Kitabı oku: «Beweisantragsrecht», sayfa 9
(2) Anforderungen bei Benennung einer Vielzahl von Zeugen
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Ähnliche Probleme haben sich auch in einer anderen Fallgruppe ergeben. Mehrfach hatte sich die Rechtsprechung in den letzten Jahren mit Fällen zu befassen, in denen die Verteidigung eine große Zahl von Zeugen benannt hatte. Typischerweise betraf dies Fallkonstellationen, in denen gegen den Angeklagten der Vorwurf des Betruges oder des versuchten Betruges in einer Vielzahl von Einzelfällen erhoben wurde („Massenbetrugsfälle“).[70] Ganz abgesehen von der Frage, inwieweit es in diesen Fällen schon aus Gründen des materiellen Rechts und nach allgemeinen Beweisgrundsätzen erforderlich ist, jeden Abnehmer eines Produkts, jeden Bezieher einer Dienstleistung oder jeden Besucher einer Webseite als Zeugen zu hören, um Beweis darüber zu erheben, ob er in Folge bestimmter Angaben einem Irrtum erlegen ist, werfen diese Fallgestaltungen auch im Zusammenhang mit dem Beweisantragsrecht spezifische Fragen auf. Insbesondere ist von Bedeutung, ob bereits ein förmlicher Beweisantrag vorliegt, wenn die Verteidigung eine Vielzahl von Personen als Zeugen benennt und durch ihre Vernehmung beweisen will, dass die genannten Personen keiner Täuschung erlegen sind.
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Außer Frage steht dabei, dass sich an diesen Fällen die fehlende Abstimmung zwischen materiellem Recht und Prozessrecht geradezu exemplarisch zeigt. Gegenüber dem undifferenziert erhobenen Vorwurf, bei einer bestimmten Gestaltung eines Gewinnspiels oder einer Internetseite, seien pauschal „die Nutzer“ des Gewinnspiels, bzw. der Seite, getäuscht worden, muss eine Verteidigung im Einzelfall prozessrechtlich möglich bleiben. Wird hier ein Tatvorwurf nach § 263 StGB erhoben, bei dem der Nachweis einer individuellen irrtumsbedingten Vermögensverfügung Tatbestandsvoraussetzung ist, kann eine Beweiserhebung über den Kenntnisstand des einzelnen Nutzers nicht von vornherein überflüssig sein.
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Nicht zweifelhaft sein sollte dabei, dass es ausreicht, wenn der Antragsteller zur Namhaftmachung der Zeugen auf eine bei den Akten befindliche amtliche Aufstellung (wie z.B. die Bezeichnung der Beweismittel in der Anklageschrift, § 200 Abs. 1 S. 2 StPO) verweisen kann. Wäre selbst das keine genügende Individualisierung der Zeugen, dann würde damit die im Gesetz vorgesehene Beweismittelliste vollständig entwertet. Die Liste der Beweismittel hat auch die Funktion, dem Gericht die Ladung der Zeugen zu erleichtern. Dann aber kann es der Verteidigung nicht verwehrt sein, im Rahmen von Beweisanträgen auf sie zu verweisen. Soweit in neueren Entscheidungen in Betracht gezogen wird,[71] dass eine solche Verweisung zur hinreichenden Individualisierung der Zeugen nicht ausreicht, kann dem deshalb nicht gefolgt werden. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn die Liste nur erkennbar unzureichende Eintragungen enthält.
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Die Rechtsprechung hat bereits in einer Reihe von Fällen die Individualisierung der Zeugen in gestellten Anträgen nicht als ausreichend angesehen. So hat der BGH Anträge nicht als Beweisanträge gewertet, die auf die Vernehmung
• | aller Arbeitnehmer einer bestimmten Firma;[72] |
• | einer Vielzahl von Betreibern einer Internetseite; [73] |
• | von ca. 170.000 Grundstückseigentümern[74] |
• | von 2000, bzw. 5241 Zeugen[75] |
• | oder von 166 Gewerbetreibenden[76] |
gerichtet waren. Können sich die Anträge auf in den Ermittlungsakten vorhandene Auswertungen („Liste der Geschädigten“ oder ähnliche Namenslisten) stützen, kann die Beweisantragsqualität aber jedenfalls nicht mit der Begründung verneint werden, die Zeugen seien nicht hinreichend individualisiert. Ob in diesen Fällen nicht eher andere Gesichtspunkte gegen die Beweisantragsqualität sprechen, mag dabei hier offenbleiben.
(3) Praktische Konsequenzen
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Auch wenn sich durch die zitierten Entscheidungen zur Individualisierung des Zeugen insgesamt eine wesentlich strengere Auslegung des Beweisantragsbegriffs durchzusetzen scheint, bleibt verbal das Prinzip unangetastet, dass es zur Formulierung eines Beweisantrages ausreicht, einen Weg zur Ermittlung von Name und Adresse eines Zeugen aufzuzeigen, wenn dem Antragsteller keine ausreichenden eigenen Ermittlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.[77] Wo eine genaue Angabe von Name und Adresse des Zeugen nicht möglich ist, ist dem Antragsteller deshalb anzuraten, im Antragstext ausdrücklich darzulegen, aus welchen Gründen er hierzu nicht in der Lage ist. Zugleich sollten sämtliche Merkmale zur Individualisierung des Zeugen und zu den Ladungsmöglichkeiten mitgeteilt werden, die dem Antragsteller bekannt sind. Der Überzeugungskraft des eigenen Vorbringens wird es dabei dienlich sein, wenn aufgezeigt werden kann, dass die Verteidigung bereits Bemühungen entfaltet hat, um die Adresse des Zeugen in Erfahrung zu bringen. Waren diese vergeblich, etwa weil der Verteidigung kein Zugriff auf bestimmte Daten möglich war, so liegt es nahe, auf diese Bemühungen in der Begründung des Beweisantrages hinzuweisen. Kann hierbei gezeigt werden, dass Informationen vor allem deshalb nicht beschafft werden konnten, weil die Verteidigung keine hoheitlichen Befugnisse hat, dann ergibt sich schon hieraus, dass dem Gericht bessere Eermittlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Soweit möglich, sollte aus dem Antragstext deutlich werden, auf welchem Weg die Identität des Zeugen und die ladungsfähige Anschrift ermittelt werden können.[78]
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Beispiel:
„Es wird beantragt, die bei der A-Bank im Jahre 2012 als Abteilungsleiterin für Baufinanzierungen tätige Mitarbeiterin der Bank als Zeugin zu vernehmen. Durch ihre Vernehmung wird bewiesen werden, dass sie sich in Verhandlungen der Bank mit dem Darlehensnehmer X am 13.7.2012 wie folgt geäußert hat: „Der Darlehensnehmer D hat im Februar Jahr 2012 ein vergleichbares Darlehen aufgenommen wie der Angeklagte.“
Aus den Angaben der Zeugin gegenüber X lassen sich Rückschlüsse auf die damalige Geschäftspraxis der Bank ziehen. Der Name der Zeugin und ihre ladungsfähige Anschrift sind der Verteidigung nicht bekannt. Der Zeuge X hatte den Namen nicht mehr in Erinnerung. Die Verteidigung hat sich mit Schreiben vom… an die Personalabteilung der Bank gewandt. Die Bank hat es abgelehnt, Auskunft über Mitarbeiterdaten zu erteilen, dabei aber auch zu erkennen gegeben, dass sie sich einer amtlichen Aufforderung zur Bekanntgabe der Daten beugen würde. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass Name und Anschrift der Zeugin über die Personalabteilung der Bank (Adresse) ermittelt werden können.“
Die dargelegte Rechtsprechung zur konkreten Benennung der Beweisperson und ihrer Erreichbarkeit hat darüber hinaus auch konkrete Auswirkungen auf das Revisionsverfahren. Wird in einem Fall, in dem die Bemühungen des Landgerichts, einen Zeugen ausfindig zu machen, erfolglos geblieben sind, mit der Revision gerügt, dass diese Bemühungen nicht ausreichend waren, so soll der Revisionsführer gezwungen sein vorzutragen, welche Handlungen des Tatrichters er vermisst und dass diese ein bestimmtes für den Revisionsführer positives Ergebnis erbracht hätten. [79]
bb) Sachverständigenbeweis
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Geringere Schwierigkeiten bereitet insoweit regelmäßig der Antrag auf Sachverständigenbeweis. Hier genügt die Angabe des Fachgebietes, für das ein Gutachten eingeholt werden soll. Einen bestimmten Sachverständigen braucht der Antragsteller nicht zu bezeichnen, da die Auswahl des Sachverständigen gemäß § 73 StPO ohnedies dem Gericht obliegt.[80] Es reicht deshalb aus, wenn bei der Antragstellung die Fachrichtung bezeichnet wird.
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Beispiel:
„Es wird beantragt, ein chemisches Gutachten einzuholen zum Beweis der Tatsache, dass der Goldgehalt der gestohlenen Edelmetall-Teile unter 25 Prozent lag.“
Benennt der Antragsteller in seinem Antrag einen bestimmten Sachverständigen, so liegt hierin lediglich ein Vorschlag, an den das Gericht nicht gebunden ist.[81] Da jedoch der Auswahl und Bestimmung des Sachverständigen eine wesentliche und unter Umständen sogar vorentscheidende Bedeutung für den Ausgang des Verfahrens zukommen kann, sollte die Verteidigung nicht leichtfertig auf die Möglichkeit verzichten, die Auswahl des Sachverständigen durch entsprechende Vorschläge mitzubestimmen.[82]
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Nach h.M. folgt aus der Auswahlbefugnis des Gerichts u.a., dass ein Ablehnungsbeschluss nach § 244 Abs. 6 S. 1 StPO nicht ergehen muss, wenn das Gericht den Gutachtenauftrag an einen anderen Sachverständigen vergibt. Das ist jedoch in den Fällen zweifelhaft, in denen sich in der jeweiligen Wissenschaft bekanntermaßen unterschiedliche Lager gegenüberstehen. Wird hier vom Antragsteller ein bestimmter Sachverständiger benannt, dann hat das Gericht auf der Grundlage der h.M. die Befugnis, einen anderen Sachverständigen auszuwählen. Verfügt das Gericht über Vorinformationen und wählt es in dieser Situation gezielt den Sachverständigen aus, der die im Beweisantrag enthaltene Behauptung voraussichtlich nicht bestätigen wird, dann kann der Antragsteller hinsichtlich des von ihm gewünschten Sachverständigen nicht auf die strengen Voraussetzungen des § 244 Abs. 4 StPO verwiesen werden.
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Solche Fragestellungen haben u.a. in Verfahren zur strafrechtlichen Produkthaftung[83] eine Rolle gespielt und letztlich zu der Aussage des BGH geführt, dass dort, wo sich fachlich divergierende Auffassungen zu einer Beweisfrage gegenüberstehen, bereits aus sachlichrechtlichen Gründen die Auffassungen beider Fachrichtungen zur Beweisfrage im Urteil darzulegen sind.[84] Sie sind aber keinesfalls auf diesen Bereich beschränkt. Unabhängig von den Darlegungsanforderungen an das tatrichterliche Urteil müssen derartige Probleme bei der Gutachterauswahl auch Konsequenzen für das Beweisantragsrecht haben. In Fällen, in denen sich bereits nach dem Vorbringen des Antragstellers dezidiert zwei wissenschaftliche Meinungen gegenüberstehen und dieser durch den Antrag eine dieser Meinungen in die Hauptverhandlung eingeführt sehen will, wird allein dadurch, dass auf den Beweisantrag hin ein Anhänger der anderen Auffassung mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt wird, der Beweisantrag regelmäßig noch nicht erschöpft sein.[85]
cc) Urkundenbeweis
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Besondere Schwierigkeiten bereitet die Angabe eines hinreichend bestimmten Beweismittels in der Praxis bisweilen beim Urkundenbeweis. Soll sich die zu beweisende Tatsache aus einem einzelnen Schriftstück ergeben, dann ist Beweismittel nur dieses Schriftstück. Seine Bezeichnung wird im Allgemeinen keine Probleme bereiten. Erforderlich ist es aber immerhin, den Verwahrungsort unmissverständlich zu beschreiben.[86]
Wird hingegen mit einem Beweisantrag die Beiziehung einer Urkundensammlung beantragt und das daraus zu verlesende Schriftstück nicht näher benannt, dann liegt eine hinreichend genaue Bezeichnung des Beweismittels im Sinne der Definition des Beweisantragsrechts nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist deshalb ein Antrag auf Beiziehung von Akten oder Geschäftsunterlagen kein Beweisantrag, sondern ein Beweisermittlungsantrag.[87] Eine Ausnahme wird lediglich für die Fälle anerkannt, in denen der Beweis durch den gesamten Inhalt einer Urkundensammlung geführt werden soll.[88]
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Soll also zum Beispiel im Rahmen von Auseinandersetzungen über die Glaubwürdigkeit eines Belastungszeugen aus der Sicht der Verteidigung darüber Beweis erhoben werden, dass die Glaubwürdigkeit des Zeugen in einem früheren Verfahren bereits einmal ausführlich überprüft und verneint worden ist,[89] so darf der Antrag der Verteidigung nicht lauten: „Es wird die Beiziehung der Akten des Verfahrens XY beantragt, zum Beweis der Tatsache, dass der Zeuge dort als unglaubwürdig angesehen wurde“. Hierin läge lediglich ein Antrag auf Aktenbeiziehung, der als Beweisermittlungsantrag anzusehen wäre. Ein Beweisantrag, der nur nach Maßgabe der §§ 244 Abs. 3 bis 6 StPO abgelehnt werden könnte, läge hingegen dann vor, wenn die Formulierung lauten würde:
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Beispiel:
„Es wird beantragt, die Akten des Verfahrens XY beizuziehen und das darin befindliche Urteil des Landgerichts Hamburg vom 12.2.2010 zu verlesen zum Beweis der Tatsache, dass das Landgericht den Zeugen seinerzeit nach Einholung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens als unglaubwürdig angesehen hat.“
Der BGH fordert insbesondere eine genaue Bezeichnung der maßgeblichen Urkunden.[90] Bei in Gerichtsakten enthaltenen amtlichen Schriftstücken (wie zum Beispiel Urteilen etc.) dürfte es regelmäßig ausreichen, wenn unter Angabe des Urteilsdatums im Antrag mitgeteilt wird, es solle das in den Akten befindliche Urteil verlesen werden.[91] Bei sonstigen Schriftstücken wird entweder die Angabe der Fundstelle in den Akten oder eine andere genaue Bezeichnung (Angabe von Autor und Adressat, Datum der Erstellung) notwendig sein.
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Völlig neue Fragen ergeben sich durch die mit Wirkung vom 1.1.2018 vorgenommene Änderung des § 249 StPO in Bezug auf elektronische Dokumente (s. dazu oben Rn. 134). In Parallele zur bisherigen Rechtsprechung zu Anträgen auf Urkundenverlesung wird man damit rechnen müssen, dass die Rechtsprechung die Angabe des Speicherortes eines elektronischen Dokuments fordert, wenn der Antrag gestellt wird, dieses Dokument nach § 249 StPO zu verlesen. Hierfür muss es aber ausreichen, wenn das Speichermedium („DVD mit der Bezeichnung A“) benannt wird und dieses an Hand eines Dateiverzeichnisses oder mit Hilfe einer Suchfunktion durchsucht werden kann.
dd) Augenscheinsbeweis
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Ebenso wie andere Beweismittel müssen im Rahmen eines Beweisantrages auch Augenscheinsobjekte hinreichend bezeichnet werden. Das kann zu Schwierigkeiten führen, wenn z.B. aus umfangreichen Protokollen oder Mitschnitten über Abhörmaßnahmen nach § 100a StPO nur Gespräche zwischen bestimmten Beteiligten zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht werden sollen.[92]
Generell gilt aber auch hier, dass die Anforderungen, die im Rahmen eines Beweisantrages an den Antragsteller gestellt werden, nicht über die Anforderungen hinausgehen dürfen, die nach § 200 StPO für die Staatsanwaltschaft bei Abfassung der Anklageschrift gelten. Wird beantragt, bei den Akten befindliche Videoaufnahmen in Augenschein zu nehmen, so kann sich eine weitere konkrete Bezeichnung des Beweismittels erübrigen, wenn es bereits in der Anklageschrift benannt ist.[93]
ee) In der StPO nicht benannte Beweismittel
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Die Notwendigkeit, im Antrag ein Beweismittel zu bezeichnen, das nach dem abschließenden Katalog der Strafprozessordnung im Strengbeweisverfahren zugelassen ist, verhindert, dass in den Fällen ein Beweisantrag gestellt werden kann, in denen das Begehren des Antragstellers auf eine nicht alltägliche, gleichsam selbst erfundene Art der Beweisaufnahme abzielt. Von praktischer Bedeutung ist dies für die Verteidigung etwa dann, wenn Details der Aussage eines Belastungszeugen durch ein Experiment unter Mitwirkung des Zeugen widerlegt werden sollen. Das scheitert meist schon daran, dass kein Zeuge verpflichtet ist, sich an irgendwelchen Rollenspielen zu beteiligen. Hat ein Warenhausdetektiv angegeben, ein gestohlenes Kleidungsstück sei in bestimmter Weise in der Kleidung des Beschuldigten versteckt worden, so wird es zur Überprüfung der Glaubhaftigkeit dieser Aussage von erheblicher Bedeutung sein, ob dies überhaupt „technisch“ möglich ist.[94] Will die Verteidigung unter Beweis stellen, dass die geschilderte Art des Verbergens „gar nicht geht“, so sieht sie sich vor der Schwierigkeit, für einen denkbar einfachen Vorgang eines der im Strengbeweisverfahren zulässigen Beweismittel zu benennen. Weder die Augenscheinseinnahme, noch der Zeugenbeweis oder das Sachverständigengutachten werden in derartigen Fällen dem Kern des Begehrens gerecht: Anhand der bloßen Beschaffenheit der Gegenstände, die durch den Augenschein überprüft werden kann, wird sich die Beweisfrage nicht vollständig beantworten lassen. Ein Sachverständigengutachten wäre angesichts der einfachen Beweisfrage wohl kaum erforderlich, die Benennung eines Zeugen, der zuvor einen eigenen Versuch mit den beiden Gegenständen unternommen hat, aber ersichtlich ein „Umweg“, der in vielen Fällen schon daran scheitern dürfte, dass sich die Gegenstände in amtlichem Gewahrsam befinden und zur Durchführung eines Experiments außerhalb der Hauptverhandlung nicht zur Verfügung stehen. Die Rechtsprechung lehnt es in derartigen Fällen ab, Anträge, mit denen die Durchführung eines Experiments in der Hauptverhandlung erstrebt wird, als Beweisanträge anzusehen und sie an den Kriterien des § 244 Abs. 3 StPO zu messen, sie sieht in ihnen Beweisanregungen (s. dazu schon oben Rn. 56), über die nach § 244 Abs. 2 StPO zu entscheiden ist.[95] Grundlage hierfür ist die Vorstellung, dass die StPO nicht nur die im Strengbeweisverfahren zulässigen Beweismittel abschließend aufzählt, sondern auch die Art ihrer Verwendung zwingend vorschreibt.[96] Das kann im gedachten Extremfall dazu führen, dass es nicht möglich ist, einen Beweisantrag auf Durchführung eines nur wenige Sekunden dauernden Experiments mit potentiell großem Erkenntniswert zu stellen, andererseits aber Anträge, die zu umfangreichen Maßnahmen (wie etwa bei der Beauftragung eines Sachverständigen oder der Ladung eines Auslandszeugen) führen, die Beweisantragsqualität ohne Weiteres erreichen. Entscheidendes Korrektiv bleibt nach der Konzeption des Gesetzes in derartigen Fällen aber nur die Aufklärungspflicht.
c) Die Beweisbehauptung
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Zentraler Bestandteil des Beweisantrages ist die Beweisbehauptung.[97] Sie drückt aus, welche Tatsachen nach Einschätzung des Antragstellers durch das benannte Beweismittel in der Hauptverhandlung bestätigt werden können.
Das Gesetz geht in § 244 Abs. 2 StPO davon aus, dass der Richter den Sachverhalt von Amts wegen vollständig aufklärt. Wer mit einem Beweisantrag die Erhebung weiterer Beweise beantragt, sei es, weil er damit auf die unvollständige Einhaltung der Aufklärungspflicht hinweisen will, sei es, weil er neue Beweismittel benennen will, von denen das Gericht keine Kenntnis haben konnte, der wird durch das Kriterium der Beweisbehauptung gezwungen, den voraussichtlichen Ertrag der beantragten Beweiserhebung in Worte zu fassen. Er soll die Tatsachen, auf deren Einbeziehung in die Entscheidungsfindung es ihm ankommt, präzise benennen. Nur wer hierzu in der Lage ist, nur wer also eine Tatsachenbehauptung (ein Beweisthema) formulieren kann, kann nach der Systematik des Gesetzes den Schutz des § 244 Abs. 3 bis 6 StPO für sich beanspruchen.[98] Das Gesetz geht damit erkennbar von dem Grundprinzip aus, dass Anträge, die eine konkrete Prognose über den zu erwartenden Ertrag der Beweiserhebung enthalten, höheres Gewicht besitzen als Anträge, die (wie Beweisermittlungsanträge) keine derartige Aussage enthalten.
Dem entspricht es, dass der Schutz des § 244 Abs. 3 bis 6 StPO wieder verloren geht, wenn sich unterschiedliche Beweisbehauptungen widersprechen[99] und hierdurch dokumentiert ist, dass der Antragsteller den voraussichtlichen Ertrag der Beweiserhebung gerade nicht präzise benannt hat. Die Beweisantragsqualität geht schließlich auch dann verloren, wenn eine Beweisbehauptung wider besseres Wissen aufgestellt wird (s. dazu im Einzelnen unten Rn. 189 ff.)[100].