen kann: zur Praxis therapeutischer oder beratender Berufe. Diese sehe ich als das eigentliche „Zuhause“ des Muskeltests an und dort kann er sein wertvollstes Potenzial entfalten.

Auch hier entscheidet oft die erste Bekanntschaft mit der Methode über die Akzeptanz. Dabei steht aber nicht der Einsatz des Muskeltests als „Verkaufsargument“ im Vordergrund. In einer Praxis sind es eher andere Ersterfahrungen mit dem Muskeltest, die die geöffnete Tür gleich wieder zufallen lassen können. Dazu gehören vor allem zweifelhafte Testergebnisse und ein obskurer Umgang mit dem Muskeltest an sich.

Da die meisten Testergebnisse ohnehin jenseits des üblichen Denkens liegen und der Muskeltest an sich schon merkwürdig genug ist, verschreckt es manche Interessenten umso mehr, je eigentümlicher oder extremer der Test abläuft. Wenn beim ersten Praxisbesuch etwa gleich sexueller Missbrauch in der Kindheit „aufgedeckt“ wird, wenn der Muskeltest konkrete Heilungsversprechen macht, wenn der Muskeltest „sagt“, dass der Patient von bösen Wünschen einer anderen Person verhext sei, wenn mangels Testsubstanzen ein beschriebener Zettel auf dem Bauch „befragt“ wird, dann ist das nicht immer der ideale Einstieg, jemanden für diese Methode zu gewinnen.

Wie würde es Ihnen ergehen, wenn Sie beispielsweise eine Begebenheit wie die folgende erlebt hätten, von der eine junge Frau erzählte? (Ich gebe hier – leicht gekürzt – den Auszug aus einem Artikel wieder, den Matthias Weber, Leiter eines kinesiologischen Ausbildungsinstituts, im Kinesiologie-Journal 05 unter der Rubrik „Ethik“ veröffentlicht hat.)

Der „Schwangerschaftstest“

„Aha“, lachte die kleine Kinesiologin, „da war ich also in den letzten vier Wochen mit mir selbst schwanger und habe mich vor vier Tagen selbst geboren – eben neu reinkarniert.“ So hatte es ihr die große Kinesiologin in der Balance morgens mit dem Muskeltest ausgetestet. Auf so etwas muss man erst mal kommen – einfach genial! Die große Kinesiologin ist seit Jahren die Therapeutin und Lehrerin der kleinen Kinesiologin …

Diese Geschichte beginnt damit, dass die kleine Kinesiologin und ihr Mann beschlossen, Eltern zu werden. Nach vielen Balancen, Schwangerschaftstests und zunehmendem Stress – wie das eben so ist – setzte die kleine Kinesiologin diesem Stress ein Ende. Ab sofort wurden keine Schwangerschaftstests mehr gekauft, der Monatszyklus nicht mehr beobachtet und jede Mensis wieder genossen. Sollte sie dennoch schwanger werden, wird sie dies dann selbst spüren.

Von da an fühlte sich die kleine Kinesiologin wieder in Einheit mit sich und der Welt. Dies teilte sie der großen Kinesiologin bei der nächsten Balance mit. Am Ende dieser Balance legte die große Kinesiologin ihre Hand auf die Gebärmutter der kleinen Kinesiologin, testete etwas (nonverbaler, geheimer Muskeltest), lächelte und meinte: „Ach, das darf ich ja nicht sagen!“ Die ergebene kleine Kinesiologin fragte daraufhin auch nicht nach, bezahlte und ging.

Aber in der kleinen Kinesiologin begann es zu arbeiten – sie hatte schon mitbekommen, um was es ging. Ganz genau erfuhr sie es eine Woche später, als sie aufgrund eingetretener Blutungen und eben wegen dieses Tests die große Kinesiologin anrief. Diese meinte, sie müsse sofort zum Arzt, denn sie habe getestet, dass sie schwanger sei, und Blutungen könnten dem Kind schaden …

Einige Stunden später testete die große Kinesiologin, dass das Kind noch da sei, die Überlebenschance bei circa 30 Prozent liege, aber mit einigen Balancen könne das Kind gerettet werden. Und somit begann die große Kind-Rettungs-Aktion. Beide Kinesiologinnen waren begeistert bei dem Gedanken, es der Schulmedizin mal wieder zu zeigen. Und schon nach einigen Balancen war die Blutung gestoppt … und die Überlebenschance erhöhte sich laut Muskeltest auf 100 Prozent. …

Zur geplanten Nachkontrolle bei der Frauenärztin sollte die kleine Kinesiologin laut Muskeltest auch nicht gehen – das würde sie zu sehr stressen …

In diesem Stil ging es noch eine Weile weiter, bis hin zu wechselnden Testergebnissen zum Geschlecht des Kindes. Und dann, genau nach 4 Wochen, setzten wieder Blutungen ein, es fühlte sich an wie eine normale Monatsblutung. Etwas in der kleinen Kinesiologin schaltete sich plötzlich ein und sie schickte früh morgens ihren Mann in die Apotheke, einen Schwangerschaftstest holen – und der war negativ! …

Und doch konnte es sich die große Kinesiologin nicht verkneifen auszutesten, mit was die kleine Kinesiologin denn schwanger war – denn der Muskeltest hatte dies ja angezeigt und der Muskeltest „lügt nicht“!

Dabei stellte sich dann heraus, dass die kleine Kinesiologin mit sich selbst schwanger war und schon in diesem Leben eine Reinkarnation beendet und eine neue begonnen hatte …

Ich denke, diese wahre Geschichte spricht für sich und verdeutlicht, worum es mir im Zusammenhang mit Irritationen, Glaubwürdigkeit und Repräsentation des Muskeltests geht und wie man diesen Test nicht handhaben sollte.

Auch wenn solch ein verantwortungsloser Umgang mit dem Muskeltest nur von einer Minderheit der Anwender praktiziert wird, gilt bei so umstrittenen Themen für die Öffentlichkeit weniger das, was die Mehrheit tut (und was seriöse Vertreter wie auch der Autor des Artikels praktizieren und fordern). Vielmehr gilt eher die goldene Regel der Pilzsammler: Ein einziger Gallenröhrling macht ein sonst köstliches Steinpilzgericht ungenießbar, ein klitzekleiner Knollenblätterpilz in der Champignonsoße kann Menschen töten.

Lassen wir uns den „Appetit“ auf Kinesiologie nicht verderben! Nehmen wir die Herausforderung an, unsere Arbeit damit zu verbessern! Wenn uns daran liegt, der Kinesiologie bzw. dem Muskeltest Akzeptanz zu verschaffen, reicht es sicher nicht, uns über die Skepsis potenzieller Zielgruppen zu beklagen.

Wenn wir hingegen kritische Anmerkungen ernst nehmen, können wir nur gewinnen. Wenn wir uns dem Objekt der Kritik intensiver widmen, werden wir es besser verstehen und dadurch sicherer werden in der Vermittlung. Die meisten „Auswüchse“, die ich angesprochen habe, geschehen wohl kaum aus Böswilligkeit oder aus Ignoranz, sondern eher, weil manches bislang noch nicht bedacht wurde.

Die Adressaten

Wenn wir den Muskeltest mit seinen erstaunlichen Möglichkeiten anderen Menschen nahebringen wollen, sollten wir zunächst die potenziellen Empfänger und ihre Situation verstehen und möglichst ihre Sprache sprechen. Dabei stellt sich als Erstes die Frage, wen wir mit unseren Informationen über die Kinesiologie neugierig machen wollen. Meine knappste Antwort: jeden. Aber nicht alle auf einmal.

Wenn ich mich selbst frage, wen ich am dringendsten erreichen möchte, sage ich ohne Zögern: Therapeutinnen und Therapeuten; genauer: Ärztinnen und Ärzte, Psychotherapeuten, Zahnärzte, Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker, Tierärzte und viele weitere Heilberufe. Und an zweiter Stelle natürlich alle potenziellen Patienten, denn die sind es, die am Ende von diesem Testverfahren profitieren.

Ärzte „zwischen Baum und Borke“

Ich gehe davon aus, dass Ärzte ihren Beruf wählen, um leidenden Menschen zu helfen. Auf dem Weg durch Studium und Assistenzjahre lernen wir jedoch nur die einseitige Weltsicht der konventionellen Wissenschaft kennen, die durch spätere Fortbildungen weiter verfestigt wird, indem Institutionen die Vergabe von Zertifizierungspunkten ebenfalls an den anerkannten Verfahren orientieren. Darüber hinaus entscheiden auch immer noch Sponsoren aus Pharmazie und Gerätetechnik über Inhalt und Geist etlicher Fortbildungsveranstaltungen – wodurch wiederum ausschließlich das Etablierte gestärkt wird.

Immer mehr Ärzte sind inzwischen jedoch unglücklich wegen der wenigen wirklichen und wirksamen Fortschritte der Medizin, besonders in Bezug auf chronische Erkrankungen angeht. Die grandiosen Weiterentwicklungen spezieller Operationstechniken, die vielen Menschen das Leben retten oder wichtige Körperfunktionen wiederherstellen, können nicht darüber hinwegtrösten, dass wir an den meisten Krankheiten mehr oder weniger ratlos „herumdoktern“, bestenfalls die Symptome unterdrücken und die Patienten mit Medikamenten „einstellen“. Das ist Krankheitsverwaltung, aber keine Heilung.

Darüber hinaus – oder gerade wegen dieses Denkens? – steuert das gesamte Gesundheitssystem auch wirtschaftlich geradewegs auf einen Schiffbruch zu, nämlich indem die „Kostenfässer“ explodieren. Obwohl der rechtzeitige Absprung in Alternativen die Rettung bedeuten könnte, halten die Steuerleute krampfhaft am alten Kurs fest und ummanteln die gefährlichen Fässer mit Budgetierungen und Scheinreformen.

Zugegeben, ein solcher Ozeanriese kann nur träge den Kurs ändern. Vielen aber wäre gedient, wenn der Ausstieg der Mannschaft erleichtert würde, anstatt sie zunehmend unter Druck zu setzen. Das hieße, mehr statt weniger (Be-)-Handlungsfreiheit für Ärzte. Dass die extrem gestressten Ärzte keinen weiteren Sturm verkraften, wenn die Wogen derart hoch schlagen, dass viele sich ohnehin kaum über Wasser halten können, kann ich allzu gut verstehen.

Etliche Ärzte und andere Therapeuten sehnen sich nach Auswegen, auch jenseits der etablierten Strukturen. Aber schon allein der Kampf um Akkreditierungspunkte und rigide Weiterbildungspflichten verhindern den Blick auf weitere Möglichkeiten. Unter Druck und im Stress bleibt wenig Gelegenheit, innezuhalten und aus höherer Perspektive nach Neuland Ausschau zu halten. Man wagt sich kaum in den Mastkorb, sondern klammert sich an das, was man kennt. Und für Ärzte ist das nun einmal die „Schulmedizin“ – das, was für sie als erwiesen gilt.

Dennoch haben sich einige Kollegen nicht davon abhalten lassen, sich nach Alternativen umzusehen. Der Mangel an Heilungserfolgen der symptomorientierten Medizin veranlasst sie, ihr Behandlungsspektrum komplementärmedizinisch zu erweitern oder gänzlich darauf umzustellen. Immer mehr Ärzte arbeiten mit regulierenden Behandlungsverfahren wie Milieusanierungen, Elektroakupunktur nach Voll (EAV), Homotoxikologie, Neuraltherapie, Homöopathie, mit anthroposophischer oder traditioneller chinesischer Medizin (TCM), Ayurveda, Bioresonanz und Verwandtem.

Aber: Jedes dieser Therapiesysteme ist, im wahrsten (positiven) Sinn des Wortes, eine Wissenschaft für sich. Wer dauerhaft erfolgreich mit einem solchen Verfahren therapieren will, kommt nicht umhin, sich vertieft und ausführlich mit seinen Grundlagen und Prinzipien auseinanderzusetzen. Keinem dieser Regulationsverfahren wird man mit einem Schnell-Lehrgang gerecht, Instant-Homöopathie und Pauschalrezept-Akupunktur greifen nicht bei echten Gesundheitsproblemen.

Mit anderen Worten, wer sich solche Methoden wirklich aneignen will, hat eine Menge zu lernen und das ist mit dem ärztlichen Alltag kaum vereinbar. Eventuell hat man sogar schon einiges an Zeit und Geld investiert, um auf halber Strecke festzustellen, dass einem das spezielle Handwerkszeug doch nicht wirklich liegt … Schon diese Befürchtung hindert manche Therapeuten, die Mühe eines solchen Weges mit Zeitaufwand und Kosten auf sich zu nehmen. Erst recht dürfte das für Methoden gelten, die auf den ersten Blick schwer einzuschätzen sind, wie eben die Kinesiologie. Und wenn der Muskeltest dann auch noch als ein Instrument vorgestellt wird, das möglicherweise unser Grundverständnis von Krankheitsentstehung infrage stellt, dann überlegt mancher es sich sicherlich doppelt und dreifach, ob er einen solchen Gedanken überhaupt an sich heranlassen möchte.

Der Muskeltest als „revolutionäres Element“ in der Medizin

Der Muskeltest als Übersetzer körpereigener Informationen verändert, wenn er analytisch-diagnostisch eingesetzt wird, deutlich mehr in einer Praxis als manche der anderen komplementärmedizinischen Methoden. Selbst wenn diese ebenfalls nicht mit gängigen medizinischen Paradigmen übereinstimmen, lassen sie sich doch recht problemlos integrieren. Akupunktur und Homöopathie zum Beispiel „bedrohen“ das medizinische System nicht, solange sie eine Nische für Patienten mit speziellen Ansprüchen bedienen. Es stellt die Schulmedizin nicht infrage, wenn ein Kranker zusätzlich akupunktiert wird oder Nahrungsergänzungskapseln schluckt.

Aber der Muskeltest könnte unser vermeintlich sicheres Wissen über Gesundheit und Krankheit infrage stellen. Seine Ergebnisse würden Zusammenhänge zwischen Umweltbedingungen und Gesundheitsstörungen aufdecken, die ganz andere Konsequenzen erfordern als die „Zugabe“ komplementärer Behandlungen.

Ebenso würde der Muskeltest schonungslos aufzeigen, wie wir als Ärzte selbst die Patienten krank machen. Der Muskeltest würde uns die Augen öffnen, mit der unangenehmen Einsicht, dass viele gängige oder sogar medizinisch obligate Interventionen überhaupt erst Erkrankungen verursachen, seien es etwa überdimensionierte Impfpraktiken oder das immer noch gängige Amalgam in Zahnfüllungen oder die vorschnelle Unterdrückung banaler Infekte durch Antibiotika und Fieber senkende Mittel.

Indem sie Verursachern auf den Grund ginge, wäre die (analytische) Kinesiologie genau genommen keine komplementäre Behandlungsform, sondern im wahrsten Sinne des Wortes eine alternative Medizin. Das heißt: Ob bewusst geahnt oder unterbewusst gespürt oder noch gar nicht so betrachtet – die aufdeckend arbeitende Kinesiologie könnte dem etablierten Krankheitsverwaltungssystem geradezu „bedrohlich“ werden. Ein Dorn im Auge müsste sie ihm auf jeden Fall sein.

Die Präsentation

Noch einmal zur Erinnerung an den roten Faden dieses Kapitels: Es geht um die Frage, warum Kinesiologie kein wirklich gutes Image in der Öffentlichkeit hat, auch im Vergleich zu anderen alternativmedizinischen Methoden. Das Ansehen einer Methode hängt vom Interesse und der Bereitschaft der Angesprochenen ab, aber auch von der Art und Weise, wie sie präsentiert wird, wobei dem Punkt der Begegnung zwischen Repräsentanten und Adressaten eine spezielle Bedeutung zukommt. Die typischen Kontaktstellen habe ich bereits erwähnt.

Solange die Erfolgsberichte der Kinesiologie nicht mit Fakten untermauert werden können, werden sie oft Zufällen zugeschrieben und können allein nicht überzeugen. Erklärungsmodelle werden bereits vereinzelt angeboten, aber kaum aus einem Guss. Selbst gute Hypothesen nützen nichts, wenn ihre Vertreter nicht die richtige „Eintrittskarte“ haben, nämlich ein angemessenes Auftreten hinsichtlich Situation und Anwendung der Methode – und die geeigneten Worte.

Selbst wenn man mal von unseriösen oder unbedachten Präsentationen des Muskeltests absieht, wie ich sie oben beschrieben habe, reagieren etliche Adressaten eher ablehnend auf eine Methode, für die mit unbeholfenen Worten um Erklärungen gerungen wird. Ich muss gestehen, dass es auch mir gerade in den ersten Jahren meiner Arbeit mit dem Muskeltest schwerfiel, ihn einigermaßen stimmig und elegant zu vermitteln. Und um in meiner Praxis dem Muskeltest eine akzeptierte „Eintrittskarte“ zu verschaffen, habe ich mich in meiner weiteren Arbeit immer mehr um reflektierte, exakte und verständliche Ausdrucksweise bemüht. Ich weiß nicht mehr, wie viele Patientenratgeber, Informationsblätter, Zeitungsartikel, Kursbroschüren und Vorträge ich verfasst habe, wie oft ich die Texte umgeschrieben und an Aussagen gefeilt habe, bis ich mir heute zutrauen kann, in fast jeder Situation und vor fast jedem Publikum etwas zum Muskeltest zu sagen, was ihn nachvollziehbar macht. Aber trotz des langen „Trainings“ fühle ich mich damit keineswegs fertig.

Warum aber müssen wir überhaupt (etwa als Therapeuten) den Test „erklären“? Die Klienten oder Patienten verlangen doch auch nicht nach einer Einführung in die Akupunktur oder Homöopathie?! Warum gerade beim Muskeltest? Einige Gedanken dazu:

– Der Klient/Patient ist hier aktiv an der Methode beteiligt, er muss bewusst mitmachen, zumindest, indem er den Arm hält; also sollte er auch prinzipiell verstehen, worum es da geht.

– Der Proband erlebt beim Testen an seinem eigenen Körper Reaktionen, die ihn überraschen und sogar erschrecken könnten; ohne ein paar einführende Worte könnte es ihm geradezu unheimlich vorkommen, dass eine „unbekannte Macht“ in ihm die Muskelreaktionen steuert.

– Der Muskeltest bringt Informationen aus dem Un(ter)bewussten des Patienten ans Tageslicht – er hat ein Recht darauf, seine eigene Informationsquelle zu „hören“.

– Den Muskeltest mitzuvollziehen fördert die Kooperationsbereitschaft in Bezug auf die Konsequenzen aus dem Testergebnis.

– Egal, wie jemand zu Homöopathie oder Akupunktur steht – gehört hat er in der Regel schon davon; das ist beim Muskeltest längst nicht immer der Fall.

– Etwas erklären zu können heißt, dass man es verstanden haben muss. Wenn der Muskeltest etwas ist, was man grundsätzlich verstehen kann, steigt seine Chance auf Akzeptanz und Glaubwürdigkeit.

Um den Muskeltest erklären zu können, muss ich ihn also selbst so gut wie möglich verstehen. Ich kann nichts erklären, was ich nicht verstehe. Das merkte ich nicht erst in meinen Seminaren, sondern schon, als ich in der Schule mit Mathematiknachhilfe mein Taschengeld aufbessern wollte. Ich musste mich mit der Materie auseinandersetzen. Erst als ich nicht mehr Formeln auswendig lernte, sondern ihnen eine Logik abgewinnen konnte, fand ich endlich auch die passenden Worte, um sie meinen Nachhilfeschülern zu erklären. Dazu aber musste ich mich viel intensiver in die Mathematik einarbeiten, als nur zu wissen, wie ich eine Gleichung löse. Die Belohnung für mein neues Denken war nicht nur, dass sich auch meine eigene Mathezensur verbesserte, sondern vor allem, dass Mathematik mir mehr und mehr Spaß machte.

Für den Muskeltest gilt das nicht weniger: Um ihn zu verstehen und erklären zu können, um ihn nach außen zu vertreten, muss ich mich ebenfalls hineinknien – und das Erfreuliche ist, dass man den Muskeltest tatsächlich durchaus logisch begreifen kann.

Alle diese Überlegungen führen mich zu dem Schluss, dass wir dem Muskeltest in der Öffentlichkeit nichts Gutes tun, wenn wir ihn ohne sinnhafte Einbindung als Sensationsmasche präsentieren.

Das Bemühen, den Muskeltest wegen der Schwierigkeiten der Vermittlung besonders zurückhaltend und umsichtig zu benutzen, schlägt aber leider oft in das Gegenteil um, nämlich in die Scheu, den Test überhaupt einzusetzen. Ich kenne einige Ärzte, die vom Potenzial des Muskeltests überzeugt sind und seine Anwendung beherrschen, ihn in ihrer Praxis aber nicht anzubieten wagen, weil sie befürchten, keine passenden Worte zu finden und sich so vor den Patienten zu blamieren. Mein Ziel ist daher, dass wir uns frei und kompetent fühlen, den Muskeltest nach außen zu vertreten.

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