Kitabı oku: «In Your Arms», sayfa 2

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Wie lange dauerte es dieses Mal, bis der Schmerz zur Gänze vorübergezogen war?

Ich lenkte in den Hinterhof des Wohnblocks, parkte den Wagen auf den Parkplatz mit der Nummer sechs – stets einen prüfenden Blick in den rechten Seitenspiegel, ob ich wohl kerzengerade dastand – fasste nach der Tasche und stieg aus. Flott schloss ich die Tür ab und eilte zum Eingang, unter dessen glasüberdachter linken Seite Frau Maier stand und genüsslich an einer Zigarette zog.

Das dämmrige Licht ließ ihre verzwickten Gesichtszüge um einiges verbissener erscheinen, als sie für gewöhnlich wirkten. Die fahle, höchstwahrscheinlich von zu intensivem Sonnenliegen herrührende wie gegerbt aussehende Gesichtshaut, kurze dunkelgraue Haare, Schlupflider, ein spitzes Kinn und eine knochige Nase komplettierten ihre ausgemergelte vom Leben verbitterte dürre Statur.

Sie warf mir einen giftigen Blick zu, von dem mir noch ein wenig unwohler wurde. »So ein weißes Kleid ist nicht gerade vorteilhaft bei Regenwetter.« Ihre tiefe rauchige Stimme unterstrich ihre ohnehin gut sichtbare und in den letzten Monaten oft zur Sprache gebrachte Abneigung gegenüber meinem Kleidungsstil. »Und rote Unterwäsche um einiges weniger.«

Beschämt wie kein Wort über die Lippen bringend huschte ich an ihr vorbei ins Innere des Wohnblocks. Ich wandte mich zum rechts gelegenen Aufzug, entschied mich letztlich aber gegen dessen Benützung. Bis dieser im Erdgeschoss ankam, hätte Frau Maier womöglich fertig geraucht und sich zu mir gesellt.

Mir wurde es mulmig zumute.

Nein.

Weitere Belehrungen und beleidigende Aussagen ertrug ich nicht mehr. Es war genug für heute.

Ich drehte mich nach links. Drei Stockwerke lagen vor mir und einer heißen, entspannenden Dusche …

Mit der letzten Kraft, die ich mir von irgendwoher zusammenkratzte, hechtete ich die Stufen hoch.

Hoffentlich begegnete ich keinen weiteren Mietern. Mein durchnässtes Kleid mit der durchscheinenden Unterwäsche musste nicht jeder sehen. Darüber, da war ich mir sicher, würde sowieso Frau Maier berichten.

Eine jäh in meinem Rücken ertönende, nach mir rufende weibliche Stimme vernichtete jegliche Hoffnung, um stattdessen eine frische Welle Schamgefühl über mich hereinbrechen zu lassen.

Wieso jetzt? Wieso musste ausgerechnet jetzt jemand ins Stiegenhaus treten?

Ich drehte mich um.

Frau Müller mit ihrer wasserstoffblonden lockigen Mähne stand in der Haustür, die Arme vor ihrer Brust verschränkt. »Frau Hirter! Was habe ich Ihnen gesagt?«

Ich verstand nicht …

Genervt über meine verzögerte Reaktion und die daraus entstandene Unfähigkeit, ihr Antwort zu geben, wölbte sie eine Augenbraue. »Sie wissen, Sie sind heute mit der Stiegenhausreinigung dran! Aber bis jetzt ist noch nichts in dieser Richtung passiert.«

Die Reinigung des Stiegenhauses übernahmen wir Mieter. Jede Woche wurde gewechselt. Diese Woche war ich dafür eingeteilt. Und wie jedes Mal liebte Frau Müller es, mich darauf aufmerksam zu machen. Sie selbst sah sich als die Ordnungshüterin des Hauses. Wenn es beispielsweise Beschwerden gab – gleichgültig welcher Art – war sie es, die dies an die Vermietung weiterleitete.

»Ich war Arbeiten«, verteidigte ich mich, wohl wissend, dass ich die Reinigung vor Antritt meines Dienstes hätte erledigen können. Allerdings fühlte ich mich seit mehreren Tagen nicht fit genug, um irgendwann zwischen fünf und sechs Uhr morgens eine solche anstrengende Tätigkeit durchzuführen.

»Alle Leute hier arbeiten«, fuhr sie mich an. »Das hält sie aber nicht davon ab, ihren Pflichten nachzukommen.«

Es wurde mir kalt – ob von meiner regennassen Kleidung oder ihrer unheilschwangeren Bemerkung wusste ich jedoch nicht. »Keine Sorge … das mache ich noch.«

»Ich habe keine Sorge«, gab sie schnippisch zurück. »Sie sollten sich eher Sorgen um sich machen. Wenn Sie so weitermachen, verlieren sie nämlich das Wohnrecht.«

Eine ungleich frostigere Kälte jagte mir über den Rücken.

Mit einem knappen »In Ordnung« verabschiedete ich mich und eilte die letzten Stufen hoch zu meiner Wohnungstür.

Ich musste die Arbeit schnellstmöglich erledigen. Wenn sie sich bei der Vermietung über mich aufregte, hatte ich richtige Probleme.

Bereits des Öfteren war mir zu Ohren gekommen, wie Mieter von heute auf morgen aus ihren Wohnungen geworfen worden waren.

Sollte ich in diesen Genuss kommen … es war nicht auszudenken.

Das Problem lag auf der Hand: Ich kannte niemanden in Klagenfurt oder Umgebung, bei dem ich kurzzeitig unterkommen konnte. Die einzige Möglichkeit der Obdachlosigkeit zu entgehen, wäre somit gewesen, wieder bei meinen Eltern einzuziehen, welche knapp drei Autostunden entfernt von mir lebten. Dies wiederum bedeutete, meine Arbeit aufgeben zu müssen. Und davor fürchtete ich mich weit mehr, als vor einem Wohnungsverlust.

Ewig hatte ich gebraucht, um eine Arbeit zu finden – und dann sollte ich meine im Anwachsen befindliche Selbstständigkeit von einem Tage auf den anderen verlieren, alleine aufgrund der Gegebenheit, das Stiegenhaus nicht gewischt zu haben?

Hochzüngelnde Sorgen verdrängend sperrte ich die Tür auf und trat in meine Fünfzig-Quadratmeter-Wohnung.

Ein an Quittenblüten erinnernder, von meinen langsam verblühenden Surfinien, welche ich vor der Herbstkälte vom Balkon gerettet und in den kleinen Vorraum gestellt hatte, herrührender und mit Rosenduft meiner Duftlampe vermischter Geruch wehte mir entgegen, erweckte sanfte Geborgenheit und erlaubte mir die bleierne Traurigkeit der letzten Ereignisse für einen kurzen Moment zu verscheuchen.

Ehe ich etwas aß oder die Wäsche machte, sprang ich erst einmal unter die Dusche.

Mir war furchtbar kalt. Eine Erkältung war das Letzte, das ich jetzt brauchte.

Sobald meine kalte Haut das heiße Wasser empfing, mich allmählich in eine innige Umarmung nahm, brach eine weitere Welle Melancholie über mich herein, welche in Form neuer Tränen einen Weg aus meiner Seele fand.

Weshalb war es so schwer geworden, sich glücklich zu fühlen?

Immerhin besaß ich alles, was ich brauchte: eine Wohnung, gutes Essen, warmes Wasser, schöne Kleidung … Dennoch tat mir der grobe Umgang meiner Mitmenschen jedes Mal in der Seele weh.

War ich zu verweichlicht? Zu empfindlich? Zu sensibel?

Das Stiegenhaus.

Eine Hitzewelle brauste mir durch den Leib, veranlasste mich, mich flott abzutrocknen, in meinen einzigen, alten, dafür unbeschreiblich bequemen Trainingsanzug zu schlüpfen und einen Eimer mit Wasser zu befüllen. Ich schüttete etwas Allzweckreiniger hinzu, fasste nach dem Wischmopp und eilte nach draußen.

Wie jedes Mal brauchte ich eine gute Stunde, bis ich das Erdgeschoss erreichte – müde, mit Kreuzschmerzen und schwachen Armen. Ich drehte mich zurück und blickte zum glänzenden Marmorboden.

Hoffentlich würde es den Mietern passen …

Eine sich schlagartig ausbreitende brutale Müdigkeit verwandelte meine Extremitäten in Blei. Ich drückte die Nach-Oben-Taste des Aufzugs. Es dauerte lange, bis die Türen sich öffneten und ich eintreten durfte. Während der Fahrstuhl nach oben fuhr, wischte ich dessen Boden, ehe ich völlig erschöpft meine Wohnungstür aufsperrte.

Für so was habe ich leider keine Zeit, hallten Tobias’ Worte mir durch den Kopf.

Ohne es zu wollen, kamen mir die Tränen.

Wann waren die beiden ein Paar geworden? Nie hatte ich die zwei zusammen gesehen.

Ich schniefte.

Wie er Anna angelächelt hatte … Würde auch mich irgendwann einmal jemand auf eine solche zärtliche Weise anlächeln wollen?

Einen Kloß hinunterwürgend spülte ich den Eimer aus und stellte ihn hinter die Badtür.

Jemand, der mit mir ausging … mit mir verbringen wollte – miteinander lachen, Spaß haben, reden …

Nachdem ich eine Kleinigkeit gegessen hatte, verkroch ich mich ins Bett. Normalerweise las ich gerne ein paar Seiten eines Romans oder sah ein wenig fern. Heute hingegen sehnte ich mich einzig nach Schlaf – einschlafen und nicht mehr über diesen schrecklichen Tag nachdenken. Doch sosehr ich es mir wünschte, der Schlaf wollte sich nicht einstellen … Ich drehte mich von einer Seite auf die andere, tausend Gedanken durch meinen Geist irrend.

Wer will dich schon sehen?!

Spaßbremse!

Zieh dir was Vernünftiges an! Wie läufst du rum!

Bei dir hat man die Nachgeburt aufgezogen.

Seht euch die an … seht sie euch genau an! Die ist verrückt. Mit der dürft ihr euch nicht abgeben.

Tränen quollen aus meinen geschlossenen Augen hervor, benetzten mein Kissen, brachten meinen Körper zum Beben …

Wie viel mehr hatten sie mir an den Kopf geworfen? Wie viel hatte ich verdrängt? Wie viel musste ich noch zu hören bekommen?

Die Beleidigungen waren hart – doch gab es da tausendmal fürchterliche Geschehnisse: die Ausgrenzungen, das Stehenlassen, das Ignoriert-Werden, die kalten verächtlichen Blicke.

Schniefend kuschelte ich mich inniger in die Decke.

Wann endlich würden mir ihre Aussagen egal werden? Wann würde ich darüber stehen und ihnen mit einem Lächeln antworten können?

Du kannst es sowieso nicht. Also lass es besser gleich bleiben!

Da wo nichts ist, da kann auch nichts werden!

Gott, ist die blöd!

Ein heftiger Weinkrampf erfasste mich. Ich presste die Lippen aufeinander und betete, dass der brutale Seelenschmerz schnell verschwinden möge.

Weshalb wuchsen andere an Schwierigkeiten, hingegen ich an ihnen zu zerbrechen drohte? Woher nahmen andere Menschen diese Stärke? War es möglich, selbst dergestalt stark zu werden?

Tief einatmend wischte ich mir über die nasse Wange.

Ich wünschte lediglich eines: Mich glücklich fühlen – aus vollem Herzen lachen und die kleinen Wunder wiederentdecken können, welche mich einst in ihren Bann gezogen hatten. Ich wollte mich wieder an der Natur, an den kleinen Dingen des Lebens erfreuen … an der Magie der Stille … des Augenblicks …

Es dauerte endlos lange, bis der erlösende Schlaf sich endlich über mich zu legen gedachte und ich den Schmerzen zu entfliehen vermochte.


Christina


Ich sehe, wie sie durch die Türe tritt. Ein buntes Kleid schmiegt sich an ihre langen Beine, die goldenen Haare trägt sie aufgesteckt, ihre hellrosa Lippen erinnern mich an eine süße Tortenglasur.

Freundlich grüßt sie mich und legt die Briefe auf den Tresen.

Wie jeden Dienstagnachmittag.

Seit nunmehr einem halben Jahr arbeitet sie in der internen Postverteilung.

Christina.

Dieser Engel einer Frau.

Doch solcherweise gerne ich sie ansprechen will, fehlt mir letztlich jedes Mal der Mut, es zu wagen. Aus diesem Grunde grüße ich bloß zurück und nehme die Briefe an mich. Sie wirft mir ein herzerwärmendes Lächeln zu. Blaue Augen leuchten wie Saphire in der Sonne, bringen mein nach ihr rufendes Herz zum Klopfen.

Was würde ich alles geben, um bei ihr sein zu dürfen! Was würde ich alles tun, um sie in meinen Armen halten zu dürfen!

Allein ich, niemand sonst.

Was würde ich alles tun!

Ein sanftes nach Maiglöckchen duftendes Parfum umgibt ihre zierliche Gestalt. Zwei funkelnde Ohrringe zieren ihre niedlichen kleinen Ohren – so unscheinbar und doch ebenso außergewöhnlich – wie sie selbst.

Sie verabschiedet sich und verlässt den Raum.

Damit verschwindet der Zauber, wie er gekommen war.

Weshalb wage ich es nicht, sie anzusprechen? Weshalb fürchte ich mich solchermaßen davor?

Wenn ich meine Kollegen beobachte, erfüllt es mich nahezu mit Neid, wie leicht und unbefangen diese mit ihr und anderen Frauen sprechen.

Vielleicht liegt es an der Tatsache, dass diese bereits verheiratet sind. Im Gegensatz zu mir fürchten sie keine Absage, keine Zurückweisung, haben sie ihre Liebe schließlich längst gefunden.

Somit gehe ich neuerlich leer aus, kann die Frau, für welche ich unendlich viel empfinde, alleine von der kühlen Ferne aus sehnsüchtig-verstohlene Blicke zuwerfen.

Seufzend und die Gedanken auf die Seite schiebend erhebe ich mich und bringe die Briefe meinem Vorgesetzten.

Kapitel 1 – Ein Schaltvorgang mit Folgen


Dicke Schneeflocken.

Zu Abertausenden wirbelten sie durch die hereinbrechende Januarnacht, bedeckten das Land unter ihrer weißen Pracht und beschränkten meine Sicht auf nur wenige Meter. Der Scheibenwischer arbeitete auf Hochtouren ebenso die rauschende Heizung. Die verlassene lang gezogene, sich durch den dichten Wald schlängelnde Bergstraße mutete mir sekündlich befremdlicher an. Dabei war ich diese Strecke bereits dutzende Male gefahren.

»In den kommenden Tagen wird sich an der Großwetterlage nichts ändern. Mit Schneefällen, die lokal teils heftig ausfallen können und Nachttemperaturen um die minus sieben Grad müssen wir uns also noch ein wenig länger herumärgern. Und nun …«

Eine leichte Müdigkeit sich in mir ausbreitend drehte ich das Radio leiser.

Kein anderes Auto war unterwegs. Ich schien die Einzige zu sein, die ausgerechnet bei diesem Wetterchaos zu ihren Eltern fahren musste. Und dies einzig aufgrund meines Nichterscheinens zu Weihnachten.

Hätte ich zu Heiligabend vorbeigeschaut, hätte ich mir diese Strapazen heute erspart. Damals waren die Straßen nämlich trocken gewesen. Nicht einmal gefroren hatte es. Und die Sonne war grell am Firmament gestanden – wie zu Sommers Zeiten.

Ich atmete tief durch.

Jammern half mir nun auch nicht weiter. Versprochen war versprochen. Außerdem fühlte ich mich heute seelisch ein kleines Bisschen besser, als es im Dezember der Fall gewesen war und ich es aus exakt diesem Grund nicht vermocht hatte, meine Wohnung zu verlassen …

Es war eigenartig.

Einst hatte ich Weihnachten geliebt. Das Fest der Familie. Das Fest der Liebe. Eine Zeit, in der Magie in der Luft lag. Eine Zeit des Innehaltens und der Dankbarkeit.

Die Magie war verflogen, genauso die Wärme und Fröhlichkeit in meinem Herzen …

Die zusehends lauter werdenden Reifengeräusche, welche eine Verschlechterung der Straßenverhältnisse bekundeten, verscheuchten meine Gedanken.

Nicht gut … gar nicht gut.

Wenn es bereits hier dermaßen eisig war, in welchem Zustand befand sich dann die marode Bergstraße zu meinen Eltern?

Seufzend drosselte ich die Geschwindigkeit auf vierzig Kilometer pro Stunde.

Weshalb hatten meine Eltern das Haus in der Stadt verkaufen müssen? Skifahren konnten sie schließlich überall gehen. Da mussten sie kein Eigenheim in der hintersten Einöde und auf tausendfünfhundert Metern Seehöhe kaufen.

Eben mal Strom und fließend Wasser gab es dort. Kanal? Fehlanzeige. Internet? Noch weniger. Erst recht nicht mit Funk.

Ich gähnte.

Kommenden Montag fing die Arbeit wieder an. Wenn das Wetter sich aber bis Samstag nicht besserte, musste ich meinen Urlaub höchstwahrscheinlich um eine Woche verlängern.

Dabei wollte ich dieses Jahr meine Kreuzschifffahrt buchen. Bei meinem Glück würde daraus jedoch ebenso wenig etwas werden, wie aus dem Bestreben, einen anderen Job zu finden …

Der Schneefall intensivierte sich, nötigte mich, auf dreißig Kilometer pro Stunde zu verlangsamen.

Wenn das so weiterginge, würde ich frühestens um Mitternacht eintreffen.

Ich wechselte vom dritten in den zweiten Gang – und das Heck brach aus.

Sogleich versuchte ich, gegenzulenken. Zu meinem Leidwesen reagierte die Lenkung zuallererst überhaupt nicht und kurz darauf umso heftiger, infolge dessen das Heck in die andere Richtung schlug und ich letztlich vollends die Kontrolle verlor. Der Fiat drehte sich einmal, ein zweites Mal und schließlich ein drittes Mal, ehe er auf der linken Straßenseite im Tiefschnee hängen blieb.

Leicht benommen blickte ich mich um. Ich war heil geblieben. Mein Wagen schien ebenfalls in Ordnung zu sein. Vielleicht musste ich mit einem kleinen Blechschaden am Kotflügel rechnen … Sobald ich mein Ziel erreicht hätte, würde ich ihn einer genauen Prüfung unterziehen.

Ich startete den abgestorbenen Motor, legte den Rückwärtsgang ein und setzte vorsichtig zurück.

Die Räder drehten durch.

Nein, nein, nein!

Nur keine Panik!, dachte ich. Erst einmal aussteigen und schauen, wie es draußen aussieht.

Gesagt, getan.

Die linke hintere Seite sah soweit gut aus, der Reifen stand auf schneebedecktem Boden.

Ich umrundete den Wagen und blickte auf die rechte Seite.

Nein, nein, nein.

Das vordere Rad hing in der Luft.

Ich duckte mich, um einen Blick unter das Auto werfen zu können.

Himmel!

Der Unterboden saß auf. Deshalb kam ich nicht vom Fleck!

Ich eilte zurück zur Fahrertür und kontrollierte den linken vorderen Reifen. Ihm fehlte es ebenfalls an Bodenkontakt.

Mir wurde es kalt – weniger aufgrund der Temperaturen, als vielmehr aufgrund der Situation, in welcher ich mich befand.

Alleine auf einer gottverlassenen Straße irgendwo im nirgendwo …

Mit klopfendem Herzen stieg ich wieder ein, schloss die Tür und griff nach meinem Handy.

Kein Empfang.

Himmelherrgott …

Was nun?

Wann kam hier jemand vorbei? Würde in den nächsten Stunden überhaupt jemand vorbei fahren? Und wenn jemand vorbei fuhr – würde mir derjenige helfen wollen?

Bekannterweise hatte sich die Hilfsbereitschaft der Menschen in den letzten Jahren nicht eben erhöht …

Müsste ich womöglich erfrieren?

Ich blickte mich um.

Der Schneefall hatte sich abermals verstärkt.

Meine Hoffnung gegen null sinkend beobachtete ich, wie die dicken flauschigen Flocken sich liebevoll-zart auf die Frontscheibe niederließen. Anfangs verwandelten sie sich sofort in Wasser. Mit der Zeit blieben aber mehr und mehr liegen, und keine zehn Minuten dauerte es, bis ich meiner Sicht vollständig beraubt worden war. Furcht und Machtlosigkeit schlichen sich in meine Glieder.

Bitte Gott, hilf mir. Bloß ein Auto. Es braucht lediglich ein einziges Auto vorbeizufahren.

Was ich jedoch noch durch die Seitenscheibe erkannte, fuhr da überhaupt nichts vorbei. Obendrein begann die eisige Januarkälte allmählich in das Wageninnere zu kriechen, mich zaghaft umschlang – wie eine Königspython ihr Opfer. Sie glitt über meine Gesichtshaut, nagte an meinem Mantel … Gottlob bestand dieser aus warmer Schurwolle. Dazu trug ich gefütterte Stiefel, eine warme Uschanka und ein dickes Kleid.

Vor Frau Kälte lag somit noch einiges an Arbeit, bis sie mich vollends in ihre tödliche Umarmung nehmen konnte …

Meine Beklemmung hinunterschluckend kuschelte ich mich in den Sitz und betete weiter.


Träumereien


Wenn sie geht, dann bewegt sie sich nicht bloß – dann küsst sie den Boden mit ihren Füßen. Wenn sie lacht, lächelt die gesamte Welt zurück. Wenn sie spricht, hält das Universum den Atem an, um ihr zu lauschen.

Ich kann es noch immer kaum glauben. Sie hat Ja gesagt! Sie will mit mir ausgehen! Nächsten Samstag!

Ich schließe die Wohnungstür und lehne mich mit nach wie vor rasendem Herzen an diese. Seit heute Morgen, als ich endlich den Mut aufbrachte, Christina zu fragen, klopft es wie verrückt.

Sie hat mich nicht zurückgewiesen. Sie hat sich sogar ungemein gefreut! Wie ihr Antlitz erstrahlte. Wie sie mich musterte …

Sie ist die schönste Frau, welcher ich jemals begegnet bin.

Und nun darf ich dieses wunderschöne Wesen zum Essen ausführen! Ich, dieser schüchterne Mann, welcher von Frauen üblicherweise kaum bemerkt wird, oder eine Zurückweisung nach der anderen erhält.

Langsam schreite ich durch meine Zwei-Zimmer-Wohnung. Die Februarsonne schickt ihre mit jedem Tag an Kraft zunehmenden Strahlen durch das hellgelb gestrichene Wohnzimmer. Sie tastet sich vor, durch die mit Blumenmuster verzierten weiß leuchtenden Gardinen, gleitet über die ebenso weiße Stoffcouch, dem quadratischen Ahorntisch, weiter über den hellen Parkettboden, um meine selbstgemalten auf der gegenüberliegenden Wand hängenden Landschaftsbilder zu beleuchten.

Ich liebe es, zu malen. Vor allem Wasser und Bäume, saftiges Gras und lang gezogene Hügel vor einem opulenten, mit Schleierwolken geschmückten dunkelblauen Himmel.

Womöglich würde ich eines Tages Christina malen dürfen. Ihre wunderschönen in der Sonne glänzenden goldenen Haare, die großen blauen, mich interessiert musternden Augen, gekleidet in einem dunkelgrünen, bodenlangen, tailliert geschnittenen Kleid – im Tau benetzten glitzernden Gras sitzend, umgeben von Abertausenden bunten Blumen …

Seufzend lege ich die Kleidung ab, stelle mich unter die Dusche und überlege mir, was ich mit Christina unternehmen werde.

Kino? Ein romantisches Essen in einem edlen Restaurant? Ein langer Spaziergang im verschneiten Park?

Es gibt so viele wunderschöne Möglichkeiten!

Während ich meinen Körper einseife, entscheide ich mich für einen Spaziergang im Park. Bestimmt würde ihr dies zusagen. Schließlich vernahm ich des Öfteren, wie sie über ausgedehnte Spaziergänge sprach.

Mit ihr eingehakt durch die verschneite Winterlandschaft flanieren … Welch wundervolle Vorstellung! Sie näher zu mir ziehen, wenn es sie fröstelt … ihr so lange in die Augen blicken, bis unsere Lippen sich berühren …

Ich schließe die Lider und träume weiter – von zarten Küssen und lieblichen Umarmungen.

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