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Erster Versuch einer makroökonomischen Fundierung der wirtschaftspolitischen Forderungen
Viele der zahlreichen Artikel und Pamphlete, mit denen Keynes wirtschaftspolitische Konzepte und Maßnahmen propagierte, dienten dem Ziel, die Beschäftigung zu erhöhen und die insbesondere in GroßbritannienGroßbritannien auf hohem Niveau stagnierende ArbeitslosigkeitArbeitslosigkeit zu bekämpfen.
Beim Kampf gegen die Rückkehr zum GoldstandardGoldstandard und zur Vorkriegsparität argumentierte Keynes vor allem preistheoretisch und machte das zu hohe PreisniveauPreisniveau in GroßbritannienGroßbritannien für dessen fehlende preisliche Wettbewerbsfähigkeit und die damit verbundene ArbeitslosigkeitArbeitslosigkeit verantwortlich. Dies entsprach dem Vorgehen der herrschenden neoklassischen Theorie, in der die Individuen sich in ihren Entscheidungen an relativen Preisen orientieren, zu denen sie auch den Lohn (als Preis der Arbeitskraft) und den ZinssatzZinssatz (als Preis für die Überlassung von Kaufkraft und damit für den Verzicht auf heutigen Konsum) zählen.
Diese Theorie war rein mikroökonomisch begründet. Sie wurde zu Aussagen für die Gesamtwirtschaft mit Hilfe der Annahme verwendet, was für jeden Einzelnen gelte, müsse auch für ihre Gesamtheit gelten. Keynes’ akademischer Lehrer, Alfred MarshallMarshall, entwickelte dafür die Figur des repräsentativen Privathaushalts oder Unternehmens, nämlich repräsentativ für alle anderen.
Einen gesamtwirtschaftlichen Ansatz verwendete nur die GeldtheorieGeldtheorie, die mit makroökonomischen Größen wie dem PreisniveauPreisniveau, dem ZinssatzZinssatz und der GeldmengeGeldmenge operierte. Neben allen anderen Tätigkeiten begann Keynes daher 1924, eine theoretische Grundlage für seine wirtschaftspolitischen Empfehlungen in Form einer grundlegenden Untersuchung über Geldtheorie und GeldpolitikGeldpolitik auszuarbeiten, die er nach langjährigen Diskussionen und Überarbeitungen endlich 1930 veröffentlichte.
Kernelemente der „Abhandlung vom Gelde“ (1930/1932)
Keynes sah das Ziel der „Abhandlung vom Gelde“ darin, eine theoretische Grundlage für seine geld- und währungspolitischen Ausführungen zu schaffen und zugleich ein Standardwerk der GeldtheorieGeldtheorie und GeldpolitikGeldpolitik zu schreiben. Die Arbeit von diesem Werk, das immer mehr anschwoll und schließlich in zwei Bänden publiziert wurde, erstreckte sich über fast sechs Jahre. Es wurde 1932 in Deutsch unter dem Titel „Vom Gelde“ veröffentlicht.
Im Laufe der Jahre änderte Keynes’ seine Ansichten in vielen Punkten, sodass nicht alle Teile harmonisch zusammenpassen. Dies gibt Keynes in seinem Vorwort freimütig zu (1930/1932, S. V): „Bei der Durchsicht der Korrekturbogen dieses Buches werde ich mir seiner Mängel aufs deutlichste bewußt. Ich habe mich mehrere Jahre damit beschäftigt … Während dieser Zeit haben sich meine Gedanken entwickelt und gewandelt, so daß nicht alle Teile des Buchs völlig miteinander im Einklang sind. Die Anschauungen, mit denen ich die Arbeit beendete, unterscheiden sich stark von denjenigen, die mich zu Anfang beherrschten.“
Unabhängig davon enthält das Buch viele Kapitel, in denen Keynes die GeldtheorieGeldtheorie vertiefte und erweiterte. Außerdem beeindruckt es durch eine detaillierte Analyse der Wirkungsweise der GeldpolitikGeldpolitik vor dem Hintergrund der damaligen institutionellen Gegebenheiten in GroßbritannienGroßbritannien. Beides könnte dazu beigetragen haben, dass SchumpeterSchumpeter, der neben Keynes bedeutendste Ökonom des 20. Jahrhunderts, davon Abstand nahm, das Manuskript seines Buches über Geldtheorie fertigzustellen und zu veröffentlichen. Dies geschah erst nach seinem Tod (Schumpeter, 1970) in deutscher Sprache.
Die Hauptaufgabe der GeldtheorieGeldtheorie wurde damals darin gesehen, den Wert des Geldes zu erklären, indem man den Einfluss der Geldsphäre auf das PreisniveauPreisniveau und seine Änderungen bestimmt. Einen Meilenstein in ihrer Entwicklung hatte WicksellWicksell (1898) mit seinem Buch „Geldzins und Güterpreise“ gesetzt (Kasten 5).
Kasten 5: Preisniveauerklärung bei WicksellWicksell und RobertsonRobertson
Zentral für Wicksells Analyse ist der Unterschied zwischen dem „natürlichen Zinsnatürlicher Zins“, der auf dem GütermarktGütermarkt zum Ausgleich von Ersparnissen und InvestitionenInvestitionen führt, und dem MarktzinsMarktzins, der von Angebot und Nachfrage nach Geld bzw. Krediten bestimmt wird. Fallen beide Zinssätze zusammen, herrscht gesamtwirtschaftliches GleichgewichtGleichgewicht und das PreisniveauPreisniveau bleibt konstant. Liegt der Marktzinssatz jedoch z.B. unter dem natürlichen ZinsZins, werden zu viele Investitionen rentabel, die Nachfrage übersteigt das Angebot, die Preise steigen und ein kumulativer Prozess setzt ein.
Wicksells Theorie lieferte somit auch einen Ansatz für Erklärungen der Konjunkturschwankungen, deren regelmäßige Wiederkehr auf mehr oder minder systematische Änderungen des Marktzinssatzes oder des „natürlichen“ Zinssatzes zurückgeführt wurden, also auf Abweichungen zwischen InvestitionenInvestitionen und Ersparnissen.
Dennis RobertsonRobertson, Keynes’ Kollege in Cambridge, mit dem er häufig diskutierte, griff 1926 in seinem Buch „Banking Policy and the Price Level“ die Theorie von WicksellWicksell auf und arbeitete vor allem die Bedeutung des Bankensektors während der kumulativen Prozesse heraus. Keynes ist von diesem Autor sehr beeinflusst und bemerkt (1930/32, S. 376) nach einer kurzen Erörterung früherer Autoren: „Aber keiner dieser Schriftsteller erkennt klar die direkten Wirkungen des Ungleichgewichts zwischen Spartätigkeit und Investitionstätigkeit auf die Preise, sowie die Rolle, die die BankenBanken spielen. Das epochemachende Werk auf diesem Gebiet verdanken wir D.H. Robertson.“
RobertsonRobertson interpretierte die aus diesen kumulativen Prozessen resultierende Krise positiv als „Reinigungskrise“, in der schwache Unternehmen aus dem Markt ausscheiden und Platz für neue, kreative und tüchtigere Unternehmen schaffen. Daher hielt er es für falsch, die Krisen zu verhindern.
Keynes folgt WicksellWicksell und RobertsonRobertson darin, dass Preisänderungen durch Diskrepanzen zwischen den zinsabhängigen InvestitionenInvestitionen und Ersparnissen ausgelöst werden. Damit wendet sich Keynes von der früher von ihm noch vertretenen QuantitätstheorieQuantitätstheorie ab. Wie bei Wicksell und Robertson beeinflussen die BankenBanken den MarktzinsMarktzins durch ihre Kreditvergabe. Keynes geht über beide hinaus, indem er auch die Entscheidungen der Geldvermögensbesitzer einbezieht. Diese nehmen durch ihre Wahl zwischen Spareinlagen, Wertpapieren und Käufen von Investitionsgütern Einfluss auf die Höhe der Marktzinsen. Ihre Anlageentscheidungen hängen von unsicheren ErwartungenErwartungen über die Erträge der einzelnen Anlageobjekte ab.
Keynes betont, dass die InvestitionenInvestitionen (damit sind hier immer Investitionen in Sachwerte gemeint) zwar auch vom ZinssatzZinssatz abhängen, aber vor allem von den ErtragserwartungenErtragserwartungen der Unternehmen, die ihrerseits wegen der UnsicherheitUnsicherheit der Zukunft starken Schwankungen unterworfen sind. Daraus folgert er (1930/32, S. 371): „Wenn zwischen der Spartätigkeit und der Investitionstätigkeit ein Ungleichgewicht besteht, so ist dies sehr viel häufiger auf Schwankungen der Investitionstätigkeit zurückzuführen als auf plötzliche Veränderungen der Spartätigkeit, die vielmehr unter normalen Umständen ziemlich stetig verläuft.“
Wie Wicksell und Robertson konzentrierte Keynes seine theoretische Analyse darauf, die Änderungen des Preisniveaus zu erklären, die damals und wegen des Fehlens statistischer Informationen als repräsentativ für die konjunkturellen Schwankungen angesehen wurden. Im GleichgewichtGleichgewicht, wenn MarktzinsMarktzins und natürlicher ZinssatzZinssatz und damit InvestitionenInvestitionen und ErsparnisseErsparnisse übereinstimmen, erzielen die Unternehmen im Durchschnitt nur ihre normalen GewinneGewinne und sehen keinen Anlass, ihre Produktion auszudehnen. Übersteigen dagegen die Investitionen die Ersparnisse, fallen ExtraprofiteExtraprofite (windfall profitswindfall profits) an, welche die Unternehmen veranlassen, ihre Produktion auszudehnen. Da Keynes – wie in der MikroökonomieMikroökonomie üblich – von steigenden GrenzkostenGrenzkosten ausging, hat dies einen preissteigernden Effekt. Sobald die steigenden Preise weitere Investitionen hervorrufen, weil die Unternehmen höhere Erträge aus ihnen erwarten, setzt ein kumulativer Prozess ein.
Keynes konzentriert seine Analyse auf die Erklärung der Preisniveauschwankungen, obwohl er schon bei seinen Stellungnahmen gegen die Rückkehr zum GoldstandardGoldstandard mit dem Problem der zu niedrigen Beschäftigung argumentiert hatte. Auch in seinem Vortrag an der Universität Chicago im Juni 1931, in dem Keynes die Argumentation seiner „Abhandlung vom Gelde“ vorstellte, führt steigende Nachfrage ausschließlich zu steigenden Preisen. Nur am Rande spricht Keynes von den Möglichkeiten eines sinkenden Produktionsvolumens.
Diese einseitige Ausrichtung auf die PreisstabilitätPreisstabilität ist zum einen auf die geldtheoretische und geldpolitische Tradition zurückzuführen, zum anderen auf das Fehlen jeglicher statistischer Informationen über die gesamtwirtschaftlichen Größen wie Gesamtbeschäftigung, Sozialprodukt, Höhe der InvestitionenInvestitionen, des Konsums oder der Ersparnis. Bekannt waren nur – abgesehen von der Preisentwicklung – Indikatoren über die Produktion einiger wichtiger Erzeugnisse, über die ArbeitslosenquoteArbeitslosenquote bei den versicherten Arbeitskräften und (sehr detailliert) über den Außenhandel.
Zur Krise vertrat Keynes eine andere Position als RobertsonRobertson: Er erachtete es als besser, Abweichungen zwischen den beiden Zinssätzen zu verhindern und damit für PreisstabilitätPreisstabilität zu sorgen, statt in der Krise produktive Ressourcen brachliegen zu lassen. Dafür ist eine GeldpolitikGeldpolitik nötig, die den Marktzinssatz so beeinflusst, dass er dem natürlichen ZinssatzZinssatz entspricht und InvestitionenInvestitionen und ErsparnisseErsparnisse einander gleich werden.
Die damalige KonjunkturanalyseKonjunkturanalyse litt nicht nur unter dem Mangel an gesamtwirtschaftlichen Daten, sondern auch und noch mehr an einer fehlenden Theorie zur Erklärung des Beschäftigungsniveaus. Dies führte dazu, dass in theoretischen Diskussionen zu derartigen Fragen stillschweigend von VollbeschäftigungVollbeschäftigung aller Ressourcen, also auch der Arbeitskräfte, ausgegangen wurde. Zwar erwähnt Keynes des Öfteren, dass sich im Laufe der Konjunkturschwankungen die Beschäftigung ändert, aber diese Änderungen haben keine klaren Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftlichen Größen Volkseinkommen, Konsum und Ersparnis.
Widersprüche und ungelöste Probleme
Keynes war schon bei Erscheinen seiner Abhandlung „Vom Gelde“ mit dem Buch unzufrieden, weil die Teile nicht alle harmonisch zusammenpassten. Die Hauptgründe für die von Keynes empfundenen Mängel liegen zum einen in der stillschweigenden (impliziten) Annahme der Vollauslastung aller Ressourcen einschließlich der VollbeschäftigungVollbeschäftigung aller erwerbswilligen Arbeitskräfte, die der herrschenden Ökonomie zugrunde lag, zum anderen in den ungelösten Fragen zum Zusammenhang von SparenSparen und Investieren und zu den Bestimmungsgründen der Ersparnis. In diesem Abschnitt soll die Problematik dargestellt und entwirrt werden.
Die stillschweigende Annahme der VollbeschäftigungVollbeschäftigung
Die Methode, bei der Analyse ökonomischer Probleme von der Vollauslastung aller Produktionsfaktoren (Arbeit und Sachkapital) auszugehen, hat in der Nationalökonomie eine sehr lange Tradition. Schon die Begründer dieser Wissenschaft (Adam SmithSmith, David RicardoRicardo) gingen von einer solchen Situation aus (kurzfristige Abweichungen waren denkbar). Dies lässt sich darauf zurückführen, dass zu ihrer Zeit (d.h. in den vier Jahrzehnten vor und nach 1800) die materiellen Güter zur Deckung elementaren Bedarfs an Nahrung, Bekleidung und Wohnen sehr knapp waren und die Produktionsmöglichkeiten den Umfang der produzierten Menge begrenzten. Die Vorstellung, es könne an Nachfrage nach Gütern zur Deckung der Grundbedürfnisse fehlen, lag in dieser Situation sehr fern.
Außerdem war ArbeitslosigkeitArbeitslosigkeit in der damaligen, von der LandwirtschaftLandwirtschaft dominierten Wirtschaft nicht so offensichtlich erkennbar, wie wir es heute gewohnt sind. Es gab weder statistische Erhebungen noch Arbeitslosenversicherungen, bei denen man die Zahl der Arbeitslosen hätte erfassen können. Erkennbar waren Armuts- und Hungersnöte. Wenn Industriearbeiter arbeitslos wurden, versuchten sie, durch Mithilfe in der Landwirtschaft ihren kargen Lebensunterhalt zu fristen. Sie kamen bei Verwandten auf dem Lande unter, sammelten Brennholz im Wald und versuchten so, über die Runden zu kommen. Oder sie wanderten aus, insbesondere in die USAUSA.
Sicherlich war in den politisch bestimmenden wohlhabenden Kreisen (1832 hatten in GroßbritannienGroßbritannien, dem fortgeschrittensten Lande Europas, nach einer hart erkämpften Wahlrechtsreform nur erst ca. 20 % der Männer das Wahlrecht) das Vorurteil weit verbreitet: Jeder, der arbeiten will, findet einen Arbeitsplatz.
Diesem Vorurteil entsprach die wissenschaftliche Argumentation; denn die Nationalökonomen betrachteten den ArbeitsmarktArbeitsmarkt prinzipiell als einen Markt wie jeden anderen. Werden z.B. auf dem Wochenmarkt mehr Tomaten angeboten als nachgefragt, so sinkt der Preis der Tomaten. Darauf reagieren die Nachfrager, indem sie mehr Tomaten kaufen, und die Anbieter, indem sie am nächsten Markttag weniger Tomaten anbieten. So ergibt sich alsbald ein Preis, bei dem Angebot und Nachfrage übereinstimmen.
Dasselbe gelte, so die herrschende Lehre, auch für den ArbeitsmarktArbeitmarkt: Es gibt immer einen Lohn, bei dem Angebot und Nachfrage zum Ausgleich kommen und jeder, der zu diesem Lohn zu arbeiten bereit ist, eine Arbeitsstelle findet. Es kann dies allerdings ein Hungerlohn sein. Längerfristig möglich ist nur strukturbedingte ArbeitslosigkeitArbeitslosigkeit, wenn die Arbeiter zu wenig mobil und flexibel einsetzbar sind.
Später im 19. Jahrhundert stiegen in der Industrie die Produktion und die Produktivität (Produktionsmenge je Arbeitnehmer) rasch an und damit auch – unterstützt durch die Zulassung von Gewerkschaften – die Realeinkommen vieler Bürger. Es wurde offensichtlich, dass nicht mehr alle Arbeitnehmerhaushalte ihre gesamten Einkommen für Konsumgüter ausgaben und schon gar nicht die Haushalte der Unternehmen und der Vermögensbesitzer.
Der Sorge, eine nicht mit der Gesamtproduktion Schritt haltende Nachfrage nach Konsumgütern könnte zu fehlender Gesamtnachfrage führen, wurde das Say‘sche GesetzSay’sche Gesetz entgegengehalten. Dieses sogenannte Gesetz (es handelt sich eher um eine kühne Hypothese) wurde von J.B. Say bereits 1803 formuliert. Es besagt: Im Zusammenspiel der wirtschaftlichen Akteure schafft sich jedes Angebotsvolumen seine Nachfrage. Das Gesetz wird daraus abgeleitet, dass jeder, der ein Gut oder eine Dienstleistung anbietet, dafür ein anderes Gut oder eine andere Dienstleistung nachfragt.
Leicht begründen lässt sich dieses Gesetz für eine TauschwirtschaftTauschwirtschaft ohne Geld, in der jeder Anbieter eines Gutes notwendigerweise gleichzeitig ein anderes Gut nachfragt. In einer solchen Wirtschaft ist mithin jedes Angebot zugleich Nachfrage. Für eine GeldwirtschaftGeldwirschaft lässt sich das Say‘sche Gesetz nicht so einfach begründen; denn einige Anbieter werden das Geld, das sie im Austausch für ihr Angebot erhalten, nicht sofort wieder zur Nachfrage verwenden. Selbst wenn die betreffenden Personen planen, irgendwann oder zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft mit der Hilfe des erworbenen Geldes Nachfrage zu entfalten, so entsteht doch in der Gegenwart auf direkten Wege keine Nachfrage in der vollen Höhe des Angebotes. Die fehlende Nachfrage kann jedoch auf indirektem Wege ausgeglichen werden, wenn die Ersparnis eine gleich hohe Investition hervorruft. Dafür sorge, so wird argumentiert, der Zinsmechanismus, der stets zum Ausgleich von Angebot an Ersparnissen und Nachfrage nach Geld für Investitionszwecke führe.
Sollten also die ErsparnisseErsparnisse steigen, würde der ZinssatzZinssatz sinken und zusätzliche InvestitionenInvestitionen auslösen, bis ein GleichgewichtGleichgewicht zwischen gesamtwirtschaftlichen Investitionen und Ersparnissen erreicht ist. Ersparnisse hängen nämlich positiv vom Zinssatz ab (bei höherem Zinssatz lohnt es sich mehr zu sparen), die Investitionen dagegen negativ: Je höher der ZinsZins für die Kredite, die der UnternehmerUnternehmer für Investitionszwecke aufnehmen muss, desto weniger Investitionen sind rentabel.
Die neoklassische Theorieneoklassische Theorie, die inzwischen die „klassische“ Theorieklassische Theorie von SmithSmith und RicardoRicardo abgelöst hatte, behauptete daher, gestützt auf Say’sches Gesetz und das oben geschilderte Funktionieren des Arbeitsmarktes, das marktwirtschaftliche System tendiere stets zur VollbeschäftigungVollbeschäftigung. Beschäftigungsschwankungen könne man daher vernachlässigen und von Vollauslastung der Ressourcen Arbeit und Kapital ausgehen. In Kasten 6 wird diese Argumentation graphisch veranschaulicht.
Kasten 6: Die Tendenz zur VollbeschäftigungVollbeschäftigung in der Neoklassik in graphischer Darstellung
Abb. 6.1:
Der neoklassische Arbeitsmarkt
Übersteigt das Arbeitsangebot (AA) die Nachfrage (AN), sinkt bei flexiblem Reallohnniveau der Lohnsatz bis zu seinem Gleichgewichtswert (wGG). Alle Personen, die zum gleichgewichtigen Reallohn zu arbeiten bereit sind, finden einen Arbeitsplatz. Es herrscht also VollbeschäftigungVollbeschäftigung.
Abb. 6.2:
Der neoklassische Zinsmechanismus
Zinsabhängige ErsparnisseErsparnisse bei VollbeschäftigungVollbeschäftigung (SVB) und zinsabhängige InvestitionenInvestitionen (I) finden zum GleichgewichtGleichgewicht bei dem ZinssatzZinssatz iGG.
ArbeitsmarktIm klassisch/neoklassischen Theoriegebäude werden die üblichen partialanalytischen, mikroökonomischen Vorstellungen über den Verlauf von Angebots- und Nachfragekurven auf den gesamtwirtschaftlichen ArbeitsmarktArbeitsmarkt übertragen.
Die ansteigende Kurve des Arbeitsangebotes (AA) gibt die Hypothese wieder, dass die Arbeitskräfte mit steigendem Reallohn ihr ArbeitsangebotArbeitsangebot ausdehnen und bei sinkendem Reallohn verringern. Vernachlässigt wird dabei, dass manche Arbeitskräfte bei sinkendem Reallohn mehr Arbeit anbieten werden, um ihren Lebensstandard aufrechterhalten zu können.
Die fallende Kurve der ArbeitsnachfrageArbeitsnachfrage (AN) wird aus der folgenden mikroökonomischen Überlegung abgeleitet: Wenn ein Unternehmen bei gegebener Ausstattung seiner Firma mit Maschinen und Geräten zusätzliche Arbeitskräfte einstellt, so wird deren zusätzlicher Beitrag zum Output immer kleiner, weil diese sich mit der konstanten Anzahl von Maschinen und Geräten auskommen müssen. Es gelte hier das „Gesetz vom fallenden GrenzertragGrenzertrag bei partieller Faktorvariation“.
In mikroökonomischer Betrachtung lohnt es sich daher für den UnternehmerUnternehmer, mehr Arbeitskräfte einzustellen, wenn der Reallohn, also der NominallohnNominallohn geteilt durch das Güterpreisniveau, fällt. Die Übertragung auf die Gesamtwirtschaft ist jedoch fragwürdig, solange nicht geklärt ist, ob nicht ein sinkender Reallohn zu einer verringerten Nachfrage nach Konsumgütern und damit nach Arbeitskräften für deren Produktion führt. Ist dies der Fall, würde der Versuch, auf der Arbeitsnachfragekurve zu wandern, zu deren Verschiebung nach unten führen. Dieses Problem wird jedoch durch den Verweis auf den Zinsmechanismus gemäß Abb. 2 ausgeschlossen.
In Abbildung 2 gibt die fallende Kurve die Nachfrage nach Geldmitteln für Investitionszwecke an. Der Verlauf resultiert aus folgender Überlegung: Je niedriger der ZinssatzZinssatz, desto mehr Investitionsprojekte werden bei gegebenen Renditeerwartungen rentabel. Die ansteigende Kurve gibt die gesamtwirtschaftliche Ersparnis an. Sie nimmt mit steigendem Zinssatz zu, weil es sich umso mehr lohnt, Teile seines Einkommens zu sparen, je höher der Zinssatz ist.
Besteht nun in der Ausgangssituation VollbeschäftigungVollbeschäftigung, entsteht das dazugehörige Vollbeschäftigungseinkommen und daraus das – auch zinsabhängige – SparenSparen bei Vollbeschäftigung (SVB). Dank zinselastischer InvestitionenInvestitionen stellt sich dann ein ZinssatzZinssatz ein, bei dem I und S und damit das Gesamtangebot und Gesamtnachfrage übereinstimmen. Somit gilt: Das Say‘sche Gesetz setzt die Vollbeschäftigung voraus, die es zu begründen behauptet. Nur wenn die Ersparnisse Ersparnissein einer Volkswirtschaft völlig unabhängig vom Einkommen wären, wäre dies anders.