Kitabı oku: «Arztstrafrecht in der Praxis», sayfa 41

Yazı tipi:

c) Sprachkundige Person

469

Die Aufklärung muss für den Patienten verständlich (§ 630e Abs. 2 Nr. 3 BGB), d.h., dem Verständnisvermögen des Patienten angepasst sein. Bei Patienten, die der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sind, und bei denen unsicher ist, ob sie genügend Deutsch verstehen, ist deshalb ein – nicht unbedingt vereidigter – Dolmetscher oder eine andere sprachkundige Person hinzuzuziehen.[595] Gleiches gilt, wenn umgekehrt der Arzt der deutschen Sprache nicht mächtig sein sollte bzw. nur gebrochen Deutsch spricht.[596] Es ist sicherzustellen, dass der fremdsprachige Patient die Aufklärung auch versteht.[597]

Es ist „Sache des Arztes, den Patienten über die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen vollständig zu unterrichten. Dabei muss er sich so ausdrücken, dass dieser seine Hinweise und Belehrungen auch versteht. Davon hat er sich zu vergewissern“. Informationsdefizite kann der Arzt wegen seines Wissens- und Informationsvorsprungs gegenüber dem medizinischen Laien[598] im Allgemeinen nicht, auch nicht teilweise über ein Mitverschulden, dem Patienten anlasten. „Ein Mitverschulden durch mangelndes Nachfragen käme allenfalls dann in Betracht, wenn sich die Unvollständigkeit der ärztlichen Information jedem Laien aufdrängen oder dem Patienten aufgrund seines besonderen persönlichen Wissens klar sein musste“.[599]

d) „Einwilligungserklärung“

470

Die auch heute noch gelegentlich verwendeten reinen „Einwilligungserklärungen“ des Patienten sind meistens viel zu allgemein abgefasst und somit weithin inhalts- und wertlos.[600] Ihre Unterzeichnung beweist daher „für sich allein noch nicht, dass der Patient sie auch gelesen und verstanden hat, geschweige denn, dass der Inhalt mit ihm erörtert worden ist. Solchen Formularen und Merkblättern kann nicht entnommen werden, „dass der Patient über ein nicht ausdrücklich erwähntes Risiko informiert worden ist“.[601]

471

Die Tatsache, dass eine derartige formularmäßige Einverständniserklärung vorliegt, ist lediglich „ein Indiz dafür, dass vor der Unterzeichnung überhaupt ein Aufklärungsgespräch über die Operation und deren mögliche Folgen“ stattgefunden hat.[602]

e) Das Konzept der Stufenaufklärung

472

Formblätter und Aufklärungsbögen wurden im juristischen Schrifttum als Belastung für den Patienten und Flucht in die „Formularjurisprudenz“ teilweise kritisiert, die Judikatur hatte anfangs sogar „ein fast gestörtes Verhältnis zu Aufklärungsformblättern und -bögen.[603] Den Kritikern ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Erteilung einer schriftlichen Grundinformation mit einem anschließenden Aufklärungsgespräch, also das ursprünglich auf Weißauer zurückgehende Konzept der „Stufenaufklärung“, zum einen sichert, dass die Aufklärung konkret und für den Patienten verständlich ist, und zum anderen das legitime Interesse des Arztes berücksichtigt, im Streitfall den Nachweis für die umfassende Aufklärung des Patienten zu führen und sich damit gegen ungerechtfertigte Ansprüche oder Vorwürfe zur Wehr setzen zu können. Insofern dient die Stufenaufklärung[604] in optimaler Weise sowohl den Interessen des Patienten als auch denen des Arztes. Das Gespräch zwischen Patient und Arzt ist unerlässlich, aber das Gespräch allein – ohne Dokumentation, ohne Aufklärungsbögen, ohne Zeugen oder ohne Video- oder Audioaufzeichnung – ist für den Arzt zu riskant und wird daher auch kaum noch praktiziert: Im Falle einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung oder eines Strafverfahrens steht der Arzt ohne Beweismittel da und sieht den Patienten als Kläger oder – im Strafverfahren – als „Kronzeugen“ gegen sich! Auch der BGH hält deshalb inzwischen „schriftliche Aufzeichnungen im Krankenblatt über die Durchführung des Aufklärungsgesprächs und seinen wesentlichen Inhalt“ für „dringend empfehlenswert“.[605] „Derartige schriftliche Hinweise sind heute weitgehend üblich und haben den Vorteil einer präzisen und umfassenden Beschreibung des Aufklärungsgegenstandes sowie der für den Arzt wesentlichen Beweisbarkeit.“[606] Denn die ärztliche Dokumentation hat die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich, so dass ihr Glauben zu schenken ist, wenn die Darstellung in sich schlüssig ist und durch entsprechende Eintragungen, z.B. handschriftliche Anmerkungen oder Skizzen gestützt wird.[607] Auch das „Patientenrechtegesetz“ geht von der Verwendung von „Aufklärungsbögen“ aus, wenn es verlangt, dass dem Patienten Abschriften von Unterlagen, die er im Zusammenhang mit der Aufklärung oder Einwilligung unterzeichnet hat, auszuhändigen sind[608] – und damit die Beweiskraft derartiger Unterlagen stärkt.[609]

14. Dokumentation und „Beweissicherung“

473

Wer dieses Konzept ablehnt, muss in anderer, geeigneter Form den Nachweis einer wirksamen Einwilligung (respektive eines wirksamen „Veto“) sichern und über die erteilte Einwilligung nach Aufklärung eine möglichst detaillierte Niederschrift fertigen[610] und in „heiklen Fällen“ auch einen zweiten Arzt, die Arzthelferin oder die Stationsschwester als Zeugen hinzuziehen. Denn allzu schnell verblasst bei den meisten Patienten die Erinnerung an den Inhalt des Aufklärungsgesprächs. Empirische Untersuchungen haben ergeben, dass schon einen Tag später mehr als die Hälfte nicht mehr wusste, überhaupt aufgeklärt worden zu sein, geschweige denn worüber.[611]

15. Keine „unbilligen Anforderungen“ an den Nachweis der Aufklärung

474

Allerdings hat der BGH einer möglichen Beweisnot des Arztes Berücksichtigung geschenkt und ausdrücklich betont, auch derjenige Arzt, „der keine Formulare benutzt und für den konkreten Einzelfall keine Zeugen zur Verfügung hat“, müsse „eine faire und reale Chance haben, den Beweis für die Durchführung und den Inhalt des Aufklärungsgesprächs zu führen“.[612] Dazu heißt es in der zitierten Entscheidung:

„Der Senat hat wiederholt darauf hingewiesen, dass an den dem Arzt obliegenden Beweis der ordnungsgemäßen Aufklärung des Patienten keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen […] Danach hat der Richter die besondere Situation […], in der sich der Arzt während der Behandlung des Patienten befindet, ebenso zu berücksichtigen wie die Gefahr, die sich aus dem Missbrauch seiner Beweislast durch den Patienten zu haftungsrechtlichen Zwecken ergeben kann. Ist einiger Beweis für ein gewissenhaftes Gespräch erbracht, sollte dem Arzt im Zweifel geglaubt werden, dass die Aufklärung im Einzelfall auch in der gebotenen Weise geschehen ist; dies auch mit Rücksicht darauf, dass aus vielerlei verständlichen Gründen Patienten sich im Nachhinein an den genauen Inhalt solcher Gespräche, die für sie etwa vor allem von therapeutischer Bedeutung waren, nicht mehr erinnern.“

„An das Fehlen einer Dokumentation darf keine allzu weitgehende Beweisskepsis geknüpft werden“[613]

16. „Ständige Übung“

475

Ausdrücklich erkennt der BGH in diesem Zusammenhang die indizielle Beweiskraft des regelmäßigen Aufklärungsverhaltens des Arztes für den konkreten Einzelfall an, d.h.: Kann der Arzt nachweisen, dass er generell vor einer bestimmten Maßnahme, z.B. der Amniozentese, den Patienten (die Patientin) über ein bestimmtes Risiko (das Abortrisiko[614]) zu informieren pflegt, lässt sich daraus der Schluss ziehen, dass auch in dem speziellen strittigen Fall „entsprechend dieser Übung verfahren“ worden ist. Hat ein Arzt als Zeuge keine konkrete Erinnerung mehr an das Aufklärungsgespräch, dann genügt zur Überzeugungsbildung des Gerichts, dass der Arzt die übliche Vorgehensweise bei der Aufklärung vor der betreffenden Operation in sich stimmig und nachvollziehbar schildert und zugleich bekräftigt, dass dieses „Programm“ ganz sicher immer eingehalten wird.[615] Dem Arzt, der in vergleichbaren Fällen ordnungsgemäß aufgeklärt hat, sollte „im Zweifel geglaubt werden, dass die Aufklärung auch im Einzelfall in der gebotenen Weise“ erfolgt ist.[616] Wenn die Tatsache eines Gesprächs zwischen Arzt und Patient außer Streit ist, kommt es daher „nicht darauf an, ob der Arzt oder sein Personal sich noch konkret an den Patienten und an den konkreten Inhalt“ des Gesprächs erinnern können: „Sofern nicht wichtige Gründe im Einzelfall dagegen sprechen, reicht es regelmäßig aus, wenn derartige Gespräche nach Art und Inhalt einer ständigen und ausnahmslosen Übung entsprechen“.[617] Ist aber strittig, ob überhaupt ein Aufklärungsgespräch stattgefunden hat, bietet der Hinweis auf eine „ständige Praxis“ der Aufklärung bei einem bestimmten Eingriff keinen Beweis.[618]

17. Wegfall der Aufklärungspflicht

476

Da die Aufklärung der Wissensvermittlung dient, entfällt diese Pflicht, wenn der Patient – oder der an seiner Stelle zur Entscheidung Berechtigte – das erforderliche Wissen bereits hat oder der Patient auf detaillierte Aufklärung (ausdrücklich, § 630e Abs. 3 BGB) verzichtet.

a) Vorinformierter Patient

477

Der Patient, der bereits ausreichend, gleichgültig woher – und von wem[619] –, informiert ist (z.B. durch eigenes (Fach-)Wissen,[620] persönliche Erfahrungen, frühere Aufklärung vor dem gleichen Eingriff)[621], bedarf keiner (wiederholten) Aufklärung. Jedoch muss sich der aufklärungspflichtige Arzt in seinem eigenen Interesse – er haftet schließlich, wenn der Eingriff wegen unwirksamer Einwilligung infolge von Aufklärungsmängeln rechtswidrig ist[622] – vergewissern, dass der Patient bzw. der an seiner Stelle zur Entscheidung Berechtigte die erforderlichen Kenntnisse besitzt. „Es ist Aufgabe des Arztes, der den Eingriff vornimmt und damit nach der Rechtsprechung des BGH eine tatbestandsmäßige Körperverletzung begeht, sich einer wirksamen Einwilligung des Patienten zu versichern. Dies gilt auch gegenüber einem fachlich gebildeten Patienten, es sei denn es liegt auf der Hand oder ist dem aufklärungspflichtigen Arzt bekannt, dass der Patient die Kenntnisse besitzt.“[623]

Dass bei Kenntnis der schlimmstmöglichen Folge die Aufklärungsbedürftigkeit zu verneinen ist,[624] erscheint zweifelhaft, da dem Patienten ein „realistisches Bild“ von den möglichen Folgen für seine Lebensgestaltung zu geben ist, und dafür können auch minder schwere Risiken von Bedeutung sein.[625]

b) Ausdrücklicher Verzicht

478

Keiner Information und Aufklärung bedarf der Patient, der auf die Information und Aufklärung ganz oder teilweise ausdrücklich verzichtet (§ 630e Abs. 3 BGB) hat[626] (z.B. auf die Mitteilung eines Befundes, die Information über den voraussichtlichen Krankheitsverlauf, Bedeutung, Tragweite und Risiken des Eingriffs u.a.).[627] „Das ‚Recht auf Nichtwissen‚ ist national und international anerkannt“.[628]

aa) Kein Blankoverzicht

479

Das wird allerdings nicht ohne weiteres einen „Blankoverzicht“ ermöglichen.[629] Für die Bestandteile der „Aufklärung“ (z.B. Sicherungs„aufklärung“), ohne die der gewünschte Heilerfolg nicht erzielt werden kann, ist ein Verzicht ohnehin nicht möglich. Auch muss der Patient „regelmäßig die Erforderlichkeit des Eingriffs kennen, dessen Art und sich zumindest des Umstandes bewusst sein, dass die Operation nicht ganz ohne Risiko verlaufe.“[630]

Im Hinblick auf die Risikoaufklärung kann der Patient hingegen zu mehr nicht gezwungen werden, insbesondere nicht dazu, sich mit der von ihm nicht gewünschten Darstellung von Risiken im Detail auseinandersetzen zu müssen – anders nur bei den Patienten, die indizierte Maßnahmen ablehnen; diese müssen die damit für sie verbundenen Konsequenzen kennen.

Für den Patienten, der eine nähere Darstellung nicht wünscht, wäre dies eine nicht gerechtfertigte „Übermaßaufklärung“: „Es gehört auch zur Selbstbestimmung des Patienten, dass er dem Arzt seines Vertrauens freie Hand geben darf, vielleicht in dem nicht unvernünftigen Bestreben, sich selbst die Beunruhigung durch Einzelheiten einer Gefahr zu ersparen, nachdem er sich bereits von der Notwendigkeit ihrer Inkaufnahme überzeugt hat“.[631]

Nach dem Gesetzeswortlaut ist ein stillschweigender Verzicht allerdings nicht mehr möglich.[632]

bb) Kein Verzicht durch Berechtigte?

480

Nach § 630e Abs. 3 BGB ist eine Aufklärung entbehrlich ist, wenn der Patient auf Aufklärung ausdrücklich verzichtet. Dies hat nach Meinung der Bundesregierung für einen Aufklärungsverzicht derjenigen, die bei Einwilligungsunfähigkeit des Patienten an seiner Stelle entscheiden, folgende Konsequenz:[633] „Einem zur Einwilligung Berechtigten sollte es ferner nicht möglich sein […] auf die Aufklärung über den Eingriff in die Rechtsgüter des Patienten zu verzichten.“ Ein Verzicht auf Aufklärung durch Bevollmächtigte oder Betreuer, aber auch durch Sorgeberechtige (Eltern) wäre dann nicht mehr möglich. Diese Auffassung spiegelt der Gesetzeswortlaut allerdings nicht wider.

c) Aufklärung „kontraindiziert“

481

Unter engen Voraussetzungen kann auf (nähere) Information und Aufklärung verzichtet werden, wenn die Information/Aufklärung für den Patienten kontraindiziert ist (infolge ernstlicher Gesundheits- oder Lebensgefahr für den Patienten,[634] zwingender therapeutischer Erwägungen oder bei Linderungsmaßnahmen für Sterbende[635], siehe auch §§ 630c Abs. 4, 630e Abs. 3 BGB)

d) Unmöglichkeit der Aufklärung

482

Ist die Aufklärung des Patienten nicht möglich ist, weil ihm die erforderliche Urteilsfähigkeit fehlt[636] und auch kein an seiner Stelle zur Entscheidung Berechtigter rechtzeitig vor dem Eingriff aufgeklärt werden kann (z.B. bei unaufschiebbaren, vital indizierten Operationen; § 630e Abs. 3, Hs. 2,Alt. 1 BGB), wird die Erfüllung der Aufklärungspflicht unmöglich.

18. Keine Haftung des Arztes trotz Verletzung der Aufklärungspflicht

483

Besteht in concreto eine Aufklärungspflicht und ist ihr der Arzt nicht oder nicht genügend nachgekommen, so folgt daraus jedoch noch nicht zwingend die Bejahung der Rechtswidrigkeit einer Körperverletzung oder Tötung. Zwei Einwendungen können dem vielmehr entgegenstehen: Der Erfolg liegt außerhalb des „Schutzbereichs der Norm“ oder es fehlt die Kausalität des Aufklärungsmangels.

a) Der Erfolg liegt außerhalb des „Schutzbereichs der Norm“

484

Bei dem Patienten hat sich nicht das Risiko verwirklicht, über das hätte aufgeklärt werden müssen, anders ausgedrückt, der strafrechtliche Erfolg liegt nicht im Schutzbereich der dem Beschuldigten obliegenden ärztlichen Aufklärungspflicht (siehe auch zur Einbettung in die objektive Zurechnung Rn. 348 ff.).[637]

Ein Beispiel aus der Praxis:

Nach den Feststellungen des Sachverständigen ist das Kind nicht an den Folgen eines Narkosezwischenfalls, sondern aufgrund von Komplikationen nach einem chirurgischen Eingriff gestorben. Dennoch richtete sich das Ermittlungsverfahren auch gegen den Anästhesisten, der beschuldigt wurde, die Eltern des Patienten nicht hinreichend über die Narkoserisiken aufgeklärt zu haben. Ob dieser Vorwurf zu Recht bestand oder nicht, konnte jedoch dahingestellt bleiben. Denn die Aufklärungspflicht des Anästhesisten hat den Zweck, den Patienten vor ihn überraschenden Narkosezwischenfällen zu schützen und zu verhindern, dass der Patient in ein Betäubungsverfahren einwilligt, dessen Risiken er nicht kennt. Da sich diese Narkoserisiken im konkreten Fall jedoch nicht verwirklicht hatten, sondern der Tod des Kindes auf chirurgische Maßnahmen zurückzuführen war, über deren Gefährlichkeit der Anästhesist nicht aufzuklären hatte, fällt der Tod des Kindes nicht in den Schutzbereich der Aufklärungspflicht des Anästhesisten. Das Verfahren gegen den Anästhesisten war daher einzustellen.

485

Im Grundsatz muss der Arzt für alle Folgen eines nicht auf einer wirksamen Einwilligung beruhenden Eingriffs einstehen, weil Mängel der Aufklärung zur Unwirksamkeit der Einwilligung führen, selbst dann, wenn sich das pflichtwidrig nicht genannte Risiko gar nicht verwirklicht hat.[638] Doch hat die Rechtsprechung erkannt, dass diese Konsequenz in bestimmten Fällen „unbillig“ ist und den Arzt – zunächst noch in engen Grenzen – von der Haftung für die Folgen des nicht gebilligten Eingriffs mangels „inneren Zurechnungszusammenhangs“ entlastet.[639] Wenn dem Arzt (irgend-) ein Aufklärungsfehler unterlaufen ist, führt dies nicht zwangsläufig dazu, dass er die Verantwortung für alle sich aus der Behandlung ergebenden Risiken zu tragen hat. Eine Beschränkung der Strafbarkeit kann sich vielmehr unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Norm[640] ergeben. „Wann im Einzelnen“ unter diesem Aspekt „die Strafbarkeit eines Arztes wegen unzureichender Patientenaufklärung entfällt, wenn sich als Folge eines mit Einwilligung des Patienten vorgenommenen Eingriffs“ ein außerhalb des Schutzbereichs der verletzten Aufklärungspflicht liegendes Risiko verwirklicht, hat der BGH offen gelassen.[641]

486

„Ein haftungsrechtlicher Zurechnungszusammenhang fehlt, wo die Aufklärungspflicht nicht die Verhinderung des konkret eingetretenen Schadens im Blick hat“.[642]Zum Schutzzweck etwaiger Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit lebenserhaltenden Maßnahmen (§ 1901b Abs. 1 S. 2 BGB, im konkreten Fall Therapiezieländerung bei Ernährung durch PEG-Sonde[643]) gehört es jedenfalls nicht, wirtschaftliche Belastungen, die mit dem Weiterleben verbunden sind, zu verhindern, insbesondere nicht, den Erben das Vermögen des Patienten möglichst ungeschmälert zu erhalten.[644]

Ist dem Patienten kein Hinweis auf das verwirklichte schwerstmögliche Risiko gegeben worden, so dass er sich von der Schwere und Tragweite des Eingriffs keine zutreffende Vorstellung machen konnte, führt dieser Mangel der Grundaufklärung[645] nach Sinn und Zweck der verletzten Norm dazu, dass der Eingriff mangels Einwilligung rechtswidrig und daher strafbar ist,[646] unabhängig von der Art des eingetretenen Schadens. Weist der Arzt z.B. vor einer Injektion lediglich auf die Möglichkeit eines vorübergehenden Taubheitsgefühls hin, während tatsächlich gravierende Risiken wie Entzündungsgefahr, Kreislauf- und Unverträglichkeitsreaktionen oder Nervenverletzungen drohen, so fehlt es an der erforderlichen Grundaufklärung. Unter diesen Umständen hat der Arzt auch dann zu haften, wenn sich ein besonders seltenes, an sich nicht aufklärungspflichtiges Risiko verwirklicht.[647] Denn der Arzt hat dann dem Patienten die Möglichkeit genommen, sich gegen den Eingriff zu entscheiden und dessen Folgen zu vermeiden.

Der Schutzzweckgedanke greift jedoch „jedenfalls“ dann haftungsausschließend ein, wenn der „Aufklärungsmangel lediglich in dem unterlassenen Hinweis auf Behandlungsalternativen“ besteht, der Patient aber „eine Grundaufklärung über die Art sowie den Schweregrad des Eingriffs erhalten hat und auch über die schwerstmögliche Beeinträchtigung informiert ist“, anders formuliert, wenn sich das spezifische Risiko der (nicht aufgeklärten) Behandlungsmethode überhaupt nicht realisiert hat.[648] Mit anderen Worten: Hat sich gerade das Risiko verwirklicht, über das der Patient aufgeklärt wurde, scheidet eine Haftung aus, mag es auch andere Aufklärungsdefizite geben.

487

Gegen eine haftungsrechtliche Zurechenbarkeit bei fehlendem Schutzzweckzusammenhang hat sich aus zivilrechtlicher Sicht[649] das überwiegende Schrifttum ausgesprochen, und auch der BGH hat im Zivilrecht die Grenzen der Einstandspflicht, „wie auch sonst im Haftungsrecht“, durch den „Schutzbereich der verletzten Verhaltensnorm“ begrenzt. Hat diese „ihrem Inhalt und Zweck nach nicht die Verhinderung des konkret eingetretenen Schadens im Blick, kann sie selbst bei einer Verletzung durch den Schädiger nicht Grundlage einer Haftung für diesen Schaden sein“.[650] Allerdings sind derartige Fälle, in denen aus Schutzzweckerwägungen eine Haftung des Arztes trotz unvollständiger Aufklärung entfällt, insgesamt eher selten und dadurch gekennzeichnet, dass kein sachlicher Grund dafür besteht, dem Arzt den Schaden des Patienten „nur wegen des in eine ganz andere Richtung zielenden Aufklärungsdefizits“ aufzubürden. „Zusätzlich wird es stets besonderer Prüfung bedürfen, ob der Patient bei zutreffender Unterrichtung auch über das Risiko, das sich nicht verwirklicht hat, in einen Entscheidungskonflikt darüber geraten wäre, ob er dem Eingriff zustimmen soll oder nicht“.[651] Denn „im Grundsatz“ gelte, „dass Aufklärungsdefizite, unabhängig davon, ob sich ein aufklärungspflichtiges Risiko verwirklicht hat oder nicht, den Eingriff insgesamt wegen der fehlenden Einwilligung rechtswidrig machen und deswegen bei Vorliegen eines Verschuldens des Arztes im Grundsatz zur Haftung für alle Schadensfolgen aus der Behandlung führen“.[652]

488

Deshalb bejahte der BGH die Haftung des Arztes im Fall einer intraartikulären Injektion eines cortisonhaltigen Mittels in das Schultergelenk, bei der die – wenn auch seltene – Gefahr einer Infektion des Gelenks mit der möglichen Folge einer Schulterversteifung aufklärungspflichtig war. Diese Infektion hat sich als nicht voll beherrschbar erwiesen und infolge einer Sepsis zum Tod des Patienten geführt. Nach Ansicht des BGH

„gehört dieser Schaden, der Tod des Patienten, nicht einem anderen, mit dem allgemeinen Eingriffsrisiko nicht zusammenhängenden Bereich an, sondern ist im Gegenteil gerade Ausfluss des bei der Aufklärung im Großen und Ganzen anzusprechenden, unter Umständen folgenschweren Infektionsrisikos. Er fällt deshalb nicht aus dem Schutzbereich der verletzten Verhaltensnorm heraus und ist deshalb vom Arzt zu ersetzen.“[653]

489

Die jüngeren Entscheidungen des BGH zeigen allerdings eine gewisse Ausweitung der Haftungsfreistellung des Arztes aus Schutzzweckerwägungen. Danach haftet der Arzt nicht, wenn sich nur das Risiko verwirklicht hat, über das aufgeklärt worden ist, obwohl über andere – nicht verwirklichte – Risiken keine Aufklärung erfolgte,[654] denn der Patient hat seine Einwilligung in Kenntnis des eingetretenen Risikos erteilt. „Hat sich ein Eingriffsrisiko verwirklicht, über das der Patient aufgeklärt worden ist, entfällt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshof […] eine Aufklärungsfehlerhaftung regelmäßig auch dann, wenn der Patient über andere Risiken nicht aufgeklärt worden ist, die sich nicht verwirklicht haben […] denn wenn der Patient in Kenntnis des verwirklichten Risiko seine Einwilligung erteilt hat, sind Überlegungen dazu, ob er seine Zustimmung mit Blick auf ein anderes Risiko möglicherweise versagt hätte, notwendigerweise spekulativ und können nicht Grundlage für einen Schadenersatz sein“[655] „Vielmehr kann aus dem Eingriff keine Haftung hergeleitet werden, wenn der Patient in Kenntnis des verwirklichten Risikos seine Einwilligung erteilt hat.“[656]

Der Arzt haftet ferner auch dann nicht, wenn sich nur nicht aufklärungspflichtige Risiken realisiert haben, der Patient aber zumindest eine „Grundaufklärung“[657] durch Unterrichtung über das schwerste in Betracht kommende Risiko erhalten hat.[658] Die zum Schutzzweckzusammenhang ergangene Zivilrechtsjudikatur lässt sich so zusammen, dass die Haftung letztlich (nur) dann entfällt, „wenn sich die Berufung auf den Aufklärungsmangel als Missbrauch der Aufklärungspflicht durch den Patienten darstellt“.[659]

Wenn schon das Zivilrecht, das nach großzügigen, objektiveren Maßstäben urteilt, die Haftung des Arztes für Aufklärungsmängel, wie skizziert, begrenzt, so muss dies unter dem Aspekt der Einheit der Rechtsordnung für das Strafrecht, das subjektives Fehlverhalten im Fokus hat, erst recht gelten.

Türler ve etiketler
Yaş sınırı:
0+
Hacim:
2510 s. 1 illüstrasyon
ISBN:
9783811406421
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip