Kitabı oku: «An den Ufern des Nebraska», sayfa 3
Dies also war Old Firehand, der berühmte Savannen- und Prairiejäger. Genauso hatte ich ihn mir vorgestellt, wenn bei Mother Thick‘s über ihn erzählt wurde.
Wir nahmen nun alle am Tisch in der Raummitte Platz und Thomas brachte einige Erfrischungen. Firehand bekam ein, bereits vor meinem Eintritt geordertes, Bier und nahm erst einmal einen kräftigen Schluck. Anschließend sagte er:
„Wie gut, dass in Eurem Haushalt die gute deutsche Gemütlichkeit geschätzt und daher auch ein kühles Bier angeboten wird. Obwohl Ihr selbst nicht aus den Deutschen Landen stammt oder irre ich mich?!“
Mr. Wallace antwortete:
„Nein, ich bin ein waschechter Amerikaner aus Boston. Meine Geschichte kennt Ihr ja zum Teil schon. Ich floh damals aus meiner Heimat im Osten. Haben es hier aber gut angetroffen. Vielleicht wisst Ihr, dass sich in Jefferson City und der Umgebung viele Auswanderer aus Eurer Heimat niedergelassen haben? Nun, ich verkehre überwiegend mit solchen deutschstämmigen Einwohnern und einen guten Teil davon kann ich wohl als meine Freunde betrachten. So kommt es dann, dass ich mir auch einige Angewohnheiten jener Freunde und Bekannten zu Eigen gemacht habe. So ein fein gebrautes deutsches Bier ist jedenfalls eine Annehmlichkeit, auf die ich ungern wieder verzichten würde.“
Firehand gab zurück:
„Na, das ist doch mal ein Wort! Ein Yankee, verzeiht den Ausdruck, der ein gutes Bier zu schätzen weiß. Das muss ein guter Mann sein, … Prost!“
Er schmunzelte und hob sein Glas. Dann, ernster werdend, fuhr er fort:
„Nun, Ihr wisst, ich bin kein Mann der großen Worte und weitschweifiger Reden. Ich komme daher gleich zur Sache.
Ich war, Eurem Auftrag gemäß, in Taos, habe Erkundigungen eingezogen und versucht, eine Spur von Leos Familie oder vielleicht der Verbrecher Etters und Thibaut zu finden. Was ich in Erfahrung bringen konnte, war leider nicht sehr viel.
Nachdem ich Euren damaligen Vermieter ausfindig gemacht hatte, fragte ich ihn danach, ob er sich an Euren Aufenthalt in Taos erinnern könne. Er konnte sich darauf besinnen, vor Allem, weil Ihr so plötzlich verschwunden wart.
Nun fragte ich Ihn, ob später noch einmal nach Euch gefragt worden war. Als ich erwähnte, dass es sich bei den Personen, welche sich womöglich erkundigt hatten, auch um Indianer habe handeln können, erinnerte er sich an eine Indianerin, die bei ihm gewesen war. Seiner Erinnerung nach, muss das gut zwei Jahre nach Eurem Verschwinden gewesen sein.
Hierbei wird es sich wohl um Tehua, deine Mutter, gehandelt haben.“, sagte er zu mir gewandt. „Tokbela wird es nicht gewesen sein. Der Mann meinte, die Indianerin habe ihren Namen nicht genannt. Sie habe aber so klares Englisch gesprochen, dass er trotz ihres indianischen Habits glaubte, sie müsse lange unter Weißen gelebt haben. Ein weiteres Indiz für die Annahme, dass es sich um ein Mitglied deiner Familie handelte, Leo. Außerdem liegt dieser Schluss sowieso nahe, weil eine andere Indianerin kaum Interesse an Euch gehabt haben dürfte.
Dieser Hinweis führt mich aber auch zu der Annahme, dass es nicht Tokbela war. Wie wir wissen, war diese ja, in der Folge ihres Zusammenbruchs, zumindest damals kaum zu einem normalen Gespräch in der Lage.“
„Da stimme ich Euch zu, Mr. Firehand!“, meinte Mr. Wallace. „Leo und ich haben das auch schon so beurteilt, als Ihr telegraphiert habt. Seid Ihr noch weiteren Hinweisen nachgegangen?“
„Ja, wie Ihr Euch denken könnt, habe ich versucht, die Spur dieses Thibaut oder Lassalle aufzunehmen. Es ist mir dies aber nicht geglückt. Lassalle-Thibaut hatte auf den falschen Namen eine Kutsche gemietet und ist auch, nach Auskunft des Vermieters derselben, mit einer jungen Indianerin und einem Kind, mit der Kutsche vom Hof gefahren. Weitere Personen seien nicht dabei gewesen.
Die Beschreibung zu Dan Etters oder John Bender, wie der ja damals auch genannt wurde, sagte ihm leider gar nichts. Lassalle-Thibaut hatte die Miete für die Kutsche und zwei Zugpferde im Voraus bezahlt, die übliche Pfandzahlung von einigen Dollars hatte er ebenfalls entrichtet. Das Gespann sollte in Santa Fé abgeliefert werden, was aber nie geschehen ist. Hier verliert sich also auch diese Spur. Immerhin könnte man versuchen, auf der Route zwischen Taos und Santa Fé auf die alte Fährte zu stoßen.“
„Sie können da tagelang unterwegs gewesen sein,“ gab ich zu bedenken, „und irgendwo auf der Strecke von dem angegebenen Ziel abgewichen sein. Wahrscheinlich hatte Thibaut von Anfang an gar nicht vor, bis Santa Fé zu reisen“.
„Das denke ich auch,“ erwiderte Firehand, „ich nehme sogar an, dass er diese Richtung gar nicht eingeschlagen hat. Aber dennoch müsste man hier ansetzen, wenn man die Spur wiederaufnehmen wollte.“
Er schaute mich bei diesen Worten eigentümlich an. Ahnte er, dass ich selbst genau das tun wollte?
„Nun,“ sagte Mr. Wallace, „ich bin Euch jedenfalls sehr dankbar, Mr. Firehand, dass Ihr uns diesen Dienst erwiesen habt. Sicher war die Reise beschwerlich. Immerhin musstet Ihr durch die Gebiete verschiedener Indianerstämme reisen. Hoffentlich hatte es keine Gefahr dabei?!“
„Nein, gar nicht. Die Cheyenne, deren Jagdgebiete ich eigentlich durchqueren musste, habe ich gemieden. Das bedeutete zwar mehrere Tagesreisen Umweg, aber es wird besser so gewesen sein. Da bekannt ist, dass ich mit den Assiniboin auf guten Fuße stehe, ist anzunehmen, dass mich die Cheyenne als Feind betrachten würden. Die Ho-He, wie die Cheyenne die Assiniboin nennen, sind deren Todfeinde.“
„Wenn ich geahnt hätte, in welche Gefahr Ihr Euch da begeben habt, hätte ich Euch nicht nach Taos geschickt, Mr. Firehand.“
„Wie ich bereits sagte, hatte es keine Gefahr für mich. Da ich die Fährnisse auf diesen Wegen kenne, konnte ich ihnen leicht ausweichen. Wie Ihr seht, bin ich ja auch in Jefferson City angekommen, ohne dass mir ein Haar gekrümmt wurde.“
Mr. Wallace kam nun darauf zu sprechen, dass er Firehand die in Aussicht gestellte Entlohnung ausbezahlen wollte. Der lehnte dieses Ansinnen jedoch entschieden ab. Er wies Mr. Wallace darauf hin, dass dieser ihm vor einiger Zeit einen Dienst erwiesen habe, der die Annahme einer Bezahlung unmöglich mache.
Mr. Wallace wollte das nicht zugeben und so ging es noch eine ganze Weile hin und her, bis Firehand sagte, dass er in seiner Ehre gekränkt werde, wenn Mr. Wallace weiter auf der Bezahlung beharre. Das wirkte!
Mr. Wallace gab kleinlaut auf und entschuldigte sich, er habe Firehand nicht beleidigen wollen. Firehand gab hierauf zurück, dass eine Entschuldigung nicht notwendig sei, weil er wisse, dass Mr. Wallace es nur gut mit ihm meine, er aber nun einmal seine Grundsätze habe.
„Was werdet Ihr nun beginnen, Mr. Firehand?“, war meine nächste Frage, weil es mich natürlich brennend interessierte, ob ich Gelegenheit haben würde, mit ihm über meine Pläne zu sprechen. Er antwortete:
„Ich werde noch ein paar Wochen in Jefferson bleiben müssen, weil ich hier mit einigen Jägern verabredet bin, die mit mir in den Westen wollen, um auf Pelze zu gehen.“
Diese Antwort befriedigte mich natürlich sehr und Mr. Wallace fragte dazu:
„Fein, habt Ihr schon Quartier genommen?“
„Ich habe, bevor ich Euch in der Bank aufsuchte, bereits bei Mother Thick‘s ein Zimmer bestellt.“
„Aber Mr. Firehand, so tut uns doch die Ehre an, und bleibt bei uns. Ich werde Euch unverzüglich ein Zimmer bereiten lassen.“
„Mr. Wallace, nichts für ungut, so gern ich Euer Angebot annehmen würde, möchte ich für dieses Mal doch darauf verzichten. Mother Thick‘s ist zwischen den besagten Jägern und mir als Treffpunkt ausgemacht worden und ich würde gerne zur Stelle sein, wenn meine Kameraden dort eintreffen. Ich hoffe, Ihr habt Verständnis dafür.“
„Nun, wenn Ihr es so darlegt, kann ich Euch nicht böse sein. Aber seid wenigstens von Zeit zu Zeit unser Gast. Gerne würde meine Mrs. Pittney für Euer leibliches Wohl sorgen. Wollt Ihr?“
„Gut, hierzu kann ich wiederum nicht Nein sagen. Ich danke Euch und werde sicher über Leo in Kontakt mit Euch bleiben. Mrs. Thick hat mir schon gesteckt, dass Leo bei ihr aushilft.“
Wie sich denken lässt, war ich über diese Entwicklungen sehr erfreut. Ich hatte gehört, dass die Möglichkeit bestand, dass meine Mutter noch lebte. Da sie damals erst nach so langer Zeit nach uns geforscht hatte, musste ihr wohl Schlimmes wiederfahren sein. Ob der Padre noch lebte, war allerdings mehr als fraglich.
Zudem gab es einen Anknüpfungspunkt für die Suche nach den Mördern meines Vaters, Etters und Thibaut. Denn als solche betrachtete ich diese beiden Verbrecher. Etters, der auf Rache gesonnen hatte und auch Thibaut, der ihm dabei geholfen hatte, meine Eltern hinter Gitter zu bringen; beide waren verantwortlich für den Tod meines Vaters. Sie hatten sich damals in Taos zwar getrennt, jedoch stand bei mir fest, dass dies nicht von Dauer gewesen sein würde.
Und jetzt hatte ich hier einen Prairiemann und Jäger vor mir, der diese Spuren ausfindig gemacht hatte, und der noch eine ganze Weile hier in Jefferson sein würde. Dadurch, dass ich in seiner Herberge arbeitete, bestand die Möglichkeit, ihm von meinen Plänen zu berichten und vielleicht sogar, ihn zu bitten, mich in den Westen mitzunehmen.
Firehand verabschiedete sich von Mr. Wallace und mir und drückte uns beiden noch einmal kräftig die Hände, wobei er mir zuzwinkerte und sagte:
„Alright, junger Mann, wir sehen uns.“
Mr. Wallace machte einen sehr zufriedenen Eindruck, als Firehand gegangen war und wollte von mir wissen, was ich von der Sache hielt. Konnte ich ihm sagen, was in mir vorging? Lag es nicht sowieso auf der Hand? Ich überlegte, ob ich meine Wünsche und Pläne heute schon offenbaren sollte, entschied mich letztlich aber zunächst noch dagegen. So sagte ich also nur:
„Ein guter Mann, den du da auf die Fährte gesetzt hast. Hat jedenfalls zwei wichtige Erkenntnisse gebracht.“
„Ja, zum einen, dass deine Mutter vielleicht doch noch lebt und zweitens, dass Etters und Thibaut sich zunächst getrennt haben und Thibaut mit deinem Bruder und Ellen in einer Kutsche Taos, vorgeblich in Richtung Santa Fé, verlassen hat.“
„Genau, doch nun bin ich müde und werde zu Bett gehen. Ich möchte über das Gehörte nachdenken und werde hoffentlich bald schlafen. Ich wünsche dir eine gute Nacht.“
Wie immer wollte er mir übers Haar streichen, bevor ich das Zimmer verließ. Ich wandte mich aber vorher ab. Diese Angewohnheit meines Ziehvaters war mir, genauso wie das Umsorgen Mrs. Pittneys, inzwischen unangenehm. Ich war schließlich kein Kind mehr! Mr. Wallace nahm mir das nicht übel, wie ich an seinem Blick erkannte und so ging ich zu Bett und grübelte lange darüber nach, wie ich ihm erklären sollte, was ich vorhatte. Würde er es zulassen? Würde er mich verstehen?
Nun, ich würde es bald erfahren. Allzu lange ließ sich dieses Gespräch nicht mehr aufschieben. Doch vorher musste ich Old Firehand davon überzeugen, mich mitzunehmen. Das würde sicher das schwerste Stück Arbeit werden. Mit der Überzeugung, dass mir dies letztlich gelingen würde, schlief ich dann doch noch ein.
Kapitel II – Eine Überraschung
Die nächsten Tage verliefen, wie zuletzt immer. Morgens machte ich mich, nach Mrs. Pittneys Frühstück, auf zum Unterricht, wo es mir nun aber doch von Tag zu Tag langweiliger wurde. Alles von Interesse für mich und wovon Mrs. Smith zu berichten wusste, hatten wir nun durchgenommen und meine Mitschüler waren froh, nun endlich etwas zum amerikanischen Unabhängigkeitskrieg zu hören. Auch Mathematik langweilte mich jetzt zusehends, weil ich dort einen großen Wissensvorsprung gegenüber den Anderen hatte. Mrs. Smith mochte mir dies anmerken, sagte aber nichts dazu.
Nachmittags konnte ich es kaum erwarten, meine Arbeit bei Mother Thick‘s aufzunehmen. Gab es hier doch immer wieder Gelegenheit, mit Old Firehand ins Gespräch zu kommen. Ein paar von seinen Kameraden waren inzwischen eingetroffen und so gab es an dem Tisch, den die Jagdgesellschaft besetzte, interessante Gespräche. Man hatte dort auch gar nichts dagegen, dass andere diesen Gesprächen lauschten. Im Gegenteil, wurden die Männer des Öfteren aufgefordert noch weitere Begebenheiten aus ihrem gefährlichen aber doch auch abenteuerlichen Leben zu erzählen. Ich war also beileibe nicht der Einzige, der neugierig war und immer neue Berichte von jenseits der Grenze hören wollte.
Ungefähr eine Woche nach der Ankunft Old Firehands in Jefferson City, stießen Bill Bulcher und Harry Korner zu der Gesellschaft. Als diese ankamen, war ich gerade im Schankraum und durfte die Gesellschaft bedienen. Beim Eintritt der beiden gab es erst einmal ein großes Hallo! Old Firehand nahm sie regelrecht an seine mächtige Brust und schlug ihnen so sehr auf die Schultern, dass ich Angst hatte, die zwei könnten ernsthaft Schaden nehmen. Aber sie hielten sich wacker und schlugen kräftig zurück. Dann nahmen sie rechts und links von Firehand Platz und tauschten auch mit den anderen Jägern kurze Begrüßungen und Handschläge aus. Nun schauten sie auf und suchten offenbar jemanden, der ihnen etwas zu trinken bringen konnte.
Ich ging also zu dem Tisch hinüber, um die Bestellung entgegen zu nehmen. Firehand kam meiner Frage aber zuvor und stellte mich seiner inzwischen auf acht Mann angewachsenen Runde vor:
„Mesch‘schurs10“, das hier ist Leo, der Ziehsohn eines alten Bekannten von mir. Dieser hat mir einmal aus einer Misere geholfen, die größer gar nicht hätte sein können. Ohne ihn wäre mein erstes Jagdabenteuer in den Mountains wohl nicht möglich geworden. Aber genug davon …!
Leo hat noch einiges zu lernen, wenn er, wie ich vermute, demnächst in den Westen will. Ich schlage also vor, er setzt sich erst einmal zu uns und wir unterhalten uns ein wenig.“
Hier fiel ihm Korner in die Rede,
„Firehand, alter Waschbär, Bill und ich hätten jetzt gerne erst einmal etwas zu trinken. Leo, bring uns beiden doch einmal etwas gegen die Trockenheit hier drin. Haben tagelang im Sattel gesessen und nur Wasser getrunken, aber jetzt, wo wir hier in der Zivilisation angekommen sind, hätten wir gegen ein gutes Glas Brandy nichts einzuwenden.“
Ich machte mich also daran, die Bestellung zu erledigen. Als ich zum Tisch zurückkam, um die Gläser vor Bulcher und Korner abzustellen, zog Firehand einen freien Stuhl vom Nachbartisch heran und forderte mich auf, mich zu setzen. Bulcher und Korner hoben die Gläser und alle anderen am Tisch taten es ihnen gleich.
„Halt!“, ließ sich eine weibliche Stimme aus der Richtung des Tresens vernehmen. „Ihr könnt doch nicht anstoßen, wenn Leo noch gar nichts zu trinken hat!“, sagte Mrs. Thick.
„Ich übernehme dann wohl mal selbst wieder die Bedienung, da der junge Herr ja hier zu den Prairiejägern aufgerückt ist.“, sie zwinkerte mir vergnügt zu. „Da einige der Herren hier ja sowieso nur noch Reste in den Gläsern haben, mache ich Euch gleich eine neue Runde fertig. Die beiden Neuankömmlinge können den Brandy ja schon hinunterbringen, ich werde indes für ein vernünftiges Glas Bier für alle sorgen. Geht dann aufs Haus, will ich meinen!“
Und so machte sie sich daran, die Runde zu zapfen. Korner und Bulcher „brachten den Brandy hinunter“ und freuten sich schon auf Mrs. Thick’s deutsche Spezialität, die sie ja schon von früheren Besuchen her kannten und schätzten.
Korner sprach mich an:
„So, so, du willst also ins Indianerland gehen. Wie kommt so ein junger Bursche denn auf diesen Gedanken? Scheinst zu glauben, dass man da draußen so mir nichts dir nichts herumstolzieren und Abenteuer erleben kann, ohne dabei Angst haben zu müssen, sein Leben zu riskieren.
Ist aber leider nicht so einfach, mein Junge. Bei den Indianern weiß man nie, woran man ist. Zumal wenn man keinerlei Erfahrung hat, kann man schon bei ersten Kontakt mit den Roten seine Haut zu Markte tragen. Selbst wir, als erfahrene Prairieläufer und Jäger, haben da schon das eine oder andere Mal mehr Glück als Verstand gehabt, wenn ich das so sagen darf, oder Männer?“
Bei den zuletzt gesprochenen Worten schaute er seine Kameraden an, die ihm auch sofort zustimmten. Firehand lächelte nur und ersparte mir, dadurch, dass er nun selbst sprach, eine wahrscheinlich peinliche Antwort.
„Harry, das stimmt natürlich. Aber auch von uns kann keiner sagen, er habe seine ersten Schritte hinter der Grenze allein unternommen. Um Erfahrung zu sammeln, mussten auch wir erst einmal das Gehen lernen. Greenhorns11 waren wir alle mal, der eine wird schneller das nötige Rüstzeug erwerben, als der andere. Manch einer hat‘s versucht und es in unserem Metier zu nichts gebracht. Wenn er Glück hatte, hat er‘s noch rechtzeitig gemerkt. Weniger Glückliche wachten eines Morgens auf, um festzustellen, dass sie tot waren, hatten sie doch wieder einen ihrer unverzeihlichen Fehler gemacht.“
Er schmunzelte über seinen eigenen schlechten Witz. Die anderen taten es ihm gleich. Dann fuhr er fort:
„Deshalb habe ich es mit diesem jungen Mann hier auch anders vor, als du zu denken scheinst. Ich beabsichtige, ihn auf unserem nächsten Jagdzug mitzunehmen und ihm die Grundausbildung zu verpassen, wenn ihr versteht, was ich meine!“
Rums! Da war es raus! Nun kam auch Mrs. Thick und lächelte von einem Ohr zum anderen. Sie hatte alles gehört und stellte das erste Bier vor meine Nase, von den Worten begleitet:
„Wohl bekomm‘s, Leo. Auf den Schreck brauchst du sicher einen Schluck!“
Die anderen lachten aus vollem Halse und nachdem Mrs. Thick die Biere verteilt hatte, prosteten sie mir zu, womit sie wohl auch ihre Zustimmung zu Firehands Plänen erteilten.
Da hatte ich also, ohne etwas sagen oder tun zu müssen, erreicht, was ich nicht zu hoffen gewagt hatte. Ja, ich hatte vor, genau das, was Firehand nun selbst vorgeschlagen hatte, zu erbitten, war aber sicher gewesen, abgewiesen zu werden.
Ich war glücklich. Mein Vorhaben konnte also beginnen. Nur Mr. Wallace musste ich noch überzeugen. Aber der musste einfach zustimmen, es durfte jetzt nicht scheitern. Firehand strahlte mich förmlich an und fragte leise, so dass die anderen am Tisch davon nichts mitbekamen:
„Ich kann wohl annehmen, dass ich mit meinen Plänen deinem Ansinnen zuvorgekommen bin?“
„Mr. Firehand, Ihr ahnt ja nicht, wie glücklich ich bin, dass Ihr mich mit Euch nehmen wollt. Ich kann so vieles von Euch und Euren Kameraden lernen. Mich treibt meine Geschichte, die Ihr ja genau kennt.
Ich muss meine Familie und die Mörder finden und diese ihrer gerechten Strafe zuführen. Das alles bringe ich nur mit Eurer Hilfe fertig. Ich bin Euch also zu Dank verpflichtet und weiß doch nicht, wie ich diesen Dank abstatten soll.“
„Leo, rede bitte nicht von Dankespflichten. Was ich tue, tue ich aus Anteilnahme und meine Kameraden werden dies nicht in Frage stellen, sondern im Gegenteil gerne unterstützen. Wer weiß, ob nicht eines Tages einer von uns Männern hier am Tisch, dir zu noch viel mehr Dank verpflichtet sein wird.
Wie du soeben von Korner gehört hast, ist das Leben da draußen im Indianerland alles andere, als gemütlich und leicht kann der Stock verkehrt den Fluss hinab schwimmen12. Aber wir werden dich schon auf die richtige Fährte setzen und dir helfen, dein Vermächtnis zu erfüllen.“
Jetzt hatte ich einen Kloß im Hals und wusste nicht, was ich sagen sollte. Firehand schaute auf, weil in diesem Moment die Türe ging und jemand eintrat. Ich saß mit dem Rücken dorthin und konnte deshalb nicht sehen, was vorging. Aber ich sah Mrs. Thick, deren Lächeln jetzt, soweit dies überhaupt möglich war, noch breiter wurde und daher drehte ich mich auf meinem Stuhl um.
Und dort stand … Mr. Wallace und an seiner Seite … Mrs. Smith! Beide lächelten mich an. Ich war vor Staunen stumm und mochte wohl einen nicht gerade intelligenten Gesichtsausdruck gemacht haben.
Bulcher klopfte mir fest auf den Rücken und bellte: „Verschluck dich nicht Junge! Stell‘ uns die Leute lieber vor, die du da so geistreich anstarrst!“
Die Männer brachen erneut in Gelächter aus und Mr. Wallace kam auf mich zu, zog mich vom Stuhl zu sich heran drückte mich fest an sich und sagte:
„Leo, mein Junge, diese Überraschung dürfte uns geglückt sein!“
In seinem Rücken stand Mrs. Smith und als ich kurz zu ihr aufblickte, hielt sie ihren rechten Daumen in die Höhe.
Ich antwortete ihm mit einer Frage:
„Du hast das also angezettelt?“
„Lass gut sein, Junge! Mrs. Smith möchte dir auch für deinen Weg alles Gute wünschen.“
Daraufhin nahm auch sie mich einfach in den Arm und drückte mich fest. Sie sagte nichts aber ich konnte ihr ansehen, dass sie sehr bewegt war.
Jetzt fragte ich wieder:
„Habt Ihr Euch denn alle verschworen, um mir diese Überraschung zu bereiten?“
Das darauffolgende Schweigen und die drei lächelnden Gesichter Firehands, Mrs. Smith‘ und Mr. Wallace‘ waren mehr als beredt.
Wir setzten uns alle wieder hin und die neu hinzugekommenen wurden vorgestellt. Dass sich jetzt eine Dame am Tisch befand, war für die ziemlich rauen Burschen etwas Neues, wie es auch überhaupt ziemlich ungewöhnlich war. Aber an diesem besonderen Abend, war das allenfalls eine Randnote.
Ich konnte mein Glück gar nicht fassen und so kam es, dass ich den weiteren Gesprächen nicht richtig folgte. Der Abend verging und ich ging mit Mr. Wallace und ... Mrs. Smith nach Hause.
Anscheinend hatte ich, da ich in den letzten Wochen ausschließlich mit meinen eigenen Problemen beschäftigt war, so einiges nicht mitbekommen. Natürlich in erster Linie, dass Mr. Wallace offensichtlich, seit er mir die Wahrheit über meine Herkunft erzählt hatte, geplant hatte, was heute Abend auch für mich offenbar wurde. Nämlich, dass ich mich auf eigene Faust auf die Suche machen sollte und dazu bei den richtigen Leuten die nötigen Kenntnisse und Fertigkeiten erwerben sollte.
Darüber hinaus hatte ich aber auch nichts davon bemerkt, dass er und Mrs. Smith sich nähergekommen waren. Hatte er doch endlich seine Scheu überwunden? Es musste wohl so sein, denn er führte sie ja soeben am Arm, mich im Schlepptau, die Firestreet entlang. Als wir an unserem Haus ankamen, meinte er, ich solle schon einmal hineingehen, er werde nur noch Mrs. Smith nach Hause begleiten.
Ich verabschiedete mich also von ihr und sie lächelte mir noch einmal zu und sagte:
„Ich freue mich so für dich, Leo, dass du dem so großen Wunsch nun einen Schritt nähergekommen bist, deine Familie suchen zu können. Ich hoffe für dich, dass die Deinen noch am Leben sind und dass du sie findest. Aber bitte pass‘ auf dich auf! Ich würde mich freuen, dich bald gesund und wohlbehalten wieder hier zu haben!“
Ich dankte ihr von ganzem Herzen und hatte auch gar nichts dagegen, dass sie von Mr. Wallace offensichtlich eingeweiht worden war. Ich fragte mich, welchen Anteil sie wohl daran hatte, dass alles so gekommen war. Ich ging also hinein und ließ die beiden allein.
Als ich zu Bett ging, gingen mir doch noch die Gespräche dieses Abends bei Mother Thick‘s durch den Kopf. Ich hatte mich zwar nicht mehr an diesen beteiligt, aber wohl doch alles erfasst.
Jedenfalls konnte ich mich nun, allein in meinem Zimmer, des Inhaltes der Unterhaltung erinnern. Es war auffällig, dass kein Wort über mein „Vermächtnis“, wie Firehand sich ausgedrückt hatte, am Tisch geäußert worden war. Mr. Wallace, Firehand und Mrs. Smith schienen in stillem Einverständnis darüber zu sein, dass die Gründe für meine „Ausbildung“ zum Jäger und Prairieläufer im Privaten bleiben sollten und dafür war ich ihnen dankbar.
Niemand brauchte zu wissen, was in meiner Familie vorgefallen war. Das konnte ich gut mit mir allein ausmachen. Wie ich nun wusste, gab es außer Mr. Wallace, meinem Ziehvater, noch zwei weitere Personen, die in diese Geschehnisse eingeweiht waren und beide hatten schon bewiesen, dass sie diese Dinge für sich behalten würden. Wenn ich darüber reden wollte, hätte ich wohl in allen dreien Menschen, zu denen ich Vertrauen haben konnte.
Des Weiteren war besprochen worden, dass es, bis zu unserem Aufbruch, nur noch wenige Tage sein würden. Firehand wollte noch auf zwei weitere Kameraden warten, deren Kommen für den nächsten Freitag, also in drei Tagen erwartet wurde. Ihnen würde dann noch ein Tag zum Ausruhen gegönnt und dann sollte es losgehen.
Er hatte sich für den nächsten Morgen angekündigt, um mich „standesgemäß“ auszustatten, wie er sich ausdrückte. Ich rechnete damit, dass er früh hier sein werde und zwang mich daher nun endlich zu schlafen.
Wie ich berechnet hatte, so geschah es; Firehand hatte mit Mr. Wallace vereinbart, ein gemeinsames Frühstück einzunehmen und mich dann zum Einkauf mitzunehmen. Also war er bereits gegen sieben Uhr gekommen und so beeilte ich mich, auch fertig zu werden und am Frühstück teilzunehmen.
Als ich den Speiseraum betrat, stand Firehand von seinem Stuhl auf und begrüßte mich mit Handschlag. Als ich mich gesetzt hatte, fragte er:
„Und? Hast du nach diesem sicher aufregenden Abend gut geschlafen?“
Ich bejahte dies und fragte neugierig:
„Was für Einkäufe werden wir denn heute erledigen, Mr. Firehand?“
„Nun das kommt ganz darauf an, mein Junge.“
„Auf was kommt es an?“
„Darauf, ob du Schießen und Reiten kannst. Wir werden dich heute ein bisschen prüfen und nach dem Ergebnis dieser Prüfungen, werden wir handeln. Also, dich ausstaffieren. Lediglich deine Kleidung ist von keiner Prüfung abhängig. Hier brauchen wir etwas Haltbares, Robustes. Also am besten Lederkleidung. So wie meine Kameraden und ich sie auch tragen. Dann siehst du jedenfalls schon mal aus, wie einer von uns.“
„Schießen und Reiten, … nun ich denke, da kann ich es auf eine Probe ankommen lassen. Habe zwar noch keinen Mustang13 geritten, aber die Pferde der hiesigen Farmer haben mich jedenfalls nicht abgeworfen. Das Schießen wird schon werden, habe ein gutes Gefühl für das Zielen. Jedenfalls treffe ich mit meinem alten Bowie-Knife im Wurf jedes erreichbare Ziel. Gleiches gilt für meine alte Zwille, mit der wir immer am Fluss Ungeziefer jagen. Warum sollte es nicht auch mit einem Revolver oder einem Gewehr klappen?“
„Hoho,“ machte Firehand, „willst doch wohl nicht aufschneiden?“ Er sah mich fragend an. „Bisher hatte ich nicht den Eindruck, dass du ein Gernegroß seist. Ich denke also, dass du es Ernst meinst, mit deinen Worten.“
„Mr. Firehand, das Aufschneiden ist nicht meine Sache. Ich habe ja auch nur gemeint, dass ich mit den Waffen, die ich bisher gehandhabt habe, gute Ergebnisse erzielen konnte. Mir ist durchaus bewusst, dass das Schießen mit einem Gewehr oder einem Revolver etwas ganz Anderes ist. Genauso wie das Reiten eines Mustangs gegenüber dem eines Farmergauls.“
„Recht so, Junge! Aber du liegst schon richtig damit, nicht verzagt an diese Prüfungen heranzugehen. Es soll ja auch kein Examen stattfinden, sondern lediglich festgestellt werden, wie du dich mit Schusswaffen und beim Reiten verhältst. Meister fallen selten vom Himmel, was natürlich nicht heißen soll, dass es mich nicht freute, falls du eine gute Probe machtest.“
Mr. Wallace lächelte zu alldem nur und schien zu wissen, dass ich mich vor Old Firehands Augen nicht blamieren würde. Er sagte:
„Mr. Firehand, ich bin sicher, das Leo Euch keine Schande machen wird. Habt Ihr denn schon die passenden Örtlichkeiten für Eure Proben gefunden?“
„Yes, of course. Wenn man die Stadt in nördlicher Richtung durchquert, befindet sich kurz vor dem Stadtrand auf der rechten Seite der Durchgangsstraße ein Pferdehandel, der bei uns Prairieläufern einen guten Namen hat.
Jos Masterson ist zwar ein Schlitzohr, das seinen Vorteil kennt aber er hat gute Ware und ist bereit, Leo einen Proberitt auf einem guten Pferd machen zu lassen.
Sodann werden wir den guten alten Gunsmith14 auf der Highstreet aufsuchen. Mr. Heintz verfügt über die neuesten 1848‘er Sharps-Karabiner. Hinterlader mit Fallblocksystem und papierummantelten Patronen. Sehr gute Jagd- und Verteidigungswaffen. Spiele selbst mit dem Gedanken, mir ein solches Gewehr zuzulegen.“
„Aber wie soll ich das alles denn bezahlen?“, fiel ich ein, „Habe zwar gutes Geld bei Mrs. Thick in den letzten Wochen verdient, aber das reicht höchstens für den Anzug, nicht aber auch noch für eine gute Bewaffnung und dafür, mich beritten zu machen.“
„Junge,“ meinte da Mr. Wallace, „das lass‘ mal mich machen. Du glaubst doch wohl nicht, dass ich dich mit diesen Jägern und Prairieleuten losziehen lasse, ohne dich ordentlich auszustatten.“
Als ich darauf etwas erwidern wollte, bedeutete er mich, zu schweigen.
„Keine Widerrede! Habe so einiges an dir gut zu machen. Habe viel zu lang geschwiegen und bin untätig gewesen, das muss nun anders werden. Zwar wirst du in einigen Monaten erst sechzehn, doch Mr. Firehand und Mrs. Smith meinten, du seist reif genug, es nun selbst in die Hand zu nehmen. Aber wenigstens deine Ausrüstung will ich übernehmen.“
Was sollte ich da noch sagen? Selbst wenn ich noch einiges hätte vorbringen können, was er schon alles Gute an mir getan hatte, so wusste ich doch, dass ich ohne seine Hilfe keine vernünftige Ausrüstung zusammenbringen würde. Also blieb mir nichts Anderes übrig, als mich herzlich bei ihm zu bedanken, was ich nun auch tat.
Firehand machte dem Reden ein Ende, indem er aufstand und sagte:
„Dann ist das ja jetzt auch geklärt und wir sollten uns auf die Beine machen, um zu Masterson, dem Pferdehändler zu kommen. Er wartet sicher schon auf uns.“
Mr. Wallace begleitete uns zur Tür und wünschte mir viel Glück.
Wir schritten kräftig aus, um rechtzeitig zu Masterson zu kommen. Firehand hatte zwar seine alte Rifle übergehängt, sein Pferd aber im Stall gelassen.