Kitabı oku: «DANGEROUS BEND», sayfa 3

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DREI

Jetzt geht es mir besser.

Zurück im Hotel habe ich mir eine Dusche gegönnt und fühle mich wie neu geboren.

Vom Mittagessen noch gesättigt lasse ich das Abendessen ausfallen und begebe mich an die Bar am Pool.

Rund um den Pool sind etliche kleine Tische mit jeweils vier Stühlen aufgestellt und man hat von hier aus einen beeindruckenden Blick aufs Meer.

Es beginnt bereits zu dämmern und über dem Meer lässt die langsam untergehende Sonne das Meer noch ein letztes Mal in den unterschiedlichsten Rottönen aufleuchten.

Da die meisten Urlauber noch beim Abendessen sitzen, finde ich schnell einen freien Platz und mache es mir mit einem Glas Bier gemütlich, als zwei Männer an meinen Tisch treten, von denen einer mich anspricht.

Würdest du nicht rauchen, würden wir uns zu dir setzen.

Nun, erwidere ich freundlich lächelnd.

Man muss auch mal Glück haben!

Ich kann förmlich sehen, wie es ihm die Sprache verschlägt, der Typ ist sichtlich verärgert über meine Antwort, während sein Begleiter sich belustigt wegdreht, mir zu zwinkert und seinem Freund folgt, als dieser sich wortlos umdreht und wütend davon stapft.

Klar, dies war nicht die freundlichste Erwiderung, aber mal ganz ehrlich, was war das denn für eine Anmache?

Außerdem ist das Letzte was ich hier suche – Anschluss.

Ich möchte nur meine Ruhe haben und ich fand meine Erwiderung eigentlich sogar recht witzig.

Die sahen Beide ziemlich gut aus, kann mir gut vorstellen, dass sie es nicht gewöhnt sind, eine Abfuhr zu erhalten.

Na ja, irgendwann ist immer das erste Mal.

***

Das war eine gepfefferte Abfuhr, schmunzelt Nikos Sarikakis, der Inhaber der Hotelanlage, am Nebentisch und sieht sich die Frau interessiert näher an.

Auf den ersten Blick ist ihm gar nicht aufgefallen, wie schön sie ist.

Was wohl an den straff nach hinten gebunden Haaren liegen mag.

Jetzt, als er die Frau näher betrachtet, fallen ihm ihre außergewöhnlich hohen Wangenknochen, die vollen Lippen und ihre zwar nicht gerade kleine, aber sehr schön geformte Nase auf.

Einzeln betrachtet sind die Teile ihres Gesichtes eher etwas zu groß und zu markant, aber im Zusammenspiel ergeben sie ein sehr harmonisches Bild, welches er, wie er zugeben muss, als schön empfindet.

Als hätte die Frau gespürt, dass sie beobachtet wird, dreht sich die Schöne zu ihm um und lächelt ihn an.

Gerne hätte er das Lächeln erwidert, doch als er nun ihre Augen sieht, die von dunklen, langen Wimpern eingerahmt, in einem leuchtenden Smaragdgrün erstrahlen, ist er für eine Sekunde einfach nur baff und bevor er die richtigen Worte finden kann, dreht sie sich schon wieder weg.

Noch niemals hat er eine solche Augenfarbe gesehen.

Ihre langen, dichten Wimpern rahmen die leicht schräg stehenden, großen Augen ein und lassen das leuchtende Grün noch intensiver erscheinen.

Erst jetzt fällt ihm auf, wie schön ihre rotblonden Haare im hellen Licht der beleuchteten Poollandschaft schimmern.

Versonnen, lächelnd erhebt er sich und tritt an die Bar, um sich ein neues Getränk geben zu lassen.

Es amüsiert ihn, wie sehr er bei dieser Frau ins Schwärmen gerät, vor allem weil es schon sehr lange her ist, dass ihn überhaupt eine Frau interessiert hat.

Seit vor drei Jahren seine Frau Maria bei einem Autounfall tödlich verunglückt ist, hat er weder an eine andere Frau gedacht, noch eine angesehen.

Nikos vergräbt sich seit diesem Vorfall, in seine Arbeit und vermeidet, wenn irgend möglich, den Kontakt zu anderen Menschen.

Er isoliert sich immer mehr von der Welt, was zu seinem Bedauern, viel zu oft, zu heftigen Auseinandersetzungen mit seiner Schwester Eleanna führt.

Insgeheim weiß er auch, dass sie Recht hat, es ist nicht gesund sich so zurück zuziehen, eine Trauerzeit ist in Ordnung und jeder muss sich die Zeit nehmen, die er dafür braucht, aber drei Jahre sind eine sehr lange Zeit, er weiß das und doch ist er noch nicht bereit, oder gewillt, wieder am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Er muss wieder unter die Leute, tief in sich drin weiß er das auch, für den Moment reichen jedoch seine beruflichen Kontakte völlig aus.

Maria war seine große Liebe und dass der Unfall sich kurz vor ihrer geplanten Hochzeit ereignet hat, verstört und belastet Nicos ebenso, wie die Tatsache, dass bei dieser Tragödie auch seine geliebte Mutter ihr Leben lassen musste.

Es ist bis heute schwer für ihn, diesen doppelten Verlust zu verkraften.

Umso mehr überrascht ihn seine Reaktion auf diesen Gast und er kann nur über sich selbst lächeln.

Wieder zurück an seinem Platz, setzt er seine Beobachtung diskret fort.

Die Schöne hat ihre Sitzhaltung verändert und blickt nun in seine Richtung, doch sie nimmt ihn nicht wahr, sieht durch ihn hindurch und Nicos stellt zum wiederholten Male schwärmerisch fest, wie schön ihre Augen sind.

Allerdings sehen sie jetzt, da sie nicht lächelt und anscheinend mit den Gedanken ganz weit weg ist, völlig verändert aus.

Er hat den Eindruck, die Farbe wäre auf einmal dunkler geworden, sie wirkt traurig.

Ihre Augen sind voller Leid und Schmerz, er wendet sich ab, so sehr wühlt ihn die Traurigkeit auf, welche er in ihren Augen sieht.

Eben machte sie noch einen witzigen, schlagfertigen Eindruck und jetzt sieht sie so verletzlich aus, dass er sie am liebsten in den Arm nehmen würde.

Nikos schüttelt seinen Kopf, wie um diese Gedanken los zu werden.

Was ist mit ihm los, er kennt diese Frau überhaupt nicht.

Wieso reagiert er so stark auf sie?

Hätte sie eine Ähnlichkeit mit seiner verstorbenen Frau Maria, so könnte er sich seine Reaktion noch erklären, aber so.

Seine geliebte Maria hatte glänzendes, pechschwarzes Haar und dunkle, tief blaue Augen, in denen er regelrecht versunken ist. Sie strahlte mit jeder Pore ihres Daseins eine ansteckende Lebensfreude aus. Wo er mit ihr auch hinkam, sie war sofort im Mittelpunkt und ihre, immer gute Laune war einfach ansteckend.

Obwohl sie nur eine sehr kleine, zierliche Frau war, konnte sich doch niemand ihrem Charme entziehen.

Diese Frau am Tisch ihm gegenüber dagegen, ist auffallend groß, sie wirkt selbstbewusst und hat einen ausgesprochen durchtrainierten, muskulösen Körper, ob sie wohl Tänzerin ist?

Sie ist sehr schlank, aber man sieht, dass ihre Gestalt, wie bei einem Sportler, sehr definiert ist. Im Moment macht sie allerdings einen eher gehetzten bis ängstlichen Eindruck, als ob sie auf der Hut vor etwas wäre.

Extrem Aufmerksam, bis fast nervös.

Ob sie wohl Probleme hat?

Wieder macht sich Nikos Gedanken über eine Frau, die er weder kennt, noch ihn irgendetwas angeht und doch würde er sie sehr gerne ansprechen. Er spürt plötzlich, dass er sie gerne noch einmal zum Lächeln bringen würde.

***

Obwohl ich mich seit meiner Landung in Griechenland sehr sicher fühle, schweifen meine Gedanken kurz ab und ich blicke mich unsicher um, ob sich jemand besonders für mich interessiert. Eine lästige Angewohnheit, die ich einfach nicht ablegen kann.

Der Typ neben mir gafft mich schon seit Minuten an.

Ich hätte mein Kopftuch nicht abnehmen sollen.

Wenn der mich jetzt auch noch anspricht, raste ich aus.

Tatsächlich, er kommt rüber.

Darf ich sie zu einem Getränk einladen?

Stocksauer wende ich mich dem Typen zu und habe schon eine scharfe Erwiderung auf den Lippen, als ich in seine Augen sehe.

Wow, noch niemals habe ich ein solch tiefes, wunderschönes Blau gesehen.

Völlig fasziniert vergesse ich meine scharfe Erwiderung.

Sie haben die schönsten blauen Augen, die ich je gesehen habe.

Habe ich das jetzt laut gesagt?

Bitte entschuldigen sie mich, ich bin total übermüdet, setze ich schnell hinzu.

Beschämt darüber, mein Erstaunen über seine wunderschöne Augenfarbe laut ausgesprochen zu haben, erhebe ich mich abrupt und verlasse so schnell als möglich den Poolbereich.

Der Typ hat mich echt kalt erwischt.

Nicht nur dass er tatsächlich die schönste Augenfarbe hat, die ich je gesehen habe,

der Kerl sieht auch noch aus wie ein griechischer Adonis.

Männliche markante Gesichtszüge, eine große aber wunderschöne Nase und Lippen, die sofort zum Küssen auffordern. Sein volles, fast schwarzes Haar glänzt im Licht der Lampen wie Seide.

Der maßgeschneiderte, helle Sommeranzug kann den traumhaften Körperbau dieses Mannes nicht verbergen. Er ist groß, schlank aber nicht zu dünn, sein muskulöser Körper ist durch sein Hemd viel zu deutlich zu erahnen.

Dieser Mann hat die Ausstrahlung eins edlen Reitpferdes.

Mann, ich hatte schon lange keinen Mann mehr!

Scheiße, so blamiert habe ich mich glaube ich noch nie.

Ich bin wirklich total übermüdet und schäme mich dafür, dass ich einfach die Flucht ergriffen habe, was muss der Mann von mir denken?

Der hält mich doch für komplett bescheuert.

Hoffentlich läuft mir der nicht noch einmal über den Weg.

Obwohl – schade wäre es schon, selten so einen schönen Mann gesehen.

VIER

Nach dem peinlichen Abgang von gestern Abend, möchte ich heute nur noch meine Ruhe haben.

Da ich früher als erwartet eingeschlafen bin, erwachte ich heute Morgen sehr früh, habe mir meine Yogamatte geschnappt und laufe jetzt, am völlig menschenleeren Strand entlang, um einen schönen Platz für meine Übungen zu suchen.

Da um diese Uhrzeit nur sehr wenig Menschen unterwegs sind, empfängt mich am Strand eine angenehme Ruhe.

Die nahe, stark befahrene Straße ist nicht zu hören, nur Stille und das meditative Geräusch der Brandung, stimmen mich auf eine entspannte Yogastunde ein.

Gut gelaunt und voller Tatendrang schlendere ich an dem Nachbarhotel vorbei, ansonsten ist der Strand, soweit das Auge reicht, völlig frei von Gebäuden. Links neben mir erhebt sich ein Steilhang aus rotbraunem Sand, der oben mit Graß bewachsen ist, auf der rechten Seite das weite blaue Meer.

Nachdem ich eine Weile am Strand entlang wandere sehe ich oben auf dem Hang ein Haus, welches durch steile Steinstufen einen Zugang zum Meer bietet, es sieht unbewohnt aus.

Nach etwa zehn Minuten komme ich an eine weitere, in den Sand gehauene Steintreppe, auch hier sehe ich oberhalb der Stufen, in einiger Entfernung ein großes Haus stehen, auch dieses scheint zur Zeit unbewohnt zu sein. Ich erklimme deshalb mutig die Stufen und stehe auf einem, mit dichtem Gras bewachsenen, Grundstück.

Sicherlich gehört es jemandem, aber da ich keine Bewegung wahrnehme, kein Auto am Haus steht und es für mich völlig verlassen aussieht, breite ich meine Matte aus und beginne mit dem Blick auf das morgendliche, völlig still und ruhig daliegende Meer, mit einer kleinen Meditation.

Weit unter mir höre ich die leise Brandung, in weiter Ferne schreien Möwen und unzählige Schwalben schwirren hinter mir durch die Bäume des großzügig angelegten Grundstücks.

Natürlich weiß ich, dass ich mich auf einem fremden Grundstück befinde, aber diese völlige Stille zieht mich in ihren Bann, so dass ich keinen weiteren Gedanken daran verschwende.

Was kann schon passieren – der Eigentümer kann mich wegschicken.

So what.

Es gibt kaum etwas Schöneres, als Yoga an frischer Luft.

Ich praktiziere seit sechs Jahren Yoga, die ersten drei Jahre in einem Studio, doch dann habe ich angefangen, es in meinen Alltag zu integrieren und seit dem spare ich mir die Kosten.

Ich genieße es, wie ich mit jeder Übung gelenkiger und gedehnter werde.

Die Sonne geht hinter meinem Rücken auf, da ich mich für die Blickrichtung Meer entschieden habe, aber dennoch bekomme ich zum ersten Mal das Gefühl, zu wissen, warum die Dehnungsübungen „Sonnengruß“ genannt werden.

Nach etwa einer guten halben Stunde bin ich gedehnt und meine Muskulatur ist warm genug, um mit Wing Chun zu beginnen.

Dabei handelt es sich um einen chinesischen Kampfkunststil – Kung-Fu-Stil.

Eine Kampfkunst bei der hauptsächlich direkte Fauststöße, Fingerstiche oder Handkantenschläge eingesetzt werden. In fast allen Schulen wird „Vollkontakt“ trainiert, soll heißen, dass die Schläge nicht nur angedeutet, sondern voll ausgeführt werden, daher auch die Bezeichnung „Vollkontakt“. Es wird sehr wenig Rücksicht darauf genommen, wie lange man bereits trainiert.

Ein sehr hartes Training, bei dem man sehr schnell lernen sollte, möchte man Schmerzen vermeiden.

Ein typisches Trainingsgerät ist das MUK Yan Yong, zu Deutsch, „Holzpuppe“.

Hierbei handelt es sich um ein dickes, hartes Rundholz, welches auf einem Vierkantholz befestig ist, wahlweise auch direkt im Boden eingelassen, aus dem drei bis vier schmale Rundhölzer herausragen, gegen die im Training abwechselnd geschlagen wird. Zugeschlagen wird mit der Hand und dem Fuß, wobei beim Wing Chun nicht höher als bis zur Hüfte getreten wird.

Der tiefere Sinn des Trainings an der Holzpuppe ist, die Verfeinerung der Schlagtechnik, sowie die Abhärtung der Hände und Beine. Ferner ist das Ziel, sich gegen stärkere, nicht nachgebende Gegner durch zu setzten.

Nicht zuletzt, dient die Puppe als Ersatz für einen Trainingspartner.

Die GSG9 der Bundespolizei, sowie Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr, werden in dieser Kampftechnik ausgebildet. Durch die Polizei, genauer gesagt, meinen Kontakt im Zeugenschutz, bin ich auf diese Kampfsportart erst aufmerksam geworden.

Ich habe mich auch schon während ich noch im Zeugenschutzprogramm war nicht wirklich sicher gefühlt und suchte immer nach etwas, was mir dabei hilft, mich selbst zu verteidigen, sollte dies nötig werden.

Als es in einem der wenigen Begegnungen mit meinem Kontakt aus dem Zeugenschutz darum ging, wie verunsichert ich mich fühle, wurde ich auf Wing Chun hingewiesen.

Ich habe mich dann schlau gemacht und festgestellt, dass dies für mich genau die richtige Technik ist.

So konnte ich in den letzten Jahren Handkantenschläge lernen, mit denen ich einen weit stärkeren Mann, in Sekunden außer Gefecht setzen kann.

Diese Technik braucht im Gegensatz zu anderen Kampfsportarten wenig Platz und ist meiner Meinung nach für Frauen bestens geeignet.

Ich kenne allein vier Schläge, die auch eine untrainierte Frau anwenden könnte um sich einen Mann vom Leib zu halten.

Einer ist mit viel Training sogar tödlich.

Einen Tritt kennt jede Frau, den Tritt zwischen die Beine.

Nur keine Scham, wenn es um die Unversehrtheit von Leib und Leben geht, ist alles erlaubt.

Das Erste, was ich feststellen musste, als ich zu trainieren begann, war, dass wir Frauen generell ein Problem damit haben, zu zuschlagen.

Jungs lernen dies von klein auf, wir Frauen müssen uns erst dazu überwinden, bzw. dies Trainieren. Es kostete mich Anfangs wirklich Überwindung richtig, mit voller Kraft zu zutreten.

Heute trainiere ich mindestens vier Mal die Woche, allerdings nicht mehr im Studio, denn für mich sind nur vier Schläge wirklich wichtig.

Ich kann es mir nicht leisten, es auf einen fairen Kampf ankommen zu lassen, sollte mich die Vergangenheit wirklich einmal einholen, bleibt mir keine Zeit für faire Kämpfe.

Da ich meine leichten Boxhandschuhe nicht mit in den Urlaub genommen habe, mache ich nur Gleichgewichtsübungen und einige Schrittfolgen aus dem Wing Chun.

An den Bäumen könnte ich zwar super meine Hände und damit meine Schlagkraft trainieren, doch ohne Handschuhe macht es wenig Sinn.

Ich erinnere mich noch an die ersten Monate, als ich verbissen, an der Holzpuppe trainiert habe und dabei meine Hände und Unterarme total ruinierte. Obwohl ich inzwischen seit zwei Jahren nur noch Sporthandschuhe trage, sieht man immer noch die alten Vernarbungen.

Ich hatte mir die Hände blutig geschlagen und jeder einzelne Knochen an meiner Hand war schon einmal gebrochen.

Irgendwann meinte dann mein Trainer, entweder ich steige auf Handschuhe um, oder ich darf nicht mehr weiter in seinem Studio trainieren.

FÜNF

Nach einem ausgiebigen Frühstückt liege ich nun endlich das erste Mal am Strand.

Entweder ist es heute wärmer als Gestern, oder ich empfinde es lediglich so.

Egal, jetzt kann der Urlaub beginnen.

Die Sonne strahlt vom wolkenlos blauen Himmel, ein leichter Wind weht und ich habe „Krieg und Frieden“ von Leo Tolstoi, ein Wälzer mit 1500 Seiten dabei und kann es kaum erwarten, endlich damit zu beginnen. Ich liebe russische Schriftsteller, mein absoluter Favorit ist Dostojewski, ich habe alle Bücher von ihm bereits mehrfach gelesen. Alles 1000 Seiten Wälzer.

Meine Nachbarin und Freundin hält mich für verrückt, sie ist schon mit Bücher ab 300 Seiten überfordert, bzw. liest lieber kurze Romane. Für mich kann die Lektüre nicht dick genug sein.

Ich genieße jede Minute in vollen Zügen. Das Hotel ist um diese Jahreszeit bei weitem nicht ausgebucht und ich habe die freie Auswahl bei der Suche nach einem Liegestuhl am Strand.

Meine wenigen Sachen sind schnell ausgebreitet und ein Rundblick über diesen Strandabschnitt zeigt mir, dass meiner Meinung nach, bei Vollbelegung des Hotels nicht ausreichend Sonnenschirme vorhanden sind, aber das muss mich jetzt nicht beunruhigen, ich habe einen schönen Platz, etwas Abseits gefunden und hoffe darauf, dass ich wenigstens für ein paar Stunden meine Ruhe habe.

An der Poolbar kann man sich an der Kaffeemaschine selbst bedienen, was mir sehr gut gefällt und ich habe mir auf dem Weg zum Strand eine Tasse mitgenommen. Jetzt genieße ich den Cappuccino, der überraschend gut schmeckt, genehmige mir eine Zigarette dazu und schaue einfach nur aufs Meer.

Diese Weite, die unterschiedlichen Farben, je nach Wassertiefe ändert sich das Blau des Meeres, wird je weiter der Blick reicht immer dunkler, nur ab und zu unterbrochen durch helle, schon fast smaragdgrün schimmernde Stellen, an denen das Wasser plötzlich wieder niedriger wird. Kleine grüne Inseln in dem sonst tiefblauen Meer. Der sanfte, gleichmäßige Wellengang und das leise Rauschen des ruhigen Wassers, wirken auf mich wie eine Meditation. Weit draußen, kaum noch zu erkennen, sehe ich ein kleines Segelboot, welches das malerische Bild abrundet.

Genauso habe ich mir meinen Urlaub vorgestellt.

Das blaue Meer, die wärmende Sonne, der helle Sandstrand und ein gutes Buch.

SECHS

Nicos, geht entgegen seiner Gewohnheit auch an diesem Abend wieder an die Poolbar. Hätte ihm jemand gesagt, dass er nur hier ist um den weiblichen Gast von gestern wieder zu sehen, hätte er entrüstet dementiert.

Doch seine Augen wandern unruhig hin und her und er hofft darauf, sie wieder zu sehen, wenn er dies auch nicht einmal vor sich selbst zugegeben hätte.

Im Grunde ist es gar nicht seine Art, an zwei Abenden hintereinander im Hotel vorbei zu sehen. In all den Jahren ist es eine liebe Gewohnheit geworden, sich einmal die Woche unter die Hotelgäste zu mischen, ohne dass jemand ahnt, dass er der Eigentümer ist. Er bleibt immer diskret im Hintergrund, um die Geschäfte kümmern sich seine Angestellten.

Seine Schwester Eleanna belächelt ihn deshalb hin und wieder und zieht ihn damit auf, dass dieses Hotel lediglich ein Hobby für ihn sei.

Der Reichtum der Familie Sarikakis gründet auf der Verpachtung von Schiffen.

Sein Vater Costa Sarikatis hat „Costaline“ 1975 in Athen gegründet und ist heute mit 60 Containerschiffen, die seine florierende Reederei verchartert, einer der wichtigsten Eigner weltweit.

Während sein Vater nur noch bei langjährigen Kunden die Verhandlungen führt, ist Nicos, mit Unterstützung seiner Schwester, heute der Geschäftsführer des Unternehmens. Sein Bruder Alexis war bis vor zwei Jahren ebenfalls in die Geschäfte eingebunden, wurde aber, nachdem herauskam, dass mit seinem Wissen und Duldung, Drogen in einem Charterschiff geschmuggelt wurden, von Costa Sarikatis, aus dem Geschäft und der Familie verstoßen.

Eleanna und Nicos haben, ohne Wissen und Duldung des Vaters, den Kontakt zu ihrem Bruder nicht komplett abgebrochen.

Sie waren ebenfalls sehr verärgert, hatte doch Alexis mit seinem Verhalten, ihre gesamte Existenz aufs Spiel gesetzt, aber sich ganz von ihm abzuwenden, bringen sie nicht übers Herz.

Ihr Vater, Costa Sarikakis, musste Alexis an die Polizei ausliefern und glaubhaft versichern, dass keiner etwas von seinen Machenschaften wusste, anderenfalls hätte die Reederei geschlossen werden können.

So sind sie mit einem blauen Auge davongekommen, denn die Angelegenheit ging damals durch die Presse und einige ihrer besten Kunden haben daraufhin ihre Verträge aufgekündigt und zum ersten Mal, seit Bestehen der Reederei lagen über Monate einige Schiffe im Hafen.

Bereits 1980, fünf Jahre nach Gründung, stand schon einmal ein Verdacht im Raum, mit „Costaline“ könnte man „alles“ transportieren. Costa Sarikakis hatte damals die Reederei mit einem Partner gegründet und stand nach fünf Jahren, wegen der Gerüchten über Schmuggel, kurz vor dem Ruin.

Er trennte sich damals kurzerhand von seinem Partner, dem man zwar nicht wirklich etwas nachweisen konnte, aber irgendetwas bleibt immer hängen, verkleinerte seine Flotte deutlich und baute ab diesem Zeitpunkt, im Alleingang, sein Imperium auf.

Seine harte und unbarmherzige Reaktion in Bezug auf seinen Sohn, wird verständlicher, kennt man diesen Hintergrund.

Alexis, der Zwillingsbruder von Nicos, war schon immer das Sorgenkind.

Die beiden Männer gleichen sich, wie ein Ei dem anderen, doch ihre Charaktere unterscheiden sich vollkommen.

Nicos war von klein auf immer der Ruhige, hat gern gelernt und versucht, mit allen gut auszukommen.

Alexis dagegen, machte von Anfang an Probleme.

Als Zweitgeborener, obwohl nur zwei Minuten später geschlüpft, hat er immer und in allem versucht, besser zu sein als sein Bruder. Er verbrauchte seine gesamte Energie damit, Nicos bei jeder Gelegenheit zu übertrumpfen.

Dieser Konkurrenzkampf kostete ihn wohl so viel Kraft, dass er, obwohl er sicherlich die gleichen Anlagen wie sein Bruder hatte, doch nicht an dessen Erfolg heranreichen konnte. Er kam weder an die schulischen Leistungen von Nicos heran, noch war er sehr beliebt bei seinen Mitschülern und bildete sich auch ein, dass seine Eltern, Nicos bevorzugen würden.

Irgendwann gab er den Kampf auf, besser sein zu wollen als Nicos und verfiel ins Gegenteil. Die seiner Meinung nach mangelnde Aufmerksamkeit seiner Eltern, meinte er nun damit zu bekommen, dass er gegen alle aufgestellten Regeln verstieß.

Er verhielt sich nur noch renitent und aufsässig.

Seine Eltern, allen voran sein Vater, hätte ihn sicher gerne in einem Internat untergebracht, wenn Nicos seinen Bruder nicht so sehr geliebt hätte und seinen Vater immer wieder davon überzeugen konnte, dass Alexis nur eine Phase durchmacht und sich sein Verhalten schon bald wieder ändern würde.

Mit den Jahren wurde Alexis auch tatsächlich umgänglicher, seine Schwester Eleanna wurde geboren und ohne Konkurrenzkampf konnte er sie von Herzen lieben, außerdem kam er zu diesem Zeitpunkt zum ersten Mal mit Drogen in Kontakt.

Mit Drogen und Alkohol schaffte es Alexis seine Gefühle zu unterdrücken, er erschien dadurch nach außen hin ruhiger und es gelang ihm auch, seine Sucht über Jahre ausgezeichnet vor der Familie zu verbergen.

Nach Schule und Studium stieg er wie Nicos in die Reederei seines Vaters ein und niemand hatte auch nur den Hauch einer Ahnung, dass Alexis Drogen konsumiert, viel zu viel trinkt und immer häufiger an Spieltischen zu Hause ist.

Spielschulden waren es dann auch, die ihn zu diesem Schmuggelgeschäft verleiteten, er braucht dringend und vor allem schnell viel Geld.

Alexis bereute dies sehr und die Familie glaubte ihm auch, aber das Oberhaupt Costa Sarikakis blieb hart.

Vielleicht hätte seine Mutter, das Herz des Vaters, nach einiger Zeit wieder erweichen können, doch so viel Zeit blieb ihr leider nicht.

An einem lauen Sommerabend vor knapp drei Jahren, kurz nachdem Alexis aus der Familie verstoßen wurde, war Ramona Sarikakis mit Nicos Verlobten Maria auf dem Weg von Thessaloniki nach Athen, als den Beiden auf der Autobahn ein Geisterfahrer entgegen kam und die Frauen, bei diesem Unfall, in den Tod riss.

Costa Sarikakis hat sich nach diesem Unglück fast komplett aus der Reederei zurückgezogen, er hat den Verlust seiner geliebten Ehefrau bis heute nicht überwunden.

Ebenso sein Sohn Nicos.

Maria und er wollten vier Wochen nach diesem tragischen Unglück heiraten.

Die Hochzeit war schon komplett geplant, alle Gäste geladen, die Location ausgesucht und das Aufgebot gestellt.

Als Nicos damals durch einen Polizeibeamten, vom Tod seiner geliebten Maria erfahren hatte, glaubte er nicht ohne sie weiterleben zu können. Er sah von jetzt auf gleich keinen Sinn mehr im Leben, fiel in ein tiefes, schwarzes Loch, aus dem ihn, mit viel Geduld und noch mehr Liebe, einzig seine Schwester, wieder heraus geholfen hat.

Das Hotel, was Eleanna bis heute nicht weiß, war eine Idee von Maria.

Sie hatten Pläne, wollten Kinder und ein Traum von ihr war es, irgendwann einmal ein eigenes Hotel zu führen.

Nicos wollte ihr diesen Traum postum erfüllen und kniete sich zwölf Monate, neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Reederei, in die Arbeit. Dies half ihm bei der Bewältigung seiner Trauer und die Hotelanlage wird ihn immer an Maria erinnern, denn dies war ihr Traum.

Deshalb ist es ihm auch nicht wichtig, wie viel Gewinn dieses Geschäft abwirft, was wiederum Eleanna dazu verleitet, ihn immer wieder auf zu ziehen und sein Hotel ein Spielzeug zu nennen, sie kennt die Hintergründe nicht.

Anfangs wollte er ihr sagen, warum ihm das Hotel so viel bedeutet, doch irgendwie hatte es sich nicht ergeben und später war es ihm nicht mehr so wichtig.

Heute lächelt er darüber, wenn sie ihn damit aufzieht, denn das ist sein kleines Geheimnis, welches er immer noch mit Maria teilt und ihn auf ewig mit ihr verbindet.

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