Kitabı oku: «Wie aus dem Ei gepellt ...», sayfa 9
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Puschel hat verschlafen
Die Sonne scheint auf Puschels Bau. Schon eine ganze Woche lang strahlt sie über ihr Gesicht. Der meterhohe Schnee vor dem Haus und das Eis auf dem kleinen Teich beginnen zu tauen. Dem Schneemann vor Puschels Bau rutscht der Hut schief ins Gesicht.
An den Tagen ist es nun wieder länger hell und die Menschen werden fröhlicher. Das Gebimmel von den Schneeglöckchen wird immer lauter. Es ist genau so, wie immer und wie es zur Osterzeit nun einmal sein muss.
Nun jedenfalls pochen die Tropfen vom Schneewasser auf Puschels Fenstersims. Tropf, tropf, tropf ...
Puschel liegt noch ganz verschlafen in seinem warmen, weichen Bett. Ein Sonnenstrahl fällt durch das Fenster und kitzelt ihn an seiner Nase. Hatschi! Puschel muss niesen. „Ist denn schon wieder Ostern?“
Da eben klopft es an seiner Tür.
„Wer ist denn da?“, ruft Puschel, springt sogleich aus dem Möhrenkistenbett und sucht ganz nebenbei seine alten, abgelatschten Hauspantoffeln.
„Ich bin es!“
Puschel schaut verdutzt durch das Schlüsselloch. Kikerlorus, der bunte Hahn vom Misthaufen, stand vor der Tür. Puschel zuckt zusammen, öffnet die Tür und starrt den Gockel erschrocken an. „Wie lange dauert es denn noch?“, fragt er und nimmt ihm den Korb mit den weißen Hühnereiern ab.
„Dreizehn Tage.“
Puschel kratzt sich an seinen langen Ohren. „Dreizehn Tage, das ist noch lange hin! Mindestens vierundzwanzigeinhalb Stunden.“ Das ist mächtig viel Zeit. Viel Zeit zum Eierbemalen und verstecken. Irgendwo müssen noch aus dem vorigen Jahr die Pläne für die Verstecke herumliegen.
Puschel braucht nur mit seinen alten abgelatschten Hauspantoffeln nebenan in seine Hasenwerkstatt hinüber schlurksen.
Kikerlorus argwöhnt alles sehr skeptisch. Bei dem Tempo sind die Ostereier zu Weihnachten noch nicht versteckt. Und schon schießt ihm die Frage durch seinen Kopf und zu seinem Schnabel hinaus: „Warum können wir nicht Ostern und Weihnachten an einen Tag feiern? Ostereier am Weihnachtsbaum, das wäre doch mal was anderes!“
Puschel verdreht seine Augen, beantwortet die Frage nicht und öffnet die Tür zu seiner Eierwerkstatt. Puschel sieht nichts, es ist noch dunkel. Komisch. Im vergangenen Jahr hatte Puschel doch einen Mechanismus in die Tür eingebaut, damit die Fensterläden von alleine aufspringen und er keine Lampe einschalten muss. „Da muss ich es eben wieder von Hand erledigen, auch nicht weiter schlimm!“
Kikerlorus schreit: „Warte, ehe ein Unglück passiert, ich helfe dir schon. Pass auf die ...“
Und da ist es auch schon geschehen.
„Die schönen Eier!“ Kikerlorus seufzt hörbar. „Meinen Hennen haben sich Mühe gegeben, und nun?“
„Machen wir eben Rühreier davon“, bemerkte Puschel.
„Nee, nee, du, schau dir mal die Sauerei an!“ Kikerlorus öffnete die Fensterläden. Oh weh. Das sieht ja tatsächlich schlimm aus. Puschel hatte im letzten Jahr nicht aufgeräumt. Nun klebt er mit seinen Pfoten in den Farbeimern, sein Fell ist mit Eigelb verschmiert und verklebt, die Hauspantienen hängen an der Lampe, sein Handwerkzeug ist auf dem Boden verstreut und bis Ostern nur ein wenig mehr Zeit als vierundzwanzigeinhalb Stunden.
„Ich hole mal frische Eier“ kräht Kikerlorus und entschwindet dem Kuddelmuddel.
Puschel versucht unterdessen, aus den eingetrockneten Farbeimern zu steigen, und verziert den Boden mit bunten Fußtapsen. Schnurstracks nimmt er Anlauf unter die Gießkannendusche und Puschel kann wieder klar überlegen.
Eine neue Frage tritt in seine Osterhasenwerkstattgedankenwelt ein: Wo bekommt er ganz schnell wieder frische Farbe her? Und an der Uhr sind die Zeiger schon wieder eine Viertelstunde und zwei Minuten weiter gerückt. Am besten nimmt er einen langen Faden und bindet sie fest, dann ist genug Zeit. Malermeister Klecksel hat heute, zum Karfreitag, sowieso sein Geschäft geschlossen und Puschel kann keine neuen Farben kaufen.
„Wie soll ich das alles schaffen?“ Puschel nimmt in großer Verzweiflung den Hörer von seinem Schwatzophon in die Hand und wählt mehrmals die Nummer der Schokoladenfabrik. Das ist eine Möglichkeit Ostern zu retten! Nicht die beste, aber immerhin, Schokoladeneier sind auch etwas Feines. „Tüt tüt tüt ...“ Das war der Dauerbesetzt-Ton.
„Tüt tüt tüt“, äffte Puschel nach. „Da wird es auch nichts mit den Schokoladeneiern. Mist!“ Er öffnet das Werkstattfenster, um wenigstens frische Luft zu bekommen.
Kikerlorus kommt mit einem großen Korb frischer Eier schwungvoll in die Werkstatt herein. Weiß und braun waren sie. Mit dem kurzen kräftigen Lufthauch weht es ebenfalls eine Gänsefeder herein.
„Das ist die Lösung!“, kräht Kikerlorus zum Fenster in die Welt hinaus.
„Wieso?“, kräht Puschel nach.
„Wir nehmen die Feder, spitzen sie an und kratzen Muster in die braunen Eier hinein.“
„Die Idee ist gut!“ Die Idee ist nicht nur genial, sondern die Lösung. Sie machten sich an die Arbeit.
Unterdessen klopft es wieder an der Tür.
„Warum kann ich meine Arbeit nicht erledigen, ich habe nur noch dreiundzwanzigdreiviertel Stunden Zeit!“ schimpft Puschel und schlurkst in seinen alten, abgelatschten Hauspantoffeln abermals zur Tür.
Ein Eisennagel und seine Freunde, die Petersilie und die Karotte stehen vor seinem Eingang. „Wir haben durchs offene Fenster dein Schimpfen gehört. Wir wollen dir helfen!“ Und schon stehen sie mitten in der Werkstatt. Puschel ist verdutzt. „Na los, hole große Töpfe und heißes, kochendes Wasser dazu. Aber pass auf, verbrühe dich nicht!“
Kikerlorus schlug mit seinen Flügeln und flatterte freudig umher. Die Petersilie und die Karotte hüpften ins Wasser. Eine gelbe und eine grüne Farbbrühe entstanden.
„Und was soll der Eisennagel?“, fragte Puschel.
„Wenn du mich auch hineinwirfst, dann werden die Farben dunkler.“
Puschels Augen leuchten. So schöne Farben hatte er noch nie. Und schon wieder klopft es an seiner Tür. Inzwischen hüpfen die Eier von alleine in den Farbsud und wieder farbenfroh heraus. Ein Rotkohl und viele Holunderbeeren, Zwiebeln und Kamillenblüten wollen eingelassen werden. „Wir wollen auch helfen. Wo stehen die Töpfe?“
Nun kann Puschel nicht nur grüne und gelbe Eier färben, sondern auch rote und blaue.
Von irgendwoher kommt dann zur späten Stunde noch eine Speckschwarte angelaufen. Das ist ein glänzender Augenblick und die Osterherrlichkeiten werden damit abgerieben.
„Geschafft“, meint Kikerlorus.
„Ich bin auch fix und fertig“, sagt Puschel am Abend, „aber ich räume noch auf!“
Sie erledigen es gemeinsam und nach getaner Arbeit freuen sie sich über die vielen bunten, glänzenden Ostereier, trinken einen Eierlikör und meinen schmunzelnd: „In diesem Jahr haben wir überhaupt keinen Stress gehabt!“ Dann binden sie den Faden von den Uhrenzeigern wieder los.
Und am nächsten Tag läuten die Schneeglöckchen, die Märzenbecher und die Osterglocken fröhlich das Osterfest ein. Es ist genau so, wie immer und wie es zur Osterzeit nun einmal sein muss.
Brigitte Schubert lebt in Leipzig und ist Autorin des Buches „Geschichten aus dem Schwemmsandland“, in dem sie liebenswerten Trollen das Leben schenkt.
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Alexia und das grüne Kaninchen
„Asabi, Asabi wo bist du? Komm her!“, erklingt Alexias Stimme. Alexia läuft weiter in den Wald hinein und ruft. Ihr Hund kommt nicht. Von Weitem hört sie sein Bellen und sie folgt seiner Stimme.
Als sie an eine Lichtung kommt, sieht sie endlich ihren Hund. Er liegt flach auf den Vorderbeinen, das Hinterteil in Luft gestreckt und starrt bellend auf den Boden.
„Asabi, was machst du denn da?“, ruft Alexia schon aus einiger Entfernung. Ihr Hund lässt sich nicht ablenken.
Als sie näher kommt, sieht Alexia den Bau im Erdboden, der Asabi ganze Aufmerksamkeit gewonnen hat. Im wintergrauen Gras ist ein Loch und ein Gang führt hinab unter die Erde. „Na Asabi, wer wohnt denn da?“, fragt Alexia und streichelt ihrem Hund den Kopf.
In diesem Moment sieht sie etwas Grünes in dem Loch in der Erde, doch eher sie genau hinschauen kann, ist es auch schon wieder verschwunden. Asabi beginnt erneut zu bellen.
„Psst, Asabi, aus, sei doch mal leise“, sagt Alexia zu ihrem Hund. „Hallo, wer da?“, fragt sie und tatsächlich taucht eine kleine, grüne Nasenspitze aus dem Loch auf.
Alexia legt ihren Zeigefinger auf ihren Mund und macht: „Psst, leise Asabi, sonst kommt es nicht raus.“
Asabi folgt ihr und setzt sich mucksmäuschenstill neben sie. Gemeinsam schauen sie gespannt auf den Bau. Die grüne Nasenspitze kommt wieder zum Vorschein. Alexia und Asabi warten mit angehaltenem Atem. Als Nächstes sehen sie zwei blaue Augen, dann zwei lange, grüne Ohren und zwei grüne Pfötchen.
„Oh“, flüstert Alexia. Asabi reckt ihre Schnauze vor und schnüffelt vorsichtig. „Asabi, lass das, es bekommt ja Angst“, sagt Alexia schnell. Jetzt erscheinen zwei weitere Pfoten und ein Stummelschwanz. Vor Alexia und Asabi sitzt tatsächlich ein grasgrünes Kaninchen mit himmelblauen Augen. Ohne nachzudenken, platzt Alexia heraus: „Was bist denn du?“ Das grüne Kaninchen sieht ganz traurig aus, eine Träne glitzert in seinen blauen Augen. „Äh, ich meine, wer bist denn du?“, verbessert sich Alexia schnell.
Zu ihrer großen Überraschung antwortet das grüne Kaninchen: „Nein, nein, du hast ja recht, die Frage muss dir nicht peinlich sein.“
Alexia reißt vor Erstaunen die Augen auf und Asabi macht erschrocken einen Satz rückwärts. „D-d-d-du kannst sprechen?“, stottert Alexia.
„Ja, ich bin grün, ich kann sprechen und ich bin ein Kaninchen“, antwortet das grüne Kaninchen mit leiser Stimme.
„Das ist ungewöhnlich“, stellt Alexia fest. „Sehr ungewöhnlich.“ Alexia hat sich von ihrem Schreck erholt und nun ist ihre Neugier geweckt. „Ich habe noch niemals von grünen, sprechenden Kaninchen gehört, gibt es hier noch mehr von deiner Art?“, fragt sie interessiert.
Das grüne Kaninchen schüttelt den Kopf. „Nein, es gibt nur mich“, flüstert es. „Dann bist du etwas ganz Einzigartiges“, sagt Alexia, die spürt, wie traurig das grüne Kaninchen ist.
Das Kaninchen nickt zögernd.
„Hast du denn auch einen Namen?“, fragt Alexia und fügt hinzu: „Ich heiße Alexia und das hier ist mein Hund Asabi.“
„Einen Namen habe ich eigentlich nicht, ich bin das grüne Kaninchen der Hoffnung“, antwortet das Kaninchen.
„Das grüne Kaninchen der Hoffnung“, sagt Alexia bewundernd. „Das klingt ja ganz wundervoll.“
Jetzt hob das Kaninchen seinen Kopf und stellte die Ohren auf. „Findest du?“, fragte es zweifelnd.
„Ja, aber ganz sicher, erzähl mir doch bitte mehr von dir“, bittet Alexia ganz aufgeregt.
„Das ist schwierig zu erzählen, du würdest mir sicherlich auch nicht glauben“, erwiderte das Kaninchen.
„Ach bitte“, bettelt Alexia.
„Ich könnte es dir zeigen, wenn du mich ein Stück begleitest“, bietet das grüne Kaninchen an.
Alexia zögert einen Augenblick. „Eigentlich darf ich ja mit niemanden mitgehen“, erinnert sie sich an die Ermahnungen ihrer Eltern. „Aber ich habe ja Asabi dabei und was soll mir ein kleines, grünes Kaninchen schon tun?“, verwirft Alexia rasch ihre Bedenken. „Ich gehe gern ein Stück mit dir.“
„Also dann“, sagt das grüne Kaninchen und hoppelt voran.
Alexia folgt ihm und traut ihren Augen nicht, an jeder Stelle an dem die Pfoten des Kaninchens den Boden berührt haben, wächst helles, grünes Gras, an manchen Flecken sprießen sogar Blumen. Asabi, die hinter Alexia hergetrottet ist, schnuppert neugierig an dem frischen Grün.
Nach einer kurzen Weile erreichen die drei einen kleinen See. Obwohl es schon April ist, liegen hier und da noch Schneereste, das Gras ist noch braun vom langen Winter und die Bäume sind noch kahl, ohne jede Spur von Grün. Am Ufer des Sees ist noch vereinzelt eine dünne Eisschicht zu sehen. Das grüne Kaninchen berührt die Bäume und das Seeufer. Die Bäume zeigen in Windeseile Knospen, die als rosa und weiße Blüten aufspringen, das Gras wird grün, Blumen fangen an zu sprießen, öffnen ihre duftenden Blüten. Das Eis schmilzt, Sumpfdotterblumen beginnen am Ufer strahlend gelb zu blühen. Die Seerosenblätter auf dem See zeigen Knospen, die aufspringen und sich in herrliche weiße und pinkfarbene Blüten verwandeln.
Asabi jagt den ersten Bienen hinterher. Alexia vertreibt lachend einen Zitronenfalter von ihrer Nasenspitze. Sie kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Sie schaut das grüne Kaninchen bewundernd an. „Das ist wirklich zauberhaft“, ruft sie begeistert. Um sie herum ist es plötzlich Frühling. „Du hattest recht“, sagt sie zu dem grünen Kaninchen, „ich hätte dir nicht geglaubt, wenn du es mir erzählt hättest.“ Das Kaninchen nickt.
„Passiert das denn immer, wenn du irgendwo hinkommst? Auch mitten im Winter oder im Sommer? Wird es dann immer Frühling?“, fragt Alexia.
Das Kaninchen schüttelt den Kopf. „Nein“, antwortet es. „Ich bin nur am Ende des Winters unterwegs, dann bringe ich den Tieren und Menschen den Frühling und mit ihm die Hoffnung.“
„Das verstehe ich nicht“, sagt Alexia und runzelt die Stirn. „Warum die Hoffnung?“
„Wenn ein langer, kalter, dunkler Winter zu Ende geht und das junge Grün und die Blumen zurück kommen, dann wissen die Menschen, dass die eisigste Kälte und die finsterste Dunkelheit irgendwann ein Ende haben und das Licht, die Wärme und das Leben immer wieder zurückkehren. Diese Hoffnung in das Leben der Menschen zu tragen ist meine Aufgabe“, erklärt das grüne Kaninchen.
„Das ist eine sehr schöne Aufgabe“, sagt Alexia mit strahlenden Augen. „Jetzt verstehe ich, warum du grün bist. Grün ist die Farbe der Hoffnung. Du musst sehr stolz sein, darum verstehe ich gar nicht, warum du so traurig warst, als wir dich vorhin getroffen haben.“
„Ach“, seufzt das grüne Kaninchen, seine Ohren fallen wieder herunter und sein Kopf senkt sich. „Ich bin halt so anders als alle anderen Kaninchen.“
„Natürlich bist du ganz anders“, tröstet Alexia das Kaninchen und streichelt ihm über das grüne Fell. „Du hast ja auch eine ganz besondere Aufgabe und darum hast du auch ein ganz besonderes Aussehen. Ich finde dich jedenfalls ganz besonders hübsch. Und Grün ist übrigens meine Lieblingsfarbe.“
Da richtet sich das grüne Kaninchen auf und sagt zu Alexia: „Dann will ich dein ganzes Leben in deinem Herzen sein und du wirst niemals die Hoffnung verlieren.“
Silke Wiest wurde am 16.9.1960 in Witten geboren und wohnt in Brombach. Sie studierte Germanistik und Geografie in Mannheim und beschäftigte sich wissenschaftlich mit empirischer Literaturwissenschaft. Außerdem arbeitete sie als freie Texter und Dozentin für Literatur an der VHS. Sie schreibt Lyrik und Prosa, Kurzgeschichten und Märchen für Kinder. Veröffentlicht wurden bisher unter anderen einige Kurzgeschichten in Anthologien.
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Dominiks Osterüberraschung
„Papa“, durchdringt Dominiks Stimme die Stille des Arbeitszimmers. „Mami wird erst heute Mittag nach Hause kommen, oder?“
Geistesabwesend hebt der Vater den Kopf und blickt dem kleinen Jungen entgegen. Zustimmend nickt er, bevor er wortlos den Blick wieder auf die Papierstöße auf seinem Schreibtisch wendet. Schließlich muss er die Berichte rechtzeitig fertigbringen.
Doch Dominik bleibt hartnäckig: „Glaubst du, dass der Osterhase uns heuer trotzdem etwas bringen wird?“
Seine braunen Augen mustern den Vater lebendig, als dieser antwortet: „Also, ich denke, du bist schon groß genug, um zu wissen, dass ...“
Da ruft der kleine Schelm raunzend dazwischen: „Ich meine doch nur, weil Mami mit dem neuen Baby beschäftigt ist und du hast auch so viel Arbeit.“
Nachdenklich nimmt der Papa die Brille von der Nase und streicht mit der Hand über sein Kinn. „Vielleicht müssen wir das Ostereiersuchen heuer tatsächlich ein wenig verschieben.“ Liebevoll streicht er über den Kopf seines Sohnes. „Mal sehen, Dominik“, meint er dann zerstreut. „Wir werden das schon irgendwie machen.“ Damit kehrt er sich wieder konzentriert seiner Arbeit zu und der Junge marschiert in die Küche. Unzufrieden lässt er sich auf einen Stuhl plumpsen und sieht zum Fenster hinaus. Sein großer Bruder Elias füttert zusammen mit Oma die Hühner. Aufgeregt scharren die Vögel auf dem Boden um die beiden herum. Dominik findet, dass es wie ein Tanz aussieht. Er mag die Hühner und den eingebildeten Hahn auch. Mit schnellen Schritten eilt er auf den Hof hinaus. Vielleicht weiß Oma eine Lösung für sein Problem. „Liebe Omi“, ruft er der älteren Dame munter zu. „Hast du nicht eine Idee, wie wir doch noch ein schönes Osterfest feiern können?“
Die Großmutter schaut erst einmal etwas verblüfft und runzelt die Stirn. „Wieso denn?“, fragt sie aufmerksam. „Warum sollten wir denn kein schönes Osterfest haben?“
Geschwind erklärt Dominik, dass die Mutter ja noch im Krankenhaus ist und der Papa allem Anschein nach auch ausscheidet.
„Hm“, überlegt die weißhaarige Frau, „dann müssen wir dem Osterhasen wohl ein bisschen helfen!“
Elias ist von diesem Vorhaben natürlich auch sofort begeistert. „Was kann ich machen, Oma?“, johlt er eifrig. „Ich will auch mithelfen!“
Mit einem vielversprechenden Lächeln auf den Lippen teilt die Großmutter die bevorstehenden Arbeiten auf. „Du, Dominik, holst aus dem Stall noch Eier und bringst sie in die Küche. Ich habe vorhin schon einige in einem Körbchen unten auf dem Boden vorbereitet.“ Dann wendet sie sich dem großen Bruder zu und weist ihn an: „Elias, du musst die Farben zum Färben der Ostereier anrühren. Uns bleibt nicht mehr allzu viel Zeit. Hopp, hopp!“
Sofort laufen die Kinder los, um ihren Auftrag auszuführen. Dominik schaut sich kurz im Hühnerstall um. Er freut sich schon riesig darauf, seine Eltern zu überraschen. Flink schnappt er sich ein Flechtkörbchen vom Stapel. Ganz sachte sammelt er einige Eier und legt sie in den Korb hinein.
Plötzlich stürzt sich eine Henne wie wild auf ihn. Sie gackert aufgeregt und laut. Stürmisch pickt das Tier auf seine Schuhe hin und zupft an seinem Hosenbein. Erschrocken eilt der Junge mit seiner Beute in die Küche, wo Elias bereits ein paar Gefäße mit Wasser angefüllt hat.
Nun muss er nur noch die Tüten mit dem Farbpulver hineinmischen, dann kann es schon losgehen. Einstweilen hat die Großmutter den Teig für ihren berühmten Osterkuchen fertig gerührt. Ein fröhliches Lied summend gießt sie die Masse in eine spezielle Form und schiebt sie sogleich in den Backofen. „Noch schnell die Eieruhr stellen, damit es auch gelingt“, gluckst sie beschwingt vor sich hin.
Gerade als sie sich zu den Jungs umdreht, läutet es an der Haustüre. Papa ruft ausgelassen von draußen: „Es ist Mama mit eurer kleinen Schwester Marie!“
Die Großmutter rennt so schnell sie kann hinaus, um die beiden willkommen zu heißen. Auch Elias ist schon gespannt auf sein Schwesterchen und läuft mit. Nur Dominik bleibt in der Küche zurück.
Natürlich will er seine Mutter auch begrüßen und seine neue Schwester kennenlernen. Doch die Überraschung ist ihm auch wichtig. Also macht er sich schnell alleine ans Werk die Eier zu färben. Hurtig taucht er jedes, so gut es geht, von allen Seiten in die Farbtöpfchen. Zum Trocknen bleibt jedoch keine Zeit, deshalb bläst er so stark er kann auf die feuchten Eier. „Egal“, murmelt Dominik vor sich hin, „bis sie die bunten Eier gefunden haben, sind sie sicherlich trocken.“
Sichtlich zufrieden betrachtet der kleine Bursche sein Werk. Eine ganze Schüssel voll wunderschöner Ostereier hat er ganz alleine hergestellt. Stolz schnappt er sich die Kunstwerke.
„Dominik!“, hört er den Vater rufen. „Kommst du?“
Nervös beißt sich der Junge auf die Unterlippe. Was nun? Rasch flunkert er: „Sofort! Muss nur noch schnell zur Toilette!“ Dominiks Puls rast. Jetzt muss alles richtig schnell gehen. Hektisch stürmt er die Treppe hoch. Im Schlafzimmer seiner Eltern wird er bestimmt ein paar gute Verstecke finden. Ruck zuck hat er die besten Plätzchen entdeckt. Das rote Ei legt er in Mamas Kommode, weil sie Rot doch so gerne mag. Eines kommt in Papas Hausschuh. Dominik muss schmunzeln. Dann legt er das schönste Osterei in Maries Bettchen und die Restlichen lässt der tüchtige Bursche vorsichtig unter den Schrank rollen.
Überstürzt poltert er die Stiegen hinunter. Völlig atemlos fällt er nun endlich seiner Mutter in die Arme. „Ich hab dich so vermisst!“, lächelt er sie glücklich an.
Doch viel mehr Worte können sie im Augenblick nicht wechseln, weil das kleine Mariechen nun bitterlich weint. „Ich werde sie erst einmal in ihr Bettchen legen“, seufzt Mama. „Nach all den Aufregungen will sie bestimmt schlafen.“
„Großartig!“, denkt Dominik. Das ist ihm sehr recht, denn schließlich wartet dort die große Osterüberraschung.
Die ganze Familie begleitet entzückt das neue Familienmitglied hoch zum Schlafplatz. Mittlerweile hat sich die Kleine auch schon beruhigt und döst gemütlich in Mamas Arm. Alle verhalten sich ganz still, um sie nicht zu wecken. Doch als die Mutter das Neugeborene in das Bettchen legt, ertönt ein seltsames Geräusch.
Dominik kichert: „Überraschung! Marie, du hast das erste Osterei gefunden!“
Da bemerkt die Großmutter einen kleinen Farbfleck auf dem Kissenbezug und wird ganz blass: „Hast du die Eier etwa alleine gefärbt? Die waren doch noch roh!“
Dominik rümpft die Nase. Mist! Das hat er doch nicht wissen können. Behutsam hebt Mama das Baby wieder aus dem Bettchen. Papa nimmt das Kissen heraus. Das ist nun wirklich eine Osterüberraschung! Ein winziges Küken sitzt dort und schaut verdutzt in die Runde.
Im selben Moment hören sie erneut das Knacken von Eierschalen. Gleich darauf piept es ganz zart aus allen Richtungen im Raum. Mit großen Augen beobachten alle, wie Oma die putzigen Flaumknäuel einsammelt. „Was für ein Glück, dass wir sie nicht gekocht haben!“, meint die Großmutter andächtig. „Wie es aussieht, hast du die falschen Eier gebracht.“
Sofort bringt sie die Küken hinaus in den Hühnerstall, wo die Henne aufgebracht gackert und mit den Flügeln schlägt. Etwas später, als die Familie gemeinsam den leckeren Osterkuchen verspeist, ist wieder alles in bester Ordnung. Doch diese gelungene Osterüberraschung wird wohl keiner so schnell vergessen.
Doris Bel Haj Salah wurde 1973 in Wien geboren, wo sie auch heute noch mit ihrer Familie lebt. Das größte Glück sind für sie ihre drei Töchter und ihr Ehemann, mit denen sie viel Zeit verbringt. In ihrer Freizeit liest, schreibt und zeichnet sie sehr gerne.