Kitabı oku: «John Maynard Keynes», sayfa 4
Übereinstimmung von SparenSparen und Investieren: Definition oder GleichgewichtGleichgewicht?
In der Tradition von WicksellWicksell geht Keynes (1930/1932) noch davon aus, dass der ZinsZins InvestitionenInvestitionen und ErsparnisseErsparnisse zum Ausgleich bringt. Dabei ist Ersparnis definiert als der Teil der Produktion, der nicht konsumiert wird. Da das Einkommen durch die Produktion von Gütern (Waren und Dienstleistungen) entsteht, ist die Ersparnis damit zugleich definiert als der Teil des Einkommens, der nicht für Konsumzwecke verwendet, sondern gespart wird. Was geschieht nun mit den Gütern, die nicht konsumiert werden? Sie werden vor allem von anderen Unternehmen für Investitionszwecke verwendet, die damit ihre Produktionskapazität vergrößern (Anlageinvestitionen IA). Es gibt außerdem selbsterstellte Anlagen, die hier aber außer Betracht bleiben können. Auch möglicherweise ungeplante Ersparnisse werden hier nicht berücksichtigt.
Ein weiterer Teil der nicht konsumierten Güter aber kann unverbraucht beim Produzenten oder ungenutzt bei den anderen Unternehmen im Vorratslager auf Halde liegen. Änderungen dieser Bestände (LagerinvestitionenLagerinvestitionen IL) können auch negativ sein, wenn Lagerbestände abgebaut werden. Beide Arten von InvestitionenInvestitionen zusammen umfassen also alle nicht konsumierten Güter. Daher gilt immer:
(2.1) S = IA + IL
Diese definitorische Gleichheit überdeckt, dass es für den Produzenten einen großen Unterschied macht, ob er die von ihm produzierten Güter verkaufen kann oder ob sie unverwendet im Lager liegen bleiben. Werden hier nämlich alle von ihm produzierten Güter verkauft, hat er keinen Anlass, sein Produktionsvolumen zu verändern. Bleibt dagegen ein Teil im Lager liegen, wird er veranlasst, seine Produktionsmenge zu reduzieren. Gesamtwirtschaftliches GleichgewichtGleichgewicht (definiert als Situation, in der im gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt die Unternehmen keinen Anlass haben, ihr Produktionsvolumen zu verändern) kann also nur vorliegen, wenn insgesamt keine Lagerveränderungen erfolgen (IL = 0). Daher gilt im Gleichgewicht und nur dann:
(2.2) S = IA
Keynes (1930) bezeichnet die Lagerbestände als liquides Kapitalliquides Kapital und unterteilt sie zusätzlich in „normale Vorräte, die zur Führung des Geschäfts erforderlich sind“ (1930/32, S. 105) und Überschussvorräte. Verwirrend ist, dass Keynes bei der Produktion von Investitionsgütern die Überschussvorräte mitzählt, bei der Definition von Kapitalgütern dagegen nicht. Außerdem geht Keynes häufig implizit so vor wie die traditionelle Gleichgewichtsanalyse, bei der die LagerinvestitionenLagerinvestitionen gleich Null gesetzt und vernachlässigt werden, mit dem Argument, dass im GleichgewichtGleichgewicht Angebot (Produktion) und Nachfrage nach Gütern in der Gesamtwirtschaft übereinstimmen.
Damit aber dennoch S und IA auseinander fallen können, wählt Keynes (1930/1932) für seine Analyse eine spezielle Definition von Einkommen und Ersparnissen, indem er aus beiden solche GewinneGewinne ausschließt, die über die normalen Profite hinausgehen. Auch dies deutet darauf hin, dass Keynes damals noch dem Denken in einem ständigen GleichgewichtGleichgewicht verhaftet war; denn im Gleichgewicht gibt es keine ungeplanten InvestitionenInvestitionen, sodass sie auch keine Quelle eines Auseinanderfallens von geplanten Investitionen und Ersparnis sein können.
Im Vorwort zur deutschen Übersetzung (Keynes, 1930/1932) bemerkt Keynes: Hätte er die „windfall profitswindfall profits“, die nicht konsumiert, sondern gespart werden, in die ErsparnisseErsparnisse einbezogen, so würden InvestitionenInvestitionen und Ersparnisse definitionsgemäß übereinstimmen und könnten gar nicht voneinander abweichen. Dies bestätigt, dass für Keynes die Investitionen auch ungeplante Vorratsinvestitionen enthalten; denn nur dann umfassen die Investitionen alle Güter, die nicht konsumiert, also gespart worden sind.
Insgesamt werden die Zusammenhänge zwischen InvestitionenInvestitionen und Ersparnissen durch Keynes’ spezielle Definition der ErsparnisseErsparnisse eher verdunkelt als erhellt.
Wodurch werden die Ersparnisse bestimmt?
ErsparnisseDa nach traditioneller Lehre InvestitionenInvestitionen und ErsparnisseErsparnisse durch den ZinssatzZinssatz in Übereinstimmung gebracht werden, bleibt zu klären, ob sich beide Variablen aneinander anpassen oder ob eine der beiden die andere dominiert, sodass sich entweder die Investitionen an die Ersparnisse oder letztere sich an die Investitionen anpassen. Geht man – wie damals üblich – implizit von VollbeschäftigungVollbeschäftigung aus, so sind die Ersparnisse durch den Spareifer der Bevölkerung gegeben, der je nach Höhe des Zinssatzes angeregt oder gedämpft wird. Der Zinsmechanismus sorgt dann dafür, dass Investitionen in Höhe der Ersparnisse vorgenommen werden, sodass die Vollbeschäftigung erhalten bleibt.
In diesem Gedankengebäude bestimmen im Wesentlichen die ErsparnisseErsparnisse die InvestitionenInvestitionen; denn nur Güter, die nicht konsumiert werden, stehen für Investitionszwecke zur Verfügung. Gegen diese Vorstellung wendet sich Keynes und argumentiert, die InvestitionenInvestitionen seien nicht von der Ersparnis abhängig, sondern vom Verhalten des Bank- und Geldwesens (1930 / 1932, S. 416f):
„Die Kraft, welche die UnternehmenstätigkeitUnternehmenstätigkeit treibt, ist nicht die Ersparnis, sondern der Gewinn. Damit nun die Unternehmungstätigkeit lebhaft sei, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein. Es müssen Gewinnchancen vorliegen und es muß den Unternehmern möglich sein, Verfügungsmacht über genügend große Mittel zu erlangen, um ihre Pläne zur Durchführung zu bringen, (weil) ihre Fähigkeit, ihre Projekte zu Bedingungen, die ihnen vorteilhaft erscheinen, zur Durchführung zu bringen, fast ganz von dem Verhalten des Bank- und Geldwesens abhängt.“
Diese Hypothese stimmt mit den Überlegungen von SchumpeterSchumpeter – dem zweiten überragenden Ökonomen des 20. Jahrhunderts – überein. Schumpeter erläutert in seiner „Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung“ (1911, 1926 zweite überarbeitete Auflage), dass – ausgehend von einer vollbeschäftigten Wirtschaft – zusätzliche InvestitionenInvestitionen nur möglich sind, wenn der investierende UnternehmerUnternehmer Ressourcen aus ihrer bisherigen Verwendung abziehen bzw. abwerben kann. Zu diesem Zweck nimmt der typische Unternehmer einen Kredit auf oder gibt Aktien aus und kann mit den so erhaltenen Geldmitteln die benötigten Ressourcen an sich ziehen, indem er einen etwas höheren als den bestehenden Preis bzw. Lohn zahlt. Das GleichgewichtGleichgewicht wird damit gestört, und es beginnt ein expansiver dynamischer Prozess, der bei Schumpeter irgendwann zu einem neuen Gleichgewicht führt.
Was aber geschieht bei Keynes (1930)? Es liegt nahe zu vermuten, dass von den höheren Einkommen, die im Zuge des expansiven Prozesses entstehen, ein Teil gespart wird, sodass die zusätzlichen InvestitionenInvestitionen mit der Zeit durch höhere ErsparnisseErsparnisse ausgeglichen werden. Soweit hatte sich Keynes aber 1930 noch nicht von der impliziten Annahme der VollbeschäftigungVollbeschäftigung und der dadurch vorgegebenen gesamtwirtschaftlichen Ersparnis gelöst.
In welchem Ausmaß der Zusammenhang von Ersparnis und Einkommen von ihm wie von anderen Ökonomen jener Zeit unbeachtet und unverstanden blieb, zeigt Keynes’ BananenparabelBananenparabel, mit der er veranschaulichen wollte, welche Wirkungen eine plötzliche Zunahme der Spartätigkeit hat.
In dieser BananenparabelBananenparabel betrachtet Keynes eine geschlossene Volkswirtschaft, in der nur Bananen konsumiert werden. Die Wirtschaft ist in der Ausgangslage im GleichgewichtGleichgewicht, indem die produzierten Bananen alle konsumiert werden. InvestitionenInvestitionen und ErsparnisseErsparnisse stimmen überein, solange die Ersparnisse (der Nichtkonsum) derjenigen, die Bananen produzieren, verwendet werden, um die Arbeitskräfte zu versorgen, die die Plantagen erweitern oder ertragsreicher machen.
Keynes untersucht nun: Was passiert, wenn die Arbeiter plötzlich auf Grund einer Sparkampagne beschließen, mehr zu sparen, d.h. weniger Bananen zu essen? Daraufhin setze – selbst bei flexiblen Preisen und Löhnen – ein kontraktiver Prozess ein. Dieser nimmt, meint Keynes, erst ein Ende, wenn entweder
1 die Bananenproduktion ganz zum Erliegen kommt und die Bevölkerung verhungert, oder
2 die Sparkampagne abgeblasen wird bzw. wegen der zunehmenden Verarmung im Sande verläuft, oder
3 die InvestitionenInvestitionen irgendwie stimuliert werden.
Während die Lösungen (b) und (c) plausibel sind, gilt für die Lösung (a) das Gegenteil: Sie klingt aus heutiger Sicht absurd. Sie kann nur auftreten, wenn die ErsparnisseErsparnisse unabhängig vom Einkommen sind. Trifft man dagegen – wie es Keynes dann in seiner „Allgemeinen Theorie“ von 1936 tut – die realistische Annahme, dass die Spartätigkeit vor allem vom Einkommen abhängt, kann der Fall (a) gar nicht eintreten, weil mit schrumpfenden Einkommen die Ersparnisse auch zurückgehen. Der Abwärtsprozess kommt daher bereits zum Halt, wenn die ursprüngliche kampagnenbedingte Zunahme der Ersparnisse durch deren einkommensbedingte Abnahme wieder kompensiert wird.
Kasten 7: Die BananenparabelBananenparabel in grafischer Darstellung
Es seien Y das Einkommen, S die ErsparnisseErsparnisse und I die InvestitionenInvestitionen (ohne ungeplante Vorratsinvestitionen)
BananenparabelBananenparabel (Keynes 1930)
Bis zur Sparkampagne stimmen I und S0 überein. Angebot und Nachfrage sind einander gleich. Wenn die Kampagne einsetzt, steigt die Ersparnis auf S1. Es gibt (falls nicht die Lösungen b oder c greifen) kein GleichgewichtGleichgewicht mehr, egal wie tief Y sinkt.
Sparparadox (Keynes 1936)
Der Unterschied zwischen BananenparabelBananenparabel und Keynes’ späterer Analyse wird in Kasten 7 graphisch veranschaulicht.
Angesichts all dieser Widersprüche und Unklarheiten verwundert es nicht, dass Keynes mit seinem Werk unzufrieden war, und kurz darauf begann – unterstützt und angetrieben von einer Gruppe jüngerer Ökonomen – die Argumentation seines Werks kritisch zu hinterfragen und vor allem das Problem der UnterbeschäftigungUnterbeschäftigung in den Mittelpunkt zu rücken, dessen Brisanz durch die 1929 ausbrechende WeltwirtschaftskriseWeltwirtschaftskrise offen zu Tage getreten war.
Bei einkommensabhängiger Ersparnis besteht in der Ausgangssituation gesamtwirtschaftliches GleichgewichtGleichgewicht nur bei Y0. Nach der Sparkampagne spart die Bevölkerung bei jedem Einkommen einen höheren Betrag und schränkt entsprechend ihren Konsum ein; jetzt gilt die Sparkurve S1. Daraufhin sinkt das Einkommen, aber nur solange, bis die Gesamtersparnis wieder auf die Höhe der InvestitionenInvestitionen zurückgeht. Die Situation hat sich also auch in dieser Betrachtung verschlechtert: Die Ersparnis ist nicht höher als zuvor, Einkommen und Produktion aber sind zurückgegangen. Die von den einzelnen Sparern erhoffte Verbesserung ihrer Vermögenslage durch mehr SparenSparen tritt wegen der gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge nicht ein.
Der Schock der Weltwirtschaftskrise und die Reaktion von Keynes
DWeltwirtschaftskriseie WeltwirtschaftskriseWeltwirtschaftskrise stieß von 1929 bis 1933 fast alle Industriestaaten in eine tiefe wirtschaftliche DepressionDepression. Sie hatte auch politisch verheerende Auswirkungen, insbesondere in Deutschland. Bei den Ökonomen waren die Reaktionen unterschiedlich: Die meisten hielten an der herrschenden Vorstellung fest, wonach auch diese Krise durch Selbstheilungskräfte des Marktes zügig überwunden werde. Keynes dagegen kämpfte verstärkt für aktives staatliches Handeln gegen die Krise. Zugleich erkannte er die Notwendigkeit, eine völlig neue theoretische Grundlage für seine wirtschaftspolitischen Empfehlungen zu erarbeiten.
Zum Ausmaß der Weltwirtschaftskrise
WeltwirtschaftskriseNeben und nächst den beiden Weltkriegen bildete die WeltwirtschaftskriseWeltwirtschaftskrise die dritte Katastrophe der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie brachte das Ende der kurzen Prosperitätsphase, derer sich die meisten Völker der Welt in den Jahren 1924–1929 erfreuen konnten, nachdem man die schlimmsten Folgen des 1. Weltkriegs (1914–1918) überwunden zu haben glaubte. Ihren Anfang nahm die Weltwirtschaftskrise in den USAUSA.
In den USAUSA war die vorangehende Prosperitätsphase begleitet von steigenden Aktienkursen, die immer mehr Leute veranlasste, mit Aktien zu spekulieren, wofür sie vielfach Kredite aufnahmen. Viele Haushalte fühlten sich durch den ständig steigenden Wert ihrer Aktienbestände reicher und gaben ihr Einkommen sorglos für Konsumgüter aus oder kauften diese auf Kredit. Die damals herrschende euphorische Stimmung ist bei Galbraith (1963) gut nachzulesen.
Diese Phase weitverbreiteter Aufwärtsentwicklung endete abrupt mit dem Platzen der AktienkursblaseAktienkursblase an der New Yorker Börse im Oktober 1929, vor allem am 24. und 29. Oktober (schwarzer Donnerstag und schwarzer Dienstag). Durch die drastisch sinkenden Kurse (um ca. 40 % im Laufe von 30 Tagen) schmolzen die gegebenen Sicherheiten dahin, die BankenBanken forderten die gewährten Kredite zurück, die Aktienbesitzer mussten ihre Aktien verkaufen (da sie andere Sicherheiten nicht bieten konnten). Dadurch sanken die Kurse weiter und die Lage verschärfte sich immer mehr. Da große Teile ihrer Forderungen nicht mehr einzutreiben waren, mussten viele Banken Konkurs anmelden. Eine detaillierte und dramatische Schilderung dieser Ereignisse liefert Kindleberger (1973).
Die FinanzkriseFinanzkrise sprang rasch auf die amerikanische Realwirtschaft über: Die UnternehmerUnternehmer schränkten ihre InvestitionenInvestitionen ein, die privaten Haushalte ihren Konsum. Die Unternehmen drosselten darauf ihre Produktion, entließen Arbeitskräfte, die ihren Konsum einschränken mussten usw. Im Tiefpunkt der DepressionDepression während des Jahres 1932 war jede vierte Erwerbsperson in den USAUSA arbeitslos, es gab kaum Arbeitslosenunterstützung, massenhaft gerieten Haushalte ins Elend.
Schnell wurde auch Europa von der FinanzkriseFinanzkrise erfasst; denn die europäischen BankenBanken und Regierungen waren gegenüber den USAUSA hoch verschuldet. Dies galt insbesondere für DeutschlandDeutschland. In Deutschland hatte die Prosperitätsphase begonnen, nachdem die Hyperinflation durch eine einschneidende Währungsreform am 15. November 1923 beendet worden war. Allerdings verloren durch die Abwertung aller GeldvermögenGeldvermögen im Verhältnis 1:1 Billion viele Bürger ihre ErsparnisseErsparnisse, insbesondere die Mittelschichten. Dies schwächte die Akzeptanz der Weimarer Republik, die schon durch die Unterschrift unter den Versailler VertragVersailler Vertrag beeinträchtigt war. Deutschland musste hohe Reparationszahlungen leisten, und die Regierung deckte den nötigen Devisenbedarf weitgehend durch KreditaufnahmeKreditaufnameim Ausland in den USA. Auch die Banken hatten vielfach in den USA kurzfristige Kredite aufgenommen, um ihre Kreditvergabe im Inland zu finanzieren.
Wegen ihrer Finanzierungsengpässe aufgrund der Finanzkrise sahen sich immer mehr US-amerikanische Banken gezwungen, die nach Deutschland vergebenen Kredite nicht zu verlängern. Um sie zurückzuzahlen, mussten ihrerseits die deutschen Banken Aktiva (z.B. Aktien) verkaufen oder vergebene Kredite ebenfalls kündigen. Damit setzte auch in Deutschland die WeltwirtschaftskriseWeltwirtschaftskrise ein, die sich vier Jahre lang immer weiter vertiefte und zu einer tiefen DepressionDepression führte. In deren Verlauf wurde bis 1932 eine extrem hohe ArbeitslosenquoteArbeitslosenquote erreicht (siehe Tabelle 1). Sie lag deutlich höher als in den USA, auch wenn die Zahlen nur ungefähr vergleichbar sind. Ritschl (2002) macht dafür vor allem die Reparationszahlungen und die Auslandsverschuldung verantwortlich.
Gemäß Tabelle 1 war die ArbeitslosenquoteArbeitslosenquote in DeutschlandDeutschland schon 1929 sehr hoch; die Zahl der Arbeitslosen war schon von 1928 zu 1929 von 1,37 auf 1,90 Millionen gestiegen und erhöhte sich bis 1932 auf 5 Millionen Personen.
Das Elend der arbeitslosen Bevölkerung war groß, da die Leistungen der erst 1918 geschaffenen gesetzlichen ArbeitslosenversicherungArbeitslosenversicherung sehr gering waren. Dies trug erheblich zu den Wahlerfolgen der NSDAP im Jahre 1932 bei, die als einzige große Partei ein massives Programm der ArbeitsbeschaffungArbeitsbeschaffung unter Brechung bzw. Missachtung aller entgegenstehenden vertraglichen Vereinbarungen forderte.
Tabelle 1: Arbeitslosenquoten zu Beginn und im Tiefpunkt der Weltwirtschaftskrise (in Prozent)
Land | Jahresdurchschnitt | |
1929 | 1932 | |
Deutschland | 13,1 | 30,1 |
USA | 3,2 | 23,6 |
Großbritannien | 11,0 | 22,5 |
Quellen: Deutschland und USA : Zinn (1998), S. 39 Großbritannien : Chick (1983), S. 7 |
Großbritanniens Wirtschaft entwickelte sich in den 1920er Jahren schleppend, zumal das Land durch die von Keynes vehement bekämpfte Rückkehr zum GoldstandardGoldstandard und zur Vorkriegsparität an preislicher Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt hatte. GroßbritannienGroßbritannien bekam ebenfalls die Finanz- und Wirtschaftskrise der USAUSA heftig zu spüren. Die schon während der 1920er Jahre durchgängig hohe ArbeitslosigkeitArbeitslosigkeit verdoppelte sich bis 1932 auf das Niveau der USA.
In allen drei großen Industriestaaten sanken nicht nur Produktion und Beschäftigung. Vielmehr war deren Einbruch mit einem Rückgang von Preisen und Löhnen verbunden; denn auf den Gütermärkten und den Arbeitsmärkten herrschte ein großer Angebotsüberschuss (siehe Tabelle 2). In den USAUSA brachen am stärksten die Preise der Rohstoffe und landwirtschaftlichen Erzeugnisse ein (mit verheerenden Folgen für die Landwirte). In allen drei Staaten wurde die DeflationDeflation durch die Wirtschaftspolitik verschärft: So schrieben in DeutschlandDeutschland im Jahre 1931 Notverordnungen des Reichskanzlers Brüning vor, dass alle Tariflöhne und alle von Kartellen festgelegten Preise um 10 % gesenkt werden müssen. BrüningBrüning verfolgte damit auch politische Zwecke. Er wollte nachweisen, dass Deutschland die auferlegten ReparationenReparationen nicht leisten könne.
Tabelle 2:
Löhne und Preise in der Weltwirtschaftskrise
Land/Variable | Veränderungen in % | |
1924–1929(a) | 1929–1933(b) | |
Deutschland | ||
Verbraucherpreisindex | +8,6 | -23,3 |
Erzeugerpreise Industrie | +0,5 | -26,6 |
Stundenverdienste Industrie | +36,9 | … |
Reallöhne | +26,1 | 10,6(c) |
Lohnstückkosten | +24,5 | … |
USA | ||
Verbraucherpreisindex | ± | -23 |
Nominallöhne | -19 | |
Großbritannien | ||
Verbraucherpreisindex | -6,3 | -14,7 |
Durchschnittswochenlohn nominal | ± | -6,3 |
Durchschnittswochenlohn real | 5,1 | 11,0 |
(a) Für Deutschland: 1925-1929 (b) Für Deutschland: III/1929-III(1932) (c) Deflationiert mit dem Erzeugerpreisindex Quellen: Verbraucherpreisindex: SVR (1998), Zahlen zum Schaubild 10 Deutschland: Ritschl(2002), Tab 2.8 sowie Anhangtabelle C. 2 USA: Bordo/Evceg/Evans (2000), S. 1448/9 Großbritannien: Chick (1983), S. 7 | ||
Quellen: Verbraucherpreisindex: SVR (1998), Zahlen zum Schaubild 10 Übrige Angaben: Deutschland : Ritschl (2012), Tab. 5.1) USA : Bordo/Evceg/Evans (2000), S. 1448/9 Großbritannien: Chick (1983), S. 7 |
Die Angaben über die NominallöhneNominallöhne und die ReallöhneReallöhne sind mit großer Vorsicht zu betrachten; denn die Datenlage ist dürftig. Sie deuten darauf hin, dass die Nominallöhne etwas weniger rasch gesunken sind als die Preise, sodass die Reallöhne anstiegen. "Insoweit, wie die Arbeitsproduktivität sich erhöht hat, sind die Lohnstückkosten weniger gestiegen als die Reallöhne. In den USAUSA und GroßbritannienGroßbritannien könnten letztere sogar leicht gefallen sein. Ihre Entwicklung kann daher keinen relevanten Einfluss auf die rasante wirtschaftliche Talfahrt ausgeübt haben.