Kitabı oku: «Handbuch Hamburger Polizei- und Ordnungsrecht für Studium und Praxis», sayfa 4

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b) Kompetenzgrundlage

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Die DSRL-JI wurde unter Bezugnahme auf die EU-Kompetenz in Art. 16 Abs. 2 AEUV (Vorschriften zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und über den freien Datenverkehr) verabschiedet.103 Diese Kompetenzgrundlage ist nicht unumstritten, auch wenn – anders als etwa bei der DSGVO – vergleichsweise wenig davon von der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde: Kritiker verweisen auf den Annexcharakter des Datenschutzrechts. Die EU dürfe nur dann Gesetze über den Schutz natürlicher Personen bei der mitgliedstaatlichen Verarbeitung der benötigten personenbezogener Daten erlassen, wenn auch der Bereich, für den Daten verarbeitet werden, dem Unionsrecht unterfällt.104 Wer den bereichsspezifischen Datenschutz im Polizeirecht reguliere, reguliere auch das Polizeirecht. Denn im Polizeirecht sei das bereichsspezifische Datenschutzrecht vom Fachrecht gar nicht mehr zu trennen. Der Datenschutz löse hier einen „Kompetenzsog der EU“ aus.105 Durch die DSRL-JI finde zudem eine Teilharmonisierung im Bereich der inneren Sicherheit (Polizeirecht, Strafrecht) statt, der grundsätzlich der mitgliedstaatlichen Souveränität unterliege.106 Einige nationale Parlamente hatten aufgrund dieser Befürchtung im Vorfeld die sog. Subsidiaritätsrüge erhoben (s. A.II.1.d.).

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Nach Auffassung der EU-Kommission soll die DSRL-JI sicherstellen, dass Strafverfolgungs- und Justizbehörden effektiver und schneller zusammenarbeiten können. Sie soll Vertrauen aufbauen und Rechtssicherheit garantieren“107. Voraussetzung für einen effektiven Datenschutz sei, dass die Befugnisse der Mitgliedstaaten bei der Überwachung und Gewährleistung der Einhaltung der Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten harmonisiert werden.108 Indem die DSRL-JI den Besonderheiten des Strafverfolgungs- und Gefahrenabwehrrechts spezifisch Rechnung tragen soll,109 ist sie grundsätzlich lex specialis im Verhältnis zur DSGVO (Art. 2 Abs. 2 lit. d DSGVO).110

c) Anwendungsbereich

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Nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 DSRL-JI gilt diese für die Verarbeitung personenbezogener Daten „zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung, einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit“.

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Die unionsrechtlich autonome Auslegung der Tatbestandsmerkmale wirft dabei viele Fragen auf:111

aa) Behördenbegriff

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„Zuständige Behörde“ nach Art. 3 Ziff. 7 DSRL-JI112 ist aufgabenbezogen und nicht in einem institutionellen Sinne zu bestimmen.113 Auch Behörden, die nicht Polizeibehörden im Sinne der Landespolizeigesetze sind, können demnach Behörden im Sinne der DSRL-JI darstellen.114 Nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 DSRL-JI kommt es darauf an, dass von der Stelle eine Verarbeitung personenbezogener Daten vorgenommen wird „zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung, einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit“.

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Nach dem Willen des Richtliniengebers (vgl. ErwGr 11 und Art. 9 Abs. 2 DSRL-JI) gilt, wenn Behörden mit der Wahrnehmung von Aufgaben betraut sind, die sich nicht mit den für die in Art. 1 Abs. 1 DSRL-JI genannten Zwecke wahrgenommenen Aufgaben decken, ist nicht die DSRL-JI, sondern die DSGVO anwendbar.

bb) Ganz oder teilweise automatisierte Datenverarbeitung

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Die DSRL-JI „gilt für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen“ (Art. 2 Abs. 2 DSRL-JI). Lediglich „Akten oder Aktensammlungen sowie ihre Deckblätter, die nicht nach bestimmten Kriterien geordnet sind“, unterfallen nicht den Bestimmungen der DSRL-JI, vgl. ErwGr 18 DSRL-JI. Dagegen unterfallen strukturierte Behördenakten samt der dort enthaltenen personenbezogenen Daten – unabhängig, ob sie elektronisch oder in Papierform geführt werden – vollumfänglich den Regelungen der Richtlinie. Um Umgehungen zu vermeiden, ist die Richtlinie nach dem Willen des EU-Gesetzgebers insoweit technologieneutral.115 Nur rein „manuelle Maßnahmen“, z. B. eine Personenkontrolle, werden als solche nicht von der DSRL-JI erfasst. Werden hierbei allerdings die erlangten Daten mit einer Datei abgeglichen oder gespeichert, ist der Anwendungsbereich der DSRL-JI wieder eröffnet.116 Auf die gängigen Vorgangs- und Fallbearbeitungssysteme findet die DSRL-JI somit Anwendung. Dies gilt auch für den Einsatz ganz oder teilweise automatisierter Ermittlungstechniken, wie die Durchführung einer Telekommunikationsüberwachung, einer Online-Durchsuchung, einer Videoüberwachung, den Betrieb von automatisierten Kfz-Kennzeichenerfassungssystemen, den Einsatz eines IMSI-Catchers oder die Durchführung von Big Data-Analysen.117

cc) Verfahren, die der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten dienen

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Weil die DSRL-JI auch auf Verfahren Anwendung findet, die der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten dienen, sind auch diejenigen Verfahren umfasst, die etwa auf die Verhängung einer Maßregel der Besserung und Sicherung gerichtet sind, und Ordnungswidrigkeitenverfahren.118 Eine Behörde, die z. B. Bußgeldbescheide erlässt und ein Ordnungswidrigkeitenverfahren durchführt, ist mithin Behörde im Sinne von Art. 3 Nr. 7 lit. a DSRL-JI.119

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Ebenfalls von der DSRL-JI erfasst werden – neben der ausdrücklich erwähnten Strafvollstreckung (§§ 449 ff. StPO) – der Strafvollzug gem. Strafvollzugsgesetzen der Länder, soweit datenschutzrechtlich relevante Maßnahmen während der Freiheitsentziehung getroffen werden.120

dd) Nicht straftatenbezogene Gefahrenabwehr

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Uneinigkeit besteht noch bei der Frage, wann nicht straftatbezogene Gefahrenabwehrmaßnahmen unter die DSRL-JI fallen. Einig ist man sich, dass der Wortlaut insofern ernst zu nehmen ist, als dass auch gewisse Ausschnitte des präventiven Bereiches unter die Richtlinie zu fassen sind.121

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Teilweise wird die Geltung der DSRL-JI verneint, wenn die Polizei ohne Bezug zu Straftaten, in Fällen der Selbstgefährdung, zum Schutz privater Rechte122 oder im Rahmen einer Vermisstenanzeige tätig wird. Denn es handele sich hierbei um Maßnahmen, bei denen aus ex-ante-Sicht gar kein Bezug zu einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit bestehe.123 Teilweise wird als maßgebliches Abgrenzungskriterium darauf abgestellt, ob die Behörde die Gefahr mittels Zwangsanwendung beseitigt.124 In den ErwGr 12 der DSRL-JI werden Beispiele für sog. doppel-funktionale Maßnahmen genannt, die erfasst sein sollen:

„Die Tätigkeiten der Polizei oder anderer Strafverfolgungsbehörden sind hauptsächlich auf die Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten ausgerichtet, dazu zählen auch polizeiliche Tätigkeiten in Fällen, in denen nicht von vornherein bekannt ist, ob es sich um Straftaten handelt oder nicht. Solche Tätigkeiten können ferner die Ausübung hoheitlicher Gewalt durch Ergreifung von Zwangsmitteln umfassen, wie polizeiliche Tätigkeiten bei Demonstrationen, großen Sportveranstaltungen und Ausschreitungen. Sie umfassen auch die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung als Aufgabe, die der Polizei oder anderen Strafverfolgungsbehörden übertragen wurde, soweit dies zum Zweck des Schutzes vor und der Abwehr von Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit und Bedrohungen für durch Rechtsvorschriften geschützte grundlegende Interessen der Gesellschaft, die zu einer Straftat führen können, erforderlich ist. (…)“

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Hier wird ein weit gefasster Präventionsbereich zugrunde gelegt. Unter Bezugnahme auf diese Beispiele in den Erwägungsgründen wird geschlussfolgert, dass jedenfalls bei doppel-funktionalen Maßnahmen, die ihren Schwerpunkt in der Gefahrenabwehr haben, die DSRL-JI anwendbar ist.125 Wegen der Unklarheit der Abgrenzung empfahl der Europäische Datenschutzbeauftragte 2015 eine enge Auslegung des Begriffs „Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit“.126

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Sonstiges datenschutzrelevantes Verwaltungshandeln der Polizei (beispielsweise im Rahmen der Personalaktenführung) unterliegt nicht der DSRL-JI, sondern der DSGVO.127 Auch wenn allgemeine Gefahrenabwehrbehörden, die nicht Polizeivollzugsbehörden sind, zur Gefahrenabwehr tätig werden und keine Ordnungswidrigkeitenverfahren durchführen, gilt die DSRL-JI nicht (§ 45 BSDG).128

ee) Öffentliche Sicherheit

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Auch der Begriff der öffentlichen Sicherheit in der DSRL-JI ist unionsautonom zu bestimmen und insoweit weiter als der polizeirechtliche Begriff.

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Vom Begriff der „öffentliche Sicherheit“ ist laut EuGH „sowohl die innere als auch die äußere Sicherheit eines Mitgliedstaats umfasst, sodass die Beeinträchtigung des Funktionierens der Einrichtungen des Staates und seiner wichtigen öffentlichen Dienste sowie das Überleben der Bevölkerung ebenso wie die Gefahr einer erheblichen Störung der auswärtigen Beziehungen oder des friedlichen Zusammenlebens der Völker oder eine Beeinträchtigung der militärischen Interessen die öffentliche Sicherheit berühren können“. Der EuGH hat außerdem entschieden, dass der Begriff „öffentliche Sicherheit“ die Bekämpfung der mit bandenmäßigem Handel mit Betäubungsmitteln verbundenen Kriminalität oder des Terrorismus umfasst.129

d) Auswirkungen auf den Grundrechtsschutz im Sicherheitsrecht der Mitgliedstaaten

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Nicht einfach zu beschreiben ist das Verhältnis zwischen den unionsrechtlich garantierten und den nationalen Datenschutzgrundrechten. Nach Auffassung des EuGH gelten die Unionsgrundrechte im – von dem Gericht sehr weit verstandenen – Anwendungsbereich des Unionsrechts.130 Das bedeutet, dass das sog. EU-Sekundärrecht (Verordnungen und Richtlinien) im Lichte der Unionsgrundrechte ausgelegt und angewandt werden muss. Weil das Datenschutzrecht in den Mitgliedstaaten sehr weitgehend vom EU-Sekundärrecht bestimmt wird, dürfte hier nur noch wenig Raum verbleiben, in welchem Unionsgrundrechte keine Anwendung fänden.131 Der EuGH wird also künftig im Bereich der DSRL-JI eine Bindung an die Unionsgrundrechte annehmen.132 Die in Umsetzung der DSRL-JI geschaffenen mitgliedstaatlichen Normen werden also – zumindest teilweise – an den Unionsgrundrechten zu messen sein.133 Damit werden die Unionsgrundrechte künftig einen besonders sensiblen Regelungsbereich erfassen, insbesondere mitgliedstaatliches Polizeirecht, d. h. gerade den Bereich, der regelmäßig als Prüfstein der Rechtsstaatlichkeit, insbesondere des Grundrechtsschutzes eines Mitgliedstaates gilt.134 Das hat weitreichende Folgen: Verletzt hier eine auf der DSRL-JI basierende Eingriffsermächtigung Unionsgrundrechte, müssen deutsche Fachgerichte diese Norm unangewendet lassen. Der EuGH wird hier künftig die grundrechtlichen Schutzgehalte festlegen.135 Während die Bedeutung des EuGH hierdurch erweitert wird, dürfte der Entscheidungsspielraum des BVerfG in diesem bedeutsamen Grundrechtsbereich erheblich schwinden.136

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Dies bildet auch den Hintergrund der jüngsten Rechtsprechung des BVerfG: Für den Bereich des vollharmonisierten mitgliedstaatlichen Rechts, wie etwa im Bereich des Datenschutzrechts der DSGVO, hat sich das BVerfG im Jahr 2019 mit seiner Entscheidung „Recht auf Vergessen II137 neu positioniert. Bei der Anwendung unionsrechtlich vollständig vereinheitlichter Regelungen seien nach dem Grundsatz des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts in aller Regel nicht die Grundrechte des Grundgesetzes, sondern allein die Unionsgrundrechte maßgeblich.138 Das BVerfG greift deshalb bei der grundrechtlichen Überprüfung der Rechtsanwendung durch die deutsche Gewalt im Bereich der DSGVO auf die Grundrechte-Charta zurück.139 Andere mitgliedstaatliche Verfassungsgerichte verfahren bereits ähnlich.140 Das BVerfG unterstreicht aber zugleich, dass dem EuGH die Befugnis zur letztverbindlichen Auslegung der Unionsgrundrechte verbleibt und es seine Kontrolle in enger Kooperation mit diesem Gericht ausübt.141 Das BVerfG überprüfe (nur) die richtige Anwendung der Unionsgrundrechte. Es bezeichnet sich insoweit als letztentscheidende Instanz gem. Art. 267 Abs. 3 AEUV und sei demnach bei Zweifeln bei der Auslegung zur Vorlage an den EuGH verpflichtet.142 Eine Anwendung der Unionsgrundrechte komme nur in Betracht, wenn der EuGH deren Auslegung bereits geklärt habe oder die anzuwendenden Auslegungsgrundsätze aus sich heraus offenkundig seien.143 Andernfalls seien die Fragen dem EuGH vorzulegen.144 Damit bleibt das BVerfG auch bei einem unionsrechtlich vollständig überformten deutschen Recht Hüter des individuellen Grundrechtsschutzes. Maßstab des Gerichts bei der Überprüfung der Anwendung des EU-Recht durch die deutsche Gewalt sind hier aber dann nicht die verdrängten deutschen Grundrechte, sondern diejenigen der Grundrechte-Charta der EU.

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Beim nicht vollständig durch Unionsrecht determiniertem innerstaatlichen Recht bleibt es auf Seiten des BVerfG beim Prüfungsmaßstab der nationalen Grundrechte, die hier allerdings im Lichte der Unionsgrundrechte ausgelegt werden müssen (s. o.). Um einen lediglich teilharmonisierten Bereich dürfte es sich bei der DSRL-JI handeln.

III. Verfassungsrechtliche Leitplanken

Sven Eisenmenger

1. Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen

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Das Verfassungsrecht, vor allem in Form des GG, gibt die Rahmenvorgaben für das unter A. I. eingegrenzte Polizei- und Ordnungsrecht bzw. Gefahrenabwehrrecht Hamburgs (SOG, PolDVG und HafenSG) vor. Widmet man sich zunächst dem formalen Aspekt, d. h. ordnet man die Materie in die im GG festgelegten Gesetzgebungs- und Verwaltungszuständigkeiten ein, so ergibt sich folgendes Bild:

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Hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenzen gilt die Regel der Art. 30 und Art. 70 Abs. 1 GG, nach der die Länder das Recht der Gesetzgebung haben, soweit das GG nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. Damit ist das Gefahrenabwehrrecht bzw. Polizei- und Ordnungsrecht nach der Grundregel Ländersache.145 Somit ergab sich auch die Kompetenz für den Landesgesetzgeber in Hamburg, das SOG und das PolDVG (Datenverarbeitungsrecht im Zusammenhang mit der Gefahrenabwehr) zu erlassen. Neben der Frage nach den Gesetzgebungskompetenzen für das materielle Recht bzw. für die inhaltlichen Vorgaben des Polizei- und Ordnungsrechts, sind auch die im GG beschriebenen Verwaltungskompetenzen zu beachten, also die Kompetenz, Behörden einzurichten und das Verwaltungsverfahren zu regeln (s. zu dieser typisierenden Beschreibung Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG). Nach Art. 30 GG sind die Länder naturgemäß im Bereich ihrer eigenen Gesetzgebungskompetenz auch für die Verwaltung und das Verwaltungsverfahrensrecht zuständig und zusätzlich in der Regel auch in Bereichen des Bundesrechts, denn nach Art. 83 GG führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, soweit das GG nichts anderes bestimmt oder zulässt. Aus diesem Grund ist Hamburg nicht nur zur Einrichtung seiner Landespolizei befugt gewesen, sondern auch zum Erlass eigener verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften, wie etwa des HmbVwVfG, das auch im Falle der Gefahrenabwehr gilt.

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Von der Grundregel der Landeskompetenz gibt es allerdings sowohl in den Gesetzgebungs- als auch in den Verwaltungskompetenzkatalogen Ausnahmen, von denen die wichtigsten nachfolgend angesprochen werden. So liegt die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für den Grenzschutz gem. Art. 73 Abs. 1 Nr. 5 GG beim Bund (vgl. BPolG), der durch Bundesgesetz dazu gem. Art 87 Abs. 1 Satz 2 GG auch eigene Behörden – die Bundespolizei – einrichten kann.146 Da im Übrigen die Verwaltungskompetenz des Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG fakultativ ist, konnte der Bundesgesetzgeber in § 2 Abs. 1 BPolG auch den Ländern Grenzschutzaufgaben zubilligen, soweit dies mit dem jeweiligen Bundesland vereinbart ist. Insofern resultiert daraus auch die Besonderheit einer eigenen Wasserschutzpolizei Hamburgs mit Grenzschutzaufgaben und HafenSG (s. unten D.II.).

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Nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG obliegt dem Bundesgesetzgeber auch die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für den Luftverkehr mit der Verwaltungskompetenz nach Art. 87 d Abs. 1 Satz 1 GG und gem. Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 a GG für den Verkehr mit Eisenbahnen mit der Verwaltungskompetenz nach Art. 87 e Abs. 1 Satz 1 GG,147 sodass auch insoweit die Bundespolizei nach Maßgabe des BPolG insbesondere für die Gefahrenabwehr zuständig ist.

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Wesentlich ist ferner die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus (vgl. BKAG) durch das Bundeskriminalamt gem. Art. 73 Abs. 1 Nr. 9 a GG mit der Verwaltungskompetenz nach Art. 87 Abs. 3 GG,148 das damit jedenfalls auch präventiv tätig ist.

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Zu der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz gehört gem. Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 HS 1 lit. b und c GG ferner die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes (Verfassungsschutz) und zum Schutze gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden.

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Weitere Bundeszuständigkeiten betreffen den Schutz auf hoher See (Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 und 5, Art. 74 Abs. 1 Nr. 17 und 21 GG) mit der Verwaltungskompetenz des Bundes aus Art. 87 Abs. 1 Satz 1 und Art. 89 Abs. 2 Satz 2 GG149 – dies fokussiert sich auf die Bundespolizei. Der Schutz der Bundeswasserstraßen gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 21, Art. 89 GG im Sinne der Strompolizei150 obliegt dem Bund, es sei denn, es gibt Sonderregelungen, wie etwa in Hamburg für einen Teil der Elbe durch den Zusatzvertrag zu dem damaligen Staatsvertragsgesetz von 1921 zwischen dem Reich und u. a. Hamburg,151 sodass hier nun die Hamburger Wasserschutzpolizei zuständig ist (s. unter D. I.). Besondere Zuständigkeiten bestehen im Übrigen auch für den Zollvollzugsdienst (Art. 73 Abs. 1 Nr. 5 GG, Art. 87 Abs. 3 Satz 1 und 2 GG)152.

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Zusammengenommen bleibt es nach alledem bei dem Grundsatz der Landeszuständigkeit im Bereich der Gefahrenabwehr, sowohl bezogen auf Gesetzgebungs- als auch auf Verwaltungskompetenzen. Daraus speisen sich direkt und indirekt SOG, PolDVG und HafenSG mit der Zuständigkeit der Polizei Hamburg.

2. Staatsstrukturprinzipien

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Neben den beschriebenen Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen sind es auch die allgemeinen Staatsstrukturprinzipien, die den Staat formen und insoweit auf die Polizei und andere Ordnungsbehörden einwirken. Es wäre im Übrigen auch gut vertretbar, die gesondert geschriebenen Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen als Konkretisierung der Staatsstrukturprinzipien aufzufassen. Jedenfalls lassen sich diese Prinzipien Art. 20 GG entnehmen. Die Prinzipien – ebenso wie die sog. Staatsziele des Art. 20 a GG – werden nachfolgend anhand der Relevanz für das Polizei- und Ordnungsrecht entfaltet.

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Vor allem das Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG, wirkt sich erheblich auf das Gefahrenabwehrrecht aus. Die nachfolgenden Bestandteile werden teilweise auch als eigenständige Prinzipien angesehen (so das Gewaltenteilungsprinzip), gleichwohl werden dann aber wiederum erhebliche Schnittmengen mit dem Rechtsstaatsprinzip attestiert.153 Diese Zuordnungsfrage ist ohne praktische Auswirkungen, sodass die Frage an dieser Stelle dahingestellt bleiben kann. Insofern werden nachfolgende Komponenten vereinfachend als dem Rechtsstaatsprinzip zugehörig unterstellt.

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Zum Rechtsstaatsprinzip gehört demnach die Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG), d. h. die Aufteilung der Gewalt in die Gesetzgebung, in die die Gesetze anwendende Verwaltung, wie z. B. die Polizei, und in die Rechtsprechung, die insbesondere die Einhaltung der Gesetze durch die Verwaltung kontrolliert.154 Weiterhin kann man zum Rechtsstaatsprinzip den sog. Verfassungsvorrang zählen, nach dem ein Verstoß gesetzlicher Vorgaben gegen das GG grundsätzlich zur Nichtigkeit der gesetzlichen Vorschriften führt (s. zur Zuständigkeit des BVerfG Art. 100 Abs. 1 GG).155 Zum Rechtsstaatsprinzip zählt ferner das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, das in seiner Ausprägung als Vorrang des Gesetzes die Verwaltung verpflichtet, sich an bestehende Gesetze zu halten und nicht gegen sie zu verstoßen. Gesetzmäßigkeit der Verwaltung bedeutet in seiner Ausprägung als Vorbehalt des Gesetzes außerdem, dass die Verwaltung im Bereich der Eingriffs- und der grundrechtsrelevanten Leistungsverwaltung nur tätig werden darf, wenn sie dazu durch Gesetz ermächtigt ist (s. auch Art. 103 Abs. 2 GG),156 so gerade bei Gefahrenabwehrmaßnahmen der Polizei gegenüber dem Bürger. Letztlich ist bei der Entscheidung der Reichweite dieses Gesetzesvorbehaltes auch die Wesentlichkeitstheorie heranzuziehen, nach der der Gesetzgeber „in grundlegenden normativen Bereichen, zumal im Bereich der Grundrechtsausübung, soweit diese staatlicher Regelung zugänglich ist, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen hat“157.

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Zum Rechtsstaatsprinzip zählen ferner die Gewährleistung von Grundrechten (s. u. A.III.3.) und das Verhältnismäßigkeitsprinzip (s. u. B. I.4.b.bb.).158 Gerade aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ergeben sich immer wieder aktuelle Impulse für das Polizeirecht, insbesondere auch für das Datenschutzrecht der Polizei (s. C.II.1.). Das Bestimmtheitsgebot verlangt von dem Gesetzgeber, Normen so klar zu fassen, dass die Rechtslage für den Betroffenen erkennbar ist (Rechtsklarheit).159 Bestimmtheit meint auch, dass eine Norm inhaltlich präzise genug sein muss.160 Darüber hinaus sind auch die Akte von Verwaltung und Gerichten „bestimmt“ abzufassen. Für die Polizei gilt demzufolge auch gem. § 37 Abs. 1 HmbVwVfG, dass ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein muss (man denke z. B. an die örtliche und zeitliche Beschreibung eines Aufenthaltsverbotes). Auch der Vertrauensschutz spielt in einem Rechtsstaat eine Rolle, so bei belastenden Maßnahmen in Form des Rückwirkungsverbotes, das an Gesetze anzulegen ist. Im (präventiven) Gefahrenabwehrrecht ist die Bedeutung indes eher untergeordnet (anders im Strafrecht, s. nur Art. 103 Abs. 2 GG).161

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Über die soeben genannten Komponenten hinaus werden im Zusammenhang mit dem Rechtsstaatsprinzip auch der zu gewährende Rechtsschutz als Säule genannt (im Privatrecht über den allgemeinen Justizgewährungsanspruch und für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten s. Art. 19 Abs. 4 GG) sowie rechtsstaatliche Strafverfahren mit strafrechtlichen Garantien wie der Unschuldsvermutung i. S. d. Art. 6 Abs. 2 EMRK.162

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Zu nennen ist nach dem Rechtsstaatsprinzip das in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG zum Ausdruck kommende Demokratieprinzip, nach welchem alle Staatsgewalt vom Volk auszugehen hat.163 Insofern wird bereits hierdurch deutlich, dass das Handeln der Polizei und der auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgerichteten Verwaltungsbehörden gegenüber einem Bürger im Ergebnis vom Volk legitimiert sein muss. Dies wird zum einen dadurch sichergestellt, dass der Gesetzgeber bzw. die vom Volk gewählten Vertreter das Handeln der Verwaltung durch gesetzliche Vorgaben determinieren, so z. B. durch die konkrete Festlegung der Eingriffsbefugnisse im SOG. Das Handeln der einzelnen Bediensteten, z. B. der Polizeivollzugsbeamten, wird ferner durch deren organisatorische Einbindung im Wege einer Fach- und Rechtsaufsichtskette (einschließlich Disziplinaraufsicht) sichergestellt. Die Kette reicht in Hamburg vom Volk über die gewählte Bürgerschaft, den Ersten Bürgermeister, den Senator für Inneres und Sport, den Polizeipräsidenten, weitere Vorgesetzte bis hin zum einzelnen Polizeivollzugsbeamten.

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Die weiteren Staatsstrukturprinzipien sind das Bundesstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), das letztlich auf die Gliederung in Bund und Bundesländer zielt (vgl. auch die kommunale Selbstverwaltungsgarantie in Art. 28 Abs. 2 GG), das Prinzip der Republik (Art. 20 Abs. 1 GG), also die „Verneinung“ der Monarchie, sowie das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), das zusammen mit der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) einen Anspruch auf Gewährleistung des Existenzminimums sichert.164 Die Staatsziele Umwelt- und Tierschutz (Art. 20 a GG) werden gemeinhin als von den Staatsstrukturprinzipien getrennt gesehen, wobei diese Abgrenzung sich nur schwerlich erschließt.165 Die Staatsziele sind jedenfalls fester Bestandteil der Verfassung und wichtige Abwägungsposten in einer Verhältnismäßigkeitsprüfung.

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Für die Freie und Hansestadt Hamburg als Stadtstaat gelten die Grundsätze Rechtsstaat, Demokratie, Republik und Sozialstaat schon über die Homogenitätsklausel gem. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG. Darüber hinaus nennt Art. 1 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg das Bundestaatsprinzip. Art. 3 Abs. 1 dieser Verfassung bestätigt das Demokratie-, Sozialstaats- und Rechtsstaatsprinzip.

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