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Teil 1 Das Mandat des Strafverteidigers › III. Zulässiges und unzulässiges Verteidigerhandeln

III. Zulässiges und unzulässiges Verteidigerhandeln

Teil 1 Das Mandat des Strafverteidigers › III. Zulässiges und unzulässiges Verteidigerhandeln › 1. Einleitung

1. Einleitung

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Der Beruf des Strafverteidigers ist eine „gefahrgeneigte Tätigkeit“. Die Gefahr der eigenen Strafverfolgung liegt bei den Verteidigern fern, die sich als (un)abhängiges Organ der Rechtspflege, als Träger eines staatlich gebundenen Vertrauensberufes mit amtsähnlicher Stellung[1], begreifen. Der Gefahr, selbst in das Fadenkreuz der Strafjustiz zu geraten, setzen sich diejenigen Verteidiger in weit höherem Maße aus, die für die Justiz wegen ihres kämpferischen Beharrens auf die Einhaltung der schützenden Formen des Strafprozesses unbequem sind. Solch engagierte Verteidiger tendieren eher dazu, sich in Grenzbereiche vorzuwagen. Deshalb ist für den Verteidiger von großem Interesse, zu wissen, wann er die Grenzen zulässigen Verteidigerverhaltens überschreitet. Nicht zu diskutieren sind eindeutig rechtswidrige Verhaltensweisen, wie bspw. die Umgehung der Postkontrolle gem. § 115 OWiG. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen die Strafvorschrift über die Strafvereitelung gem. § 258 StGB, über Beleidigungstatbestände gem. §§ 185 ff. StGB und über die Geldwäsche gem. § 261 StGB. In Betracht kommt jedoch auch eine etwaige Strafbarkeit des Verteidigers wegen etwaiger Urkundendelikte (§§ 267 ff. StGB)[2], der Beteiligung an Aussagedelikten (§§ 153 ff. StGB)[3] und auch wegen Nötigung (§ 240 StGB)[4].

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Das Hauptproblem besteht für den Verteidiger darin, dass die Grenzen zwischen noch zulässigem und bereits unzulässigem Verteidigerverhalten i.d.R. nicht gesetzlich geregelt und fließend sind. Zudem ist es auch gesetzlich nicht geregelt, welches unzulässige Verteidigerverhalten berufsrechtswidrig oder sogar strafbar ist. Diesem Problem versuchen diverse Theorien über die Rechtsstellung des Verteidigers mit fragwürdigem Erfolg abzuhelfen.

Teil 1 Das Mandat des Strafverteidigers › III. Zulässiges und unzulässiges Verteidigerhandeln › 2. Die rechtliche Stellung des Verteidigers

2. Die rechtliche Stellung des Verteidigers

a) Die Organtheorie

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Die von der h.M. in Rspr. und Lit. vertretene Organtheorie stützt sich auf § 1 BRAO. Danach ist der Rechtsanwalt „unabhängiges Organ der Rechtspflege“. Damit soll der Verteidiger vorrangig in die Pflicht genommen werden. Der Verteidiger hat nach dieser Auffassung einen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen, der nicht nur im Interesse des Beschuldigten, sondern auch in dem Interesse einer am Rechtsstaatsgedanken ausgerichteten Strafrechtspflege liegt. Als ein dem Gericht und der StA gleich geordnetes Organ der Rechtspflege soll der Verteidiger Teilhaber, nicht Gegner einer funktionsfähigen Strafrechtspflege sein. Ihn trifft nach dieser Theorie die Pflicht, dafür zu sorgen, dass das Verfahren sachdienlich und in prozessual geordneten Bahnen verläuft.[5]

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Es bestehen bereits Bedenken dahin, dass sich die Organtheorie auf die Bundesrechtsanwaltsordnung stützt. § 138 Abs. 1 StPO erlaubt auch Rechtslehrern an deutschen Hochschulen mit der Befähigung zum Richteramt die Übernahme von Strafverteidigungen. Auch dürfen Angehörige steuerberatender Berufe gem. § 392 Abs. 1 AO im steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren als Wahlverteidiger tätig werden. Für diese gilt die Bundesrechtsanwaltsordnung ebenfalls nicht. Der Begriff „Organ der Rechtspflege“ ist zudem konturenlos. Er wird von der h.M. tendenziell dahin benutzt, um den Verteidiger zu disziplinieren und in den Dienst staatlicher Belange zu stellen. Dabei bedeutet „unabhängig“ i.S.v. § 1 BRAO in erster Linie strikte Unabhängigkeit von staatlicher Einflussnahme. Die h.M. übersieht, dass § 43a Abs. 4 BRAO dem Rechtsanwalt die Vertretung widerstreitender Interessen generell verbietet. Damit sollen Loyalitätskonflikte und die damit verbundene Beeinträchtigung der Effektivität der anwaltlichen Beistandsleistung verhindert werden. In einen solchen Loyalitätskonflikt drängt die h.M. jedoch den Verteidiger. Er kann nicht einerseits einseitiger, streng parteiischer Fürsprecher und Beistand des Beschuldigten und andererseits Teilhaber einer funktionsfähigen Strafrechtspflege und damit verpflichtet sein, ein effektives, reibungsloses Verfahren mit zu gewährleisten. Dieser dem Verteidiger von der h.M. zugemutete Konflikt erinnert frappierend an den in § 356 StGB geregelten.

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Die StPO als maßgebliche Quelle des Strafverfahrensrechts verpflichtet den Verteidiger gerade nicht, als Gehilfe der Strafjustiz die Effektivität des Strafverfahrens zu gewährleisten. Im Gegenteil: § 145 Abs. 1 StPO verfügt, dass der Pflichtverteidiger in Fällen der notwendigen Verteidigung vom Vorsitzenden zu entpflichten ist, wenn er die Verteidigung nicht führt. Nicht ein Zuviel an Verteidigung, sondern ein Zuwenig wird vom Gesetz als Übel angesehen. Abgesehen von dieser Pflicht zur Verteidigung in den Fällen des § 140 StPO enthält die Strafprozessordnung sonst ausschließlich Verteidigerbefugnisse. Die angebliche Pflichtenstellung des Verteidigers ist ein contra legem geschaffenes Konstrukt.

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In der Praxis lässt die von der Rspr. angewendete Organtheorie den Rechtsunterworfenen regelmäßig im Stich. Die Rspr. beschränkt sich auf nichtssagende Floskeln, wie diejenige, dass prozessual zulässiges Verteidigerverhalten keine strafbare Strafvereitelung darstellen könne.[6] Was aber prozessual zulässig ist, bestimmen die Gerichte dann unter Rückgriff auf ebendiese Organtheorie selbst. Auffällig ist hierbei, dass die Rspr. bei der Bestimmung dessen, was nach ihrer Ansicht prozessual zulässig sein soll, in erster Linie nicht rechtliche, sondern ethisch-moralische Maßstäbe anlegt. Dies gipfelt dann in solchen Definitionsversuchen, dass keine effektive Strafverteidigung, sondern versuchte Strafvereitelung vorläge, wenn sich die Handlungen des Verteidigers als „verteidigungsfremdes Verhalten“ erwiesen, die sich nur den äußeren Anschein der Verteidigung gäben, tatsächlich jedoch nach den Maßstäben des Strafverfahrensrechts und des materiellen Strafrechts nichts zur Verteidigung beitragen könnten.[7]

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Hinzu kommt, dass die Rspr. die notwendige Einschränkung der Strafbarkeit des Verteidigers nicht auf der Ebene des objektiven Tatbestandes, sondern nahezu ausschließlich im Bereich des Vorsatzes vornimmt. Die Feststellungen des Tatrichters zur inneren Tatseite können von dem nunmehr angeklagten Verteidiger kaum erfolgreich angegriffen werden.[8]

b) Die eingeschränkte Organtheorie

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Beulke ist sich der von der „Organtheorie“ ausgehenden Gefahren für die Effektivität der Verteidigung, insbesondere durch die Inpflichtnahme des Verteidigers für staatliche Interessen, bewusst. Er sieht die Lösung darin, dass diese öffentlichen Interessen von vornherein auf die Effektivität der Verteidigung und die Effektivität der Rechtspflege in ihrem Kernbereich begrenzt werden.[9] Die Bestimmung des Kernbereichs der Rechtspflege ist indes genauso verschwommen wie der Organbegriff selbst. Recht zu geben ist Beulke allerdings dahin, dass die Verteidigung „nicht den Ast absägen sollte, auf dem sie sitzt“.[10] Allerdings ist dieser Ast nicht, wie Beulke meint, die verzichtbare, zudem konturenlose und deshalb extrem missbrauchsanfällige Organstellung, sondern vielmehr das Ansehen der Anwaltschaft, insbesondere der Verteidigung, in Justiz und öffentlicher Meinung.

c) Parteiinteressenvertretertheorie (auch Vertragstheorie)

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Nach dieser Theorie hat der Beschuldigte seine Interessen autonom zu definieren. Der Verteidiger hat ihm hierzu lediglich Hilfe zu leisten. Der Verteidiger muss zur wirksamen Vertretung der Interessen des Mandanten die gleichen Rechte wie dieser haben. Daher dürfe er in weiten Teilen straflos die Unwahrheit sagen.[11] Diese Auffassung vermag allerdings, soweit es sich bei dem Verteidiger um einen Rechtsanwalt handelt, erhebliche Widersprüche zu den Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung nicht zu lösen: Zum einen bedeutet die in § 1 BRAO statuierte Unabhängigkeit des Anwalts auch diejenige vom Mandanten. Diese verbietet es, den Anwalt zum bloßen Sprachrohr des lügenden Beschuldigten zu degradieren. Zwar enthält die Strafprozessordnung keine Wahrheitspflicht für den Beschuldigten. Die Bundesrechtsanwaltsordnung gilt indes selbstverständlich auch für den zivilrechtlich arbeitenden Anwalt. Dieser unterliegt gem. §§ 138 Abs. 1, 85 ZPO der prozessualen Wahrheitspflicht. Im Übrigen gilt die Wahrheitspflicht zumindest berufsrechtlich gem. § 43a Abs. 3 S. 2 BRAO für den als Verteidiger tätigen Rechtsanwalt. Dieser darf nach dieser Vorschrift nicht bewusst Unwahrheiten verbreiten.

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Schließlich verkennt diese Theorie, dass der Verteidiger vom Gesetz ausdrücklich als „Beistand“ und nicht als Vertreter bezeichnet wird, § 137 Abs. 1 StPO. Als Beistand hat der Verteidiger eigene und zum Teil über die des Beschuldigten hinausgehende Rechte, bspw. das Akteneinsichtsrecht gem. § 147 Abs. 1 StPO und das Recht auf unmittelbare Befragung des Mitangeklagten gem. § 240 Abs. 2 S. 2 StPO.

d) Fazit

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Keine der Theorien vermag zu überzeugen. Sie taugen allesamt nicht als Leitschnur für die tägliche Praxis des Strafverteidigers. Vor allem unterscheidet keine dieser Ansichten zwischen einer berufsrechtlichen Unzulässigkeit von Verteidigeraktivitäten und deren eventueller Strafbarkeit wegen Strafvereitelung. Der Verteidiger wird allerdings aus Gründen des Selbstschutzes die Kasuistik der h.M. in Rspr. und Lit. zu berücksichtigen haben, welche blind der Organtheorie folgt. Als Faustregel hat zudem zu gelten: Immer wenn der Verteidiger bei der Erwägung einer Aktivität Bedenken hat, mit anderen Worten: wenn Sie ihm Magenschmerzen bereitet, sollte er seinem Bauchgefühl folgen und die bedenkliche Handlung unterlassen.

Teil 1 Das Mandat des Strafverteidigers › III. Zulässiges und unzulässiges Verteidigerhandeln › 3. Die Kasuistik der h.M. hinsichtlich der Strafvereitelung gem. § 258 StGB und verwandter Delikte

3. Die Kasuistik der h.M. hinsichtlich der Strafvereitelung gem. § 258 StGB und verwandter Delikte

a) Grundsätzliches

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Die nachfolgende Darstellung der fast unüberschaubaren Kasuistik zum unzulässigen und deshalb (eventuell) strafbaren Verteidigerverhalten beschränkt sich aus Gründen der Straffung bewusst auf die praxisrelevanteren Fälle. Da sie nicht alle denktheoretisch möglichen Fallkonstellationen behandelt, erhebt sie daher auch nicht ansatzweise den Anspruch auf Vollständigkeit.

aa) Auskunft

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Der Verteidiger schuldet dem Mandanten eine umfassende rechtliche Auskunft sowohl in materiell-rechtlicher als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht. Der Anwalt darf und muss alle seine Rechtskenntnisse dem Mandanten mitteilen und ihn auf diese Weise „sachkundig“ machen. Die Erfüllung dieser Pflicht kann niemals strafbare Strafvereitelung sein.[12] Der Verteidiger darf dem Mandanten bspw. den Unterschied zwischen Diebstahl und strafloser Gebrauchsanmaßung, den Unterschied zwischen Diebstahl und unerlaubtem Benutzen eines Fahrzeuges usw. erläutern. Dies darf er auch dann, wenn der Mandant diese Rechtskenntnisse erkennbar dazu benutzen könnte, um durch entsprechende Einlassungen Straflosigkeit oder eine mildere Bestrafung zu erreichen. Auch kann und muss der Verteidiger, ohne eigene Strafbarkeit befürchten zu müssen, dem Mandanten erläutern, dass er sich nicht zur Sache äußern muss und ein Leugnen oder die Abgabe einer unwahren Einlassung sanktionslos bleiben, soweit sie nicht die Rechtsgüter Dritter verletzen, wie bspw. im Falle einer falschen Verdächtigung.[13]

bb) Beratung

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Der Unterschied zwischen Auskunft und Beratung besteht darin, dass der Verteidiger bei letzterer dem Mandanten ein bestimmtes Verhalten vorschlägt oder nahe legt. Die Beratung ist handlungsstimulierend. Zulässig ist ohne Zweifel der Rat, sich nicht zur Sache zu äußern. Fraglich ist, ob dies auch dann gilt, wenn der Mandant gegenüber seinem Verteidiger seinen Entschluss äußert, ein Geständnis abzulegen, dem Verteidiger jedoch bekannt ist, dass der Tatnachweis ohne ein Geständnis wahrscheinlich nicht zu führen sein wird. Da es dem Beschuldigten gem. § 136 Abs. 1 S. 2 StPO freisteht, sich zur Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen, kann der Rat des Verteidigers, zu schweigen, von vornherein nicht unzulässig sein. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Verteidiger seinen Mandanten hierzu in strafbarer Weise nötigt (§ 240 StGB). Die Androhung der Mandatsniederlegung für den Fall der Ablegung eines Geständnisses erfüllt nicht den Tatbestand der Nötigung. Es handelt sich bei dem Anwaltsvertrag um einen Vertrag über Dienste höherer Art gem. § 627 BGB. Der Dissens über die Verteidigungsstrategie erlaubt auch dem Verteidiger die Kündigung des Mandats aus wichtigem Grund gem. § 627 Abs. 2 BGB.

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Der Rat des Verteidigers an seinen Mandanten, ein „wahrheitsgemäßes“ Geständnis zu widerrufen, soll nach der Rspr. unzulässig sein.[14] Diese Rechtsauffassung ist nicht nachvollziehbar. Der Beschuldigte darf ein Geständnis jederzeit widerrufen. Er ist nicht verpflichtet, an einer Selbstbelastung festzuhalten. Zwar verstößt der Verteidiger, so er denn Anwalt ist, mit seinem Rat, ein wahrheitsgemäßes Geständnis zu widerrufen, gegen seine berufsrechtliche Wahrheitspflicht gem. § 43a Abs. 3 S. 2 BRAO. Allerdings scheidet eine Bestrafung des Verteidigers, solange er sich hierbei nicht einer strafbaren Nötigung bedient, mangels strafbarer Haupttat aus.[15] Jeder Dritte, der dem Beschuldigten zum Geständniswiderruf rät, würde sich zudem ebenfalls nicht strafbar machen. Dem Verteidiger dürfen nicht weniger Rechte als dem Dritten zustehen. Allerdings ist hier wegen der a.A. der Rspr. höchste Vorsicht und Zurückhaltung geboten. Anders ist der Fall zu bewerten, wenn der Verteidiger den Vorgang des Widerrufs selbst maßgeblich beeinflusst oder prägt, indem er detaillierte inhaltliche Vorgaben hinsichtlich des Widerrufs macht. In diesem Fall wird er vom mangels strafbarer Haupttat straflosen „Anstifter“ zum Täter kraft Tatherrschaft.

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Der Rat zum Leugnen der Tat soll nach h.M. ebenfalls unzulässig sein.[16] Auch hier gilt die Straflosigkeit des Verteidigers in Ermangelung einer beteiligungsfähigen Haupttat sowie die Erwägung, dass der Verteidiger nicht für Handlungen bestraft werden kann, die bei der Vornahme durch einen Dritten straflos wären.

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Das Erfinden von Einlassungen für den Beschuldigten ist nach der h.M. Strafvereitelung.[17] Indem der Verteidiger hier den Inhalt der Lügen des Mandanten inhaltlich bestimmt, verlässt er den Bereich der Teilnahme an einer fremden, jedoch straflosen Haupttat. Kraft seines maßgeblichen intellektuellen Einflusses auf den Tatablauf hat er Tatherrschaft und ist somit Täter einer Strafvereitelung.

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Der Rat zur Flucht ist nach h.M. unzulässig.[18] Allerdings soll eine entsprechende Auskunft zulässig sein. Der Unterschied ist marginal. Er besteht im konkreten Fall in einem die Auskunft begleitenden Augenzwinkern. Auch hier fehlt es indes an einer strafbaren Haupttat.

cc) Kontakt mit dem inhaftierten Mandanten

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Die Übergabe bzw. Übernahme jedweder Gegenstände unter Umgehung der Postkontrolle mit Ausnahme aller der Verteidigung dienenden Unterlagen ist nach § 115 OWiG auch dem Verteidiger untersagt. Weiß er, dass dieser Schmuggel der Vereitelung der Strafverfolgung des Mandanten dienen soll, macht er sich gem. § 258 StGB strafbar.

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Erhält der Verteidiger als „Verteidigerpost“ deklarierte Briefsendungen vom Mandanten, die nicht der Verteidigung dienen, sondern nach dem Willen des Mandanten an Dritte weitergegeben werden sollen, darf er diese nicht an den Adressaten weiterleiten. Damit würde er nämlich wenigstens gegen § 115 OWiG verstoßen. Der Verteidiger darf sie aber auch nicht als „Verteidigerpost“ an den Mandanten in die JVA zurücksenden. Auch damit würde er gem. § 115 OWiG die richterliche Postkontrolle umgehen. Er hat die Sendung vielmehr bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens bzw. bis zur Entlassung des Mandanten aus der Untersuchungshaft zu verwahren und diese sodann an den Mandanten herauszugeben.

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Zulässig ist der Austausch der Einlassungen von Mitbeschuldigten über Mitverteidiger.[19]

dd) Information des Mandanten über den Akteninhalt

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Die Information des Mandanten über den Inhalt der Akten ist grundsätzlich zulässig. Der Verteidiger ist hierzu nicht nur berechtigt, sondern in aller Regel sogar verpflichtet. Verboten ist ihm lediglich die Herausgabe der Originalakten. Unbedenklich ist eine Überlassung eines vollständigen Aktenduplikats. Die Beschränkung des originären Akteneinsichtsrechts auf den Verteidiger soll nur die Unversehrtheit der Akten garantieren, nämlich deren Vernichtung, Beschädigung, Unterdrückung und Verfälschung verhindern.

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Kontrovers diskutiert wird die Frage, ob der Verteidiger den Beschuldigten auch dann vollumfänglich über den Akteninhalt informieren darf, wenn sich aus ihm das Bevorstehen von Zwangsmaßnahmen, wie die Verhaftung des Mandanten, Durchsuchungen, Beschlagnahmen etc. ergibt. Der BGH ist der Auffassung, dass der Verteidiger derartige Informationen nicht weitergeben darf.[20] In der Lit. folgen ihm bspw. Beulke/Ruhmannseder und Roxin.[21] Beulke/Ruhmannseder begründen ihre Ansicht mit der Stellung des Rechtsanwaltes als „Organ der Rechtspflege“. Diese Organstellung verpflichte den Verteidiger, auch öffentliche Interessen wahrzunehmen. Insoweit komme ihm in dieser Situation eine „Filterfunktion“ gegenüber dem Mandanten zu.[22] Dieser Auffassung ist entgegenzutreten. Die Vorenthaltung von Informationen wäre geeignet, das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen Mandant und Verteidiger zu zerstören. Der Verteidiger ist auch nicht verpflichtet, eine effektive Strafrechtspflege mit zu gewährleisten. Seine Aufgabe in der Strafrechtspflege besteht einzig und allein in der Wahrnehmung der Beistands-, Schutz- und Kontrollfunktion zugunsten des Beschuldigten. Auch hat die StA durch die Gewährung der Akteneinsicht entschieden, dass die Gefährdung des Untersuchungszweckes gem. § 147 Abs. 2 StPO der Akteneinsicht gerade nicht entgegensteht. Der Verteidiger ist zu einer Kontrolle dieser Entscheidung des StA nicht berufen. Schließlich hat der Verteidiger die weiterzugebenden Informationen auf prozessordnungsgemäße Weise erhalten. Es ist nicht nachvollziehbar, warum er dieses auf gesetzmäßige Weise erlangte Wissen nicht für die Verteidigung verwerten können soll. § 258 StGB verbietet dem Verteidiger von vornherein nur ein prozessordnungswidriges Verhalten. Hat der Verteidiger sein Wissen in Ausübung seines Rechts auf Akteneinsicht erlangt, gebührt seiner Schutzaufgabe Vorrang vor seiner Zuordnung zur Rechtspflege.[23] Dies ist wohl auch Auffassung des BVerfG. Es hat in seinem Beschluss vom 17. Juni 2006 eine mögliche – versuchte – Strafvereitelung jedenfalls für den Fall angenommen, dass der Verteidiger dem Mandanten über eine bevorstehende Verhaftung informiert und die Kenntnis hiervon unzulässig, bspw. täuschungsbedingt, erlangte.[24]

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Nicht gesehen wird von der Rspr. offensichtlich die Problematik, dass die Wahrheitspflicht des Verteidigers gem. § 43a Abs. 3 S. 2 BRAO selbstverständlich auch gegenüber dem Mandanten gilt. Pfeiffer bspw. will dieses Dilemma dadurch lösen, dass der Verteidiger seinen Mandanten „aus gegebenen Anlass allgemein auf §§ 112 ff. StPO“ hinweisen dürfe.[25] Keinen Rat hat er jedoch dafür parat, was der Verteidiger antworten soll, wenn der Mandant, durch den „allgemeinen“ Hinweis auf die Möglichkeit eines Haftbefehls konkret hellhörig wird und seinen Verteidiger fragt, ob er einen solchen zu befürchten habe. Soll der Anwalt nunmehr seinen Mandanten unter Verstoß gegen § 43a Abs. 3 S. 2 BRAO in Sicherheit wiegen? Hat der Verteidiger nur die Alternative zwischen einer Bestrafung wegen Parteiverrats oder wegen Strafvereitelung?

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9783811446472
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