Kitabı oku: «Verkörperter Wandel», sayfa 2

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Die Wissenschaft vom Sein

Wie soll es gehen, sich dem Leben zu anvertrauen – dem Körper, den Gefühlen und dem Geist? In gewisser Hinsicht widerspricht das allen spirituellen Traditionen.

Denn raten diese nicht gerade davon ab, sich dem trieborientierten, instinktgesteuerten Körper zu überlassen? Dem Körper, der anfällig für Krankheiten und Ursache vielfältigen Leids ist und zuletzt sterben wird?

Widerspricht es nicht jeder Vernunft, sich den impulsiven, unbewussten und irrationalen Gefühlen hinzugeben? Denn es gibt ja nicht nur die Sonnenseite von Liebe, Freude und Mut. Warum sollten wir auch unseren verzweifelten Ängsten trauen, zerstörerischer Aggression, besitz­ergreifender Eifersucht oder missgünstigem Neid?

Und sind wir nicht genauso oft von unserem Geist in die Irre geleitet worden: Waren wir nicht immer wieder überzeugt, etwas zu wissen, und hatten letztlich doch nur Behauptungen aufgestellt? Sind es nicht unsere Wertungen, Ideologien und Konzepte, die uns von der lebendigen Gegenwart trennen?

Der Körper, die Emotionen und der Geist sind Ausgangspunkt von tiefen, leidvollen Erfahrungen. Das führt zur Frage: Was passiert, wenn wir Körper, Emotionen und Geist ablehnen, ihnen misstrauen? Wie bleiben wir mit dem Leben verbunden? Woran können wir uns stattdessen orientieren? Was hilft uns zu erkennen, ob wir uns in Richtung Wachstum, Entwicklung und Freiheit bewegen oder wir stattdessen ausweichen, vermeiden und uns täuschen?

Zunächst ist es hilfreich zu erkennen, dass die Kategorien Richtig oder Falsch, Ja oder Nein, Vertrauen oder Misstrauen auch nichts weiter als Konzepte des Geistes sind. Das Leben vollzieht sich aber in dem differenzierten, oft chaotischen und spontanen Raum zwischen Schwarz und Weiß. Es besteht nicht nur aus reinem Licht oder vollkommener Dunkelheit. Unsere Existenz erscheint immer in unzähligen Schattierungen und Farben.

Können wir also eine Neugier in uns spüren, ein Interesse, diesen Zwischenraum, dieses Spektrum zu erforschen? Können wir wahrnehmen, wie dabei Mut aufkommt – eine zarte Kraft – und mit ihm die Bereitschaft, uns auf etwas Neues einzulassen? Wo in uns können wir diesen Mut spüren? Können wir ihm etwas Raum geben? Vielleicht möchten wir seine Energie in Bewegung setzen, ganz körperlich. Anfangs noch vorsichtig, einen Fuß nach dem anderen, später selbstbewusster, spielerisch oder lustvoll. Hier geht es entlang! Körper, Emotionen und Geist agieren jetzt aus einer verbundenen Mitte. Diesem Impuls gilt es zu vertrauen.

Dazu fragen wir uns in einem ersten Schritt: Was verbindet das Yoga mit den Ebenen Geist, Emotionen und Körper? Für die Antwort unternehmen wir eine weite Reise: zweieinhalb Jahrtausende zurück bis zu den Wurzeln des heutigen Yoga.

Die damals entstandene Sankhya-Philosophie ist eine kosmische Evolutions- und zugleich spirituelle Befreiungslehre. Um ihre Relevanz für eine zeitgemäße Yogapsychologie zu verdeutlichen, stelle ich sie hier der Entwicklungsbiologie gegenüber. Dabei werden wir sehen: Fühlen, Denken und Handeln sind unterschiedliche Facetten ein und derselben Quelle.

Sankhya-Philosophie und Entwicklungsbiologie im Vergleich

»Nach dem Tod wirst du sein, was du vor deiner Geburt warst.«

Arthur Schopenhauer

Das Sankhya ist eine der wichtigsten Lehren der indischen Philosophie. Kapila, sein Begründer, entwickelte es vor etwa 2500 Jahren. Wegen seiner nüchternen, präzisen Klarheit sollte es später zur Grundlage des ­Mahabharata, der Bhagawadgita sowie des Yogasutra von Patanjali werden. Auch heute noch gehört die Sankhya-Philosophie zu einem der nachhaltigsten und einflussreichsten geistigen Einflüsse des indischen Subkontinents.

Die Entwicklungsbiologie hingegen ist eine verhältnismäßig junge Wissenschaft. Ihr Anliegen ist es zu verstehen, wie sich aus nur wenigen Zellen komplexes, bewusstseinsfähiges Leben entwickelt. Sicherlich haben Menschen schon immer danach gestrebt zu entschlüsseln, wie aus der Verbindung von Mann und Frau ein neuer, ganz eigener Mensch hervorgehen kann. Die moderne Medizin hat uns zuletzt in dieser Hinsicht neue Erkenntnisse gebracht.

Sankhya und Entwicklungsbiologie verbindet auf den ersten Blick, dass sich beide mit der Entstehung des Menschen und damit eines ganzen Kosmos befassen: Wie kommt unser Bewusstsein aus dem scheinbaren Nichts in die Welt? Wie inkarniert sich die Seele in einem Körper, der es ihr ermöglicht, sich in dieser Welt zu verwirklichen? Georg Feuerstein nennt Sankhya »die Wissenschaft vom Sein« (Feuerstein 2008) – eine Beschreibung, die zweifelsohne auch auf die Entwicklungsbiologie zutrifft.

Der Schöpfungsakt
Sankhya

Sowohl Sankhya als auch Entwicklungsbiologie beginnen mit einem Blick auf den Schöpfungsakt. Im Sankhya stehen sich dabei zwei Grundprinzipien gegenüber: Purusha (»Mann, Mensch, Menschheit, Urseele«), das allgegenwärtige und ewige Bewusstsein, und sein Gegenstück Prakriti (»Materie, Natur«), die veränderliche und unbewusste Grundlage der Natur und all ihrer Erscheinungen (siehe Abb. 1).

Der Ausdruck von Prakriti entsteht aus dem Zusammenspiel dreier fundamentaler Qualitäten, der Gunas. Ihnen liegen alle materiellen und psychischen Phänomene zugrunde: Sattva, das helle, leichte und heitere Prinzip, Rajas, das stimulierende, leidenschaftliche und bewegliche Prinzip sowie Tamas, das unbewegliche, verbergende und stoffliche Prinzip. Aus ihrem Mischungsverhältnis entfaltet sich die gesamte, für uns bekannte und unbekannte Welt.

Mit seinen feinstofflichen Eigenschaften entspricht Sattva auch unserem geistigen Ausdruck, dem Bewusstsein, der Unterscheidungsfähigkeit und Vorstellungskraft. Rajas, mit seiner Leidenschaft und Hitze, verweist auf die Emotionalität, unsere Gefühle inklusive ihrer zur Handlung drängenden Energie. Die stoffliche, materielle Dimension von Tamas dagegen bezieht sich auf die Grundlage unseres Körpers wie Haut, Muskeln, Knochen und Organe.

So wie sich im Sankhya der gesamte Kosmos aus den drei Gunas und ihren verschiedenen Eigenschaften zusammensetzt, besteht auch der Mensch aus diesen drei Elementen. Dabei sind die Qualitäten der Gunas weder gut noch schlecht, sondern haben jeweils ihre eigene Aufgabe und Berechtigung im dynamischen Gleichgewicht der Kräfte.

Entwicklungsbiologie

Auch in der menschlichen Schöpfung steht die Begegnung von zwei gegenüberliegenden Polen am Anfang: des männlichen Prinzips und des weiblichen Prinzips.

Die sexuelle Vereinigung beider ermöglicht, dass sich der männliche Samen mit der weiblichen Eizelle verbindet. Bereits in den ersten 24 Stunden nach der Empfängnis beginnt daraufhin die Zellteilung in der befruchteten Eizelle.

Georg Feuerstein vergleicht die Gunas mit dem physikalischen Prinzip von Atom, Energie und Materie (Feuerstein 2008); Ralf Skuban bezeichnet sie in seinem Buch Die Psychologie des Yoga als »Schöpfungsmasse« (Skuban 2014). Mit dem Moment der Befruchtung der Eizelle entfalten die Gunas demnach ihr kreatives und zugleich hochgradig strukturiertes Potenzial.

»Es ist unmöglich, zu wahrer Individualität zu gelangen, ohne im Ganzen verwurzelt zu sein.«

David Bohm

Die Inkarnation
Sankhya

Mit dem Beginn der Aktivität der Gunas erscheint im Sankhya zunächst unser geistiges Potenzial: Bewusstsein verbindet sich mit Materie. Die verschiedenen Eigenschaften des Bewusstseins werden im Antahkarana, dem »inneren Organ«, zusammengefasst. Dazu gehören Buddhi, die Intelligenz, Ahamkara, die Fähigkeit der Identifikation, und Manas, die Fähigkeit der Wahrnehmung, des Denkens und Fühlens.

Entwicklungsbiologie

Auf der embryologischen Ebene öffnet sich parallel dazu das Feld der Gastrulation (von griech. gaster, »Gefäß«). Aus dem ursprünglichen Zellkern entwickeln sich drei unterschiedliche Schichten oder Keimblätter. In jeder dieser winzigen Zellschichten ist bereits das Potenzial für die Ausgestaltung unseres gesamten Körpers enthalten (siehe Abb. 2).

Auch wenn wir in diesem Stadium noch nicht von Intelligenz, Ego, Fühlen und Denken sprechen können, lässt sich doch sagen, dass hier das Feld der pränatalen Psychologie beginnt. Alles, was von nun an geschieht, kann Spuren in uns hinterlassen. Unser Denken und Fühlen sowie die Identifikation mit beidem sind jetzt zumindest angelegt. So sagte der britische Entwicklungsbiologe Lewis Wolpert über die Gastrulation: »Es ist nicht die Geburt, die Hochzeit oder der Tod, sondern die Gastrulation, welche in Wirklichkeit der wichtigste Zeitpunkt in deinem Leben ist« (Wolpert 1998).

Sowohl im Sankhya als auch in der Entwicklungsbiologie entsteht aus einem dualen Gegensatzpaar etwas eigenes, unabhängiges und zunächst nonduales Drittes. Schon heute hat die Wissenschaft den materiellen Aspekt dieses Vorgangs, bestehend aus Zellteilung und der anschließenden Neuorganisation von Erbmaterial, Organzellen und Zellinhalten durch einzelne, steuernde Enzyme, im Großen und Ganzen entschlüsselt. Welche Voraussetzungen jedoch erfüllt sein müssen, damit ein Bewusstsein, unsere Seele, in den entstehenden Körper einzieht, entzieht sich bisher jeder Kenntnis.

Gegenwärtig können wir beobachten, wie auf der ganzen Welt zunehmend leistungsfähigere Computer entstehen. Gespannt wird dabei die Frage diskutiert, ob – und wenn ja, ab welchem Potenzial von Intelligenz – sich dabei eigenständiges, kreatives Bewusstsein entwickeln kann. Wann wird auf einem Display das erste kindliche, hochbegabte »Hallo – ist da jemand? Wer bin ich?« erscheinen? Doch während die ­Rechenleistung, zuletzt mit der Entwicklung von Quantencomputern, in kaum noch nachvollziehbare Dimensionen reicht, ist daraus bis heute kein selbstbewusstes Bewusstsein hervorgegangen.

Möglicherweise braucht es dafür die Wechselwirkung zwischen Denken und Fühlen auf der Grundlage eines sinnlich erfahrenden Körpers. Auch im Sankhya erscheint die Natur (Prakriti) immer in Gestalt aller drei Gunas, und soweit wir wissen, ist die Gastrulation mit der Entstehung der drei Keimblätter Ausgangspunkt unserer Psyche.

Bewusstsein ist sicherlich mehr als die Summe seiner Teile Denken, Fühlen und Handeln. Zugleich aber sind diese Teile scheinbar eine unverzichtbare Grundlage von Sein, das sich seiner selbst bewusst ist.

Die Differenzierung

Das entstandene Leben braucht einen eigenen Körper, um die Welt zu erfahren und sich in ihr ausdrücken zu können. Im anschließenden Prozess der weiteren Ausdifferenzierung offenbart sich in beiden Schöpfungstheorien noch eine bemerkenswerte Parallele. Die Grafiken weiter unten geben zu den Ausführungen einen Überblick.

Sankhya

Hier entsteht eine Differenzierung, die den entwicklungsbiologischen Prozessen auf faszinierende Weise genau entspricht. Beschrieben werden:

 Die Wahrnehmungs- und Erkenntnisorgane (Jnanendriyas): Zu ihnen gehören der Bereich der Gedanken und Gefühle (Manas) sowie die äußeren Wahrnehmungsorgane mit der Fähigkeit zu hören, zu sehen, zu riechen und zu schmecken.

 Die Handlungsorgane (Karmendriyas): Zu ihnen gehören die Fähigkeiten zu greifen, zu gehen, sich zu entleeren und zu zeugen.

 Die Energie (Tanmatra und Mahabhuta): Die Tanmatras werden als feinstoffliche Elemente oder subtile Form der Energie beschrieben. Aus ihnen gehen die Mahabhutas, verkörperte, grobstoffliche Energie in Form der Elemente Äther, Luft, Feuer, Wasser und Erde, hervor. In der traditionellen chinesischen Medizin haben die Elemente Wasser, Feuer, Erde, Holz und Metall außerdem einen direkten Bezug zum Organ- und Drüsensystem. Das schafft eine weitere Verbindung zur nun folgenden Entwicklungsbiologie und der Keimschicht des Entoderms.

Entwicklungsbiologie

Auf der entwicklungsbiologischen Ebene entfaltet sich der Mensch aus den drei oben bereits angesprochenen Keimblättern. Sie werden als Ektoderm, Mesoderm und Entoderm bezeichnet. Ihr Potenzial gestaltet sich, wie folgt:

 Die Wahrnehmungsorgane (Ektoderm): Aus diesem Keimblatt entwickeln sich Ohren, Augen, Nase, Haut, Zunge und das zentrale Nervensystem mit den Funktionen des Denkens.

 Die Handlungsorgane (Mesoderm): Aus dem Mesoderm entfalten sich unsere Handlungsorgane wie Arme, Beine, Muskeln, Knochen, Wirbelsäule, Herz und Geschlechtsorgane.

 Der Energiespeicher (Entoderm): Aus diesem Keimblatt entstehen Lunge, die Organe des Rumpfes und der Verdauung sowie unser Drüsen­system wie Pankreas, Schilddrüse und Thymus. Aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen Emotionen und Drüsensystem verortet David Boadella die Gefühle im Bereich des Entoderms (­Boadella 1991).

»Die Kraft, die den Körper erschaffen hat, kümmert sich auch um ihn.«

Nisargadatta Maharaj


Relevanz für die Yogapsychologie

Die drei eben beschriebenen Seinsebenen können wir als unsere grundlegendsten Arbeits- oder Orientierungsfelder begreifen. Gerät eine dieser Ebenen aus der Balance, verliert sie leicht den Kontakt zu den anderen beiden.

So kann sich beispielsweise ein in Konzepten und Ideologien verstrickter Geist immer weiter von den Emotionen entfernen. Ein hyper­aktiver Körper kann dagegen kaum noch einen rationalen Gedanken fassen, sondern läuft Gefahr, sich in blindem Aktionismus zu verlieren. Eine hohe emotionale Ladung wiederum führt zu explosiven Ausbrüchen und verhindert ergebnisorientierte, geplante Handlung.

Immer wenn wir auf einer Ebene blockiert sind, fallen Fühlen, Denken und Handeln auseinander. Daher ist es hilfreich, die jeweiligen Funktionen der Ebenen zu verstehen, um so auch ihre Blockaden erkennen und benennen zu können.

Sowohl Sankhya als auch Entwicklungsbiologie beschreiben eindrucksvoll die Ursache und Bedeutung unserer inneren Dreiteilung. Die Schlussfolgerung liegt nahe, dass sich die drei wichtigsten Arbeitsfelder des Yoga an dieser organischen Architektur orientieren. Sie bildet das Fundament für Atemübungen, Körperarbeit und Meditation.

Wir finden sie in den ursprünglichen Yogawegen Karma-Yoga, Bhakti­-Yoga und Jnana-Yoga wieder. Sie sind Gegenstand der Unterweisung, die Krishna, eine Inkarnation des Gottes Vishnu, dem Krieger Arjuna in der Bhagawadgita zukommen lässt.

Karma-Yoga: Karma bedeutet Handlung und ist uns bereits im Zusammenhang mit unseren Handlungsorganen, den Karmendriyas, begegnet. Karma-Yoga ist demnach das Yoga der Handlung, Yoga auf der Ebene des Körpers. Im Karma-Yoga geht es darum, sein Leben entsprechend der eigenen Bestimmung zu leben, ohne sich mit den Ergebnissen dieser Handlung zu identifizieren.

Jnana-Yoga: Jnana ist die Erkenntnis; die Jnanendriyas sind die Erkenntnisorgane. Jnana-Yoga ist das Yoga auf der Ebene unseres Geistes. Es führt über den Intellekt, das Studium und die Auseinandersetzung zu Urteilskraft und Unterscheidungsvermögen (viveka). Diese Klarheit ist die Voraussetzung, um das wahre Wesen, die Essenz aller Dinge zu erkennen.

Bhakti-Yoga: Bhakti bedeutet Liebe, Verehrung oder Anbetung und meint damit die Hingabe zu Gott. Dies ist das Yoga der Emotionen. Jede Tat in Liebe zu vollbringen, führt den Bhakti-Yogi zur Selbsterkenntnis. Eine derartige Liebe ist allumfassend und geht weit über die persönlichen Emotionen und Motive des Übenden hinaus.

Patanjali vereinigte später diese drei Formen des Yoga im Ashtanga-Yoga oder königlichen Weg. Er führt über acht Stufen (Ashtanga) zur Befreiung. Inhaltlich umfasst er Anleitungen zu Pranayama, verschiedene Atemübungen und Asanas, einschließlich der heute so populären Körperübungen, sowie Meditation.

Pranayama: Prana bedeutet Energie oder Lebensenergie, Ayama steht für Kontrolle. Im Pranayama geht es also um die Kontrolle der Lebensenergie. Das bei uns gebräuchliche Wort Psyche stammt aus dem Altgriechischen und bedeutete ursprünglich Atem oder Hauch. Wenn wir von der Psychologie als Lehre vom Erleben und Verhalten des Menschen sprechen, greifen wir die enge Beziehung zwischen Atem, Emotionen und Körper unmittelbar auf. Pranayama steht dabei nicht nur für die Kontrolle der Lebensenergie, sondern unterstützt auch die Regulation von Gefühlen. Er hilft, eine ausgleichende Harmonisierung des Körpers zu erreichen.

Asana: Heute werden alle Körperstellungen im Yoga Asana genannt (eigentlich »Sitz« oder »Körperhaltung«). Asana-Sequenzen sind dementsprechend aufeinander folgende Körperhaltungen. In der Regel sind die Positionen dabei so aufeinander abgestimmt, dass sie unseren Energiehaushalt, die Körperspannung und den Geisteszustand ausgleichen und verbinden können. Der Körper ist sehr viel mehr als nur die stoffliche Grundlage für Geist und Emotionen. Sinn und Sinnlichkeit sind eng miteinander verbunden. So erleben Menschen, die sich aus ihren körperlichen Empfindungen zurückgezogen haben, nicht selten auch eine geistige Leere. Die Asanas stehen insgesamt für die Körperarbeit im Yoga.

Dharana: Im Yoga geht die Übung der Konzentration (Dharana) der Meditation (Dhyana) voraus. Zunächst schulen wir unseren Geist, sich auf ein Objekt auszurichten und zu sammeln, ohne dabei in blockierende Anstrengung zu geraten. In der sich anschließenden Meditation löst sich die Identifikation vom Meditationsgegenstand ab. Der Geist geht über ihn hinaus und öffnet sich in einen Zustand losgelöster Freiheit. Meditation als regelmäßige Praxis kann uns dabei unterstützen, immer tiefer reichende Gleichmut (Vairagya) zu erreichen. Diese ist nicht zu verwechseln mit Gleichgültigkeit, vielmehr geht es in dieser annehmenden Offenheit um ein umfassendes Vertrauen und unsere Bereitschaft, sich dem Leben auf allen Ebenen hinzugeben. Fassen wir im folgenden Abschnitt die Perspektiven zusammen.

Die energetische Ebene: Gefühle – Entoderm – Pranayama
Die energetische Ebene pulsiert zwischen Auf- und Entladung.
Blockaden äußern sich in Über- und Unterladung.

Wenn wir uns auf der energetischen Ebene befinden, geht es um das Gleichgewicht zwischen Sympathikus und Parasympathikus, um die Pulsation zwischen Auf- und Entladung. Auf der Ebene des vegetativen Systems offenbart sich damit das Phänomen der Überladung, wie während einer Manie, oder das der Unterladung, wie während einer Depression.

Yogapsychologische Ausrichtung

Auf der Ebene des vegetativen Nervensystems geht es darum, die Schwingungsfähigkeit zwischen den beiden Funktionsmodi Anspannung und Aktivierung (Sympathikus) sowie Entspannung und Erholung (Parasympathikus) wiederherzustellen.

Die meisten Bereiche des vegetativen Nervensystems lassen sich nicht willentlich steuern. Allerdings beeinflusst die Regulierung des Atems, wie beispielsweise das Anhalten, Verlangsamen oder Beschleunigen, die verschiedenen vegetativen Funktionen. Damit befinden wir uns auf dem Feld des Pranayama.

Auf der einen Seite können wir hier die Entspannungsfähigkeit des Organismus fördern, um das Nervensystem zu beruhigen. Mit verlangsamenden Atemübungen lernen wir, belastende Stresskreisläufe zu unterbrechen, um eine chronische Überladung zu korrigieren.

Auf der anderen Seite haben einzelne Atemübungen aber auch das Potenzial, den Sympathikus zu aktivieren, Aktionsfähigkeit zu steigern und einer Unterladung, beispielsweise bei Erschöpfung, entgegenzuwirken.

Wechselt die Unterrichtsstunde zwischen aktivierenden und entspannenden Sequenzen, macht der Organismus die Erfahrung lebendiger Pulsation zwischen beiden Polen und lernt mit der Zeit, in diesen natürlichen Regulationsprozess zurückzufinden. Im Yogasutra von Patanjali heißt es dazu:

»Prāṇāyāma (die Atemtechnik) wird geübt mit umsichtiger Einfühlung in die Ausatmung, die Einatmung und das Anhalten, die Körpergegend, in der sich die Atmung abspielt, die Länge jeder Atempause und die Anzahl der Atemzüge. Dabei wird der Atem lang und zugleich sanft geführt« (Sriram 2006).

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