Kitabı oku: «Logos Gottes und Logos des Menschen», sayfa 8

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2.3.3. Die speziellen Traditionen

Diese moralische Vernunft des Seins, deren Wissen die vormodernen menschlichen Kulturen nach Auffassung Ratzingers teilen, wird in diesen Kulturen mit verschiedenen Namen bezeichnet. Die chinesische Tradition spricht dabei vom ‚Tao‘, das „kosmisches wie sittliches Gesetz [ist; H. N.]. Es verbürgt die Harmonie von Himmel und Erde und so auch die Harmonie des politischen gesellschaftlichen Lebens.“175 Vergleichbar damit ist der indische Begriff des ‚Dharma‘, „das ebenso kosmische wie ethische und soziale Ordnung bedeutet, der der Mensch sich einfügen muss, damit das Leben recht werde.“176 Ratzinger nennt auch „das moralische Erbe der Griechen, wie es besonders von Platon, Aristoteles und der Stoa artikuliert wurde, die den Menschen zum Vernehmen der Vernunft des Seins hinführen wollen“177. Für das Christentum ist die moralische Vernunft der Natur unmittelbar mit dem Schöpfungsgedanken verknüpft. Es ist der Logos des Schöpfers, welcher der Wirklichkeit ihre Struktur gibt und auf den der Mensch mittels seines moralischen Vernunftvermögens Bezug nehmen kann.178

In der jüdischen Tradition manifestiert sich die moralische Vernunft laut Ratzinger in herausragender Weise in den Zehn Geboten, „in denen Israel und die Christenheit mit den Ältesten und reinsten Traditionen der ganzen Menschheit kommunizieren.“179 Der Dekalog ist seiner Auffassung nach also nicht etwa ein „Sonderbesitz der Christen oder der Juden. Er ist ein höchster Ausdruck moralischer Vernunft, der sich als solcher weithin auch mit der Weisheit der anderen großen Kulturen trifft.“180 In ihm ist gleichzeitig auch „der wesentliche Kern dessen grundgelegt, was die Neuzeit unter dem Begriff der Menschenrechte formuliert hat“181. Auch diese sind für Ratzinger also keineswegs gegen, sondern ganz im Gegenteil im Anschluss an das moralische Wissen der Traditionen formuliert worden. Sie sind nicht verständlich ohne das durch die Traditionen vermittelte Wissen der moralischen Wahrheit des Seins, ohne die Voraussetzung, „dass der Mensch als Mensch, einfach durch seine Zugehörigkeit zur Spezies Mensch, Subjekt von Rechten ist, dass sein Sein selbst Werte und Normen in sich trägt, die zu finden, aber nicht zu erfinden sind.“182

2.3.4. Geschichtliche Verdunkelung der moralischen Vernunft

Auch wenn moralische Vernunft nach Ansicht Ratzingers nicht unabhängig von Geschichte und Tradition bestimmt werden kann, so sind diese für ihn nun aber nicht automatisch Träger moralischer Vernunft. Sie können im Gegenteil moralische Vernunft auch verdecken und entstellen. Denn „Tradition, deren Wesen es ist, Humanität zu begründen, ist allenthalben auch mit dem vermischt, was den Menschen entmenschlicht.“183 Die Geschichte und mit ihr die Tradition, auf die der Mensch, wie gesehen, in seinem Menschsein notwendig angewiesen ist und ohne deren Zusammenhang er nicht gedacht werden kann, birgt immer auch die Gefahr, ihn von der moralischen Wahrheit des Seins zu entfremden. Ratzinger bezeichnet dies als die „eigentliche Tragödie des Menschen. Man muss Tradition festhalten, um überhaupt den Menschen festzuhalten, aber man hält unweigerlich mit ihr immer auch die Kraft der Entfremdung fest.“184 Denn es kann seiner Ansicht nach „zwar auf Dauer keine Gesellschaft geben, die sozusagen nur vom Negativen, vom Bösen lebt. Eine Gemeinschaft, die überleben will, muss bis zu einem gewissen Grad immer wieder auf die Urtugenden, auf die grundlegenden Maßformen des Menschseins zurückkommen.“185 Dennoch können trotz dieser grundlegenden Ausrichtung an moralischen Grundwerten „wichtige Lebenszonen einer Gesellschaft verderbt sein, sodass geltende Sitte den Menschen nicht führt, sondern verführt.“186

Folglich kann der Mensch sich nur in begrenztem Maße auf die ihm überlieferte geschichtliche Erfahrung verlassen, was ihre moralische Vernünftigkeit angeht. Denn gerade ihr geschichtlicher Charakter impliziert die Fehlbarkeit menschlicher Vernunft: Sie ist eben nicht „absolut wie die Vernunft Gottes“, sondern gehört „einem Wesen, das in geschichtlichen Entfremdungen steht, die das Sehvermögen der Vernunft beeinträchtigen.“187 Es ist also nicht die moralische Vernunft des Schöpfers, die fehlgeht, sondern das Vernunftvermögen des Menschen, das aufgrund seiner geschichtlichen Verfasstheit Schwierigkeiten hat, der Vernunft des Schöpfers nachzudenken: Es ist „seine Geschichte, die ihn von der Schöpfung trennt“188 und aufgrund der er die „Stimme des Logos nur gebrochen … vernehmen“189 kann. Denn die Geschichtlichkeit ist es ja, die dem Menschen einen Freiheitsraum ermöglicht, in dem er sich der Vernunft des Seins ebenso öffnen wie auch verschließen kann.

In diesem durch seine Geschichtlichkeit ermöglichten Sich-Verschließen des Menschen gegenüber der moralischen Vernunft der Natur erzeugt der Mensch nach Meinung Ratzingers eine gegen die Schöpfungsbotschaft gerichtete Gegenbewegung, „die durch die Sünde in der Welt ist“190 und „in der er sich gewissermaßen gegen Gott seine eigene Welt zu bauen versucht.“191 Der Ursprung dieser geschichtlichen Gegenbewegung des Menschen gegen den Willen Gottes liegt für Ratzinger also in der Sünde. Sie ist es, die den Menschen dazu bringt, sich Gott gegenüber zu verschließen, seine schöpferische Vernunft in der Wirklichkeit zu ignorieren und sich stattdessen ganz auf sich selbst zu konzentrieren. Man könnte mit Ratzinger „geradezu sagen, der tiefste Gehalt der Sünde sei es, dass der Mensch sein Geschöpf-Sein leugnen will, weil er die Tatsache, dass er ein Maß hat und eine Grenze hat, nicht annehmen will. Er will nicht Geschöpf sein, denn er will nicht gemessen sein, will nicht abhängig sein.“192

Sünde bedeutet demnach für Ratzinger, dass der Mensch sich der Einsicht in seine eigene Geschöpflichkeit und seine Abhängigkeit vom Schöpfungslogos verschließt und die moralische Vernunft des Schöpfers nicht anerkennt. Damit emanzipiert er sich von der Idee eines objektiven Maßstabs in der Wirklichkeit, von der Idee einer objektiven Wahrheit des Seins. „Sünde ist, so wird nun deutlich, ihrem Wesen nach Absage an die Wahrheit. Der Mensch, der die Grenze nicht will, will nicht sein, der er ist, er bestreitet die Wahrheit.“193 Der Mensch lässt nur noch seinen Eigenwillen gelten und ignoriert den Willen Gottes, den er mittels seiner moralischen Vernunftfähigkeit, seines Gewissens, in der Wirklichkeit vorfindet.

Theologisch führt Ratzinger diese Verschließung des Menschen vor dem Willen des Schöpfers auf die Ursünde zurück, die dem Menschen durch die Menschheitsgeschichte hindurch überliefert wird.194 Die moralische Vernunftfähigkeit des Menschen ist durch ihre Bindung an die Geschichte von der menschlichen Ursünde, von seiner geschichtlich ermöglichten Verschließung vor Gott, beeinträchtigt; sein Gewissen ist durch die Erbsünde abgestumpft.195 Dies ist der Grund, warum in den Traditionen der Menschheit nicht nur Einsichten in die moralische Wahrheit der Schöpfung, sondern auch die Sünde, also die Abkehr von ebendieser Wahrheit, überliefert wird. Diese Abkehr kann so weit gehen, dass die Schöpfung selbst „in die Seinslüge des Menschen hineinverstrickt“196 wird. Wie bereits im Zusammenhang der technischen Vernunft thematisiert, kann der Mensch so viel Einfluss auf die Natur nehmen, dass sie nicht mehr den Willen des Schöpfers ausdrückt, sondern nur noch den Eigenwillen des Menschen. „So nimmt sie am Sturz des Menschen teil“197 und ist in die Überlieferung der Sünde mit eingebunden.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass nach Auffassung Ratzingers Traditionskritik notwendig ist, weil „keine Tradition unversehrte Gründung des Humanen ist, sondern jede auch infiziert ist von den Kräften des Antihumanen, die den Menschen an der Selbstwerdung hindern.“198 Dies heißt aber nicht, dass der Mensch sich ganz von jeglicher Tradition und Kultur frei machen sollte, selbst wenn er es könnte. Denn die „Traditionskritik findet ihre Grenze darin, dass der Mensch an die Wahrheit seines Wesens, an die geschaffene Schöpfung gebunden bleibt und sich nur finden kann, wenn er diese Wahrheit findet. Und das bedeutet, dass die Vernunft des Machens rückgebunden bleibt an die Vernunft des Vernehmens, die Tradition der Humanität.“199 Trotz aller Sündhaftigkeit des Menschen bleiben seine kulturellen und religiösen Traditionen laut Ratzinger immer auch Erkenntnisquellen der moralischen Vernunft des Schöpfers. „An ihnen vorbei zu denken und vorbei zu leben, wäre ein Hochmut, der den Menschen zuletzt ratlos und leer hinterlässt.“200 Wie das Gewissen das Gedächtnis der moralischen Vernunft des Schöpfers für den Einzelnen ist, so bilden die Traditionen nach Ratzinger das Gedächtnis der moralischen Vernunft für die Menschheit, von dem diese sich nicht abschneiden darf.

2.4 Moralische Vernunft und Schöpfungsglaube

Es wurde deutlich, dass Moral für Ratzinger zwar eine Vernunfteinsicht darstellt, diese Vernunfteinsicht aber im Unterschied zu seiner theoretischen Vernunftfähigkeit einer gewissen Öffnung des Menschen für die Vernunft des Schöpfers bedarf. Weil sie „Vernunft im höchsten Sinn“201 ist, die „tiefer in das eigentliche Geheimnis des Wirklichen vordringt als die experimentelle Vernunft“202, hat sie die Anerkennung der objektiven Vernunftstruktur der Wirklichkeit zur Voraussetzung. „Ob man aber dem Sein Vernunft zusprechen und seinen moralischen Zuspruch dechiffrieren kann, hängt mit dem Entscheid in der Gottesfrage untrennbar zusammen. Denn wenn es den Logos des Anfangs nicht gibt, dann kann es auch den Logos in den Dingen nicht geben.“203

So tritt hier die innere Verschränkung der Annahme eines metaphysischen Vernunftprinzips mit dem Glauben an den Schöpfer bei Ratzinger deutlich hervor: Die Anerkennung des Primats des Logos in der Wirklichkeit ist für ihn gleichbedeutend mit dem Glauben an Gott als Schöpfer. Moralische Vernunft ist deshalb für Ratzinger eine „am Schöpfungsglauben orientierte Vernunft“204: Die von ihm geforderte ‚Öffnung‘ des Menschen entpuppt sich als implizite Anerkennung des Schöpfungsgedankens.205 Denn wenn der Mensch in seinem moralischen Handeln auf Werte zurückgreift, die er in der Wirklichkeit vorfindet, muss er implizit eine schöpferische Vernunft in der Wirklichkeit voraussetzen, auf welche die Existenz dieser Werte zurückzuführen ist. Das ‚Bild Gottes‘ kann man im anderen Menschen laut Ratzinger nur „mit dem neuen Sehen des Glaubens“206 erblicken.

Moralisches Vernunftvermögen des Menschen und Schöpfungsglaube richten sich nach Ansicht Ratzingers also auf ein und dieselbe übergeschichtliche Wahrheit. Finde ich mittels meiner moralischen Vernunft im Gewissen und in der Natur immer gültige Werte und moralische Wahrheit, kann mir das helfen, den Schöpfungsglauben anzunehmen und einen personalen Schöpfer als Ursprung dieser kosmischen Wahrheit anzuerkennen. „Denn die Natur ist nicht, wie ein totaler Szientismus behauptet, eine vom Zufall und seinen Spielregeln aufgebaute Montage, sondern sie ist Schöpfung. In ihr drückt sich der Creator Spiritus aus.“207 Glaube ich umgekehrt an Gott als Schöpfer, sagt dieser Glaube auch meiner moralischen Vernunft etwas. „Der christliche Glaube, der uns hilft, die Schöpfung als Schöpfung zu erkennen, ist nicht eine Lähmung der Vernunft; er gibt der praktischen Vernunft den Lebensraum, in dem sie sich entfalten kann.“208

Daher ist für Ratzinger auch die Morallehre der Kirche, die auf dem Schöpfungsgedanken fußt, nicht etwa eine „Speziallast für Christen, sondern die Verteidigung des Menschen gegen den Versuch seiner Abschaffung.“209 Sie weist den Menschen auf eine Wahrheit hin, die er auch mittels seiner Vernunft einzusehen vermag. Leugnet der Mensch diese Wahrheit, so hat das nach Ansicht Ratzingers schwerwiegende Konsequenzen für sein Selbstverständnis. Denn dann beschränkt der Mensch seine Vernunft allein „auf die Wahrnehmung des Quantitativen“210, sodass er sich selbst und die Welt nur noch nach Maßstäben der naturwissenschaftlichen Vernunft begreifen kann. Ein Verweischarakter der Dinge auf eine an ihnen erkennbare kosmische Vernunft kommt nicht mehr in den Blick.

Dies führt z.B. dazu, dass der Leib des Menschen „zum bloßen Körper, zur bloßen Sache wird: Sein Ausschluss aus dem Bereich des Sittlichen, der geistigen Verantwortung ist zugleich sein Ausschluss aus dem Menschlichen des Menschen, aus der Würde des Geistes.“211 Leiblichkeit und Geistigkeit des Menschen bilden keine Einheit mehr; der Leib wird nur noch funktional betrachtet, ihm selbst kommt keine geistige Würde mehr zu: „Um ihn richtig, ungehemmt, in Besitz nehmen zu können, wird er aus der Sphäre sittlicher Verantwortung ausgeschieden, zur reinen Sache gemacht, die man abseits der eigentlich menschlichen Verpflichtungen und Beziehungen benützen kann.“212 Dieser ‚neue Dualismus‘ führt nach Ratzinger z.B. zur Verwischung und Unterdrückung des Geschlechtsunterschieds213 und zur körperlichen Vereinseitigung der Liebe und Sexualität: Der „zum ‚Sex‘ degradierte Eros wird zur Ware, zur bloßen ‚Sache‘; man kann ihn kaufen und verkaufen, ja, der Mensch wird dabei selbst zur Ware.“214 Eine solche Weltsicht einer reinen naturwissenschaftlichen Kausalität hat keinen Platz für Personalität, Freiheit und Liebe.215 Die Natur – und mit ihr der Mensch – wird auf die reine biologische Ordnung reduziert, während die ihr vom Schöpfungslogos eingeschriebene moralische Ordnung nicht mehr in den Blick kommt.

Im Hören auf den Schöpfungsglauben hingegen kann die moralische Vernunft nach Ansicht Ratzingers ihren Bezug zum Logos des Schöpfers wiedergewinnen und sich so über ein rein materiales Verständnis von Wirklichkeit hinausführen lassen. Denn nach christlichem Schöpfungsverständnis kommt die Welt aus dem Logos Gottes und trägt Vernunft in sich, „und zwar nicht nur eine mathematische Vernunft – niemand kann leugnen, dass die Welt mathematisch strukturiert ist –, also eine ganz neutrale, sachhafte Vernunft, sondern als Logos auch eine moralische Vernunft.“216 Der Glaube kann deshalb der moralischen Vernunft des Menschen „Nachhilfeunterricht“217 erteilen, indem er auf diese der Schöpfung eingeschriebene moralische Vernunft aufmerksam macht und sie auf diese Weise dazu bringt, sich dieser Vernunft zu öffnen. „Die unserem Sein eingesenkte Anamnese braucht sozusagen die Nachhilfe von außen, damit sie ihrer selbst innewird. Aber dies Äußere ist doch nicht etwas ihr Entgegengesetztes, sondern ihr zugeordnet: Es hat mäeutische Funktion, legt ihr nicht Fremdes auf, sondern bringt ihr Eigenes, ihre eigene innere Eröffnetheit für die Wahrheit zum Vollzug.“218 So ist der Glaube an den Schöpfergott „zugleich Glaube an den Gott des Gewissens“219, der dem verschütteten Gewissen des Menschen wieder eine Stimme zu geben vermag.220

Indem sein Erkenntnisvermögen über die rein naturwissenschaftlichen Gewissheiten hinausgeführt wird, kann der Mensch auch sich selbst als ein das rein Empirische transzendierendes Wesen verstehen. Den „Schöpfungsgedanken fassen, bedeutet zugleich, die Grenze des Subjekt-Objekt-Schemas herausstellen, die Grenze des ‚exakten‘ Denkens, und aufdecken, dass erst in dieser Entgrenzung das Humanum, das Eigentliche des Menschen und der Wirklichkeit, vor den Blick kommt“221. Der Mensch kann dann auch „die Leibhaftigkeit seiner Existenz als Reichtum für den Geist“222 erkennen und seinen Leib wieder in der Einheit mit seinem Geist und als Ausdruck dieses Geistes begreifen, sodass der Leib seine geistige Würde wiedererlangt.223 Auf diese Weise geschieht nach Ratzinger „‚Humanisierung‘ des Menschen und der Welt, die eben darin besteht, dass die Materie zu ihren geistigen Möglichkeiten geführt und dass der Geist in der Fülle der Schöpfung ausgedrückt wird.“224

Schöpfungsglaube ist für Ratzinger außerdem untrennbar mit dem Unsterblichkeitsglauben des Menschen verbunden. Die Leugnung der Ewigkeit ist für ihn gleichbedeutend mit der Aussage, dass „Geist nicht das Vorgängig-Schöpferische, sondern das Nachträglich-Zufällige ist“225. Ein der Endlichkeit ausgelieferter Geist nämlich erscheint als sinnlose Laune der Natur, sodass ihm nur noch der Egoismus als Leitlinie seines Handelns übrig bleibt.226 Ein Mensch ohne Hoffnung auf ewiges Leben wird daher laut Ratzinger „versuchen, so viel aus diesem Leben herauszuholen, wie es eben möglich ist. Dann wird er alle anderen als Feinde seines Glücks betrachten, die ihm etwas wegzunehmen drohen; Neid und Gier übernehmen die Herrschaft im Leben und vergiften die Welt.“227

Deshalb kann der Mensch die Wahrheit der Schöpfung nur als Wahrheit eines personalen Schöpfers annehmen, der ihn als Menschen in seiner Ewigkeit erhält. An dieser Stelle wird abermals die innere Bewegung des Schöpfungsglaubens auf den Glauben an die liebende Zuwendung des Schöpfers in Christus deutlich.

Zusammenfassend lässt sich mit Ratzinger demnach sagen: „Der Mensch braucht das Ethos, um er selbst zu sein. Das Ethos aber braucht den Schöpfungs- und den Unsterblichkeitsglauben, d.h. es braucht die Objektivität des Sollens und die Endgültigkeit von Verantwortung und Erfüllung. Die Unmöglichkeit eines davon abgeschnittenen Menschseins ist der indirekte Beweis für die Wahrheit des christlichen Glaubens und seiner Hoffnung.“228 Man kann hier von einem indirekten Beweis des christlichen Glaubens auf dem Boden der moralischen Vernunft sprechen: Nur, wenn es den Schöpfer und die Unsterblichkeit wirklich gibt, hat die moralische Vernunft einen Anknüpfungspunkt in der Metaphysik und nur dann kann der Mensch in Würde leben. Die Annahme des Schöpfers ist Ratzinger zufolge für das moralische Vernunftvermögen des Menschen eine Notwendigkeit.

Ratzinger bezieht sich hinsichtlich dieser Argumentation an einer Stelle sogar direkt auf den ‚moralischen Gottesbeweis‘ Immanuel Kants: „Kant hatte die Erkennbarkeit Gottes im Bereich der reinen Vernunft bestritten, aber Gott, Freiheit und Unsterblichkeit als Postulate der praktischen Vernunft dargestellt, ohne die seiner Einsicht nach konsequenterweise sittliches Handeln nicht möglich schien. Gibt uns nicht die Weltlage von heute Anlass dazu, neu nachzudenken, ob er nicht recht hatte?“229

1 Dialektik, 49.

2 Naturrecht, 25.

3 Dialektik, 49.

4 Vgl. Dialektik, 50.

5 Naturrecht, 25.

6 Naturrecht, 25.

7 Vgl. Dialektik, 50.

8 Naturrecht, 26.

9 Vgl. Naturrecht, 26.

10 Naturrecht, 26.

11 Volk und Haus Gottes, 311.

12 Vgl. Volk und Haus Gottes, 311; vgl. auch Dritte Konzilsperiode, 44.

13 Volk und Haus Gottes, 311.

14 Naturrecht, 27.

15 Naturrecht, 28.

16 Naturrecht, 29.

17 Naturrecht, 29.

18 Vgl. Naturrecht, 29.

19 Dogma und Verkündigung, 170.

20 Vgl. Dogma und Verkündigung, 172; vgl. zur Thematik auch Wortgebrauch, 489f.

21 Dogma und Verkündigung, 172.

22 Dogma und Verkündigung, 173f.

23 Weiterhin kennt Bonaventura aber auch einen vom Glauben unabhängigeren metaphysischen Naturbegriff, der für Ratzinger „an und für sich einen Eigenbereich philosophischen Denkens eröffnen kann“ (Wortgebrauch, 493f), der aber von ihm immer in starker Geschichtsbezogenheit behandelt wird. Auch Augustinus weiß nach Ratzinger um die „Geschichtlichkeit auch der menschlichen ‚Natur‘“ (Theologie der Ehe, 58, Anmerkung 4).

24 Dogma und Verkündigung, 174.

25 Dogma und Verkündigung, 174.

26 Dogma und Verkündigung, 175.

27 Dogma und Verkündigung, 176.

28 Dogma und Verkündigung, 177.

29 Dogma und Verkündigung, 177.

30 Dogma und Verkündigung, 177.

31 Vgl. Dogma und Verkündigung, 178.

32 Dogma und Verkündigung, 180.

33 Dogma und Verkündigung, 178.

34 Dogma und Verkündigung, 179.

35 Dogma und Verkündigung, 179f.

36 Dogma und Verkündigung, 181.

37 Dogma und Verkündigung, 181.

38 Letzte Sitzungsperiode, 51. Dementsprechend hebt Ratzinger in seinem Bericht über die letzte Sitzungsperiode des Zweiten Vatikanischen Konzils positiv hervor, das Konzil habe das vom biologisch verstandenen Naturrecht geprägte katholische Eheverständnis zu Recht durch ein personales Eheverständnis abgelöst (vgl. a.a.O. 52). So setzt es seiner Beobachtung nach „an die Stelle eines abstrakten Naturbegriffs, der für einen Großteil der moraltheologischen Begründungen maßgebend gewirkt hatte, eine Besinnung auf die konkreten Wirklichkeiten des Menschen und seiner Geschichte“ (a.a.O. 27).

39 Naturrecht, 29.

40 Dialektik, 50f.

41 Vgl. Dialektik, 50f.

42 Abbruch und Aufbruch, 14.

43 Vgl. Abbruch und Aufbruch, 14f.

44 Abbruch und Aufbruch, 15.

45 Dialektik, 51. Noch 1993, in seiner Vorstellung der von Papst Johannes Paul II. verfassten Enzyklika Veritatis Splendor, empfindet Ratzinger den Vorwurf eines solchen biologisch geprägten Naturrechtsbegriffs an die Kirche als sehr stark: „Nun ist neuerdings immer wieder der Vorwurf zu hören, mit dem Begriff des Naturgesetzes binde sich die Kirche an eine überholte Metaphysik, ja, sie huldige einem törichten Naturalismus oder Biologismus und erkläre biologische Abläufe zu moralischen Gesetzen“ (Glaube als Weg, 569).

46 Schöpfungsglaube, 13.

47 Glaube als Weg, 569. Ratzinger bezieht sich hier auf Veritatis Splendor, 40.

48 Dialektik, 51.

49 Vgl. Gott Jesu Christi, 32f.

50 Heisenberg, Werner: Der Teil und das Ganze, München 1969, zit. nach Gott Jesu Christi, 32.

51 Gott Jesu Christi, 32.

52 Gott Jesu Christi, 37f.

53 Gott und die Welt, 137; vgl. auch 140.

54 Den verschiedenen Vernunfttätigkeiten des Menschen entspricht also eine dazu passende Eigenschaft des göttlichen Schöpfungslogos. Nach Ratzinger ist es Kerninhalt des christlichen Glaubens, „dass am Anfang der Logos stand und dass daher das Sein selbst die Sprache des Logos in sich trägt – nicht nur die mathematische, sondern ebenso ästhetische und moralische Vernunft. Das nämlich ist gemeint, wenn Kirche daran festhält, dass ‚Natur‘ eine moralische Aussage habe“ (Auftrag des Bischofs, 534).

55 Gott und die Welt, 152.

56 Vgl. Gott und die Welt, 152.

57 Gott und die Welt, 152.

58 Gott Jesu Christi, 38.

59 Eschatologie, 72.

60 Eschatologie, 72.

61 Zur Begründung moralischer Vernunft bei Platon vgl. 7.3.

62 „Das Gewissen wird von vielen als eine Art Apotheose der Subjektivität verstanden“ (Auftrag des Bischofs, 527).

63 Werte, 100.

64 Werte, 100.

65 Auftrag des Bischofs, 530.

66 Werte, 101.

67 „Aus dem Subjekt würde dann keine Tür und kein Fenster herausführen ins Ganze und ins Gemeinsame hinein“ (Werte, 101).

68 Werte, 104.

69 Bei dem Psychologen Albert Görres findet Ratzinger die dazu passende Einsicht, dass das „Schuldgefühl, das eine falsche Gewissensruhe aufbricht und die Wortmeldung des Gewissens gegen meine selbstzufriedene Existenz genannt werden könnte … dem Menschen so nötig wie der körperliche Schmerz“ (Werte, 105; vgl. Görres, 434) sei, der auf Störungen der Körperfunktionen hinweist. Das Gewissen ist nach Görres also nicht dazu da, den Menschen in seiner subjektiven Selbstgenügsamkeit zu bestätigen und diese gegen von außen an ihn herantretende moralische Ansprüche zu verteidigen, sondern seine Funktion besteht ganz im Gegenteil darin, ihn aus dieser Selbstgenügsamkeit durch Schuldgefühle, die durch den Anspruch moralischer Wahrheit ausgelöst werden, herauszureißen.

70 Werte, 106.

71 Vgl. 4.4.2.

72 Werte, 108.

73 Vgl. Glaube – Wahrheit – Toleranz, 167.

74 Werte, 112f.

75 Werte, 106.

76 Werte, 106.

77 Vgl. 2.1.1.

78 So auch in Glaube – Wahrheit – Toleranz, 166f.

79 Dogma und Verkündigung, 106; vgl. auch Gott Jesu Christi, 39f.

80 Werte, 110. Vgl. Arzt, 396–400.

81 Kirche, Ökumene und Politik, 157.

82 Kirche, Ökumene und Politik, 181.

83 Diener eurer Freude, 45.

84 Bewusstsein, 80.

85 Vgl. Platon: Phaidon 72e–77a.

86 Werte, 116. Die zweite Schicht des Gewissens nach Ratzinger, die er mit Thomas als Conscientia bezeichnet, ist der konkrete Gewissensakt. Gegenüber der ontologischen Gewissensebene der Anamnesis geht es dabei um die konkrete Handlung des Menschen, die er nach seinen mittels der Anamnesis erkannten Einsichten ausrichtet. Der Mensch muss in der Conscientia der so gewonnenen Überzeugung folgen (vgl. a.a.O. 118–120).

87 Wendezeit, 116.

88 Werte, 116. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass Ratzinger sich in seinem Bezug auf die Anamnesis-Lehre Platons als in Einklang mit der transzendentalen Anthropologie Karl Rahners begreift. Dieser formuliert nämlich in seinem „Grundkurs des Glaubens“ unter Rückgriff auf die platonische Anamnesis den Begriff der ‚memoria‘, um damit die innere apriorische Erwartung des Menschen auf einen geschichtlichen Heilsbringer zu beschreiben (vgl. Rahner, 310–312). Vgl. 5.7.5.

89 Auftrag des Bischofs, 531.

90 Auftrag des Bischofs, 531.

91 Auftrag des Bischofs, 531.

92 Auftrag des Bischofs, 531.

93 Auftrag des Bischofs, 532.

94 Vgl. Auftrag des Bischofs, 532.

95 Werte, 120.

96 So schreibt Augustinus in De libero arbitrio: „Deshalb wird dir nicht, was du wider Willen nicht weißt, zur Schuld angerechnet, sondern was du, da du es nicht weißt, verschmähst zu erforschen“ (Augustinus: De libero arbitrio III, 19, 53, CChr.SL 29, 306, zit. nach Brown, 132).

97 Werte, 119.

98 Vgl. Werte, 119.

99 Lutherische Freunde, 43.

100 Wendezeit, 40.

101 Auftrag des Bischofs, 532; vgl. z.B. auch Letzte Sitzungsperiode, 18, wo Ratzinger das Gewissen als ‚Geist zur Wahrheit‘ bezeichnet.

102 Vgl. auch Gott und die Welt, 119.

103 Werte, 111.

104 Werte, 111.

105 Werte, 121.

106 Vgl. Salz der Erde, 72f.

107 Werte, 121.

108 Vgl. Salz der Erde, 180.

109 Salz der Erde, 180.

110 Vgl. 2.1.1.

111 Salz der Erde, 179f.

112 Vgl. Eschatologie, 91.

113 Werte, 121.

114 Kirche, Ökumene und Politik, 181.

115 Gott ist uns nah, 110.

116 Vgl. Ein neues Lied, 221.

117 Vgl. Gott und die Welt, 362.

118 Gott und die Welt, 363.

119 Werte, 121f.

120 Werte, 121. Auch hier ist die Parallele zum ‚Memoria‘-Begriff Rahners deutlich zu erkennen.

121 Werte, 122.

122 Schöpfungsglaube, 18.

123 Das neue Volk Gottes, 357.

124 Gott und die Welt, 362.

125 Lutherische Freunde, 43.

126 Auftrag des Bischofs, 532.

127 Einführung, 199f.

128 Einführung, 200.

129 Einführung, 201.

130 Sakramentale Begründung, 20.

131 Einführung, 201.

132 Sakramentale Begründung, 20.

133 Vgl. Sakramentale Begründung, 19.

134 Sakramentale Begründung, 20.

135 Hoffnung, 294.

136 Sakramentale Begründung, 20; vgl. auch Theologische Prinzipienlehre, 31.

137 Sakramentale Begründung, 23.

138 Vgl. Sakramentale Begründung, 23.

139 Sakramentale Begründung, 23.

140 Sentire ecclesiam, 321.

141 Sakramentale Begründung, 23.

142 Vgl. Sakramentale Begründung, 24.

143 Einführung, 202.

144 Unterwegs, 42.

145 Vgl. Unterwegs, 42.

146 Unterwegs, 80.

147 Theologische Prinzipienlehre, 90.

148 Unterwegs, 80.

149 Theologische Prinzipienlehre, 91.

150 Theologische Prinzipienlehre, 91.

151 Vgl. Theologische Prinzipienlehre, 91.

152 Vgl. Theologische Prinzipienlehre, 91.

153 Theologische Prinzipienlehre, 92.

154 Theologische Prinzipienlehre, 92.

155 Vgl. 2.2.2.

156 Abbruch und Aufbruch, 16.

157 Theologische Prinzipienlehre, 282.

158 Abbruch und Aufbruch, 16.

159 Glaube – Wahrheit – Toleranz, 50.

160 Auftrag des Bischofs, 528.

161 Auftrag des Bischofs, 528.

162 Auftrag des Bischofs, 528.

163 Eschatologie, 73.

164 Eschatologie, 73.

165 Eschatologie, 73.

166 Eschatologie, 73.

167 „Metaphysische und moralische Vernunft wird nur in historischem Zusammenhang wirksam, hängt von ihm ab und überschreitet ihn zugleich“ (Werte, 63).

168 Vgl. 2.1. und 2.2.

169 Abbruch und Aufbruch, 12.

170 Abbruch und Aufbruch, 13.

171 Abbruch und Aufbruch, 13.

172 „Sie klammert sich an eine Reihe von Details, die sie ordnungslos aneinander aufreiht und kommt so zu ihrer banalen Besserwisserei“ (Abbruch und Aufbruch, 13).

173 Abbruch und Aufbruch, 13.

174 Gott und die Welt, 120.

175 Werte, 12.

176 Werte, 12; vgl. auch Dialektik, 52.

177 Abbruch und Aufbruch, 13.

178 Vgl. Gott und die Welt, 137.

179 Wendezeit, 101.

180 Werte, 26.

181 Wendezeit, 101.

182 Dialektik, 51.

183 Theologische Prinzipienlehre, 93.

184 Theologische Prinzipienlehre, 93.

185 Auftrag des Bischofs, 529.

186 Auftrag des Bischofs, 529.

187 Glaube als Weg, 569.

188 Erlösung, 152.

189 Vielfalt der Religionen, 96.

190 Gott und die Welt, 137.

191 Gott und die Welt, 138.

192 Gottes Projekt, 84.

193 Gottes Projekt, 85.

194 „Manchmal ist der moderne Mensch fälschlicherweise der Überzeugung, der einzige Urheber seiner selbst, seines Lebens und der Gesellschaft zu sein. Diese Überheblichkeit ist eine Folge des egoistischen Sich-in-sich-selbst-Verschließens und rührt – in Begriffen des Glaubens gesprochen – von der Ursünde her“ (Caritas in veritate, 34).

195 Vgl. Gott und die Welt, 363.

196 Hoffnung, 304.

197 Hoffnung, 304.

198 Theologische Prinzipienlehre, 97.

199 Theologische Prinzipienlehre, 98.

200 Werte, 97.

201 Abbruch und Aufbruch, 16.

202 Abbruch und Aufbruch, 17.

203 Auftrag des Bischofs, 534.

204 Ohne Wurzeln, 143.

205 „Wenn nicht eine innere Öffnung im Menschen geschieht, die mehr als das Messbare und Wägbare schaut, die den Glanz des Göttlichen in der Schöpfung wahrnimmt, dann bleibt Gott aus unserem Gesichtsfeld ausgeschlossen“ (Geist der Liturgie, 104f).

206 Geist der Liturgie, 72.

207 Abbruch und Aufbruch, 17.

208 Abbruch und Aufbruch, 17.

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781 s. 3 illüstrasyon
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9783429060589
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