Kitabı oku: «Mondschein», sayfa 6

Yazı tipi:

Kapitel 5

Lora lag noch immer wach in ihrem Bett. Neben sich hörte sie das leise Atmen von Finn, das durch das regelmäßige Schnarchen von Geron unterstrichen wurde. Nur langsam konnte sie begreifen, was am heutigen Tag alles passiert war. Ihre Verfolgungsjagd mit Finn, die Rettung durch Geron, die Taverne, der Hof, die Audienz, der Ball, das war alles so viel gewesen und alles wie aus einer anderen Welt. Und morgen würden sie nach Andtweil reisen. Seit sie nach dem Tod ihrer Mutter nach Tjemin gegangen waren, hatte Lora die Stadt nicht mehr verlassen. Sie musste noch mal an den Ball und die Audienz davor denken. Bis dahin war Finn eben Finn gewesen, aber als sie ihn in seinen edlen Klamotten auf dem Thron in der Mitte des großen Saales gesehen hatte, sah sie auch den König in ihm. Jegliche kindliche Züge waren gewichen, stattdessen hatte Finn ernst und majestätisch geschaut. Auch wie sich all die hohen Herrschaften gegenüber ihm verhielten, so respektvoll und distanziert. Finn war wirklich ein beeindruckender Junge.

Lora setzte sich auf und schaute sich in dem Zimmer um. Jeden Moment fürchtete sie sich aufzuwachen und zu merken, das alles nur ein Traum war. Sie würde wieder in irgendeinem Lagerhaus aufwachen, irgendwo in Tjemin, irgendwo in der Armut. Aber sie glaubte daran. Sie glaubte, dass dies hier kein Traum war. Und das hieß, dass sie am nächsten Tag ihre Heimat endgültig verlassen musste. Sie wollte sich noch einmal verabschieden. Einmal noch wollte sie durch die Straßen gehen, zwischen den Häusern des Hafens. Sie wollte sich noch mal verabschieden, von dieser Stadt, die ihr so lange Schutz und Heimat geboten hatte.

So leise wie möglich stieg sie aus dem Bett und stand auf. Schnell hatte sie ihre Kleidung angezogen und war bereit. Sie setzte sich noch ihren Hut auf und legte den Mantel um die Schultern, bevor sie das Zimmer verlassen wollte. Aus der Burg würde sie schon unbemerkt kommen, dessen war sich Lora sicher. Die Rückkehr würde wahrscheinlich schwieriger werden, aber diese Gedanken wischte sie schnell zur Seite. Sie hatte die Tür des Zimmers fast erreicht, als sie kurz innehielt. Sie schaute zu Finn. Der Junge wusste, wie man sich an Hof verhielt, das war klar. Aber hatte er nicht gesagt, dass er auch das Leben der einfachen Leute besser kennen lernen wollte? Hatte er nicht gesagt, dass er um ein guter König zu werden das Leben derer kennen lernen musste, die er eines Tages beherrschen sollte?

Lora drehte um und schlich zu Finns Bett. Das Schnarchen von Geron war noch immer so laut, dass sie keinerlei Bedenken hatte, dass der Ritter aufwachen könnte. Vorsichtig setzte sie sich neben Finn aufs Bett und stieß in sanft an.

„Hey, Finn, aufwachen!“, sagte sie während Finn langsam aus dem Schlaf aufwachte. Nach kurzer Phase der Orientierungslosigkeit erkannte Finn Lora.

„Lora, was willst du denn noch so spät in der Nacht. Wieso schläfst du nicht?“, fragte er seine neue Reisegefährtin.

„Ich konnte nicht schlafen. Das alles hier, das beschäftigt mich einfach noch. Ich meine, alles hat sich heute für mich geändert, alles. Und morgen werden wir schon weiterreisen. Ich wollte mich heute Abend noch mal von Tjemin verabschieden. Ich dachte, dass du, weil du ja gesagt hast, du willst die einfache Bevölkerung... also ich meine.“, stammelte Lora den letzten Satz.

Finn lächelte. „Ob ich mitkommen will?“, fragte er immer noch flüsternd.

„Ja genau.“

„Du weißt schon, dass das Geron nie erlauben würde?“

„Ja.“, antwortete Lora kurz und knapp.

„Und du willst immer noch daraus. Immerhin hast du versprochen, auf Geron zu hören, nicht wahr?“

„Ja.“, sagte Lora, mittlerweile fest entschlossen.

„Gut, dann los.“, sagte Finn und stand auf. Er streifte sich noch schnell seine Gewänder über und wollte dann mit Lora losgehen, als sein Blick auf seinen Waffengurt fiel. Vielleicht war es diesmal gar nicht so schlecht auf seinen Herrn zu hören. Er nahm den Gürtel mit dem Kurzschwert und band ihn sich um.

„So, jetzt sind wir fertig!“, sagte er und folgte Lora aus dem Zimmer. Nur das Geräusch von Gerons Schnarchen verblieb im Raum.

Der Weg aus der Burg stellte sich leichter dar, als Lora zunächst gedacht hatte. Nur anfangs war es etwas schwierig gewesen, aber nachdem sie aus dem inneren Ring durch einen Bediensteteneingang herausgekommen waren, war der Rest ein Leichtes gewesen. Durch die großen Gärten hindurch waren sie zur Außenmauer gelaufen, die sie ungesehen überquert hatten. Ein Haus, das direkt an der Mauer gebaut war, war dabei eine große Hilfe gewesen. Von hier aus liefen die beiden von Lora geführt in den Osten der Stadt, wo die ärmeren Viertel waren.

Schon bald erreichten sie das Hafenviertel am Ufer der Gronde. Lora kannte dieses Viertel nur zu gut, Finn hingegen sah schnell ein, dass er ohne Loras Führung hier wohl längst verloren gewesen wäre. In der lauen Sommernacht lag eine ungewohnt friedliche Ruhe über dem Hafen, der so im starken Kontrast zu dem hektischen Treiben des Tages stand. Nur hier und dort hörte man den Lärm einzelner Spelunken, jaulender Hunde und Katzen oder auch mal einen Matrosen, der zu seinem Schiff zurück wankte. Dennoch bildeten diese Geräusche eher die Ausnahme. Hatte er es am Tage noch als stinkend, dreckig und trubelig wahrgenommen, verstand Finn jetzt die subtile Schönheit, die dieser Ort bot. Er wollte gerade stehen bleiben und sich überall umschauen, als ihn Lora am Arm packte um ihn weiterzuziehen.

„Komm!“ sagte sie und gemeinsam liefen die Beiden den Fluss entlang. Schnell erreichten sie einen alten Turm, der Mitten im Hafen stand und so etwas deplatziert wirkte. Auch die Architektur des Turmes, der etwa zehn Schritte in die Höhe ragte, passte nicht zu dem Rest der Stadt. Waren die Mauern und Türme Tjemins hauptsächlich viereckig, robust gebaut, wies dieser Turm eine sechseckige Form auf. Man sah deutlich, dass der Turm in den letzten Jahrzehnten nicht beachtet wurde. Die Mauern bröckelten an mehreren Stellen, an einer Wand wuchsen Ranken den Turm hoch und der Eingang, der wohl einstmals ein hölzernes Tor enthalten hatte, war aufgebrochen und offen. Von einer Seite des Turmes begann ein kleines Stück Mauer, das aber nach kurzer Distanz in den ebenen Boden des Hafens überging.

Lora lief durch den zerfallenen Eingang in das Innere des Turmes.

Auch hier hatte die Zeit ihre Spuren hinterlassen. An der Turmwand entlang schlängelte sich eine Wendeltreppe bis zur Spitze des Turmes. Die Treppe wies einzelne gerade Stücke auf, die an den Ecken des Turmes immer abbogen und so auch ein Sechseck bildeten. Hier und dort waren Teile oder ganze Stufen herausgebrochen, von dem Geländer, dass die Treppe wohl einst abgesichert hatte, war nichts mehr außer den steinernen Halterungen zu sehen, die neben die Treppe gebaut waren. Außer der Treppe hatte nichts im Inneren des Turmes die Zeit überstanden. Es musste sehr lange her sein, seit dieser Turm aktiv genutzt worden war. Finn stieg über einzelne Gesteinsbrocken, die auf dem Boden des Turmes verteilt waren, und folgte dann Lora, die schon die Treppe empor stieg. Vorsichtig betrat Finn jede Stufe, immer in der Angst, dass einzelne Steinbrocken herausbrechen könnten und ihn zu Fall bringen würden. Bei einigen Abschnitten musste er große Schritte machen, um die zerstörten Stücke der Treppe zu überwinden, aber schließlich erreichte er ein bisschen nach Lora die Spitze des Turmes.

Als Finn über die Treppe nach draußen stieg wehte ihm sofort ein leichter Wind durch die Haare. Er nahm die letzten beiden Stufen und ging dann zu Lora, die bereits an den Zinnen des Turmes stand und in Richtung des großen Flusses blickte. Finn stellte sich vorerst wortlos neben Lora. Er ließ den Gesamteindruck der Aussicht auf sich wirken. Von hier oben hatte man wirklich einen wunderschönen Blick. Der Himmel war klar, überall waren die Sterne zu sehen. Das helle Licht des fast vollen Mondes glitzerte auf dem Wasser des Flusses, der langsam nach Süden floss. Auf der anderen Uferseite erstrecken sich mächtige Wälder, soweit das Auge reichte. Finn wendete seinen Blick ein bisschen weiter nach Südosten. Obwohl er es nicht sehen konnte, wusste er, dass in diese Richtung Dämmertan lag, der Ort, der ihm in den letzten Jahren Heimat geboten hatte. Er ging weiter an den Zinnen des Turmes entlang und schaute dann auf die Stadt.

Tjemin lag friedlich da. Er konnte über die gesamte Stadt blicken. Er sah das Gefälle, das sich von Ost nach West erstreckte. Aus alten Lagerhallen und jämmerlichen Bruchbuden wurden nach Westen hin immer stabilere, größere Häuser, die schließlich in dem großen Palast des Herzogs endeten. Die Aussicht von der Spitze des Turmes hatte etwas Besonderes.

Auf einmal stand Lora wieder neben Finn.

„Es ist wunderschön hier oben.“, sagte er leise und Lora nickte.

„Ja, ich war oft hier oben und habe mir meine Stadt angeschaut. Im Turm ist eine gute Schlafstätte, auch wenn man hin und wieder von Gardisten verscheucht wurde. Trotzdem wollte ich hier noch einmal hin, bevor wir morgen die Stadt verlassen. Glaubst du, dass wir mal wieder nach Tjemin kommen werden?“, fragte sie.

Auch wenn die Jahre hier natürlich schwer gewesen waren und sie auch froh war, diesen Ort verlassen zu können, war Tjemin dennoch zu Loras Heimat geworden. All die verwinkelten Gassen, der Hafen, der Turm, die Menschen Tjemins, all das hatte sie für sich als Heimat gewonnen.

„Ja“, antwortete Finn. „Dies ist die Hauptstadt Fendrons und der Sitz des Herzogs. Ich bin mir sicher, dass wir noch öfter hierher kommen werden. Und dann werden wir wieder gemeinsam durch die Stadt laufen und auf diesen Turm steigen. Das verspreche ich dir.“

Lora lächelte glücklich. „Gut.“, sagte sie, atmete noch mal tief durch und drehte sich dann um. Ebenso schnell wie sie die Treppe hinaufgestiegen war, lief sie im alten Turm wieder hinunter. Finn folgte ihr, auch wenn er wieder vorsichtig ging und so länger brauchte. Unten wartete Lora bereits auf ihn.

„Ich möchte mich jetzt noch von jemandem verabschieden. Kommst du mit?“

„Natürlich“, antwortete Finn und folgte Lora dann wieder in die dunklen Straßen Tjemins.

Gemeinsam liefen die beiden wieder in die kleineren Gassen des Hafenviertels. Wieder einmal bemerkte Finn den Unterschied, den es zwischen armen und reichen Vierteln alleine in einer Stadt gab. Die Gassen waren natürlich nicht, wie die Straßen in den besseren Vierteln, gepflastert, und wohl nur die Tatsache, dass es die letzten Tage trocken gewesen war, ermöglichte es, dass die Gassen keine Schlammbäche waren. Dennoch war die Armut der Gegend offensichtlich. Die Häuser waren meist äußerst windschiefe Holz- oder Lehmhütten, die zu klein für die großen Familien waren, die darin lebten. Finn musste daran denken, wie lange Lora in diesen Gassen hatte leben müssen. Er konnte sich nicht wirklich vorstellen, wie man das schaffte, aber es gab genug Menschen, die in solchen oder noch schlechteren Verhältnissen leben mussten. In seinen Gedanken versunken bemerkte Finn auf einmal eine leise Stimme, die er hinter der nächsten Biegung vernahm.

Erst dachte er, er hätte sich verhört, aber je näher sie kamen, desto klarer und deutlicher wurde die Stimme. Es war eine Frauenstimme, sie war sanft und ruhig. Die Stimme sang ein Lied, dass in Finn sofort ein seltsames Gefühl auslöste. Auch wenn er den Text nicht verstand, einerseits weil die Stimme noch zu weit entfernt war, andererseits glaubte er aber auch, dass das Lied in einer fremden Sprache war, spürte Finn in sich ein seltsames Gefühl. Das Lied war traurig, das erkannte man an der langsamen und wohlklingenden Melodie, dennoch hatte es etwas Aufmunterndes. Es ermutigte jemanden, weiter zu machen, nicht aufzugeben. Lora hatte ihren Schritt gebremst und ging langsam um die Ecke. Dann erkannte Finn, woher die Stimme kam.

Um ein wärmendes Lagerfeuer saßen mehrere Menschen, offensichtlich Bettler und andere Menschen, die auf der Straße lebten, einer Frau gegenüber. Das Lagerfeuer warf ein sanftes Licht auf die Frau und Finn stockte er Atem. Die Frau war schön, sie war wunderschön. Finn erinnerte sich nicht daran, eine solch natürliche Schönheit schon einmal gesehen zu haben. Sie etwas sehr geheimnisvolles. Das pechschwarze Haar der Frau war in leichten Wellen gelockt und fiel ihr über die Schultern. Die Haut der Frau war makellos hell und die Augen, die sofort als sie um die Ecke kamen auf Finn zu blicken schienen waren grün wie Smaragde. Es war ein durchschauender, stechender Blick, der auf Finn lastete, aber dennoch war er nicht unangenehm. Dann wandte sich die Frau wieder ihrem Publikum zu, ihr Lied hatte sie nicht unterbrochen.

Als Finn und Lora näher kamen bemerkte er weitere kleine Details an der Frau, die sie noch geheimnisvoller wirken ließen. Obwohl sie wohl ebenfalls wie die meisten hier auf den Straßen lebte, hatte sie Kleidung an, die sich so stark von den grau-braunen verdreckten Lumpen der anderen unterschied. Sie trug ein weißes Leinenkleid, ohne Ärmel, das mit verschiedenen Symbolen bestickt war. Um die Schultern trug sie ein scharlachrotes Tuch und an den Füßen hatte sie ordentlich gearbeitete, lederne Sandalen. Zudem trug sie Schmuck, einige Halsketten und Armbänder, dazu zwei Ringe an der linken und einen Ring an der rechten Hand. Die Kleidung und der Schmuck passte eher zu einer Tochter eines Adeligen Hauses, aber diese Frau stand hier im ärmsten Viertel Tjemins und schien überhaupt nicht zu fürchten, Opfer eines Überfalles oder Raubes zu werden. Doch das seltsamste an der Person war weder ihre Ausstrahlung noch ihre Kleidung, sondern es waren die Tätowierungen, die sie zierten. Die Zeichen auf ihrer Haut bedeckten die linke Gesichtshälfte und breiteten sich über die Schultern auf ihre Arme aus. Auch an ihren Knöcheln waren derartige Bilder zu sehen. Die Symbole waren fremd, und dennoch kamen sie Finn irgendwie bekannt vor. Er konnte sie jedoch nicht zuordnen. Als er gerade nachdachte, woher ihm die Symbole bekannt waren, endete das Lied und ein gewisser Zauber, der die Szenerie umgeben hatte, schien mit dem letzten Ton abzubrechen. Die Frau lächelte Finn und Lora an und kam auf sie zu.

„Eleonora, es ist mir eine Freude.“, begrüßte sie zuerst Lora und reichte ihr beide Hände, die Lora bereitwillig nahm.

„Die Freude ist bei mir, Alisa.“

„Wer ist dein junger Freund?“ fragte Alisa und blickte zu Finn.

„Mein Name ist Finn.“, stellte er sich selbst vor und reichte ihr die rechte Hand, denn dies war der Gruß, der ihm geläufig war. Ohne jedoch zu fragen griff Alisa auch seine linke Hand und hielt sie beide in ihren Händen. Finn bemerkte sofort wie weich und sanft ihre Hände waren und spürte die Wärme, die von ihnen ausging. Alisa musterte ihn. Sie schien ihn fast ein bisschen skeptisch zu begutachten.

Dann lächelte sie jedoch und sagte: „Möge Elona deinen Weg schützen.“

Auf einmal wurde Finn klar, wer diese Frau seien musste. Sie war eine Priesterin. Eine Priesterin der Trias, jener alten Religion, die in den frühen Tagen in Valorien verbreitet gewesen war. Heute war der Glauben an die Trias jedoch verboten und wurde in verschiedenen Herzogtümern verschieden hart bestraft. Trotzdem lebte der Glauben, insbesondere in den ländlichen Gebieten, weiter. Finn hatte schon viele Geschichten über die Priester der Trias gehört, aber den seltensten hatte er Glauben geschenkt. Da rankten sich Mythen im Tier- und Menschenopfer, finstere Rituale oder dunkle Hexerei. Finn war sich aber sicher, dass dies alles nur Ammenmärchen waren. So etwas wie Zauberei gab es nur in der Vorstellung der Menschen, nicht in der Realität. Dennoch war Finn erstaunt, hier, mitten in Tjemin, der Hauptstadt des Herzogtums Fendron, eine Priesterin der Trias zu treffen, die sich auch ohne Umschweife als solche ausgab. Instinktiv wich Finn einige Schritte zurück. Alisa lächelte ihn aber weiter mit einem ruhigen und freundlichen Ausdruck an, was Finn ein bisschen beruhigte.

„Ihr seid eine Priesterin der Trias, nicht wahr?“

„Das stimmt, und an deiner Kleidung erkenne ich, dass du nicht ein einfacher Junge aus Tjemin bist.“

Finn schluckte. Von weitem hatte ihn sein Mantel natürlich vor solchen Feststellungen geschützt, aber hier, in der Nähe des Feuers, war selbstverständlich zu sehen, dass er einem höheren Stand entstammte. Auch die anderen Leute, die um das Feuer saßen, sahen ihn genauer an. Sie waren offensichtlich alle Bettler oder andere Straßenbewohner Tjemins, die jeden Tag aufs Neue den Kampf ums Überleben fochten. Dennoch wirkten sie alle zufrieden, fast glücklich, hier in der Nähe der Priesterin.

„Ich bin Priovan von Valorien, Knappe des Ritters Geron von Dämmertan.“, sagte Finn deutlich und löste somit eine ungewohnte Stille aus. Nur das Knistern des Feuers war noch zu hören.

„Geron von Dämmertan? Ich habe schon von ihm gehört“, sagte Alisa. „Und jetzt steht mir der junge König gegenüber. Setzt dich doch zu uns, junger König. An diesem Feuer, vor der heiligen Trias, sind wir alle gleich.“

Finn war überrascht. Die Frau blieb erstaunlich ruhig und irgendwie ließen ihre Worte keinen Widerspruch zu. Die Männer und Frauen am Feuer rutschen ein wenig zusammen, sodass für Finn und Lora eine kleine Lücke entstand, in die sie sich hineinsetzten.

Alisa trat wieder vor die Versammelten und erhob erneut ihre samtweiche Stimme.

„Ich möchte euch nun ein Lied über Thorian, den Bewahrer der Flamme, singen“, sagte sie und begann zuerst leise zu Summen. Die Menschen rückten näher zusammen, als Alisa zu singen begann. Finn verzauberte die liebliche Stimme der Priesterin. Erneut konnte er den Text nicht verstehen, aber das schien keine Rolle zu spielen. Ihn erfüllte die Melodie. Die Melodie war lebendig und dennoch irgendwie majestätisch, und so gar nicht wie das vorherige, traurige Lied. Alisas Stimme erfüllte die Luft, durchdrang die Menschen und schien sogar das Feuer zu kontrollieren. Es schien, als flackerten die Flammen genau in ihrem Rhythmus. Eine seltsame Magie umgab sie, dachte sich Finn. War dies wirklich Magie? War das die Kraft der Trias? Oder war es nur die Macht eines Liedes. Er konnte es nicht ergründen, und dennoch fühlte er sich ruhig, zufrieden, glücklich. Er schaute hinüber zu Lora, die offensichtlich ebenfalls das Lied von Alisa genoss. Finn meinte sogar eine einsame Träne in Loras Auge zu sehen. Das musste ein Grund gewesen sein, wie sie all die Jahre hier auf den Straßen Tjemins ausgehalten hatte. Diese Priesterin konnte Menschen wirklich Kraft schenken. Völlig in Gedanken versunken merkte Finn auf einmal, wie das Lied verebbte.

Als das Lied endete schienen auch die Flammen des Feuers ein wenig zurück zu gehen und loderten nur noch schwach vor sich hin.

Lora erhob sich und ging zu Alisa.

„Der Grund, wieso ich hier bin“, begann sie zu reden, „ist ein Abschied. Ich habe die Möglichkeit diesen Ort zu verlassen und mit Finn und seinem Ritter die Welt zu erkunden. Auch wenn ich viel nicht vermissen werde, so werden du und deine Lieder mir doch fehlen, denn sie gaben mir stets eine Heimat.“

Alisa lächelte und nahm erneut die beiden Hände von Lora. „Auch ich werde dich vermissen, und dennoch wünsche ich dir alles Gute. Ich werde für dich beten und ich bin mir sicher, dass deine Wege gesegnet sein werden. Möge die Trias über dich wachen. Mach es gut, Eleonora.“

Dann ging Alisa erneut auf Finn zu, der sich auch erhoben hatte. „Junger König, es war mir eine Freude dich kennen gelernt zu haben. Du wirst einst ein guter König werden, dass sehe ich in deinen Augen. Denke stets an diesen Moment, wenn du Entscheidungen zu treffen hast. Diese Leute hier sind das Herz von Valorien, höre auf dein Herz. Dein Volk hat große Hoffnungen in dich. Ich wünsche dir eine gute und glückliche Reise“, sagte sie. Finn war zu beeindruckt um noch etwas zu erwidern. Er verharrte noch einen kurzen Moment und drehte sich dann auch um, um Lora zu folgen.

Geron lag immer noch halb wach, als die beiden Kinder erneut in das Zimmer schlichen. Natürlich hatte er vorhin mitbekommen, wie die beiden entflohen waren. Als Ritter hatte man einfach keinen tiefen Schlaf, das gewöhnte man sich schon in seiner Knappschaft ab. Und dennoch hatte er sie nicht daran gehindert. Lora sollte sich ruhig noch einmal verabschieden, bevor sie Tjemin verließ und Priovan... Priovan sollte sowieso die einfache Welt Valoriens kennen lernen. Es würde ihnen schon nichts passieren, dessen war sich Geron sicher. Diesmal hatte Priovan ja auch sein Schwert mitgenommen und konnte sich so sehr groben Ärger vom Hals halten. Er hörte die beiden noch leise etwas Flüstern, verstand jedoch den Inhalt nicht. Er war froh, dass sie ab jetzt von Lora begleitet wurden. Ein bisschen Umgang mit einer Gleichaltrigen würde Priovan bestimmt gut tun, und die Kleine war eine Frohnatur. Eine Vorahnung beschlich Geron. Lora war kein normales Mädchen, dessen war er sich sicher. Vielleicht wartete noch eine große Zukunft auf sie, dem Mädchen aus Tjemin.

₺146,61

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Hacim:
741 s. 2 illüstrasyon
ISBN:
9783741837395
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre