Kitabı oku: «Tara», sayfa 2

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Flugbekanntschaft

Knapp zwei Stunden Aufenthalt hatte ich nun auf dem Flughafen Rom Fiumicino. Um in einen zentraleren Teil von Rom zu gelangen, musste ungefähr eine halbe Stunde Fahrtweg eingerechnet werden. Den Flughafen zu verlassen lohnte sich also nicht wirklich. Ich entschied mich daher für einen ganz anderen Weg. Ich fragte das Bodenpersonal nach einem Internetcafé. Erfreulicherweise befand sich eines genau im Flughafen.

Ich schnappte den letzten freien Platz einem, nun fluchenden Managertypen weg und öffnete aufgeregt die Suchmaschine. Ich gab 'Bukarest' und 'Clubs' ein und klickte mich durch die Seiten.

Ich konzentrierte mich auf Szeneclubs, Sexclubs und alles was den Anschein erweckte, genügend Dunkelheit zu bieten, um Gestalten zu schützen, die nicht sofort gesehen werden wollten.

Die Adressen schrieb ich mir heraus. Ebenso buchte ich mir gleich ein Hotel, welches ungefähr zentral zwischen den Nachtclubs lag.

Zufrieden löschte ich den Suchverlauf und schloss die Fenster. Der erste Teil war geschafft.

Schnell checkte ich noch meine E-Mail, ob meine Biografin schon etwas geschrieben hatte. Außer Spam und ein paar Neuigkeiten meines Brokers war jedoch nichts eingegangen. Ich loggte mich wieder aus und begab mich zurück in den Wartebereich für das nächste Boarding.

Nun wuchs meine Aufregung erneut. Eine kleine Zuversicht blühte in mir wieder auf. Ich war mir so sicher, in einen dieser Clubs einem Vampir zu begegnen. All meine Hoffnung klammerte sich an diese Idee. Es musste einfach klappen. Es war die einzige Chance.

Der Flug nach Bukarest startete pünktlich. Ich hatte mich auf meinem Mittelplatz gesetzt und der Stewardess, welche bereits die erste Bestellung aufnehmen wollte, freundlich mitgeteilt, dass ich auf dem Flug keine Verpflegung benötigte.

Ich war überrascht, dass bereits vorm Start die Wünsche abgefragt wurden. Da hatte der Junior-Typ doch kein abnormales Verhalten an den Tag gelegt. Wahrscheinlich flog er sonst auch nur First Class und war diesen Service gewöhnt.

Nur was sollte ich mir hier bestellen? Bloody Mary? Ich grinste in mich hinein.

Neben mir nahm ein junger Mann am Fenster Platz. Ich stand auf um ihn an mir vorbei zu lassen. Dabei begegnete ich kurz seinen Augen.

Verdammt. Konnte das sein? Mir war es, als hätte ich in seinen leuchtend blauen Augen kleine rote Funken tanzen gesehen.

Nein, das musste ich mir eingebildet haben. Von der Seite beobachtete ich ihn. Er hatte lange, blonde Haare, die er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Er trug ein schwarzes Bandshirt von Guns'n'Roses. Dazu eine ausgewaschene schwarze Jeans mit zerrissenen Knien. Ein großer Siegelring zierte seinen Ringfinger. Seine Lippen waren voll. Er duftete nach Holz und Zitrus.

Irgendetwas stimmte nicht. Ich konnte es nur nicht greifen. Lag es daran, dass er viel zu gut aussah für einen Menschen? Oder an den Augen, die mich stark an Tristans und meine erinnerten?

Plötzlich schoss die Erkenntnis wie ein Blitz durch mich hindurch. Ich vernahm bei ihm keinen Puls.

Normalerweise hörte ich immer, wie das Herz der Menschen schlug, wenn ich mich in ihrer Nähe befand.

So nah wie ich neben diesem Typen saß, hätte ich es demnach perfekt hören müssen. Doch da war nichts.

Mit offenem Mund starrte ich den Typen an. War es möglich…, dass ich neben einem… Vampir saß?

In diesem Moment drehte der Typ seinen Kopf zu mir und grinste mich spitzbübisch an.

Sofort blickte ich weg. Wenn ich es bemerkte, so musste es ihm bei mir doch genauso gehen. Oh Gott, was sollte ich jetzt tun? Ihn fragen? Und was war, wenn ich mich täuschte?

Ich hatte noch nie zuvor einen anderen Vampir getroffen. Selbst bei meinen Ausflügen in Berliner Clubs war ich niemals einem begegnet. Dieser Gedanke ließ meine Idee, einen Vampir in einem Bukarester Club zu treffen, gleich stark ins Wanken geraten.

Ich schob diesen Zweifel schnell wieder zur Seite und überlegte stattdessen, wie ich mich jetzt verhalten sollte.

„Bei diesen Auslandsflügen weiß man nie, in welcher Sprache man seinen Sitznachbarn ansprechen soll, oder?“, beendete der Typ meine Grübelei.

Ich schaute ihn an. Er grinste noch immer. Seine Augen funkelten wie das Mittelmeer so blau. Und dann sah ich sie wieder, die kleinen roten Funken, die lustig über seine Iris tanzten. Ich konnte mich nicht täuschen.

„Interessant, dass du auf einem Flug von Rom nach Bukarest als erstes Deutsch wählst“, gab ich eisiger zurück als ich wollte. Zu sehr verwirrte es mich scheinbar neben einem Vampir zu sitzen.

Der Typ ließ sich davon nicht beeindrucken und grinste mich weiter an.

„Tja…, ich habe halt eine gute Menschenkenntnis“, zwinkerte er mir zu und lachte anschließend leise über seinen scheinbaren Witz.

„Ich heiße Vlad.“

„Das ist nicht dein Ernst, du...“, ich bremste mich und holte tief Luft. „Freut mich, Elisabeth“, stellte ich mich vor und hoffte, dass er die Anspielung auf die Blutgräfin Elisabeth Báthory verstand.

Vlad, oder wie auch immer er hieß, grinste mich breit an.

„Und was hast du in Bukarest so vor?“

„Ich besuche Freunde und du?“

„Ich ebenfalls“, zwinkerte er mir wieder zu.

Dann nahm er die Kopfhörer von der Armlehne, setzte sie sich auf und drehte das angebotene Programm laut.

Frustriert starrte ich ihn an, während er wieder zum Fenster hinausschaute. Das Programm schien ihn gar nicht zu interessieren.

Die restliche Zeit des Fluges tauschten wir kein weiteres Wort aus. Krampfhaft überlegte ich, wie ich das Gespräch zu ihm aufbauen könnte.

Hier im Flugzeug waren zu viele Ohren. Es war unmöglich ihn auf meinen Verdacht anzusprechen. Ich hoffte nach der Landung auf dem Flughafen noch einmal mit ihm reden zu können.

Nachdem wir das Flugzeug verlassen hatten, achtete ich daher darauf, ihm so nah wie möglich zu folgen. Am Gepäckband würde ich meine Gelegenheit ergreifen.

Doch soweit sollte ich nicht kommen. Die rumänische Kontrolle hielt mich auf, nachdem sie einen Blick auf meinen Reisepass geworfen hatten und Vlad verschwand aus meinen Augen.

„Wieso Sie fliegen von Berlin nach Palermo und von Palermo nach Bukarest in einem Tag?“, fragte mich der Beamte in einem fast guten Deutsch.

Tja, gute Frage. Ich suche meinen toten Ehemann. Zum Glück verließ mich auch jetzt meine Eingebung nicht.

„Ich bin ein Model. So läuft das in dem Business. Morgens Shooting am Meer unter der heißen Sonne Siziliens und abends Casting in Bukarest für den nächsten Shootingjob“, entschuldigend hob ich meine Hände und schenkte ihm mein strahlendes Lächeln. Rumänische Beamten waren wohl nicht so leicht zu beeindrucken, denn er schien noch nicht ganz zufrieden.

„Wieso heute nur? Kein weiterer Flug im Pass?“, mit einer hochgezogenen Augenbraue studierte er meinen Pass erneut.

„Ich war bisher nur in Deutschland tätig. Nun geht es mit der Karriere endlich bergauf und ich werde international gebucht“, ich zuckte arrogant mit einer Schulter.

Der Beamte schaute noch einmal zweifelnd zwischen mir und meinem Pass hin- und her. Dann zuckte auch er mit den Schultern und ließ mich endlich weiter.

Ich rannte zum Gepäckband, doch Vlad war nicht mehr zu sehen.

Leise fluchend nahm ich meinen Koffer vom Band. Immerhin stieg durch diese Begegnung die Hoffnung hier doch einen Vampir zu treffen. Schließlich befanden sich mit ihm und mir bereits zwei Vampire in Bukarest. Es würde mit dem Teufel einhergehen, wenn hier nicht noch ein weiterer, ja, vielleicht sogar noch mehrere sich hier versteckt hielten.

Mit neuem Mut bestieg ich das nächste Taxi und ließ mich zu meinem gebuchten Hotel fahren. In mir kribbelte die Aufregung. Irgendetwas würde hier geschehen, das spürte ich genau.

Bukarest

Ich hatte mir ein Hotel in der Nähe des „Bulevardul Unirii“ gebucht. Von dort aus konnte ich bequem die meisten Clubs der Stadt besuchen.

Es war kurz vor 22 Uhr, als ich das Hotel erreichte. Zum Glück konnte ich noch einchecken. Die Aufregung des Pagen, der mir meine Koffer in mein Zimmer trug, weckte mein Hungergefühl.

Jedoch hatte ich vor die nächsten Tage in diesem Hotel zu verbringen, weswegen es mir nicht sehr klug erschien, den Pagen zum Abendbrot zu vernaschen.

Ich packte meine Koffer schnell aus und duschte mich. Jeder normale Mensch wäre nach der anstrengenden Reise von Deutschland, nach Sizilien und weiter nach Rumänien fertig gewesen und hätte nur noch in sein Bett gewollt.

Doch ich war kein Mensch mehr. Ich musste mich nicht ausruhen. Für mich ging die Action weiter. Ich würde heute noch zwei Clubs besuchen und schauen, ob mir irgendwo ein Vampir über den Weg lief.

Außerdem hatte ich vor mir noch einen kleinen Imbiss zu gönnen. Der Hunger nach der anstrengenden Reise wuchs ins Unermessliche.

Mit einem Handtuch um meinen Körper gewickelt stellte ich mich vor den Kleiderschrank meines Zimmers. Ich entschied mich für ein kurzes, schwarzes Kleid mit tiefem Ausschnitt und dazu Schnürstiefel. Ich wusste nicht, wie die Clubs waren, die ich besuchen wollte. Doch ich dachte, dass dieses Outfit in ziemlich jeden Club passen würde.

Zwanzig Minuten später war ich bereit zum Ausgehen. Eine gewisse Aufregung überkam mich. Ich hatte mich für zwei Clubs im Viertel Lipscani entschieden, welches unmittelbar an den Bulevardul Unirii angrenzte. Es handelte sich bei beiden um große Diskotheken. Die eine hatte sich auf elektronische Musik spezialisiert, die andere bot alles von House, über Black bis hin zu den gängigen Chartstürmern.

Ich musste davon ausgehen, dass nicht alle Vampire in Gothicclubs verkehrten, auch wenn es mich erfreuen würde, gezielt solche Diskotheken aufzusuchen. Die Musik in den ausgewählten Clubs war für mich nicht interessant. Aber es ging auch nicht um mich. Ich wollte mir keine Chance verbauen, einen Vampir zu treffen. Dafür nahm ich auch schlechte Musik in Kauf.

Zu dem ersten Club ging ich zu Fuß. Die Straßen waren voll mit jungen Menschen. Die Nacht pulsierte im gleichen Rhythmus wie ihre Herzen. Überall vernahm ich Gelächter, Lust und Leben. Mein ruhiges Potsdamer Lebensgemüt war beinahe etwas überfordert mit der Flut von Reizen.

Am Eingang des ersten Clubs empfing mich ein gar nicht so lebenslustiger Security-Typ mit Glatze und Bomberjacke. Anscheinend war dieser Trend weit verbreitet. Die Ausweiskontrolle schien nach Gesicht zu erfolgen. Vor mir wurden zwei eindeutig minderjährige Mädchen durchgewunken, währenddessen der nachfol-gende Typ einer kritischen Ausweiskontrolle unterzogen wurde.

Nervös nestelte ich nach meinem Ausweis. Er war selbstverständlich gefälscht, so wie alle meine Papiere. Ich hatte Tristans Mittelmann in seinen Unterlagen gefunden und mir von ihm alle möglichen Ausweise, Urkunden und Pässe anfertigen lassen.

Ich hieß offiziell Tara Hufner, gemäß meiner recht-mäßigen Eheurkunde. Jedoch hatte mich mein Geburts-datum um einige Jahre vordatieren lassen, sodass ich immer noch als 25 Jahre galt.

Als ich an der Reihe war, blickte mir der Glatzentyp skeptisch ins Gesicht. Dann winkte er mich mit einer kurzen Handbewegung hinein, während er sich bereits dem nächsten Gast widmete.

Ich fand seine Reaktion doch etwas merkwürdig. Normalerweise erweckte ich in jedem Mann das Bedürfnis mir näher kommen zu wollen. Er hätte demnach weitaus aufmerksamer und freundlicher zu mir sein müssen. Doch auf irgendeiner Weise schien er fast schon verschüchtert, ja, beinahe ängstlich.

Mir kam es vor, als hätte er erkannt, wer ich war, beziehungsweise WAS ich war. Ich deutete seine Reaktion daher so, dass in diesem Club durchaus Vampire verkehrten und er mich als eine von ihnen identifizierte.

Als ich eintrat empfing mich ein Remix von Darude mit „Sandstorm“. Strobolichter durchzuckten den Club und beleuchteten die tanzenden Körper auf eine bizarre Art und Weise. Eine Mischung aus Schweiß und Alkohol lag in der Luft. In Käfigen tanzten halbnackte Frauen.

Mein Hunger überwältigte mich beinahe. Diese vielen adrenalingeladenen Herzschläge um mich herum ließen meine Fangzähne brennen.

Unwillkürlich schweiften meine Augen durch den Raum, um sich eine Beute auszusuchen. Mein Blick fiel auf ein Mädchen, welches sich ziemlich zugedröhnt in der Nähe der Toiletten an einer Wand anlehnte.

Ich schlenderte auf sie zu und versuchte ihren Blick einzufangen. Sie schaute mich an und begann zu lächeln.

Es war ihr anzusehen, dass sie nicht mehr viel um sich herum wahrnahm. Daher ließ ich sie nicht aus den Augen und kam nah an sie heran. Nur wenige Zentimeter trennten unsere Gesichter voneinander. Ihr schien die Nähe zu gefallen, denn sie hielt meinem Blick stand.

Langsam ließ ich meine Lippen sanft die ihren suchen. Als sie sich fanden, erwiderte sie meinen Kuss leidenschaftlich und fordernd. Ich wusste, dass sie sich mir nun hingeben würde.

Schnell checkte ich die Umgebung um uns herum ab. Niemand beachtete uns großartig. Daher gab ich mir keine Mühe, sie in eine versteckte Ecke zu ziehen.

Während ihre Hände meine Brüste erkundeten, liebkoste mein Mund ihren Hals und eh sie sich versah, drangen meine Zähne durch ihre Haut und stillten meinen Hunger.

Ekstatisch stöhnte sie, als ich von ihr trank. Sie presste meinen Kopf mit einer Hand an ihren Hals und fuhr mit der anderen aufgeregt über meinen Körper.

Für mich war es nicht das erste Mal, dass ich von einer Frau trank. Erstaunlicherweise waren sie nicht viel schwerer zu erobern als Männer.

Mich das erste Mal einer Frau zu nähern war mir schwergefallen. Doch mit der Zeit hatte ich diese Chance zu schätzen gelernt, denn mit einer Frau musste es nicht unwillkürlich zum Geschlechtsakt kommen, damit sie sich mir hingab. Oftmals reichten Küsse schon aus.

Somit war es für mich eine stets willkommene und schnelle Möglichkeit der Nahrungsaufnahme, wenn ich eine mir willige Frau entdeckte, die ich gern und oft einem Mann vorzog.

Als ich satt war, ließ ich von dem Mädchen ab, welches immer noch verzückt stöhnte. Ich war mir sicher, dass sie sich am nächsten Morgen an nichts mehr erinnern konnte. Ich gab ihr einen Abschiedskuss als Dankeschön und ließ sie glücklich grinsend an der Wand zurück.

Wahrscheinlich würde heute noch einer der anwesenden Herren seine Chance wittern und sie abschleppen. Sie würde ihre Bissspuren mit demjenigen in Verbindung bringen, neben dem sie aufwachte.

Frisch gestärkt begab ich mich zurück ins Zentrum der zappelnden Körper. Ich beobachtete die Menge, die Leute am Rande der Tanzfläche, sowie diejenigen, die sich an die Bar drängten. Doch nirgends konnte ich Anzeichen für einen Vampir finden.

Ich blieb noch zwei Stunden und entschied dann, die Location zu wechseln. Es war inzwischen weit nach Mitternacht. Vielleicht würde ich in dem anderen Club noch jemanden erwischen, der es auf einen betrunkenen Gast abgesehen hatte.

Als ich den Club verließ, war ich zwar enttäuscht keinem Vampir begegnet zu sein, jedoch auch froh darüber, der Musik entkommen zu können.

Die zweite Diskothek erreichte ich ebenfalls bequem zu Fuß. Der Türsteher hier war wesentlich schmächtiger, hatte einen Seitenscheitel und trug ein schwarzes Hemd.

Ohne mich großartig zu beachten, ließ er mich ein. Ich ließ den Housefloor erst einmal links liegen und begab mich umgehend zum Rockfloor. Ich hoffte auf gute Musik, um meine Ohren zu entspannen.

Ich wurde von HIM mit „Gone with the sin“ empfangen. Klar, es war schon spät, nun wurden die langsamen Lieder gespielt. „Rausschmeißermusik“, wie manche sagen würden. Doch ich freute mich und stürmte die Tanzfläche. Genussvoll bewegte ich mich zu den Takten und vergaß für ein paar Minuten mein eigentliches Ziel.

Das Lied löste Guns'n'Roses mit „Sweet child o' mine“ ab. Ich entschloss mich den Club nun einer eingehenden Untersuchung zu unterziehen. Auf dem Rockfloor konnte ich jedoch nichts Auffälliges entdecken.

Widerwillig zog ich weiter zum Blackfloor. Sean Paul ertönte aus den Boxen mit „Get busy“. Doch ein „busy“ Vampir war auch hier nirgends zu sehen. In jedem Körper, den ich erspähte, schlug ein Herz.

Auch der Housefloor erwies sich als Zeitver-schwendung, musikalisch, sowie auch vampirtechnisch.

Zum Abschluss entschied ich mir noch etwas Vergnügen zu gönnen und ging zurück zum Rockfloor. Eine weise Entscheidung wie sich herausstellte. Während ich auf die Tanzfläche zusteuerte, begann soeben „Join me“ von HIM gespielt zu werden. Ich hakte den heutigen Abend als misslungen ab und ließ mich von den Takten des Liedes vereinnahmen.

Ich verbrachte noch eine halbe Stunde auf der Tanzfläche, eh die Musik leise und die Lichter hell gedreht wurden. Die Anbändelversuche der letzten betrunkenen, männlichen Gäste wehrte ich ab.

Nachdem das letzte Lied ausgespielt war, begab ich mich auf den Nachhauseweg. Nicht, dass ich hätte schlafen müssen. Aber irgendwohin musste ich ja gehen.

Im Hotel angekommen duschte ich ausgiebig und zog mir eine bequeme Jeans und ein lockeres Shirt an. Dann nahm ich den Stadtplan zur Hand, in welchem ich schon allerhand eingezeichnet und angestrichen hatte.

Ich fragte mich, wie viele Bars und Diskotheken ich in den nächsten Tagen besuchen müsste, bis ich auf einen Vampir treffen würde. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass tatsächlich der Freundeskreis von Elisabeth sich in Rumänien aufhielt, wäre ich nicht so hoffnungsvoll bei der Sache gewesen.

Aber auf Grund dieses Umstands. malte ich mir tatsächlich Chancen aus, hier auf einen ihrer Freunde zu treffen.

Innerlich trat ich mir in den Allerwertesten, dass ich dem Typen aus dem Flugzeug nicht mehr ausgefragt hatte, wer er war, was er hier wollte und wo er sich aufhielt. Ich wettete, er hätte mir weiterhelfen können.

So blieb mir nichts anderes übrig, als auf ein kleines Wunder zu hoffen.

Und die Party geht weiter

Ich sah meine Chancen einen Vampir bei Tageslicht zu begegnen als sehr gering an. Ja, es schien mir tatsächlich im Flugzeug geglückt zu sein, doch dies war mit Sicherheit eine Ausnahme und zu einhundert Prozent wusste ich immer noch nicht, ob er tatsächlich ein Vampir gewesen war.

Demnach musste ich mich weiterhin auf die Nacht konzentrieren. Doch nur im Hotelzimmer versauern wollte ich nicht. Ich war in Bukarest. Eine historisch interessante Stadt. Also machte ich mich auf zu einer Sightseeingtour. Auch als Vampir war man in einer fremden Stadt auch nur ein Tourist.

Ich nahm an einer Stadtrundfahrt teil, der beste Weg eine Stadt schnell kennenzulernen. Sie führte vorbei am Parlamentspalast, der rumänisch-orthodoxe Kirche Stavropoleos mit ihrer beeindruckenden Ikonostase und natürlich zum Palast Curtea Veche, in welchem Vlad III, besser bekannt als Vlad, der Pfähler, einst wohnte.

Besonders im letzten Palast beäugte ich aufmerksam meine Umgebung, doch wie zu erwarten lief ich keinem Vampir über den Weg.

Nachdem ich mit der Sightseeingtour fertig war, schlenderte ich noch durch die Straßen. Ich stöberte in Buchläden nach englischsprachigen Romanen, shoppte neue Kleidung und suchte ein Internetcafé auf, um zu sehen, ob meine Biografin mir etwas geschrieben hatte.

Letzteres war ebenfalls so enttäuschend wie die bisherige Suche nach einem Vampir. Meine Biografin hatte mich nur informiert, dass sie meine Notizen immer noch überarbeitete und in einen Zusammenhang brachte.

So wie es klang, war sie noch weit weg von einer Veröffentlichung, was meinen Plan, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf mich zu ziehen, ins Wanken geraten ließ.

Missmutig ging ich zurück in mein Hotel. Die E-Mail von Fine hatte mich noch mehr deprimiert. Sie hatte ein Foto von Maja und ihr mitgesendet. Ich vermisste die beiden so sehr.

Ich ließ mich auf mein ungenutztes Bett fallen und griff eines meiner neuen Bücher. Bis ich den nächsten Club aufsuchen konnte, wollte ich mir mit Lesen die Zeit vertreiben. Zugegebenermaßen war so allein zu reisen recht langweilig und einsam. Ich wünschte, Fine hätte mich begleiten können. Mit ihr wäre diese Reise weitaus unterhaltsamer geworden.

Der Roman konnte meinen Geist leider auch nicht fesseln. Immer wieder glitten meine Gedanken ab zu dem heutigen Abend.

Ich hatte mir für heute zwei Diskotheken vorgenommen und einen etwas abseits gelegenen Swingerclub, welcher mir auf einer rumänischen Gothicseite als SM-Club empfohlen wurde.

Ich konnte mir gut vorstellen, dass das Black pleasure in Berlin für Elisabeth nicht der erste SM-Club-Besuch war. So selbstverständlich wie sie sich da bewegt und ernährt hatte, wirkte es, als hätte sie diese Veranstaltungen schon öfters für die Befriedigung ihrer verschiedensten Bedürfnisse genutzt. Aus diesem Grund ging ich davon aus, dass sie dies auch hier mit ihren Freunden tat.

Ich legte das Buch zur Seite und widmete mich der Kleiderauswahl. Die ersten beiden Clubs waren wieder Techno- und Mainstream-Diskotheken. Ich rechnete mir daher nur geringe Chancen aus, die ich dennoch nutzen musste. Outfittechnisch war der heutige Abend schwer umzusetzen. Ich entschied mich für den Swingerclub einen Netzbody anzuziehen und darüber einen roten Minirock und ein schwarzes Trägertop, um auch in den anderen Clubs nicht zu sehr aus der Masse herauszustechen.

Allein auf Party gehen zu müssen war wirklich das Schlimmste. Ja, ich hatte dies in Berlin oft getan. Aber meist befand ich mich an solchen Abenden auf der Jagd nach einem sexuellen Abenteuer mit der Möglichkeit auf einen Snack.

Die Partynächte hier galten jedoch ausschließlich dem Aufspüren von Vampiren. Ich hatte fest vor, mich auf kein sexuelles Abenteuer einzulassen. Dies waren natürlich gute Voraussetzungen um einen Swingerclub zu besuchen.

Ich startete den Abend mit dem Technoclub. Mir unbekannte Klänge dröhnten in meinem Kopf wieder, als ich den Saal betrat. Junge Leute zuckten auf der Tanzfläche unter dem wilden Licht von verschiedenen bunten Scheinwerfern. Die Musik wurde angehalten und es ertönte der Sprechgesang von „Maschine Eisenbass“ der Band Ironbase. Jedoch brach es nach dem Refrain sofort wieder ab und wieder ertönte mir unbekannte Musik. Was für ein Remix. Mir taten jetzt schon die Ohren weh.

Genervt suchte ich unter den rasenden Pulsen nach einem Körper ohne Herzschlag. Doch überall hörte ich nur das mir vertraute Rauschen des Blutes.

Ich gab der ganzen Veranstaltung zwei Stunden Zeit, dann verließ ich sie wieder und machte mich auf zum nächsten Club.

Hier waren die Türsteher überaus freundlich. Sie unterhielten sich mit den Gästen und warfen lediglich einen kurzen Blick auf meinen Ausweis. Die Stimmung in der Disco war gut. Es gab kleine Nischen zum Plaudern und eine etwas abseits gelegene Tanzfläche. Die Musik war richtig bunt gemischt. Boy George wurde abgelöst von Papa Roach, danach ertönte Rammstein. Aber irgendwie funktionierte es. Die Leute tanzten und verbrachten sichtlich einen schönen Abend.

Fine hätte es hier gefallen. Ein bisschen erinnerte mich dieser Club an Wölfchens Hoffeten. Als ich daran zurückdachte, kam es mir vor, als lägen Jahrhunderte zwischen damals und jetzt. Niemals hätte ich bei einer von Wölfchens Feten daran geglaubt, ein paar Jahre später in Bukarest nach Vampiren zu suchen.

Ich vermisste die alte Zeit, ich vermisste mein Viertel und ich vermisste Wölfchen, Paula & Co. Nach meiner Verwandlung konnte ich das erste Jahr überhaupt nicht mein ehemaliges Viertel besuchen. Als ich mich kontrollieren konnte ging ich wenige Male zu meinen alten Freunden. Doch diese Treffen fühlten sich stets befremdlich an. Es war, als ob etwas zwischen uns stand. Mir kam es vor, als könnten sie fühlen, dass ich mich verändert hatte. Besonders Paula distanzierte sich spürbar von mir. Ich konnte ihr Baby nur einmal sehen. Beim zweiten Besuch wimmelte sie mich an der Tür ab.

Ich konnte es ihr nicht verdenken. Ein ganzes Jahr war ich fort gewesen und stand dann optisch leicht verändert wieder vor ihr. Ihr sechster Sinn schrie sie förmlich an mir zu misstrauen.

Wölfchen nahm es nicht so genau und lud mich immer wieder zu sich ein. Jedoch musste ich ablehnen, denn ich konnte bei seinen Feten weder Trinken noch Essen. Es wäre zu auffällig gewesen, wenn ich dennoch hingegangen wäre. Daher wurde der Kontakt zu ihm und den anderen Bewohnern der Benkert- und Mittelstraße immer weniger.

Eines Tages zog Wölfchen weg. Er hatte über das Internet ein Mädchen in München kennengelernt und lebte fortan bei ihr. Seit diesem Tag hatte ich keinen Schritt mehr in mein altes Viertel getan.

Irgendwann hätte ich sowieso diesen Weg gehen müssen. Da ich nicht mehr alterte, konnte ich zu keinem Menschen ein längeres Verhältnis haben. Dies missfiel mir am meisten, denn es bedeutete, dass ich eines Tages auch Maja den Rücken drehen musste. Genau deswegen musste meine Geschichte an die Öffentlichkeit, damit ich nicht mehr dazu verdammt war im Schatten zu leben.

Ein Schatten riss mich aus meinen Träumereien. War da jemand gewesen? Aus dem Augenwinkel erschien es mir, als hätte sich jemand viel schneller bewegen können, als es für einen Menschen üblich war. Ich ging in die Richtung, aus welcher der Schatten gekommen war.

Ein Mädchen taumelte aus einer Sitzecke. Sie band sich ein Schaltuch fest und stolzierte zur Bar. Ich folgte ihr. Als sie gerade mit der Bestellung ihres Cocktails abgelenkt war, riss ich ihr das Schaltuch vom Hals. Wütend drehte sie sich um, beschimpfte mich auf Rumänisch und band es sich schnell wieder fest.

Doch ich hatte zuvor die Gelegenheit genutzt ihren Hals zu betrachten. Zwei winzige rote Punkte leuchteten im Scheinwerferlicht auf. Das Mädchen war eindeutig gebissen wurden und ihrem Verhalten nach zu urteilen, war dies nicht das erste Mal.

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